Wirksamkeit der Bürgschaft

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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bankazubi
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Re: Wirksamkeit der Bürgschaft

Beitrag von bankazubi »

Tobias__21 hat geschrieben:Und was ist jetzt mit der Abwandlung, wenn gar keine Fälligkeit bestimmt wurde? Kleiner Tipp: Steht im Gesetz ;) Und dann müsste man noch eine kleine Folgefrage hinsichtlich des Sicherungsumfangs der Bürgschaft klären :D
Dann würde auch die Bürgschaft "bis auf weiteres" bestehen bleiben, denn diese ist ja in jeder Hinsicht aufgrund der engen Zweckerklärung an dieses Rechtsgeschäft gebunden (Betrag, Umfang, Dauer, etc.)

Weiterhin jedoch besagt die deutsche Rechtsprechung, dass wenn sich der Bürge für eine unbestimmte Zeit verpflichtet hat, ihm nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB das Recht zusteht, nach Ablauf eines angemessenen Zeitraums zu kündigen. Voraussetzung für eine ordentliche Kündigung der Bürgschaft ist, dass diese seit mindestens drei Jahren besteht. Die Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung der Bürgschaft beträgt weiterhin drei Monate.

Demnach könnte der Bürge frühestens nach drei Jahren mit einer Kündigungsfrist von drei Monaten die Bürgschaft ordentlich kündigen. Außerordentlich wäre wieder eine andere Sache, denn das könnte er unter gewissen Umständen sofort...
Tobias__21
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Re: Wirksamkeit der Bürgschaft

Beitrag von Tobias__21 »

Im Kern richtig. Allerdings geht da auch einiges durcheinander. Ist denn eine Bürgschaft überhaupt ordentlich kündbar? Steht dazu was im Gesetz? Die drei Monate beziehen sich doch auf das Darlehen, oder nicht?


Aber könnte der Bürge nicht vielleicht in der Frist des Hauptschuldners oder des Gläubigers kündigen? § 488 III S. 1, 2 BGB ? Also drei Monate? Können unbefristete Darlehen von Banken vielleicht vom Darlehensnehmer sogar jederzeit gekündigt werden? Nr. 18 BankAGB? Dass er ein Kündigungsrecht haben muss, hast du ja schon erkannt. Aber warum erst nach drei Jahren Laufzeit, wenn alle anderen früher kündigen dürfen? Warum muss der Bürge drei Jahre warten?

Die Bank könnte übrigens auch kündigen (3 Monate Frist bei Verbrauchern, ansonsten Nr. 19 (2) BankAGB?). Das wäre dann bei der Beantwortung von der zweiten Frage zu erwähnen, was die Bank tun kann um die Sicherheit zu erhalten. Vielleicht ist ja sogar bei der Kündigungsfrist des Bürgen auf die des Gläubigers abzustellen und er könnte jederzeit kündigen, wenn es denn die Bank kann?

Fragen über Fragen :D
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bankazubi
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Re: Wirksamkeit der Bürgschaft

Beitrag von bankazubi »

Nun, Tobias, ich habe mich nochmal etwas im Web umgeschaut. Und zwar:

Dass in den Verträgen über eine Bürgschaft kein generelles Kündigungsrecht eingeräumt wird, sollte nicht verwundern. Ein Bürge dient der Bank als Sicherheit. Bestünde die Möglichkeit, jederzeit aus dem Vertrag auszusteigen, könnte man rein theoretisch die Reißleine ziehen, sobald der Kreditnehmer arbeitslos wird oder in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Das Prinzip der Bürgschaft würde damit ad absurdum geführt. Ein Bürge macht für eine Bank nur dann Sinn, wenn er auch in Anspruch genommen und haftbar gemacht werden kann – und das für die gesamte Kreditlaufzeit. Das ist die Gefahr, die jedem (gerade bei einer unbefristeten Laufzeit) bewusst sein sollte.

Demnach ist bei einem nicht befristeten, sondern "b. a. w." laufenden Kredit - welcher einer Bürgschaft unterliegt - "b. a. w." oder um es anders zu formulieren "bis zum bitteren Ende" auch zu bürgen.

