Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Tobias__21
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Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von Tobias__21 »

Hallo,

wenn der Antragssteller im MB Verfahren seinen Anspruch nicht begründet (§ 697 III ZPO), wird die (unschlüssige) Klage ja nach e.A. als unbegründet abgewiesen, a.A: Klage unzulässig. Was hat das für Auswirkungen auf die Rechtskraft und eine erneute Klage?

Ich bin mir nicht ganz sicher, aber wenn man der Ansicht folgt, dass die Klage unzulässig ist, dürfte das doch ein Prozessurteil sein, oder? Eine erneute Klage wäre doch zulässig? Folgt man der Ansicht, dass die Klage unbegründet ist, wäre das doch ein Sachurteil, oder? Wäre alleine deswegen eine erneute Klage unzulässig? Ich meine nein, da man ja durchaus noch eine schlüssige Klage erheben kann und ja auch nicht wirklich in der Sache entschieden wurde. Das Problem liegt hier ja wohl bei der Rechtskrafterstreckung und da habe ich gerade noch etwas Schwierigkeiten.
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batman
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Re: Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von batman »

Wird die Klage mit der vorherrschenden Ansicht mangels wirksamer Erhebung als unzulässig abgewiesen, erstreckt sich die materielle Rechtskraft nur auf die konkret fehlende Zulässigkeitsvoraussetzung. Eine erneute Klage ist demnach zulässig, wenn der Mangel nunmehr beseitigt worden ist.
Will man hingegen mangels Schlüssigkeit als unbegründet abweisen, stellt sich die Frage, wie sich der Streitgegenstand ermitteln lässt, zumal sich zum materiellen Anspruch in Tatbestand und Entscheidungsgründen wenig wird finden lassen.
Tobias__21
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Re: Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von Tobias__21 »

Danke. Das heisst dann doch auch, dass eine erneute Klage zulässig wäre, wenn man einfach eine schlüssige Klage einreicht, selbst wenn man der Ansicht folgt, dass die Klage bei fehlender Anspruchsbegründung aus unbegründet abgewiesen wird, oder?
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batman
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Re: Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von batman »

Wenn eine Klage mangels jeglicher Begründung als unbegründet abgewiesen wird, ist davon auszugehen, dass damit "derzeit unbegründet" gemeint ist. Denn dass der Anspruch (der kaum zu identifizieren ist) endgültig abgewiesen werden soll, ist nicht anzunehmen.
Tobias__21
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Re: Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von Tobias__21 »

Danke! Ich muss das mit der Rechtskraft nochmal genau nacharbeiten, da hab ich noch etwas Lücken :)
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Torquemada
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Re: Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von Torquemada »

Nach der Rechtsprechung des BGH gehört in die "Bezeichnung des Anspruchs" im Mahnantrag (§ 690 I Nr. 3 ZPO) gerade soviel hinein, dass es zur Identifizierung des Streitgegenstands ausreicht. Dann reicht es aber auch für die materielle Rechtskraft in den Fällen des § 697 III ZPO aus (das muss es schon deshalb, weil es anderenfalls für die Rechtskraft des Vollstreckungsbescheids ebenfalls nicht ausreichen würde). Und der Eintritt der materiellen Rechtskraft ist deshalb auch genau das Ergebnis, auf das diejenigen Gerichte und Autoren hinauswollen, nach denen im Fall des § 697 III ZPO als unbegründet abgewiesen werden muss.

