Vertragsschluss beim Parken

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Logisch_Win7
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Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Logisch_Win7 »

Hallo zusammen,

folgender Fall: Parkplatzeigentümer K stellt an der Einfahrt seines Parkplatzes und auf dem Parkplatz selbst gut sichtbar Schilder mit folgender Aufschrift auf: "Parken nur für maximal eine Stunde und ausschließlich für Kunden des Supermarktes. Parkende sind verpflichtet, eine Parkscheibe gut sichtbar auszulegen. Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt." Autofahrerin F stellt ihr Auto ohne Auslegen einer Parkscheibe auf dem Parkplatz ab und geht danach für zwei Stunden zum Arzt. K lässt das Auto der F abschleppen.

Ich sehe im Aufstellen des Schildes ein konkludentes Angebot zum Abschluss eines Leihvertrags über den Parkplatz. Die Annahme erfolgt meiner Meinung nach dadurch, dass F ihr Auto unter Kenntnisnahme der Schilder und der somit von K aufgestellten Bedingungen auf dem Parkplatz abstellt.

Die Lösungsskizze lehnt eine Annahme ab. Das Angebot des K sei auf das Parken für a) Kunden, die b) nicht länger als eine Stunde dort parken und c) eine Parkscheibe auslegen, ausgerichtet gewesen. Durch das Nichtauslegen der Parkscheibe und das Nichtaufsuchen des Supermarktes habe die F zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem Angebot des K zu seinen Bedingungen nicht einverstanden sei. Deshalb sei kein Leihvertrag zustandegekommen.


Das kommt mir unbillig vor. Der K stellt seinen Parkplatz zur Verfügung. Die F nimmt den Parkplatz auch in Anspruch. Aber sie kann durch das Nichtaufsuchen des Supermarkts und das Nichtauslegen der Parkscheibe dafür sorgen, dass ein Leihvertrag nicht zustandekommt und der K gegen F im Falle eines Abschleppens des Autos keine vertraglichen Schadensersatzansprüche hat?
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Muirne
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Muirne »

Er hat ja andere Ansprüche. Wenn du mir dein handy zum kauf anbietest für 100 euro und ich es dir einfach entreiße und abhaue, haben wir auch keinen Kaufvertrag geschlossen.

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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Logisch_Win7 »

Ja klar, aber ich bin mit der Aussage vom Rechtsgefühl her trotzdem unzufrieden.

Anderes Beispiel: Die P & C GmbH verlangt von Kunden, die eine Parkscheibe nicht ausgelegt haben, eine "Vertragsstrafe" iHv 40€. Nach der oben dargelegten Logik wäre ja schon kein Vertrag als Grundlage für die Vertragsstrafe zustande gekommen, weil die Kunden durch das Nichtauslegen der Parkscheibe zum Ausdruck gebracht haben, zu den von P & C ausgeschilderten Bedingungen keinen Vertrag über die Parkplatznutzung schließen zu wollen.
Tobias__21
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Tobias__21 »

Warum liegt er denn so falsch? Angebot (+), Annahme? In Betracht konkludente Annahme durch Abstellen des PKW. Auslegung aus Sicht eines obj. Empfängers, §§ 133, 157 BGB -> Annahme zu den Bedingungen, die wohl auch zur Kenntnis genommen worden sind (es sind ja Schilder da). § 116 I S. 1 BGB Vorbehalte das Erklärte nicht zu wollen sind unbeachtlich.

Schreiben die in der Skizze was dazu? Völlig abwegig find ich den Gedanken nämlich nicht. Man könnte allenfalls daran ansetzen, dass sich das Angebot nur an Kunden richtet. Das wird auch der Grund sein, warum kein Vertrag zustande kommt, da die Parkende eben keine Kundin ist. Aber dass die Parkscheibe nicht ausgelegt wird, ist m.E. nicht die richtige Begründung, genausowenig das Überschreiten der Parkzeit.
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Muirne »

