Verlorengegangene Mängelrüge § 377 HGB

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Tobias__21
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Verlorengegangene Mängelrüge § 377 HGB

Beitrag von Tobias__21 »

Hallo,

Mangel kann vom K bewiesen werden. Der K trägt auch vor einen Tag nach Entdeckung des Mangels gerügt zu haben. Beweis: Quittung der Post über (normales) Einschreiben. Da keine Reaktion erfolgt schickt er über 1 Monat später die Mängelrüge erneut Der V sagt: Erstes Schreiben nie erhalten, Mangel wird bestritten, neuerliches Schreiben erhalten, aber verspätet.

Meine Ideen:

- Zugang der Rüge wird von § 377 verlangt, diesen muss der K beweisen (str., aber wohl BGH)
- Geht das Schreiben verloren, genügt zur Fristwahrung, dass sie der Erklärende unverzüglich wiederholt.
- War das zweite Schreiben ( 1 Monat später) unverzüglich?
- unverzüglich heisst "ohne schuldhaftes Zögern"
- K hatte keine Kenntnis davon, dass Rüge nicht zugegangen, aber kann man ihm vorwerfen nicht eher bei V nachgefragt zu haben, was los ist? Er hat ja über 4 Wochen gewartet?

-> Im Handelsrecht muss es schnell gehen. Ich tendiere dazu, dass die Rüge verspätet ist und K damit nicht mehr gehört werden kann, auch wenn er den Mangel beweisen kann. Er trägt das Risiko, dass die Erklärung nicht zugeht und hätte früher nachhaken müssen. Den Zugang der ersten Erklärung kann er allein mit der Quittung für das Einschreiben nicht beweisen (kein Einwurfeinschreiben).

Meinungen dazu?
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erudite
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Re: Verlorengegangene Mängelrüge § 377 HGB

Beitrag von erudite »

Ich denke mit genug Argumentation ist beides vertretbar und natürlich hinge die Entscheidung von der klausurtaktischen Sicht ab.

Ich persönlich würde eher sagen Unverzüglichkeit (+). K hat direkt nach Kenntnisnahme der fehlerhaften Zustellung gehandelt, weshalb man ihm wenn überhaupt vorwerfen könnte, dass er sich nicht erkundigt hat. Allerdings finde ich den Zeitraum von 1 Monat etwas grenzwertig um mit Sicherheit sagen zu können, dass K eine Pflicht gehabt hat nachzuhaken.

Andererseits ist deine Argumentation mit dem Beschleunigungsgrundsatz im HGB auch sehr schlüssig.
Fortschritt; nicht Perfektion
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Tibor
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Re: Verlorengegangene Mängelrüge § 377 HGB

Beitrag von Tibor »

Der Meinungsstreit ist schön bei Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Müller, 3. Auflage 2015, § 377 HGB Rn. 181 ff. dargestellt.
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Tobias__21
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Re: Verlorengegangene Mängelrüge § 377 HGB

Beitrag von Tobias__21 »

Tibor hat geschrieben:Der Meinungsstreit ist schön bei Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn/Müller, 3. Auflage 2015, § 377 HGB Rn. 181 ff. dargestellt.
Hab ich leider nicht. Habe aber eben im Röhricht / Graf von Westphalen nachgesehen und musste grinsen, weil mich der Name an Meister Röhrich erinnert hat :D

Die Klausur ist da relativ offen, kann man so oder so entscheiden, ohne dass es größere Auswirkungen hat. Wenn ich die Rüge zulasse ist die Klage diesbzgl. halt teilweise begründet. Ich werde mich aber dafür entscheiden, dass es zu spät ist. Als Kaufmann muss er eben anders reagieren und zur Not eben das Telefon bemühen, wenn der andere nicht reagiert.

Edit:
Gerade gesehen, dass zum Vorliegen eines Mangels keine Beweisaufnahme stattgefunden hat. Also wird die Musterlösung ebenfalls davon ausgehen, dass die Rüge verspätet ist und es auf die Frage des Mangels schon gar nicht ankommt :D
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