unbestimmte Kündigung trotzdem wirksam wg. §§ 4,7 KSchG?

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Pippen
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unbestimmte Kündigung trotzdem wirksam wg. §§ 4,7 KSchG?

Beitrag von Pippen »

Nehmen wir an, ein AG kündigt seinem AN ohne jegliche Bezugnahme auf das Vertragsende, wie zB oft mit der Klausel "zum nächstmöglichen Zeitpunkt" getan wird. Liegt dann noch eine Kündigung vor, die wirksam werden kann, zB wenn der AN nicht innerhalb von 3 Monaten dagegen klagt (§§ 4,7 KSchG), und dann das Arbeitsverhältnis als "gewollt fristlos, aber unter Beachtung der gesetzlich zwingenden Fristen" beendet oder läge schon begrifflich keine Kündigung vor, so dass auch die §§ 4,7 KSchG dem AG nicht helfen könnten? ME gilt ersteres oder übersehe ich da was?
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Tikka
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Re: unbestimmte Kündigung trotzdem wirksam wg. §§ 4,7 KSchG?

Beitrag von Tikka »

Vielleicht stehe ich auf dem Schlauch, aber ich verstehe gerade den Zusammenhang nicht.

Ob und wenn ja welches Beendigungsdatum in der Kündigungserklärung genannt wird, ist für die Frage der Wirksamkeit der Kündigung erst einmal egal. (zumindest in dem geschilderten Fall)

Wenn die materielle Ausschlußfrist des § 4 KSchG nicht gewahrt wurde, ist die Kündigung wirksam. (Ich lasse die wenigen Ausnahmefälle mal außen vor)

Die Frage zu wann das Arbeitsverhältnis beendet wurde, ist dann eine andere. Stellt der Arbeitgeber bspw. die Gehaltszahlung sofort ein und gibt damit zu verstehen, dass er eine fristlose Kündigung aussprechen wollte, kann der Arbeitnehmer zumindest für die Lohnzahlung bis zum Ablauf der einschlägigen ordentlichen Kündigungsfrist Leistungsklage erheben.
Was dann genau erklärt wurde, also außerordentlich oder ordentlich und wenn ordentlich zu wann ist dann wie immer im Wege der Auslegung oder Umdeutung durch das Arbeitsgericht zu ermitteln.
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Re: unbestimmte Kündigung trotzdem wirksam wg. §§ 4,7 KSchG?

Beitrag von Pippen »

Genauso verstehe ich es auch. Ich habe mich nur gefragt, ob man in der Rsp. nicht etwa einer unbestimmten Kündigung ihren Charakter als 'Kündigung' abspricht, so dass eine Vorschrift wie §§ 4,7 KSchG gar nicht anwendbar wäre.

Eine Kündigung ohne alles ("Ich kündige unser Arbverhältnis") ist dann schlicht eine Kündigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt und der bestimmt sich nach Vertrag und Gesetz. Eine solche Kündigung ist (schwebend) unwirksam, weil zu unbestimmt, kann aber durch §§ 4,7 KSchG wirksam werden.
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Tikka
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Re: unbestimmte Kündigung trotzdem wirksam wg. §§ 4,7 KSchG?

Beitrag von Tikka »

Pippen hat geschrieben:Genauso verstehe ich es auch. Ich habe mich nur gefragt, ob man in der Rsp. nicht etwa einer unbestimmten Kündigung ihren Charakter als 'Kündigung' abspricht, so dass eine Vorschrift wie §§ 4,7 KSchG gar nicht anwendbar wäre.

Eine Kündigung ohne alles ("Ich kündige unser Arbverhältnis") ist dann schlicht eine Kündigung zum frühestmöglichen Zeitpunkt und der bestimmt sich nach Vertrag und Gesetz. Eine solche Kündigung ist (schwebend) unwirksam, weil zu unbestimmt, kann aber durch §§ 4,7 KSchG wirksam werden.
Nun ja schwebend unwirksam weiss ich nicht. Wenn Sie als Kündigung ausgelegt werden kann, ist sie wirksam, wenn nicht, dann nicht. In jedem Fall empfiehlt es sich innerhalb der drei Wochen Kündigungsschutzklage zu erheben, um nicht einen Rechtsverlust zu riskieren.

Einer der wenigen Fälle, wo meines Wissens nach die drei Wochen Frist nicht gilt, sind formunwirksame Kündigungen, z.B. solche die mündlich erfolgt sind.
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Re: unbestimmte Kündigung trotzdem wirksam wg. §§ 4,7 KSchG?

Beitrag von OJ1988 »

Sehe da auch den Zusammenhang nicht. Eine Kündigung ist eine Kündigung ist eine Kündigung. Ob die Kündigung fristgerecht (oder ggf. auch: fristlos) erklärt wurde, ist eine andere Frage und setzt die Bejahung der Frage "Handelt es sich bei dieser Willenserklärung um die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses" denklogisch voraus.
Pippen
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Re: unbestimmte Kündigung trotzdem wirksam wg. §§ 4,7 KSchG?

Beitrag von Pippen »

Tikka hat geschrieben:Nun ja schwebend unwirksam weiss ich nicht. Wenn Sie als Kündigung ausgelegt werden kann, ist sie wirksam,
Wohl leider nein. Laut Rsp. ist eine (arbeitsrechtliche) Kündigung ohne den Mindestzusatz "zum nächstmöglichen Termin" unwirksam, weil zu unbestimmt. Wenn daher der AN nach §§ 4,7 KSchG vorgeht, dann müsste er allein aufgrund dieses Formfehlers gewinnen. So habe ich es jedenfalls verstanden und deshalb schreibe ich da von "schwebender Unwirksamkeit".

Ich stimme euch beiden zu, dass eine Kündigung auch mit gravierenden Formfehlern eine Kündigung ist und bleibt. Ich war/bin mir nur unsicher, ob BAG & Co. das auch so sieht. Kann mir schon vorstellen, dass die anfangen da herumzudoktern, um die harte §§ 4,7-Regelung evtl. aufzuweichen, nach dem Motto: Kündigungen mit gravierenden Formfehlern sind keine Kündigungen iSv §§ 4,7 .... Kann aber auch sein, ich sehe da mal wieder Gespenster.
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