Streitgenossenschaft GbR

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Torquemada
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Re: Streitgenossenschaft GbR

Beitrag von Torquemada »

Tobias__21 hat geschrieben:Weil ich mir ja aussuchen kann ob ich die GbR selbst verklage, oder eben die Gesellschafter. Genauso ist es umgekehrt mit den Ansprüchen. Der Anspruch steht einmal der GbR selbst zu und daneben auch den einzelnen Gesellschafter zur gesamten Hand.
Das entspricht aber nicht der Auffassung des BGH:
BGH II ZR 443/13 Rn. 19 hat geschrieben:Die ... Vorstellung, die Gesellschafter [einer teilrechtsfähigen Außen-GbR] könnten in Streitgenossenschaft auf das Gesamthandsvermögen bezogene Prozesse führen, trifft ... nicht (mehr) zu. Vielmehr ist in derartigen Rechtstreitigkeiten grundsätzlich nur die rechtsfähige Gesellschaft die richtige Partei (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 42 ...) ...
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Vorkriegsjugend
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Re: Streitgenossenschaft GbR

Beitrag von Vorkriegsjugend »

Vielen Dank für die Aufklärung.

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Tobias__21
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Re: Streitgenossenschaft GbR

Beitrag von Tobias__21 »

Torquemada hat geschrieben:
Tobias__21 hat geschrieben:Weil ich mir ja aussuchen kann ob ich die GbR selbst verklage, oder eben die Gesellschafter. Genauso ist es umgekehrt mit den Ansprüchen. Der Anspruch steht einmal der GbR selbst zu und daneben auch den einzelnen Gesellschafter zur gesamten Hand.
Das entspricht aber nicht der Auffassung des BGH:
BGH II ZR 443/13 Rn. 19 hat geschrieben:Die ... Vorstellung, die Gesellschafter [einer teilrechtsfähigen Außen-GbR] könnten in Streitgenossenschaft auf das Gesamthandsvermögen bezogene Prozesse führen, trifft ... nicht (mehr) zu. Vielmehr ist in derartigen Rechtstreitigkeiten grundsätzlich nur die rechtsfähige Gesellschaft die richtige Partei (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 42 ...) ...
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Danke. Ich muss das nachsehen. Ich hab das echt anders verstanden, als ich das im Schellhammer gelesen habe. Der schreibt zwar, dass die Gesellschafter nur noch analog §§ 128ff. HGB neben der Gesellschaft haften, aber unmittelbar danach in einem anderen Absatz, dass der Gl. zw. Gesamthandsklage und Gesamtschuldklage grds. frei wählen darf, wenn auch jeder einzelne den Anspruch erfüllen kann u nicht nur die gesamte Hand. Wahrscheinlich hängt es bei mir am Verständnis von 128 HGB. Handels- und Gesellschaftsrecht hab ich noch nicht wiederholt.
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Schnitte
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Re: Streitgenossenschaft GbR

Beitrag von Schnitte »

Tobias__21 hat geschrieben: Danke. Ich muss das nachsehen. Ich hab das echt anders verstanden, als ich das im Schellhammer gelesen habe. Der schreibt zwar, dass die Gesellschafter nur noch analog §§ 128ff. HGB neben der Gesellschaft haften, aber unmittelbar danach in einem anderen Absatz, dass der Gl. zw. Gesamthandsklage und Gesamtschuldklage grds. frei wählen darf, wenn auch jeder einzelne den Anspruch erfüllen kann u nicht nur die gesamte Hand.
Meines Wissens war das zu Zeiten von Weißes Ross 2001 der Standpunkt des BGH, um den Bruch mit der bisherigen hM und auch den Gesetzeswortlauten z.B. von § 736 ZPO nicht allzu krass erscheinen zu lassen. Im Verlauf der Zeit hat sich die Auffassung von der Rechtsfähigkeit* der GbR dann aber so durchgesetzt und verankert, dass der BGH auch in solchen Nebenaspekten (in diesem Fall: Bleibt die gesamthandliche Prozessführung der Gesellschafter neben der Prozessführung durch die Gesellschaft selbst weiterhin zulässig?) noch einen Schritt weiter gehen konnte.

