Bösgläubiger Besitzdiener!

Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Zivilprozeßrecht

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Gelöschter Nutzer

Bösgläubiger Besitzdiener!

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hi!
Hoffe mir kann hier jmd. weiterhelfen! Habe ein Probem mit der Feststlellung ob gutläubiger Erwerb vorliegt oder nicht!
Wie ist es wenn ein Besitzdiener für seinen "Herrn" eine Sache beim Veräußerer abholt (Einigung ist bereits erfolgt) und dabei erfährt das Veräußerer nicht befugt war?

Habe jetzt mehrere Artikel über bösgläubige Besitzdiener gelesen, die sich allerdings alle auf die Bösgläubigkeit iSd § 990 f BGB beziehen. Die Bösgläubigkeit des Besitzdieners wird hier versucht über die Vorschriften der Stellvertretung § 164 f. und dem Deliktsrecht § 831 auf den Besitzherrn zu übertragen.
Im Münchner Kommentar und im Staudinger steht jedoch unter § 932 BGB das Bösgläubigkeit von Besitzdienern unerheblich ist!

Muss man jetzt wie bei § 990 zunächst klären ob Bösgläubigkeit nach § 166 oder § 831 analog angewandt wird, oder ist es wie es im Münchner Kommentar+ Staudinger steht unerheblich das Besitzdiener bösgläubig ist??

Kurz: Ist die Bösgläubigkeit in § 990 dieselbe wie in § 932??

Tausend Dank für Antworten.
MfG
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Na da werden offenbar unterschiedliche Ansichten vertreten.

Eigentlich kommt es bei 932 ja nur auf den Besitzerwerb an und ein Besitzdiener erwirbt ja gerade keinen Besitz.

Die Ansicht, die §§ 166 bzw 831 analog anwenden will, wird wahrscheinlich so eine Art "Lagertheorie" vertreten: Besitzdiener ist vom Erwerber eingesetzt, also muss er sich auch dessen Bösgläubigkeit zurechnen lassen.

Ich finde, dass auf diesen Gedanken 831 analog besser passt, man also an ein eventuelles Auswahlverschulden des Erwerbers anknüpft.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also mit den Theorien, die du gefunden hast, bist du schon ganz gut dabei:

die Probleme treten bei einer Haftung nach 989,990 auf, wenn gefragt wird, ob im Zp der Schädigungshandlung Bösgläubigkeit vorlag.

eine Meinung stellt auf 831 ab, da ja 989f eine deliktische Haftung sei - ob man also das Handeln des Besitzdieners dem Besitzherren zurechnen kann - was allerdings schwierig ist, da sich der BH exkulpieren kann.

deshalb vertritt eine andere Ansicht, dass man 166 analog anwenden kann, wenn der Besitzdiener auch als Vertreter oder vertreterähnlich auftritt - und darüber eine Zurechnung der Bösgläubigkeit herbeiführt.

In deinen Fall ist das problematisch, da die Einigung längst erfolgt ist, und der BD die Sache nur noch abholen geht - hier kann man gut vertreten, dass eine Zurechnung der Bösgläubikeit abzulehnen ist.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hi!
Erstmal danke für die echt scnelle Antworten!

Das was mich nur irritiert ist das in den Kommentaren unter § 932 über den Bösgläubigen Besitzdiener so gut wie nichts steht, und alles was ich darüber finden kann sich auf § 990 bezieht.

Es dürfte aber doch keine Unterschiede geben zwischen der Bösgläubigkeit der beiden Paragraphen (§§ 932 und 990) geben oder täusche ich mich da?

Danke!!!!
MfG
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Naja, der Unterschied liegt darin, dass es beim gutgläubigen Erwerb auf den Rechtsschein des Besitzes ankommt.

Bei 990 kommt es darauf an, ob jemand weiß, dass er nichtberechtigter Besitzer ist.

Insofern bezieht sich die Bösgläubigkeit nicht auf denselben Gegenstand: Denn einmal bezieht sie sich auf die Berechtigung zu verfügen (932) , bei 990 hingegen auf die Berechtigung zum Besitz.

