Hey,
Ich habe Probleme zu verstehen, wann ein sog. "Scheingeheißerwerb" vorliegt und wann ein gutgläubiger Erwerb nach §§ 929 S.1, 931, 934 Alt. 2 BGB.
Bei beiden (?) geht folgende Konstellation:
E ist der tatsächliche Eigentümer der Sache (und unmittelbarer Besitzer).
V ist der Veräußerer der Sache.
K ist der Erwerber das Sache.
Da für § 934 Alt. 2 auch ein lediglich behaupteter Herausgabeanspruch genügt, sofern der Erwerber die Sache tatsächlich ausgehändigt kriegt, frage ich mich, wozu es überhaupt den "Scheingeheißerwerb" nach §§ 929 S.1, 932 BGB gibt.
Liegt der Knackpunkt darin, dass bei § 934 die Sache von einem "Dritten" herausgegeben wird, welcher NICHT Eigentümer ist? Sodass § 934 BGB ausscheidet, wenn der angebliche Herausgabeanspruch gegen E (den tatsächlichen Eigentümer) bestehen soll, da dieser nicht "Dritter" ist?
Danke schonmal für eure Antworten!
Scheingeheißerwerb oder 934 Alt. 2?
Moderator: Verwaltung
-
- Newbie
- Beiträge: 5
- Registriert: Dienstag 8. Mai 2018, 09:10
-
- Super Power User
- Beiträge: 1559
- Registriert: Montag 10. März 2014, 08:03
Re: Scheingeheißerwerb oder 934 Alt. 2?
Beim Scheingeheißerwerb liegt doch keine Abtretungskonstellation vor.
I.Ü.: Differenziere: Scheingeheißerwerb auf Erwerber-/Veräußererseite.
I.Ü.: Differenziere: Scheingeheißerwerb auf Erwerber-/Veräußererseite.
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
-
- Newbie
- Beiträge: 5
- Registriert: Dienstag 8. Mai 2018, 09:10
Re: Scheingeheißerwerb oder 934 Alt. 2?
Oftmals wird dies dem Erwerber aber so vermittelt, war zumindest bei beiden Scheingeheißerwerbsfällen die ich bisher hatte so...
Es wird dem Erwerber mitgeteilt, er könnte sich die Sache bei E abholen, da dieser die Sache für ihn (den Veräußerer) verwahre oder ähnliches.
Ich dachte das Problem des Scheingeheißerwerbs gäbe es nur bei einer Scheingeheißperson auf Veräußererseite? Nur dann stellt sich ja das Problem, ob die Sache gutgläubig erworben wurde...
Wenn die Sache an jemanden übergeben, der nur scheinbar dem Geheiß des Erwerbers folgt, tatsächlich aber die Sache für sich will (so zumindest stelle ich mir "Scheingeheißerwerb auf Erwerberseite" vor), dann dürfte es ja i.d.R. schon an einer dinglichen Einigung fehlen, oder?
Es wird dem Erwerber mitgeteilt, er könnte sich die Sache bei E abholen, da dieser die Sache für ihn (den Veräußerer) verwahre oder ähnliches.
Ich dachte das Problem des Scheingeheißerwerbs gäbe es nur bei einer Scheingeheißperson auf Veräußererseite? Nur dann stellt sich ja das Problem, ob die Sache gutgläubig erworben wurde...
Wenn die Sache an jemanden übergeben, der nur scheinbar dem Geheiß des Erwerbers folgt, tatsächlich aber die Sache für sich will (so zumindest stelle ich mir "Scheingeheißerwerb auf Erwerberseite" vor), dann dürfte es ja i.d.R. schon an einer dinglichen Einigung fehlen, oder?
-
- Power User
- Beiträge: 333
- Registriert: Freitag 27. Juni 2014, 11:17
Re: Scheingeheißerwerb oder 934 Alt. 2?
entweder findet die dingliche einigung schon antizipiert mit dem abschluss des schuldrechtlichen vertrages statt.
oder: die dingliche einigung ist nach dem objektiven empfängerhorizont auszulegen, und den einschlägigen fällen ist das auftreten der scheingeheißperson dann idR so zu verstehen, dass dieser nur als bote des "veräußerers" ein angebot auf übereignung überbringt.
