[ArbR] Kettenbefristung und der § 99 BetrVG

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Bushmills
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[ArbR] Kettenbefristung und der § 99 BetrVG

Beitrag von Bushmills »

Guten Abend zusammen,

ich hätte eine Frage in Bezug auf die Kettenbefristung in Verbindung mit dem § 99 BetrVG.

Soweit ich weiß ist bei der Befristung mit Sachgrund (Zweckbefristung; § 14 I TzBfG) auch ein mehrmaliger Abschluss eines neuen befristeten Arbeitsvertrags (bzw. die Weiterführung des ursprünglichen Arbeitsvertrags mit neuer Befristungsabrede) über den in
§ 14 II TzBfG genannten Zeitraum von 2 Jahren hinaus grundsätzlich zulässig, solange der Arbeitgeber damit nicht eine unbefristete Einstellung zu umgehen versucht.
Viele Arbeitgeber scheuen aber wohl trotzdem davor zurück einen sich verdient gemachten Arbeitnehmer aufgrund eines neuen/anderen Sachgrundes erneut zweckzubefristen, weil sie aufgrund des § 16 TzBfG fürchten ein unbefristes Arbeitsverhältnis zu begründen.
Anstatt die Befristung des bisherigen Arbeitnehmers zu verlängern, stellen sie deshalb häufig lieber einen komplett neuen Arbeitnehmer befristet ein.

Meine Frage ist jetzt, ob der Betriebsrat in dem Fall aufgrund des § 99 II Nr. 3 Hs. 2 BetrVG der Einstellung des neuen befristeten Arbeitnehmers widersprechen darf, wenn die Möglichkeit besteht den bisher befristeten Arbeitnehmer in einem neuen befristeten Arbeitsverhältnis weiterzubeschäftigen.

Nach dem Wortlaut der Norm dürfte der Betriebsrat wohl nicht widersprechen, da eindeutig von "unbefristeter Einstellung" die Rede ist.
Meine Überlegung ist nun folgende:
Der Sinn und Zweck der Norm ist es aber wohl eher den bisher befristeten Arbeitnehmer im Verhältnis zu neuen Arbeitnehmern besser zu stellen, und sein Bestandsinteresse am Arbeitsverhältnis zu schützen.
Demzufolge wäre ein Widerspruch des Betriebsrats in diesem Fall wohl zulässig.

Sollte jemandem dieser Fall schoneinmal begegnet sein, oder sollte es dazu Meinungen geben, wäre
ich sehr dankbar, wenn ihr euere diesbezügliches Wissen mit mir teilen würdet.

Ich wünsche noch einen schönen Abend,
Bushmills

ps:
Wortlaut des § 99 II Nr. 3 BetrVG
die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht, dass infolge der personellen Maßnahme im Betrieb beschäftigte Arbeitnehmer gekündigt werden oder sonstige Nachteile erleiden, ohne dass dies aus betrieblichen oder persönlichen Gründen gerechtfertigt ist; als Nachteil gilt bei unbefristeter Einstellung auch die Nichtberücksichtigung eines gleich geeigneten befristet Beschäftigten,
Mimis
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Re: [ArbR] Kettenbefristung und der § 99 BetrVG

Beitrag von Mimis »

Habe folgendes im Kommentar (Henssler, Willemsen, Kalb, ArbR Kommentar, 2. Auflage, § 99 BetrVG Rz 80f.) gefunden: BR soll darauf achten, dass im Betrieb befristet Beschäftigte die Chance erhalten, in ein unbefristetes ArbV zu gelangen.
Ausdrücklich wird auch gesagt, dass das Zustimmungsverweigerungsrecht nur bei unbefristeter Einstellung einschlägig ist - das entspricht dem Zweck nach der Gesetzesbegründung und auch dem Wortlaut der Vorschrift. Festgestellt wird im Kommentar aber auch, dass es hierdurch letztlich zu einer Gesetzeslücke kommt.

Davon ausgehend halte ich eine Analogie für befristete Einstellung für wenig vertretbar. Zum einen geht es gegen den Wortlaut und zum anderen wird wohl keine planwidrige Regelungslücke vorliegen, auch wenn die Interessenlage natürlich vergleichbar ist.
Bushmills
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Re: [ArbR] Kettenbefristung und der § 99 BetrVG

Beitrag von Bushmills »

Vielen Dank für die Antwort!

Im Fitting und im Richardi konnte ich dazu leider nichts finden.
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