Kollision von Sicherungsübereignung und Vermieterpfandrecht

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Logisch_Win7
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Kollision von Sicherungsübereignung und Vermieterpfandrecht

Beitrag von Logisch_Win7 »

Hallo zusammen,

folgender Fall (abgekürzt) aus unserem Klausurenkurs: Mieter M hat in die Wohnung des Vermieters V eine Hebebühne eingebracht. Zwei Wochen später nimmt M bei der B-Bank ein Darlehen auf und übereignet die Hebebühne an die B-Bank zur Sicherheit gemäß §§ 929, 930 BGB. M kommt mit der Zahlung der Miete in Verzug und gibt deshalb die Hebebühne an den V heraus, damit diese die Bühne verwerten kann. Später zahlt M auch nicht mehr die Darlehensraten an die B-Bank. Diese will deshalb nun ihrerseits die Hebebühne verwerten.

Kann die B-Bank von V die Hebebühne nach § 985 BGB herausverlangen? Ich habe mir dazu folgendes überlegt.

I. V = Besitzer der Hebebühne (+)

II. B-Bank = Eigentümer der Hebebühne (+)

III. Recht zum Besitz des V
- Nach hM ist das Vermieterpfandrecht gemäß §§ 562, 1257, 1227 ein Recht zum Besitz. Der V hat auch wirksam ein Vermieterpfandrecht an der Hebebühne erworben.

Jetzt zu meinem eigentlichen Problem. Ich hab in meiner Skizze diskutiert (was in der Musterlösung dann gar nicht angesprochen wurde), ob die nach dem Einbringen der Hebebühne erfolgte Sicherungsübereignung etwas daran ändert, dass dem V ein Recht zum Besitz aus dem Vermieterpfandrecht zusteht.

Meine Argumentation: Der Erwerber aus der Sicherungsübereignung (im Beispiel oben also die B-Bank) könnte seine Sicherheit nie verwerten, wenn diese sich in einem angemieteten Raum befindet, was bei der Sicherungsübereignung ja durchaus der Fall sein kann. Der Vermieter hingegen ist nicht schutzwürdig, da er ja an allen anderen eingebrachten Sachen grds. auch ein Vermieterpfandrecht hat und sich deshalb aus einer anderen Sache befriedigen kann.

Ist das so abwegig, dass es in der Lösungsskizze nicht mal diskutiert wird?
Tobias__21
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Re: Kollision von Sicherungsübereignung und Vermieterpfandre

Beitrag von Tobias__21 »

Die dazu vertretenen Ansichten sind bekannt?

Dein Fall scheint ja die einfachste Konstellation zu sein, die man sich denken kann. Die Hebebühne steht im Eigentümer des Mieters (kein Vorbehaltseigentum?) und wurde nachträglich zur Sicherheit übereignet, nachdem sie schon eingebracht war.

-> Das Vermieterpfandrecht entsteht mit der Einbringung -> Die Sache ist mit dem Pfandrecht belastet als sie zur Sicherheit übereignet wird. Warum sollte die nachträgliche Sicherungsübereignung was daran ändern, dass das Pfandrecht auf der Sache lastet? Irgendwie musst Du das Pfandrecht ja weg bekommen, um ein Recht zum Besitz verneinen zu können. Da musst du irgendwo dogmatisch ansetzen. Dass der Sicherungsnehmer hier (deiner Meinung nach) benachteiligt wird, führt ja noch nicht dazu, dass das Pfandrecht entfällt. Du könntest eine Möglichkeit des gutgläubigen lastenfreien Erwerbs diskutieren, § 936, der hier aber nicht in Betracht kommt. Das Pfandrecht ist also nach wie vor da. Deine Argumentation würde mir auch nicht ausreichen, wenn Du nicht gleichzeitig auch begründest wie das Pfandrecht verschwinden soll, das ja ein Recht zum Besitz vermittelt. Oder Du schreibst irgendwas in der Art, dass sich in diesen Fällen der V nicht auf sein Recht zum Besitz berufen kann, weil es treuwidrig (ist es natürlich nicht) o.ä ist und den armen Sicherungsnehmer benachteiligt. Irgendwo musst du halt den Hebel ansetzen und deine Ansicht (rechtlich) begründen. Und oft ist es gerade nicht so, dass sich der Vermieter aus beliebigen Sachen befriedigen kann.
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Logisch_Win7
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Re: Kollision von Sicherungsübereignung und Vermieterpfandre

Beitrag von Logisch_Win7 »

Ja okay, dass mir der rechtliche Hebel fehlt, leuchtet ein.

Tobias__21 hat geschrieben:Die dazu vertretenen Ansichten sind bekannt?
Nee, sind mir nicht bekannt. Hab nur mal eine Überschrift dazu in den Rep-Unterlagen gelesen, deshalb kam ich auf das "Problem". Was wird denn in anderen Konstellationen dazu vertreten?
Tobias__21
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Re: Kollision von Sicherungsübereignung und Vermieterpfandre

Beitrag von Tobias__21 »

Ist ein Klassiker. Da findest Du genug dazu :)
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Schnitte
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Re: Kollision von Sicherungsübereignung und Vermieterpfandre

Beitrag von Schnitte »

Mach einfach eine saubere chronologische Prüfung. Wer war zu Begnn der ganzen Geschichte Eigentümer der Hebebühne? Ja wohl M. Dann hat M die Bühne in die Wohnung eingebracht. Dadurch ist das Vermieterpfandrecht entstanden. Dann hat M die Bühne an B übereignet. Das war sicher wirksam, aber die Frage, ob dadurch das Pfandrecht erloschen ist, richtet sich nach § 936 BGB (zu dem Tobias_21 ja schon was gesagt hat). Und so weiter. Einfach schön in chronologischer Reihenfolge die diversen dinglichen Erwerbstatbestände an dieser Hebebühne durchdenken, dann kommt man da schon drauf.

Das Argument, dass der Vermieter an allen anderen eingebrachten Sachen grds. auch ein Vermieterpfandrecht hat und sich deshalb aus einer anderen Sache befriedigen kann, überzeugt mich ebensowenig wie Tobias_21. Das würde ja voraussetzen, dass in Hinblick auf diese Hebebühne ein Vorrang des B gegenüber V bestehen würde und wo der herkommen soll, bleibt unbegründet.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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