"die sache kannst du bei x abholen" ist nicht als abtretung eines herausgabeanspruchs auszulegen
oder: die dingliche einigung ist nach dem objektiven empfängerhorizont auszulegen, und den einschlägigen fällen ist das auftreten der scheingeheißperson dann idR so zu verstehen, dass dieser nur als bote des "veräußerers" ein angebot auf übereignung überbringt.
"die sache kannst du bei x abholen" ist nicht als abtretung eines herausgabeanspruchs auszulegen
-
- Super Power User
- Beiträge: 1559
- Registriert: Montag 10. März 2014, 08:03
Re: Scheingeheißerwerb oder 934 Alt. 2?
S.o.: Übereignung durch das Übergabesurrogat der Abtretung des Herausgabeanspruchs und (Schein-)Geheißerwerb schließen sich aus. Es geht also darum, zu bestimmen, ob nach dem Geschehen eine Abtretung vereinbart wurde. Im Fall des bloß behaupteten, aber nicht bestehenden Herausgabeanspruchs des dann nicht mittelbaren Besitzers befinden wir uns ja bei § 934 Alt. 2. D.h., dass zum Eigentumserwerb die Übergabe durch den Dritten erforderlich ist. Demhingegen geht es beim (Schein-)Geheißerwerb darum, ob eine Übergabe des Veräußerers vorliegt.Raskolnikow hat geschrieben:Oftmals wird dies dem Erwerber aber so vermittelt, war zumindest bei beiden Scheingeheißerwerbsfällen die ich bisher hatte so...
Es wird dem Erwerber mitgeteilt, er könnte sich die Sache bei E abholen, da dieser die Sache für ihn (den Veräußerer) verwahre oder ähnliches.
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien
-
- Newbie
- Beiträge: 5
- Registriert: Dienstag 8. Mai 2018, 09:10
Re: Scheingeheißerwerb oder 934 Alt. 2?
In dem Fall, durch den ich auf das Problem gestoßen bin war es so:
Der (Ex-)Mann (M) von F hat mit dieser abgemacht, dass er einen Teppich für sie verkauft.
Er hat einen Käufer gefunden, den Kaufvertrag im eigenen Namen abgeschlosssen, sich den Kaufpreis auszahlen lassen. "Hierbei äußert M gegenüber (dem Käufer), er bräuchte den Teppich nur bei F abzuholen, weil F angeblich den Teppich für ihn bloß verwahre."
F händigt dem Käufer den Teppich ohne großes Gerede aus, weil sie glaubt, M habe alles bereits für sie abgeklärt.
In der Musterlösung wurde der gutgläubige Eigentumserwerb dann über den Scheingeheißerwerb und nicht über 934 BGB gelöst.
Die Aussage, dass F den Teppich für ihn bloß verwahre würde ich bei juristischen Laien mal als Abtretung des Anspruchs aus § 695 S.1 BGB auslegen.
Der (Ex-)Mann (M) von F hat mit dieser abgemacht, dass er einen Teppich für sie verkauft.
Er hat einen Käufer gefunden, den Kaufvertrag im eigenen Namen abgeschlosssen, sich den Kaufpreis auszahlen lassen. "Hierbei äußert M gegenüber (dem Käufer), er bräuchte den Teppich nur bei F abzuholen, weil F angeblich den Teppich für ihn bloß verwahre."
F händigt dem Käufer den Teppich ohne großes Gerede aus, weil sie glaubt, M habe alles bereits für sie abgeklärt.
In der Musterlösung wurde der gutgläubige Eigentumserwerb dann über den Scheingeheißerwerb und nicht über 934 BGB gelöst.
Die Aussage, dass F den Teppich für ihn bloß verwahre würde ich bei juristischen Laien mal als Abtretung des Anspruchs aus § 695 S.1 BGB auslegen.
-
- Super Power User
- Beiträge: 1559
- Registriert: Montag 10. März 2014, 08:03
Re: Scheingeheißerwerb oder 934 Alt. 2?
ME beides vertretbar.
"In a real sense, we are what we quote." - Geoffrey O'Brien