Vorl. Vollstr. bei teilw. übereinst. Erledigungserkl.?

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

Vorl. Vollstr. bei teilw. übereinst. Erledigungserkl.?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ich habe eine Frage zur vorläufigen Vollstreckbarkeit bei der teilweisen übereinstimmenden Erledigungserklärung: Ist es üblich/richtig/geboten, den überstimmend für erledigt erklärten Teil ohne Sicherheitsleistung für vorl. vollstreckbar zu erklären?

Hintergrund meiner Frage ist, dass dies durch § 794 I Nr. 3 ZPO an sich ja geboten ist bzw. zu sein scheint. Ein Beschluss ist schließlich auch dann ohne SiL v.v., wenn er formal als Teil des Urteils präsentiert wird (immerhin behält er seine Rechtsnatur trotzdem, vgl. sofortige Beschwerde als Rechtsmittel gegen diesen Teil). Leider habe ich in der Ausbildungsliteratur und in Klausurlösungen sehr viel Unterschiedliches dazu gehört:

1. Einige Lehrbücher (ich glaube, Knöringer) sagen dazu gar nichts.

2. Andere empfehlen eine getrennte Tenorierung (Kaiser?) im Sinne von "das Urteil ist v.v. gegen SiL iHv 110 %... mit Ausnahme des auf die übereinstimmende EE entfallenden Teils der Kosten, der ohne SiL v.v. ist".

3. Mein AG-Leiter (HH) hat es wie (2.) empfohlen.

4. Ein Klausurkorrektor (auch HH) hat gemeint, es sei zulässig, dann müsse aber "richtig" (also vollstreckbar) tenoriert werden: D.h. der auf die EE entfallende Teil müsse konkret ausgewiesen und hierfür ausgerechnet werden. Deshalb hat er uns davon auch abgeraten und gemeint, wir sollten den § 794 I Nr. 3 insoweit lieber ignorieren bzw. kurz in den EGr schreiben, dass es sich eben insg. um ein Urteil handele.

5. Ein weiterer Korrektor hält die getrennte Vollstreckbarerklärung für zulässig, aber in der Praxis "unüblich", hat davon also abgeraten.

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Wie haltet ihr es damit? Was ist üblicher, insb. in HH?

Meine Probleme sind:

- ich will nichts eklatant falsch machen (iSv eine nicht vollstreckbare Lösung präsentieren; wobei ich nicht so ganz verstehe, wieso das hier unzulässig sein soll, bei § 344 ZPO dagegen stets nur "mit Ausn. des auf die Säumnis des B im Termin vom... entfallenden Kosten" tenoriert wird).
- ich will aber auch nichts übersehen
- ich möchte in der Klausur keine Zeit oder Kraft damit zu verschwenden, eine absurde Rechnung anzustellen, die am Ende ohnehin falsch ist

Am liebsten würde ich die "getrennte Tenorierung" kurz in den Entscheidungsgründen ablehnen, ich kenne aber auch kein gutes Argument dafür. Dass "formal" ein Urteil vorliegt, für das nun einmal die §§ 708 ff. ZPO gelten, überzeugt nicht. Denn der "§ 91a-Teil" ist seiner Natur nach ja trotzdem ein Beschluss, vgl. oben.

Was meint ihr?
Gelöschter Nutzer

Re: Vorl. Vollstr. bei teilw. übereinst. Erledigungserkl.?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Keine Tenorierungsexperten? :)
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Ara
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Re: Vorl. Vollstr. bei teilw. übereinst. Erledigungserkl.?

Beitrag von Ara »

Aus Hamburg:

1. Korrektorin im A-Klausurenkurs: Das ist falsch. Sie dürfen nicht einen Teil für ohne Sicherheit für vorläufig vollstreckbar erklären. Trotz Hinweises, dass es in den Lehrbüchern so steht, war sie der felsenfesten Überzeugung , dass das falsch ist und hat es der Hälfte des Kurses angestrichen.

2. Korrektor im A-Klausurenkurs (Ja ich hatte uA deswegen gewechselt): Ja es ist eigentlich korrekt, wenn man den Teil für ohne Sicherheit vollstreckbar erklärt. Aber das macht in Hamburg keiner. Es steht auch in den offiziellen Lösungsskizzen nie drin. Lassen sie es lieber sein. 1. verwirren sie so nur den Korrektor und 2. schaffen sie sich so eine neue Fehlerquelle.

Und ich kann dir schon einmal eine weitere Verwirrung ersparen... Im B-Klausurenkurs gibt es mindestens 2 Korrektoren die dir bei jedem konkreten Verweis auf die Akte im Tatbestand (z.B. Im Mietvertrag steht unter § 8 das und das blabla... Für weitere Details wird auf den Mietvertrag als Anlage K1 verwiesen) ranschreiben "!!!DAS IST IM EXAMEN VERBOTEN!!!!"... In der Ladung zur Klausur liegt die Weisungen für die Anfertigungen der Aufsichtsarbeiten vom 01.01.2008 der Präsidentin des Gemeinsamen Prüfungsamtes bei. Dort steht "Wegen des Inhalts von Urkunden, der Einzelheiten von Berechnungen und des Ergebnisses von Beweisaufnahmen ist die Bezugnahme auf bestimmt bezeichneten Aktenstellen statthaft".
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Gelöschter Nutzer

Re: Vorl. Vollstr. bei teilw. übereinst. Erledigungserkl.?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Vielen Dank!

Ja, die Unwägbarkeiten der Juristerei....

Anderer Spaß am Rande: AG-Leiterin meinte, keine Strafbefreiungsgründe im konkreten Anklagesatz.

Korrektor Klausur: "leider gehen Sie nicht auf die fehlende Freiwilligkeit im Anklagesatz ein..."
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Muirne
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Re: Vorl. Vollstr. bei teilw. übereinst. Erledigungserkl.?

Beitrag von Muirne »

Ich würde in der Klausur nichts dazu sagen und die vorl. Vollstreckbarkeit so machen als handele es sich um ein normales Urteil. Getrennt zu tenorieren halte ich für gefährlich. Zum Ausrechnen hast du keine Zeit und es wird sehr wahrscheinlich auch nicht vom Klausurersteller berücksichtigt worden sein.
»Natürlich ist das herablassend. Torquemada ist mir gegenüber herablassend, ich bin esprit gegenüber herablassend. So ist die Nahrungskette in diesem Forum nunmal.« - Swann
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