Generelle Aufbaufrage im Zivilrecht

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Enkidu
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Generelle Aufbaufrage im Zivilrecht

Beitrag von Enkidu »

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Tobias__21
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Re: Generelle Aufbaufrage im Zivilrecht

Beitrag von Tobias__21 »

Wenn der Sachverhalt dafür nichts hergibt, musst Du auch nichts dazu schreiben. Das Aufbauschema soll dir ja lediglich helfen nichts zu vergessen. Allenfalls kannst Du im Urteilsstil schreiben, dass der Anspruch auch durchsetzbar ist.
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Ant-Man
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Re: Generelle Aufbaufrage im Zivilrecht

Beitrag von Ant-Man »

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Schnitte
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Re: Generelle Aufbaufrage im Zivilrecht

Beitrag von Schnitte »

Das scheint aber eine Mindermeinung zu sein; der Verfasser dort gibt ja selbst zu, dass dieses Schema weithin unterrichtet wird. Der Verweis darauf, dass es von den rechtswissenschaftlichen Autoren kaum verwendet wird, überzeugt mich nicht, denn der Zweck eines Lehrbuchs oder einer wissenschaftlichen Schrift ist ein gänzlich anderer als der eines Gutachtens zur Falllösung.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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Re: Generelle Aufbaufrage im Zivilrecht

Beitrag von Ant-Man »

Schnitte hat geschrieben:
Das scheint aber eine Mindermeinung zu sein; der Verfasser dort gibt ja selbst zu, dass dieses Schema weithin unterrichtet wird. Der Verweis darauf, dass es von den rechtswissenschaftlichen Autoren kaum verwendet wird, überzeugt mich nicht, denn der Zweck eines Lehrbuchs oder einer wissenschaftlichen Schrift ist ein gänzlich anderer als der eines Gutachtens zur Falllösung.
Fn. 4: "Auch die Fallbücher verwenden das Schema zumeist nicht: vgl. ..."
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Blaumann
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Re: Generelle Aufbaufrage im Zivilrecht

Beitrag von Blaumann »

Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sind Klausuren ein schlechter Ort, um vom juristischen Mainstream abzuweichen. Es besteht immer die Gefahr, dass der Prüfer den Mainstream als zwingend betrachtet und Abweichungen als Fehler ankreidet, auch wenn sie objektiv keiner sind. Erklären kannst Du es ihm erst im Widerspruchsverfahren und da ist es dann meist zu spät.

Ich habe bis zum 2. Staatsexamen in Klausuren den Dreiklang verwendet und habe keine schlechten Erfahrungen damit gemacht.

In der Praxis prüfe ich Einwendungen, wenn sie von den Parteien vorgetragen wurden oder von Amtswegen zu berücksichtigen sind. Insofern schreibe ich auch nichts zur Durchsetzbarkeit oder zum Erlöschen des Anspruchs, wenn sich nichts aus dem Sachverhalt dazu ergibt. Insofern halte ich die Sicht des ZJS-Artikels für richtig. Hilft nur nix, wenn der Prüfer es anders sieht und sich dann am Fehlen eines Obersatzes aufhängt.
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Schnitte
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Re: Generelle Aufbaufrage im Zivilrecht

Beitrag von Schnitte »

Blaumann hat geschrieben:Nach der allgemeinen Lebenserfahrung sind Klausuren ein schlechter Ort, um vom juristischen Mainstream abzuweichen. Es besteht immer die Gefahr, dass der Prüfer den Mainstream als zwingend betrachtet und Abweichungen als Fehler ankreidet, auch wenn sie objektiv keiner sind. Erklären kannst Du es ihm erst im Widerspruchsverfahren und da ist es dann meist zu spät.
Sehe ich auch so. Ist letztlich eine Risikoabwägung, bei der vier mögliche Szenarien denkbar sind:

1. Der Korrektor kennt nur den Mainstream (in diesem Fall der dreistufige Anspruchsaufbau) und hat sich noch nie Gedanken darüber gemacht, dass damit etwas nicht stimmen könnte. In diesem Fall ist es eine ganz schlechte Idee, vom Mainstream abzuweichen.
2. Der Korrektor kennt die Debatte darum, ob der Mainstream richtig ist, hat dazu aber selbst keine starke Meinung mit eigener Präferenz. In dem Fall machst du mit einem Aufbau dem Mainstream folgend nichts falsch.
3. Der Korrektor kennt die Debatte darum, ob der Mainstream richtig ist, und präferiert diesen auch selbst. Auch hier machst du nichts falsch, wenn du dem Mainstream folgst.
4. Der Korrektor kennt die Debatte darum, ob der Mainstream richtig ist, und hält ihn selbst auch für falsch. Er weiß aber, dass es nunmal der Mainstream ist und dass Aufbaufragen nicht zu diskutieren sind (anders als Meinungsstreitigkeiten in der Sache) und hat daher keine andere Möglichkeit, als es - womöglich zähneknirschend - zu akzeptieren, wenn jemand den Mainstream-Aufbau verwendet.

Ich behaupte, dass diese Optionen 1-4 in absteigender Wahrscheinlichkeit angeordnet sind, aber das ist nicht von zentraler Bedeutung. Der wichtige Punkt ist: Die Klausur ist kein geeigneter Ort, um vom Mainstream abzuweichen, weil man sich damit dem Risiko aussetzt, einen vermeidbaren Fehler angekreidet zu kriegen. Dieses Ankreiden könnte man natürlich imWiderspruchs- oder Remonstrationsverfahren angreifen, aber leichter ist es natürlich, dem Korrektor gleich das zu geben, was er sehen will.

Ich halte es auch für fragwürdig zu behaupten, dass Falllösungen das Schema "zumeist" nicht verwendeten. Es mag Bücher geben, die es ablehnen, aber man sieht ihn doch in Falllösungsbüchern oft genug. Habe dazu mal eine Google-Books-Suche nach den Begriffen "Aufbau entstanden erloschen durchsetzbar" gemacht, um das zu illustrieren.
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