§ 488 III S. 1 würde beispielsweise auf eine Kreditlinie (Dispositionskredit TEUR 1,5 - revolvierende Wirkung) zutreffen und muss entweder vom Darlehensgeber (KI) oder vom Darlehensnehmer (Schuldner), nicht jedoch vom Bürge (was sich aus den oben genannten Gründen gut erklären liese) gekündigt werden.

Bei Nr. 18 BankAGB ist auch hier gewiss von einem Kunden und nicht von einem Bürgen die Rede, was sich ebenfalls aus den oben genannten Gründen wieder gut erklären liese. Hier kann entweder Kunde oder Bank kündigen.

Deine Frage, warum der Bürge erst nach drei Jahren und der Darlehensnehmer / die Bank mehr oder weniger bereits unter gewissen Umständen sofort kündigen kann, ist zunächst berechtigt. Hier bin ich der Ansicht, dass der Gesetzgeber den Gläubiger einfach über einen gewissen Zeitraum hinweg schützen möchte. Warum genau drei Jahre? Kann ich dir nicht sagen. Vielleicht wurde das aus Erfahrungswerten gezogen oder aus einer nach dieser Frist möglicherweise geringeren anschließenden Ausfallwahrscheinlichkeit des Schuldners, etc.

Eine berechtigte Frage ist auch, was passieren würde, wann die Bank kündigt. Hier würde definitiv der Bürge für den Schuldner einspringen, sofern dieser seinen Zahlungsverpflichtungen nicht oder nicht ganz nachkommen kann. Dafür hat sich ja der Bürge schließlich verbürgt. ;-)
Tobias__21
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Re: Wirksamkeit der Bürgschaft

Beitrag von Tobias__21 »

Ich kenn das so, dass man Bürgschaften die auf unbegrenzte Zeit laufen (bspw. bei einer Miete) zu dem Zeitpunkt ordentlich kündigen kann, in dem auch der Gläubiger ordentlich kündigen könnte. Die Einzelheiten dazu sind etwas strittig. Aber das hast Du ja selbst schon erkannt: Der Bürge soll auch nicht ewig drin hängen, auch wenn die Bürgschaft von Gesetzes wegen eigentlich (ordentlich) unkündbar ist, weswegen er auch bei einer zeitlich nicht begrenzten Hauptschuld unter gewissen Vrs. (ordentlich) kündigen können muss.

Auf Deinen Fall übertragen, würde ich vermuten, dass bei einer Bankbürgschaft die auf unbegrenzte Zeit läuft, der Bürge in der Frist des Gläubigers (der Bank) ordentlich kündigen kann. Die Frist für die ordentliche Kündigung des Darlehens durch die Bank ergibt sich aus den AGBen der Bank. Die Bank könnte auf die Kündigung des Bürgen reagieren, ihrerseits den Darlehensvertrag kündigen und dann den Schuldner oder eben den Bürgen in die Haftung nehmen.

Die zweite Frage war ja, wie die Bank an die Sicherheit rankommt. Und in dem Fall des Darlehensvertrages der unbegrenzt läuft, wäre meine Antwort: Darlehensvertrag kündigen. Die Bürgschaft ist in dieser Abwandlung wirksam. Da liegt m.E. kein Problem.

Das nur unter Vorbehalt. Richtig geprüft habe ich das nicht. Bekommst Du dazu Lösungen?

PS:
Der Bürge kann den Darlehensvertrag selbstverständlich nicht kündigen, das habe ich aber auch nicht behauptet ;)