Ja, konkludent kann ein Vertrag schon zustande kommen, wenn es ein öffentlicher Parkplatz ist und das Angebot vorliegt. Dass man nicht vorhat zu zahlen ist dagegen irrelevant. Dass du es am Kunden scheitern lassen willst finde ich verständlich. Mit der Parkscheibe überzeugt mich auch nicht. Dass ein Vertrag vorliegt lässt sich also gut vertreten.
Das entscheidende dürfte hier aber sein, dass sich aus so einem Vertrag kein Selbsthilferecht ergibt und es deshalb kein vertraglicher Anspruch sein kann, nach dem man die Abschleppkosten bekommt. Das Selbsthilferecht ergibt sich eben aus den entsprechenden gesetzlichen Regeln und die Kosten dafür dann ggfs. aus GoA.
Zuletzt geändert von Muirne am Mittwoch 16. Mai 2018, 17:01, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Tobias__21 »

Es ging ja aber erstmal nur darum, ob ein Vertrag überhaupt im Raum steht.
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Muirne
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Muirne »

Ne, es ging ihm um vertragliche Schadensersatzansprüche, nicht nur darum, dass ein Vertrag zustande kam. Siehe letzter Abschnitt. Das findet er unbillig. Deshalb war meine Antwort auch etwas unsauber, um es nett auszudrücken. Also ja, Vertrag wohl eher (+) aA sicher vertretbar , aber SEA eben (-).
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Tobias__21 »

Ah ja, ok, stimmt :)
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Schnitte
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Schnitte »

Muirne hat geschrieben: Das entscheidende dürfte hier aber sein, dass sich aus so einem Vertrag kein Selbsthilferecht ergibt und es deshalb kein vertraglicher Anspruch sein kann, nach dem man die Abschleppkosten bekommt. Das Selbsthilferecht ergibt sich eben aus den entsprechenden gesetzlichen Regeln und die Kosten dafür dann ggfs. aus GoA.
Damit wird ein SEA ausgeschlossen, aber wie ist das mit einer Vertragsstrafe, wie sie in der Abwandlung des TE eingeführt wurde? AGB-Recht hilft hier jedenfalls nicht offensichtlich weiter, da § 309 Nr. 6 nicht jede Form der Vertragsstrafe, sondern nur die dort geregelten für unwirksam erklärt.

Die Argumentation der Lösungsskizze halte ich für abwegig. Das ist doch die klassische Konstellation der protestatio facto contraria, die man sonst ja auch nicht durchgehen lässt. Früher hätte man vielleicht noch mit dem (für Minderjährige entwickelten) Konstrukt des faktischen Vertrags weiterdoktern können, aber das hat sich ja (zu Recht) nicht durchgesetzt.
"Das Vertragsrecht der Bundesrepublik Deutschland und die gesetzlich vorgesehenen Möglichkeiten, die Erfüllung von Verträgen zu erzwingen [...], verstoßen nicht gegen göttliches Recht."

--- Offizialat Freiburg, NJW 1994, 3375
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Tobias__21 »

Schnitte hat geschrieben:
Muirne hat geschrieben: Das entscheidende dürfte hier aber sein, dass sich aus so einem Vertrag kein Selbsthilferecht ergibt und es deshalb kein vertraglicher Anspruch sein kann, nach dem man die Abschleppkosten bekommt. Das Selbsthilferecht ergibt sich eben aus den entsprechenden gesetzlichen Regeln und die Kosten dafür dann ggfs. aus GoA.
Damit wird ein SEA ausgeschlossen, aber wie ist das mit einer Vertragsstrafe, wie sie in der Abwandlung des TE eingeführt wurde? AGB-Recht hilft hier jedenfalls nicht offensichtlich weiter, da § 309 Nr. 6 nicht jede Form der Vertragsstrafe, sondern nur die dort geregelten für unwirksam erklärt.

