Schadensersatz nach § 823 II

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Omid
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Schadensersatz nach § 823 II

Beitrag von Omid »

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

beim Lernen bin ich in einem Sachverhalt auf das folgende Thema gestoßen: Ausschluss des Schadensersatz (§ 823 II i. V. m. § 858).
Nun der Auszug aus der Lösungs des Sachverhalts, der mit ein wenig Kopfschmerzen bereitet:


"...Fraglich ist allerdings, ob der Anspruch nach §§ 823 Abs. 2 i.V.m. 858 BGB ausgeschlossen ist.
Nach herrschender Meinung besteht ein solcher Anspruch nur in den Grenzen des Selbsthilferechts des § 859 Abs. 3 BGB. Ist eine Selbsthilfe nach dieser Vorschrift nicht mehr zulässig, so könne auch kein Schadensersatz für Handlungen, die nach diesem Zeitpunkt vorgenommen wurden, gem. § 823 Abs. 2 BGB wegen der Verletzung des § 858 BGB verlangt werden. Folgt man dem, so wäre hier, da die Frist des § 859 BGB, wie gezeigt, abgelaufen ist, ein Schadensersatzanspruch ausgeschlossen.
[Hinweis: Zu überzeugen vermag die herrschende Ansicht gleichwohl nicht. Wie § 858 Abs. 2 BGB und die hieraus resultierenden Ansprüche aus §§ 861, 862 BGB zeigen, misst das Gesetz den Begehenden eine gegenüber dem vorherigen Besitzer verschlechterte Stellung zu. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Rechtsfolgen der verbotenen Eigenmacht mit Ablauf der Frist des § 859 BGB enden. Es ist deshalb auch nicht ersichtlich, warum die Verletzung des Schutzgesetzes nicht auch über die zeitliche Grenze der Befugnisse des § 859 BGB hinaus sanktioniert werden sollten, da anders als bei § 859 BGB kein unmittelbares Selbsthilferecht gewährt wird, sondern nur auf Sekundärebene Ausgleichsansprüche bestehen. Diese sind aber generell nicht an dieselben engen Fristen gebunden, wie Selbst- und Nothilferechte, so dass ein Gleichlauf in diesem Bereich nicht angezeigt ist.]"
--------------------------------------------------------------------Ende des Auszugs-----------------------------------------------------------------------

Kann mir jemand die Ansichten der hM und der Gegenansicht einwenig erläutern? Oder hat jemand einen Tipp, wo man in der Literatur mehr darüber lernen kann?

Merci beaucoup!
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Schnitte
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Re: Schadensersatz nach § 823 II

Beitrag von Schnitte »

Der Streit ist mir auch nicht näher bekannt, aber es klingt so, als ob § 858 BGB als Schutzgesetz im Sinne des § 823 II angesehen wird (was ich schon für fragwürdig halte, was aber die Rechtsprechung so zu sehen scheint; im MüKo habe ich hierzu als Quelle BGHZ 20, 169 gefunden), der Streit sich aber konkret darum dreht, ob dies zeitlich befristet ist auf die zeitliche Befristuing der Selbsthilfe nach § 859 II und III (also: "auf frischer Tat" bei beweglichen Sachen, "sofort" bei Grundstücken). hM sagt: Ja, hier ist ein Gleichlauf angesagt. MM sagt: Nein, Selbsthilfe ist etwas anderes als ein Schadensersatzanspruch, daher ist ein Gleichlauf dahingehend, dass Schadensersatzansprüche nur für besitzstörende Handlungen, gegen die zeitlich auch noch Selbsthilfe möglich wäre, gegeben sind.

Wertungsmäßig kann man das sicher so oder so sehen. Ich würde zur Mindermeinung tendieren, mit dem Argument, dass Selbsthilfe eine Ausnahme vom Gewaltmonopol des Staates darstellt und daher eng gehandhabt werden sollte, während entsprechende Erwägungen beim nachträglichen, gerichtlich geltend gemachten Schadensersatz nicht greifen; aber mit Argumenten wie "Einheitlichkeit der Rechtsordnung" u.dgl. kann man auch das Gegenteil argumentieren. n der Klausur würde ich hier die folgende bewährte Methodeanwenden: Das Ergebnis wählen, das klausurtaktisch das bessere Fortschreiten des Falles ermöglicht, und dann den Streit mit zwei oder drei ad hoc entwickelten Wertungsargumenten entsprechend entscheiden.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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