Und da ist es letzendlich eine Wertungsfrage, ob in beiden Fällen gleich entschieden werden kann (also Anwendung von § 166 bzw. 831 analog), wenn bösgläubige Besitzdiener im Spiel sind.
Was jedoch für eine Gleichbahndlung spricht: In beiden Fällen setzt der Erwerber/Besitzer einen von ihm selbst ausgewählten Besitzdiener ein
und setzt damit ein Risiko auf das er einen gewissen Einfluss hat.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

...aua, kleiner Fehler von mir: bei 932 wird nat. nur der gute Glaube an die Eigentümerstellung geschützt.
chris0
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Beitrag von chris0 »

Ich finde es kurz und knapp so am überzeugendsten: Ist der Besitzdiener Stellvertreter, dann 166 analog, ansonsten 831.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Alles klar! (Hoffe ich)
Danke für die Hilfe!
MfG
ProstG!
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Beitrag von ProstG! »

chris0 hat geschrieben:Ich finde es kurz und knapp so am überzeugendsten: Ist der Besitzdiener Stellvertreter, dann 166 analog, ansonsten 831.
831 passt mE doppelt nicht.

1. Es geht bei 831 um ein Verschulden, nicht um ein Wissen (das Wissen um die Nichteigentümerstellung eines anderen).

2. Es kann über 831, wenn man 1. ignoriert, immer noch nichts zugerechnet (nämlich das Wissen um die Nichteigentümerstellung) werden, da 831 die Haftung für ein vermutetes eigenes Auswahl bzw. Überwachungsverschulden des Geschäftsherrn regelt. Aber eben nicht eine Zurechnung.

Einzig methodisch sinnvolle Lösung daher 166 analog in beiden Fällen.
In letzterem ist dann sogar eine doppelte Analogie (WE wird ersetzt durch Realakt; Stellvertreter wird ersetzt durch Besitzdiener) nötig.
"Der Stellvertreter hat nur dann die Rechte und Pflichten des Vorsitzenden, wenn dieser behindert ist" (§ 107 I 3 AktG)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

ProstG! hat geschrieben: 831 passt mE doppelt nicht.

1. Es geht bei 831 um ein Verschulden, nicht um ein Wissen (das Wissen um die Nichteigentümerstellung eines anderen).

2. Es kann über 831, wenn man 1. ignoriert, immer noch nichts zugerechnet (nämlich das Wissen um die Nichteigentümerstellung) werden, da 831 die Haftung für ein vermutetes eigenes Auswahl bzw. Überwachungsverschulden des Geschäftsherrn regelt. Aber eben nicht eine Zurechnung.
Ich habe das bisher so verstanden, dass gerade an ein Verschulden des (potentiellen) Erwerbers angeknüpft werden soll und er sich bei fehlendem Auswahlverschulden exkulpieren kann. Also keine "Wissenszurechnung" im eigentlichen Sinn. Es würde dann darauf hinauslaufen, ob der Erwerber aufgrund seiner Auswahl mit Unzuverlässigkeit des Besitzdieners rechnen musste.
ProstG!
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Beitrag von ProstG! »

Daniel22 hat geschrieben:
ProstG! hat geschrieben: 831 passt mE doppelt nicht.

1. Es geht bei 831 um ein Verschulden, nicht um ein Wissen (das Wissen um die Nichteigentümerstellung eines anderen).

2. Es kann über 831, wenn man 1. ignoriert, immer noch nichts zugerechnet (nämlich das Wissen um die Nichteigentümerstellung) werden, da 831 die Haftung für ein vermutetes eigenes Auswahl bzw. Überwachungsverschulden des Geschäftsherrn regelt. Aber eben nicht eine Zurechnung.
Ich habe das bisher so verstanden, dass gerade an ein Verschulden des (potentiellen) Erwerbers angeknüpft werden soll und er sich bei fehlendem Auswahlverschulden exkulpieren kann. Also keine "Wissenszurechnung" im eigentlichen Sinn. Es würde dann darauf hinauslaufen, ob der Erwerber aufgrund seiner Auswahl mit Unzuverlässigkeit des Besitzdieners rechnen musste.
Welche "Unzuverlässigkeit"? Es ist nicht verboten, etwas zu wissen oder nicht zu wissen und es begründet schon gar kein Verschulden. Es geht nur darum, dass das Gesetz an ein Wissen oder Nichtwissen verschiedene Rechtsfolgen knüpft.
Eine "Exkulpation" ist daher auch geradezu abwegig.
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Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