Die Argumentation der Lösungsskizze halte ich für abwegig. Das ist doch die klassische Konstellation der protestatio facto contraria, die man sonst ja auch nicht durchgehen lässt. Früher hätte man vielleicht noch mit dem (für Minderjährige entwickelten) Konstrukt des faktischen Vertrags weiterdoktern können, aber das hat sich ja (zu Recht) nicht durchgesetzt.
Die Vertragsstrafe geht auch durch. Man streitet nur darum ob man auch den Halter hernehmen kann (kann man nicht). Ein gewisses Problem sehe ich darin, dass der Nutzerkreis von vorne herein eingeschränkt ist. Wäre es ein Parkplatz auf dem jeder parken dürfen soll und einer legt die Parkscheibe nicht aus, wird die Vertragsstrafe fällig, denn da kommt definitiv ein Vertrag zustande. Aber auch in dem Fall des TE wo man es auf Kunden beschränkt, würde ich fast auch zum Vertragsschluss tendieren. Denn das Verhalten dejenigen der da parkt kann man nur so verstehen (133, 157), dass er das Angebot zu den Bedingungen annimmt. Man kann es ihm ja nicht an der Nasenspitze ansehen, dass er danach nicht in den Supermarkt geht. Und dann halt 116 I 1 BGB. Innere Vorbehalte sind egal. Das ist ja wie beim Schwarzfahren.
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Logisch_Win7 »

Erst mal danke für eure Antworten.

@Tobias_21: Nein, die Lösungsskizze schweigt zu § 116 und auch zur konkludenten Annahme des Angebots durch das Parken.


Also mal angenommen, dass ein Vertrag zustande gekommen ist: Wieso kann man dann den Hinweis "Widerrechtlich parkende Fahrzeuge werden kostenpflichtig abgeschleppt" nicht als AGL für den Ersatz der Abschleppkosten nehmen? Mir ist klar, dass es letztlich auf die Besitzstörung entscheidend hinausläuft (in Verbindung mit GoA oder § 823 I oder § 823 II iVm § 861). Aber käme daneben nicht eine vertragliche Regelung zur Kostentragungspflicht in Betracht?
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Tobias__21 »

Man könnte daran denken, dass es sich dabei um eine eigenmächtige Durchsetzung von Rechten handelt. Aber wenn dem so ist, warum geht dann § 823 I BGB i.V.m § 249 BGB durch? Das scheint ja unstreitig sein :-k man müsste da wohl (also bei § 823) noch den § 859 mit rein nehmen, er darf also abschleppen. Also ist ja grds. keine eigenmächtige Durchsetzung von Rechten. Das gleiche (also 859) müsste doch dann auch im Rahmen eines vertraglichen SE Anspruchs gelten, oder nicht?

Ich schnalls grad echt auch nicht. Klar, wenn ein Leihvertrag endet, darf ich mir meine Sache auch nicht einfach wieder zurückholen, sondern muss halt klagen...Aber warum geht dann in den Parkplatzfällen auch der 823 I ?? Wohl nur wegen § 859 III, oder? Aber warum soll ich diese Wertung nicht auf vertragliche Ansprüche übertragen dürfen?

EDIT:

Gut, bei einem öfftl. Parkplatz habe ich, wenn ein Vertrag zustande kommt, ja ein EBV. Der "nicht-mehr berechtigte Besitzer" ist ja umstr. Ab dem Zeitpunkt der Überschreitung der Parkzeit kann man mit guten Gründen ein EBV ablehnen und kommt m.E. auch zur verbotenen Eigenmacht. § 823 I dürfte also anwendbar sein (str.) Von daher sehe ich jetzt keine zwingenden Gründe, die gegen einen vertraglichen Anspruch in Bezug auf die Abschleppkosten sprechen. Wie gesagt: § 823 I geht ja auch und auch der berechtigt nicht zur eigenmächtigen Durchsetzung.
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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Muirne »

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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von Tobias__21 »

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Re: Vertragsschluss beim Parken

Beitrag von immer locker bleiben »

Logisch_Win7 hat geschrieben: Mittwoch 16. Mai 2018, 15:13 Das Angebot des K sei auf das Parken für a) Kunden, die b) nicht länger als eine Stunde dort parken und c) eine Parkscheibe auslegen, ausgerichtet gewesen. Durch das Nichtauslegen der Parkscheibe und das Nichtaufsuchen des Supermarktes habe die F zum Ausdruck gebracht, dass sie mit dem Angebot des K zu seinen Bedingungen nicht einverstanden sei. Deshalb sei kein Leihvertrag zustandegekommen.
Die Lösungsskizze könnte von mir sein ... :D =D>

(Mit der Fehlentscheidung BGH, Urteil vom 14.07.1957 - V ZR 223/54 = BGHZ 21, 319, dürfte die Lösungsskizze dagegen schwer vereinbar sein).
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