Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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UltimaSpes
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Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von UltimaSpes »

Moin, moin,

folgender kurzer Fall bereitet mir im Moment ein wenig Kopfzerbrechen:
A bucht in einem Online-Reisebüro ein Hotel in der Stadt X.

Erlangt A nun einen eigenen Anspruch gegen das Hotel auf Unterbringung im Hotelzimmer? Und wenn ja, auf welchem Wege?

Meines Erachtens sind §§ 651a ff. BGB mangels einer Gesamtheit von Reiseleistungen - es geht ja nur um die einzelne Buchung eines Hotels - nicht einschlägig.

1.) Kann man sagen, dass zwischen A und dem Hotel ein direkter Vertrag zustande gekommen ist? Z.B. dadurch, dass A vermittelt über das Online-Reisebüro ein Angebot gegenüber dem Hotel abgibt, das das Hotel dann annimmt.

2.) Oder ist durch Auslegung eher zum Ergebnis zu kommen, dass zwischen Online-Reisebüro und Hotel ein Vertrag zugunster Dritter - hier des A - vereinbart wird, aus dem A seinen Anspruch gegen das Hotel herleiten kann?
Tobias__21
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Re: Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von Tobias__21 »

Der Vertrag kommt direkt mit dem Kunden des Onlineportals zustande. Zwischen dem Onlieportal und dem Kunden besteht nur eine Art Vermittlungsvertrag. Ähnlich ist es bei Versicherungen, die man online über ein Portal (bspw. check24) abschließt. Das Onlineportal übermittelt das Angebot des Kunden, das Hotel nimmt es an. So kommt dann der Vertrag zustande.
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Re: Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Letztlich gilt natürlich wie immer "es kommt darauf an":

1. Ist es ein klassisches (bloßes) Vermittlungsportal, gilt natürlich was Tobias gesagt hat: Vertrag Kunde-Hotel.

2. Allerdings ist es auch gut möglich (wenngleich heutzutage, gerade online, eher die Ausnahme), dass der Kunde einen Vertrag mit dem "Reisebüro" schließt, das dann wiederum mit dem Hotel kontrahiert.

3. Zu §§ 651a ff.: der BGH wendet diese z.T. auch auf Verträge über die bloße Buchung einer Unterkunft analog an. Schau mal in einem Kommentar nach bzgl. der Details.
Tobias__21
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Re: Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von Tobias__21 »

Suchender_ hat geschrieben:Letztlich gilt natürlich wie immer "es kommt darauf an":

1. Ist es ein klassisches (bloßes) Vermittlungsportal, gilt natürlich was Tobias gesagt hat: Vertrag Kunde-Hotel.

2. Allerdings ist es auch gut möglich (wenngleich heutzutage, gerade online, eher die Ausnahme), dass der Kunde einen Vertrag mit dem "Reisebüro" schließt, das dann wiederum mit dem Hotel kontrahiert.

3. Zu §§ 651a ff.: der BGH wendet diese z.T. auch auf Verträge über die bloße Buchung einer Unterkunft analog an. Schau mal in einem Kommentar nach bzgl. der Details.
zu 3.) Sind das solche Erlebnishotels oder "Ferien auf dem Bauernhof", wo irgendwie das ganze drumherum und nicht so sehr die bloße Unterkunft im Vordergrund steht? Bin grad zu faul im Kommentar nachzuschauen und kenne diese Rspr. nur von Kreuzfahrtreisen.
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Gelöschter Nutzer

Re: Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Tobias__21 hat geschrieben:
Suchender_ hat geschrieben:Letztlich gilt natürlich wie immer "es kommt darauf an":

1. Ist es ein klassisches (bloßes) Vermittlungsportal, gilt natürlich was Tobias gesagt hat: Vertrag Kunde-Hotel.

2. Allerdings ist es auch gut möglich (wenngleich heutzutage, gerade online, eher die Ausnahme), dass der Kunde einen Vertrag mit dem "Reisebüro" schließt, das dann wiederum mit dem Hotel kontrahiert.