ProstG! hat geschrieben: Welche "Unzuverlässigkeit"? Es ist nicht verboten, etwas zu wissen oder nicht zu wissen und es begründet schon gar kein Verschulden.
Mit "Unzuverlässigkeit" meine ich nicht, ob der Besitzdiener oder Erwerber etwas weiß oder nicht weiß, sondern ob der Erwerber mit einer Rechtstreue ("Zuverlässigkeit") des von ihm beauftragten Besitzdieners rechnen durfte oder nicht.

Ob man 831 nun unbedingt braucht, darüber kann man endlose dogmatische Diskussionen führen. Der wesentliche Unterschied zu 166 ist aber, dass bei 166 unabhängig vom Verhalten des Erwerbers diesem etwas zugerechnet wird, wofür er gar nichts kann (außer der Beuftragung des Besitzdieners).
Bei 831 kann ich hingegen miteinbeziehen, ob der Erwerber bei der Auswahl seines Besitzdieners schludrig war. Man sollte das auch vor dem Hintergrund sehen, dass es eigentlich (nur nach dem Gesetz) auf die Bösgläubigkeit des Besitzdieners gar nicht ankommen kann und insofern eine bloße Zurechnug m.E. schon etwas bedenklich ist
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

@ProstG: Deine Position hat ein gewichtiges Argument, das ich zugestehe:

Voraussetzung einer Analogie ist u.a. die wertungsmäßige Vergleichbarkeit des geregelten mit dem nichtgeregelten Tatbestand.
Und da ist es schon sehr fraglich, ob eine Vorschrift aus der deliktischen Verschuldenshaftung (die den Rechtsgüterschutz bezweckt) mit den Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs (Zweck: Verkehrsschutz durch Berücksichtigung des Rechtsscheins) vergleichbar ist.

Insofern müsste man aber überlegen, ob § 166 hier einen vergleichbaren Sachverhalt regelt. Dafür könnte sprechen, dass in beiden Fällen eine "Beauftragung" zugrund liegt und sonst nichts. Dagegen ist fraglich, ob hinsichtlich des Zwecks der Anwendung vergleichbare Sachverhalte vorliegen.
ProstG!
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Beitrag von ProstG! »

Habe gerade SV nochmal gelesen. In diesem speziellen Fall, finde ich deine Argumentation gut vertretbar. Denn der Geschäftsherr ist durchaus schutzwürdig, wenn er gutgl. war und einen anderen ohne Wissen von dessen Bösgläubigkeit beauftragt. RG des § 166 II e. contrario.

In vielen Abwandlungen rechtfertigt sich jedoch viel problemloser die Anwedung des 166.
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Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hi!
Ich muss mich mal wieder für all die Antworten und Diskussionen bedanken die hier geschrieben wurden. ABER:

Ich habe jetzt noch in ein paar Komentaren nachgelesen und festgestellt das es wohl doch einen Unterschied gibt zwischen der Behandlung der Gutgläubigkeit aus § 990 und der aus § 932 gibt.

Soergel/Henssler, Münch/Quack, Staudinger/Wiegand und auch Erman/Michalski meinen das es bei Einschaltung von Besitzdienern (Dritter) in den Besitzerwerb es nicht auf deren bösen Glauben ankommt.
Es wird also gar nicht groß diskutiert wie und womit (§§ 166 oder 831), sondern deren Bösgläubigkeit wird einfach "unter den Tisch gekehrt"!

Warum da solche Unterschiede gemacht werden habe ich noch nicht so recht verstanden, glaube aber das hat 1. was mit der Deliktischen Haftung und 2. mit der Anknüpfung des guten Glaubens (einmal Eigentum des Veräußerers und einmal Recht zum Besitz) zu tun.

Wenn da jemand noch Einwände hat bitte melden!!
Aber so müsste es doch eigentlich stimmen oder?

MfG und Danke
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