Hallo!
Ich studiere momentan im 1. Semester Jura und bin auf einen Übungsfall gestoßen, der mich hinsichtlich meiner Kenntnisse über das Abstraktionsprinzip und die beschränkte Geschäftsfähigkeit etwas zum Verzweifeln bringt
Hier zunächst einmal der Fall:
Der 14 jährige Kelvin (K) geht in den Laden des Vincent (V), um eine Softair-Pistole für 80 Euro zu kaufen. V ist damit einverstanden und K bezahlt den Kaufpreis von seinem Taschengeld. Diesen Kauf tätigt er heimlich, weil seine Eltern ihm zuvor verboten hatten, Waffen zu kaufen. Dem V teilt er hingegen mit, seine Eltern seien mit dem Kauf einverstanden. Zwei Tage später finden die Eltern die Waffe und versuchen diese an V gegen Rückzahlung des Kaufpreises zurückzugeben. Der V entgegnet: „Gekauft ist Gekauft.“
Hat K gegen V einen Anspruch auf Rückzahlung der 80 Euro?
Hinweis: Vorschriften des WaffG und § 985 BGB sind nicht zu prüfen. Es ist davon auszugehen, dass V Eigentümer des Geldes geworden ist.
Also, an sich ist der Fall kein so riesiges Problem für mich (denke ich zumindest ). Was ich nicht verstehe: Warum ist V Eigentümer des Geldes geworden?
Mein Ansatz wäre gewesen:
Mit dem Taschengeldparagraphen kommt man hier ja nicht weit, weil die Eltern eindeutig etwas gegen den Kauf haben. Somit ist die Anwendung des §110 BGB nicht möglich; es ist keine Einwilligung gegeben. Das Kausalgeschäft ist unwirksam.
Durch das Abstraktionsprinzip schlägt diese Unwirksamkeit aber nicht die (beiden) Verfügungsgeschäfte über, sodass diese zunächst bestehen bleiben würden.
Da K aber nur beschränkt Geschäftsfähig ist, sind hier nur Verfügungen wirksam, die einen lediglich rechtlichen Vorteil für ihn aufweisen.
Das ist der Fall bei der Verfügung zugunsten des K (Pistole). Das heißt, K wird Eigentümer der Pistole.
Die Verfügung dagegen, die einen rechtlichen Nachteil für K aufweist (Geldübergabe), ist nicht wirksam. Somit überträgt sich doch das Eigentum eigentlich nicht, wodurch K weiterhin Eigentümer des Geldes bleiben würde (und eben V nicht Eigentümer des Geldes geworden ist).
Oder habe ich da etwas ganz grundsätzliches falsch verstanden?
Vielen lieben Dank im Voraus!
Abstraktionsprinzip-beschränkte Geschäftsfähigkeit
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Re: Abstraktionsprinzip-beschränkte Geschäftsfähigkeit
Das Geld hat sich mit dem Geld in der Kasse vermischt, somit gesetzlicher Eigentumserwerb gem. §§ 948, 947 I, II BGB.
Re: Abstraktionsprinzip-beschränkte Geschäftsfähigkeit
Kurzfassung:
Wie richtig erkannt hat V wegen §§ 106, 107 BGB nicht wirksam rechtsgeschäftlich (!) das Eigentum an dem Geld erlangt.
Jedoch ist er nach §§ 948, 947 durch Vermischung auf gesetzlichem Wege zum Miteigentümer des Geldes geworden (nach lebensnaher SV-Auslegung hat er das fremde Geld mit dem eigenen vermischt).
I.Ü. wird es früher oder später ohnehin zu einer Einzahlung bei der Bank oder zur Weitergabe des Geldes an andere Kunden (§§ 929 S. 1, 932 I, 935 II BGB) kommen, sodass der MJ sein (verbleibendes Mit-)Eigentum spätestens dann verliert.
Wie richtig erkannt hat V wegen §§ 106, 107 BGB nicht wirksam rechtsgeschäftlich (!) das Eigentum an dem Geld erlangt.
Jedoch ist er nach §§ 948, 947 durch Vermischung auf gesetzlichem Wege zum Miteigentümer des Geldes geworden (nach lebensnaher SV-Auslegung hat er das fremde Geld mit dem eigenen vermischt).
I.Ü. wird es früher oder später ohnehin zu einer Einzahlung bei der Bank oder zur Weitergabe des Geldes an andere Kunden (§§ 929 S. 1, 932 I, 935 II BGB) kommen, sodass der MJ sein (verbleibendes Mit-)Eigentum spätestens dann verliert.
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Re: Abstraktionsprinzip-beschränkte Geschäftsfähigkeit
Ah, verstehe! Diesen Aspekt hatte ich gar nicht bedacht. Vielen lieben Dank euch beiden