3. Zu §§ 651a ff.: der BGH wendet diese z.T. auch auf Verträge über die bloße Buchung einer Unterkunft analog an. Schau mal in einem Kommentar nach bzgl. der Details.
zu 3.) Sind das solche Erlebnishotels oder "Ferien auf dem Bauernhof", wo irgendwie das ganze drumherum und nicht so sehr die bloße Unterkunft im Vordergrund steht? Bin grad zu faul im Kommentar nachzuschauen und kenne diese Rspr. nur von Kreuzfahrtreisen.
Kenne es insbesondere von Ferienhäusern, z.B.: BGH NJW 1992, 3158 - "Auf Veranstaltungsverträge, die auf die Bereitstellung einer Ferienunterkunft als alleiniger Reiseleistung gerichtet sind, sind die Vorschriften des Reisevertragsrechts insgesamt entsprechend anzuwenden." (Ls.)

Halte es dogmatisch auch für Quatsch, ist aber angesichts der reisendenfreundlichen Ausgestaltung der §§ 651a ff. BGB i.E. nachvollziehbar.
UltimaSpes
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Re: Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von UltimaSpes »

Suchender_ hat geschrieben:Letztlich gilt natürlich wie immer "es kommt darauf an":

1. Ist es ein klassisches (bloßes) Vermittlungsportal, gilt natürlich was Tobias gesagt hat: Vertrag Kunde-Hotel.

2. Allerdings ist es auch gut möglich (wenngleich heutzutage, gerade online, eher die Ausnahme), dass der Kunde einen Vertrag mit dem "Reisebüro" schließt, das dann wiederum mit dem Hotel kontrahiert.

Meinst du damit, dass beide Varianten vorstellbar sind, die ich oben aufgeführt habe - also einmal ein direkter Vertrag zwischen Hotel und Kunde und andererseits ein Vertrag zugunsten Dritter?

Und dann kommt es darauf an, wie man es auslegt, wobei eher dazu zu tendieren ist, dass ein direkter Vertrag zustande kommt?
Gelöschter Nutzer

Re: Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Von der Grundidee ja, aber du musst differenzieren und aufpassen:

1. Möglichkeit: Hotel-Kunde

- Untervariante 1: die Online-Buchungsseite leitet nur zu dem Hotel weiter, sodass Willenserklärungen ohnehin nur zwischen Hotel und Kunden ausgetauscht werden
- Untervariante 2 (u.U. wahrscheinlicher): die Buchungsseite fungiert als Vertreter (§ 164 I BGB) des Hotels


2. Möglichkeit: Vertrag Kunde-Buchungsseite.

Hier musst du aufpassen: Du sprichst von einem "Vertrag zugunsten Dritter", was nicht ganz falsch ist, allerdings darf nicht übersehen werden, dass ein Drei-Personen-Verhältnis mit insgesamt 2 Verträgen vorläge:

- Vertrag Kunde-Buchungsseite, kraft dessen der Kunde die Reise/Unterbringung von dem Online-Anbieter verlangen kann
- Vertrag Buchungsseite-Hotel, aufgrund dessen die Buchungsseite von dem Hotel die Erfüllung ihrer eigenen o.g. Verpflichtung gegenüber dem Kunden fordern kann. Dies (und nur dies!) ist nun ein Vertrag zugunsten des Kunden als Drittem -- ein echter (!) Vertrag zugunsten Dritter liegt aber nur dann vor, wenn der Kunde auch ein eigenes Forderungsrecht ggü. dem Hotel hat.

---

Die Unterscheidung zwischen den Varianten ist nun durch Auslegung zu erreichen. Entscheidend ist dabei, wie die Online-Buchungsseite auftritt. Allerdings ist die Frage in der Praxis idR müßig, da die AGB wohl eindeutig sein werden.
UltimaSpes
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Re: Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von UltimaSpes »

Suchender_ hat geschrieben: 2. Möglichkeit: Vertrag Kunde-Buchungsseite.