(Eine Klageabweisung als "derzeit unbegründet" hätte hier im Übrigen auch keinen Nutzen für eine spätere Klageerneuerung, denn sie bringt, indem sie unter veränderten Umständen eine Klageerneuerung erlaubt, nur die immanenten zeitlichen Grenzen der materiellen Rechtskraft zum Ausdruck. Einen unzulänglichen oder ganz fehlenden Tatsachenvortrag mit Alttatsachen aufhübschen kann man deswegen noch lange nicht.)
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Re: Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von Tobias__21 »

Vielen Dank! Im Zöller und im Putzo stand dazu nichts weiter, aber ich dachte mir das auch, dass dann eigentlich eine weitere Klage nicht möglich ist, wenn als unbegründet abweist. Allerdings schreiben die auch, dass die Klage als unschlüssig abgewiesen wird. Wenn ich eine unschlüssige Klage einreiche (ohne MB) wird mir das Gericht ja einen Hinweis erteilen, damit ich nachbessern kann. Wenn ich jetzt aber nicht nachbessere und das Gericht meine Klage abweist, geht die Rechtskraft dann tatsächlich so weit, dass eine erneute (diesmal schlüssige) Klage nicht mehr zulässig wäre?
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Re: Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von Torquemada »

BGH VI ZR 341/87 hat geschrieben:Die vor dem Inkraften der ZPO vom 30. 1. 1877 bestehende Befugnis der Gerichte, unschlüssige Klagen “angebrachtermaßen”, d. h. lediglich so, wie sie angebracht worden waren, mit der Möglichkeit abzuweisen, die Klage später mit besserer Substantiierung zu wiederholen, sollte nach den Grundsätzen der ZPO ... nicht mehr gegeben sein (...). Ob demgemäß dann, wenn auch danach noch eine nicht genügend substantiierte und deshalb unschlüssige Klage “angebrachtermaßen” abgewiesen wird, diese Art der Entscheidung der materiellen Rechtskraft “keinen Eintrag thut” (...) oder ob in solchen Fällen der Entscheidung im Ergebnis doch nur eine eingeschränkte Rechtskraftwirkung zukommt (...), kann im Streitfall dahinstehen. Eine Einschränkung der Rechtskraft könnte insoweit allenfalls als Ausnahme und auch nur dann in Erwägung gezogen werden, wenn der Entscheidung eindeutig der Wille des Prozeßgerichts zu entnehmen wäre, über den zugrunde gelegten Sachverhalt nicht abschließend zu entscheiden, sondern dem Kl. eine erneute Klageerhebung mit demselben Klagegrund und aufgrund von bereits im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vorliegenden Umständen vorzubehalten. Anderes wäre mit dem Wesen und der Funktion der Rechtskraft, die klare, nicht interpretationsbedürftige Bindungswirkungen erfordert, unvereinbar.
Der BGH sagt also:
1. Sachentscheidungen erwachsen in materielle Rechtskraft.
2. Die wegen Unschlüssigkeit erfolgende Klageabweisung ist eine Sachentscheidung; sie erwächst deshalb in materielle Rechtskraft (d.h. eine Klageerneuerung ist nur zulässig, wenn sich in einem tragenden Abweisungsgrund die Sachlage ändert).
3. Es ist deshalb unzulässig, wenn das Gericht eine wegen Unschlüssigkeit erfolgende Klageabweisung mit der Aussage verbindet, die Klageerneuerung solle unbeschränkt zulässig sein (und hierdurch den Willen in Abrede stellt, rechtskraftfähig über die Sache zu entscheiden).
4. Wir lassen offen, welche Rechtskraftwirkung eintritt, wenn das Gericht entgegen 3. verfährt, also verbotenerweise eine wegen Unschlüssigkeit erfolgende Klageabweisung mit der unmissverständlichen Aussage verbindet, die Klageerneuerung solle unbeschränkt zulässig sein.

Deine Frage fällt i.d.R. in die Kategorie 2. Sollte sie ausnahmsweise mal in die Kategorie 4 fallen, wäre die vom BGH vor 40 Jahren offen gelassene Frage nach heute h.M. dahin zu beantworten, dass eine prozessual unzulässige Aussage des Gerichts zum Umfang der materiellen Rechtskraft an deren Eintritt und Umfang nichts ändern kann.
Tobias__21
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Re: Fehlende Anspruchsbegründung § 697 III ZPO

Beitrag von Tobias__21 »

Vielen Dank =D>
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