Edit:
Ich hab jetzt nochmal etwas recherchiert. Der BGH und andere Gerichte stellen (auch bei der Mietbürgschaft) auf einen angemessenen Zeitraum ab. Daher wird das auch mit den drei Jahren kommen, was du meintest. Wobei sich das wohl nach dem Einzelfall richtet. Es kann auch ein kürzerer Zeitraum sein. Ganz unten die Entscheidung zur Mietbürgschaft. Ich erwähnte ja eingangs, dass man auch darauf abstellen könne wann der Gläubiger kündigen kann. Das scheint mir jetzt doch nicht so ganz auf deinen Fall zu passen. So dass man es doch besser mit der "Formel" des BGH und dem angemessenen Zeitraum lösen sollte.
Auch dem Bürgen, der es auf unbestimmte Zeit übernommen hat, für den einem Dritten öffneten Kredit einzustehen, muß, wie bei jedem zeitlich nicht begrenzten Dauerschuldverhältnis, nach Treu und Glauben das Recht zugestanden werden, die Bürgschaft nach Ablauf eines gewissen Zeitraums oder bei Eintritt besonders wichtiger Umstände mit Wirkung für die Zukunft zu kündigen (vgl. u.a. RG JW 1911, 447; Warn 1913, 289; 1914, 158; RGRK §765 Anm. 1 c). Hierbei wird er zwar auf die berechtigten Interessen sowohl des Gläubigers wie auch des Hauptschuldners Rücksicht zu nehmen und eine angemessene Frist einzuhalten haben, damit diese sich auf die veränderte Lage einstellen können. Das Kündigungsrecht als solches kann ihm aber nicht genommen werden.
BGH VII ZR 90/58
Es entspricht herrschender Meinung, daß unbefristete Dauerschuldverhältnisse durch Kündigung gelöst werden können. Dieser Grundsatz (vgl. auch Münchener Kommentar § 765 Rdnr. 20) ist auf Kreditbürgschaften (BGH WPM 1959, 855; RGRK § 765 Rdnr. 17) und auf Mietbürgschaften (LG Hamburg MDR 1971, 845; Staudinger BGB-Kommentar § 777 Rdnr. 8) angewandt worden, und zwar dann, wenn eine angemessene Frist verstrichen ist oder besonders wichtige Umstände vorliegen.

Im vorliegenden Fall hat der Bürgschaftsvertrag eine angemessen lange Zeit bestanden. Im Zeitpunkt der Kündigung war er nämlich etwa eineinhalb Jahre lang wirksam gewesen. Wenn man den Zeitpunkt in Betracht zieht, zu dem die Kündigung das Ende der Bürgschaft herbei führte, nämlich spätestens am 30.6.1982 (siehe unten), dann bestand das Schuldverhältnis länger als zwei Jahre.
(LG München I, Urteil vom 28. November 1984 – 31 S 3879/84 –, Rn. 9, juris)
Hier tauchen 3 Jahre auf (Aber verallgemeinern würde ich das nicht):
Auch der Bürge, der es auf unbestimmte Zeit übernommen hat, für den einem Dritten eröffneten Kredit einzustehen, hat nach Treu und Glauben das Recht, die Bürgschaft nach Ablauf eines gewissen Zeitraums oder bei Eintritt besonders wichtiger Umstände mit Wirkung für die Zukunft zu kündigen (BGH, Urt. v. 9. März 1959 - VII ZR 90/58, WM 1959, 855, 856 m.w.N.). Es kann dahinstehen, ob allein die Verschlechterung der Vermögenslage der Hauptschuldnerin als "besonders wichtiger Umstand" die Kündigung rechtfertigen konnte (vgl. dazu Staudinger/Horn, BGB 12. Aufl. § 765 Rdnr. 81; BGB-RGRK/Mormann, BGB 12. Aufl. § 765 Rdnr. 17). Hier kam hinzu, daß seitÜbernahme der Bürgschaft mehr als drei Jahre verstrichen waren und der Beklagte aus der Firma MAT ausgeschieden war. Das berechtigte ihn, wie auch die Revision nicht bezweifelt, sich für die Zukunft aus der Bürgenhaftung zu lösen.
(BGH IX ZR 135/84)
Der Bürge, der sich zugunsten des Vermieters auf unbestimmte Zeit verbürgt hat, kann den Bürgschaftsvertrag kündigen, jedoch erst zu einem Zeitpunkt, zu dem der Vermieter den Mietvertrag - nach Ablauf einer Überlegungsfrist - ordentlich kündigen kann. Die Möglichkeit außerordentlich zu kündigen, reicht nicht aus
(OLG Düsseldorf, Urteil vom 24. November 1998 – 24 U 264/97 –, juris)
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Re: Wirksamkeit der Bürgschaft

Beitrag von bankazubi »

Danke für Deine Antwort! Sobald mir eine von meinem Dozenten vorliegt, gebe ich sie gerne weiter...
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