Hier musst du aufpassen: Du sprichst von einem "Vertrag zugunsten Dritter", was nicht ganz falsch ist, allerdings darf nicht übersehen werden, dass ein Drei-Personen-Verhältnis mit insgesamt 2 Verträgen vorläge:

- Vertrag Kunde-Buchungsseite, kraft dessen der Kunde die Reise/Unterbringung von dem Online-Anbieter verlangen kann
- Vertrag Buchungsseite-Hotel, aufgrund dessen die Buchungsseite von dem Hotel die Erfüllung ihrer eigenen o.g. Verpflichtung gegenüber dem Kunden fordern kann. Dies (und nur dies!) ist nun ein Vertrag zugunsten des Kunden als Drittem -- ein echter (!) Vertrag zugunsten Dritter liegt aber nur dann vor, wenn der Kunde auch ein eigenes Forderungsrecht ggü. dem Hotel hat.
Warum sollte in dieser Konstellation der Kunde kein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Hotel erwerben und somit ein echter VzD vorliegen?
Nur so wäre es doch sinnvoll. Andernfalls steht der Kunde am Reisetag vor der Hotelrezeption und kann nur gegenüber dem Reisebüro Unterbringung in dem Hotelzimmer verlangen, was ihm herzlich wenig bringen dürfte.
Gelöschter Nutzer

Re: Hotelbuchung über Reisebüro - Vertrag zugunsten Dritter?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

UltimaSpes hat geschrieben:
Suchender_ hat geschrieben: 2. Möglichkeit: Vertrag Kunde-Buchungsseite.

Hier musst du aufpassen: Du sprichst von einem "Vertrag zugunsten Dritter", was nicht ganz falsch ist, allerdings darf nicht übersehen werden, dass ein Drei-Personen-Verhältnis mit insgesamt 2 Verträgen vorläge:

- Vertrag Kunde-Buchungsseite, kraft dessen der Kunde die Reise/Unterbringung von dem Online-Anbieter verlangen kann
- Vertrag Buchungsseite-Hotel, aufgrund dessen die Buchungsseite von dem Hotel die Erfüllung ihrer eigenen o.g. Verpflichtung gegenüber dem Kunden fordern kann. Dies (und nur dies!) ist nun ein Vertrag zugunsten des Kunden als Drittem -- ein echter (!) Vertrag zugunsten Dritter liegt aber nur dann vor, wenn der Kunde auch ein eigenes Forderungsrecht ggü. dem Hotel hat.
Warum sollte in dieser Konstellation der Kunde kein eigenes Forderungsrecht gegenüber dem Hotel erwerben und somit ein echter VzD vorliegen?
Nur so wäre es doch sinnvoll. Andernfalls steht der Kunde am Reisetag vor der Hotelrezeption und kann nur gegenüber dem Reisebüro Unterbringung in dem Hotelzimmer verlangen, was ihm herzlich wenig bringen dürfte.
Es gilt erneut: das kommt darauf an.

Ob ein eigenes Forderungsrecht vorliegt, ist Auslegungssache. Es ist durchaus möglich, aber keineswegs zwingend. Denn auch die Alternativen sind gut denkbar:

1. Kein eigenes Forderungsrecht, aber der Online-Anbieter tritt seine eigenen Ansprüche gegen das Hotel an den Kunden ab. Vergleichbares Ergebnis.

2. Kein eigenes Forderungsrecht, aber das Hotel hat dennoch ein großes Interesse daran, an den Kunden zu leisten. Tut es dies nämlich nicht, macht es sich ggü. dem Online-Anbieter (Vertragspartner) haftbar. Folge wäre eine Abwicklung Kunde gegen Online-Anbieter auf SE (Nichterfüllung), Anbieter gegen Hotel auf SE (Nichterfüllung).
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