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)*): Ich weigere mich, den m.E. wirklich grauenvollen Begriff von der Teilrechtsfähigkeit zu verwenden. Ich weiß, dass er in Schrifttum und Rechtsprechung überall auftaucht; aber mir konnte noch niemand eine befriedigende Erklärung dafür liefern, warum die Rechtsfähigkeit einer "teilrechtsfähigen" Personengesellschaft nur "teilweise" sein soll und worin nun genau das Defizit zur "Vollrechtsfähigkeit" liegen soll. Ist auch ein Punkt, auf den ich aus völkerrechtlicher Sicht in meiner Diss eingehe.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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Re: Streitgenossenschaft GbR

Beitrag von Raskolnikow »

@Tobias_21:
Was gehen dürfte, ist einen oder mehrere Gesellschafter als Gesamtschuldner zu verklagen. Die Haftung nach § 128 HGB ist ja "primär, inhaltsakzessorisch, gesamtschuldnerisch und unbeschränkt".
Daher muss der Anspruch nicht zuerst erfolglos gegen die Gesellschaft durchgesetzt warden, sondern man kann sich auch gleich an einen oder mehrere Gesellschafter wenden.

Dann verklagst du aber nicht die "Gesamthand", sondern den Gesellschafter selbst.

Vlt ist es ja das, wodurch bei dir die Verwirrung entsteht?
Tobias__21
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Re: Streitgenossenschaft GbR

Beitrag von Tobias__21 »

Raskolnikow hat geschrieben:@Tobias_21:
Was gehen dürfte, ist einen oder mehrere Gesellschafter als Gesamtschuldner zu verklagen. Die Haftung nach § 128 HGB ist ja "primär, inhaltsakzessorisch, gesamtschuldnerisch und unbeschränkt".
Daher muss der Anspruch nicht zuerst erfolglos gegen die Gesellschaft durchgesetzt warden, sondern man kann sich auch gleich an einen oder mehrere Gesellschafter wenden.

Dann verklagst du aber nicht die "Gesamthand", sondern den Gesellschafter selbst.

Vlt ist es ja das, wodurch bei dir die Verwirrung entsteht?
Ne, das meinte ich ja. Das wäre dann die Gesamtschuldklage. Wenn ich alle Gesellschafter verklagen muss, weil die den Anspruch nur gemeinsam erfüllen können, wäre es die Gesamthandsklage.

1) GbR selbst verklagen
2) einzelne Gesellschafter verklagen
3) die gesamten Gesellschafter verklagen

Das wären die Optionen, die ich für möglich hielt. Gerade wenn die GbR selbst keine Kohle hat, wäre es doch sinnvoll sofort den solventesten Gesellschafter verklagen zu können....Aber wie gesagt, ich muss das nochmal nachsehen
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Re: Streitgenossenschaft GbR

Beitrag von Nik0316 »

Tobias__21 hat geschrieben:
Raskolnikow hat geschrieben:@Tobias_21:
Was gehen dürfte, ist einen oder mehrere Gesellschafter als Gesamtschuldner zu verklagen. Die Haftung nach § 128 HGB ist ja "primär, inhaltsakzessorisch, gesamtschuldnerisch und unbeschränkt".
Daher muss der Anspruch nicht zuerst erfolglos gegen die Gesellschaft durchgesetzt warden, sondern man kann sich auch gleich an einen oder mehrere Gesellschafter wenden.

Dann verklagst du aber nicht die "Gesamthand", sondern den Gesellschafter selbst.

Vlt ist es ja das, wodurch bei dir die Verwirrung entsteht?
Ne, das meinte ich ja. Das wäre dann die Gesamtschuldklage. Wenn ich alle Gesellschafter verklagen muss, weil die den Anspruch nur gemeinsam erfüllen können, wäre es die Gesamthandsklage.

1) GbR selbst verklagen
2) einzelne Gesellschafter verklagen
3) die gesamten Gesellschafter verklagen

Das wären die Optionen, die ich für möglich hielt. Gerade wenn die GbR selbst keine Kohle hat, wäre es doch sinnvoll sofort den solventesten Gesellschafter verklagen zu können....Aber wie gesagt, ich muss das nochmal nachsehen
Vielleicht hilft dir dieses Urteil weiter. ;)

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-b ... os=0&anz=1
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Re: Streitgenossenschaft GbR

Beitrag von Brainiac »

Tobias__21 hat geschrieben:1) GbR selbst verklagen
2) einzelne Gesellschafter verklagen
3) die gesamten Gesellschafter verklagen

Das wären die Optionen, die ich für möglich hielt. Gerade wenn die GbR selbst keine Kohle hat, wäre es doch sinnvoll sofort den solventesten Gesellschafter verklagen zu können....Aber wie gesagt, ich muss das nochmal nachsehen
Geht alles, also 1), 2) und 3). Bei 3) liegt einfache Streitgenossenschaft vor. Will man zB 1) und 3) kombinieren, muss man zwei mal klagen.
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
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