§ 248 HGB (1)

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Moderator: Verwaltung

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Gelöschter Nutzer

§ 248 HGB (1)

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo liebe Forumsgemeinde,

mir erschließt sich nicht wie die Formulierungen des § 248 HGB (1) zu interpretieren sind.

Dort heißt es:

(1) In die Bilanz dürfen nicht als Aktivposten aufgenommen werden:

1.
Aufwendungen für die Gründung eines Unternehmens,
2.
Aufwendungen für die Beschaffung des Eigenkapitals und
3.
Aufwendungen für den Abschluss von Versicherungsverträgen.


Insbesondere der Begriff "Aufwendungen" verwirrt mich. Eine Aufwendung würde ich interpretieren als Aufwand im buchhalterischen Sinne und ein solcher fließt grundsätzlich ein in die GuV (Gewinn- & Verlustrechnung), die das Eigenkapital mehrt oder mindert, welches aber auf der Passivseite einer Bilanz zu finden ist. In § 248 HGB ist aber die rede von der Aktivseite der Bilanz. Das lässt mich vermuten, dass hier nicht um Aufwand geht, aber um was geht es dann?

Kann mir jemand ein konkretes Beispiel nennen zu den Nummern 1. - 3. des § 248 HGB?

Freundliche Grüße
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Tibor
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Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Tibor »

Aufwendungen mindern grundsätzlich den Gewinn. Wenn man sie verbucht, würde man bspw buchen "Personalaufwand an Bank", dann würde der Gewinn gemindert und zugleich das Vermögen (Bankbestand). Wenn man etwas aktiviert, weil es ein Vermögensgegenstand ist, dann ist der Vorgang neutral, bspw Anschaffung einer Maschine. Der Kaufmann "wendet x € auf" um die Maschine anzuschaffen (§ 255: "Anschaffungskosten sind die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben ..."). Buchung: Maschine an Bank, also ein neutraler Aktivtausch. § 248 verbietet nun, dass die dort genannten Aufwendungen neutral behandelt werden, indem man sie bspw als Ingangsetzungsbetrag aktiviert. Die Aufwendungen sollen direkt den Jahresüberschuss mindern.
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Tibor
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Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Tibor »

PS auf der Passivseite wird der Jahresüberschuss als Saldogröße und Bestandteil des Eigenkapitals ausgewiesen. Wenn in der GuV nur Aufwand verbucht würde, hätte man einen Fehlbetrag. Der wird auch auf der Passivseite, allerdings mit einem negativen Vorzeichen ausgewiesen; faktisch also aktiv (Mittelverwendungsseite).
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Gelöschter Nutzer

Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Hallo Tibor,

vielen Dank für Deine Antwort. Es erscheint mir etwas merkwürdig, dass der Gesetzgeber somit ausdrücklich verlangt, dass Anschaffungskosten für Anlagegüter die mit der Gründung eines Unternehmens in Zusammenhang stehen, ganz gleich welcher Höhe, direkt in den Aufwand verbucht werden anstatt wie üblich, eine Aktivierung vorzunehmen und eine jährliche AfA.

Beste Grüße
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Tibor
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Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Tibor »

Die Bilanz dient nicht nur als Vehikel um den möglichst periodengerechtesten Gewinn zu ermitteln; die Bilanz soll zudem Vermögen und Schulden möglichst zutreffend - wenn auch typisiert - ausweisen. Der sog Gründungsaufwand ist aber kein Vermögensgegenstand, denn dieser ist weder als Gegenstand einzeln bewertbar, noch könnte man die "Position" Gründungsaufwand im Geschäftsverkehr frei liquidieren. Der Aufwand ist auch kein aRAP iSd § 250 (1) HGB, da der Aufwand auf keine bestimmte - nicht einmal bestimmbare - Zeitspanne entfällt.
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Gelöschter Nutzer

Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ganz ehrlich, mir ist immer noch nicht klar was es mit diesem Paragraphen bzw. den Nummern 1. - 3. genau auf sich hat.

Wenn es ein Aufwand ist, was der Begriff Gründungsaufwand ja beinhaltet, dann ist es doch vollkommen klar, dass dieser nicht auf der Aktivseite stehen kann, weshalb muss das also ausdrücklich erwähnt werden?

Genauso die Aufwendungen für die Beschaffung von Eigenkapital. Wie Du schon sagst sind das Aufwendungen und keine Vermögensgegenstände. Auch hier frage ich mich wieso darauf hingewiesen wird, dass diese Aufwendungen nicht auf der Aktivseite aufgenommen werden dürfen. Ein Aufwand kann nie auf der Aktivseite einer Bilanz stehen. Mir erschließt sich der gesamte Sinn dieses Gesetztestextes leider nicht, sorry.

Hast Du vielleicht einen anderen Erklärungsansatz?
Gelöschter Nutzer

Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also ich bin auf der suche nach weiteren Erläuterungen gerade auf folgende Seite gestoßen:

http://www.rechnungswesen-portal.de/Fac ... uchen.html

Hier wird beispielsweise auch die Büroeinrichtung als Grundungsaufwand genannt, ein typischer Vermögensgegenstand der normalerweise aktivierungspflichtig und abzuschreiben wäre.

Die konfusion ist jetzt also komplett. 8-[
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Tibor
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Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Tibor »

Also Gründungsaufwand sind typischerweise Notarkosten, Registergebühren, Beratungshonorar, Gutachterkosten für Sacheinlagen, Reisekosten etc der Gründer. Dann gibt es noch Kosten für EK-Vermittlung, insb wenn bei einer Fonds-KG Kommanditisten eingeworben werden sollen oder eben der Aufwand eines Börsengangs. Gerade in der Gründungsphase kann dieser Aufwand schnell zu einem Verlust iHd halben EK führen (vgl § 49 Abs 3 GmbHG), was ggf dazu führen könnte, dass Geschäftsführer geneigt sind, diesen Aufwand fehlerhaft zu aktivieren.

Die Norm hat natürlich nur klarstellenden Charakter, das ist nichts ungewöhnliches.
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Gelöschter Nutzer

Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Wie schon gesagt, es leuchtet mir nicht ein weshalb der Gesetzgeber darauf hinweist, dass Aufwendungen für Leistungen, die ohnehin keine Sachwerte bzw. Vermögensgegenstände darstellen und somit grundsätzlich nicht aktivierbar sind, nicht aktiviert werden dürfen. Ich hoffe Du verstehst wo mein Problem liegt.

Leider bist Du nicht auf das Beispiel mit der Büroeinrichtung eingegangen, denn gerade das ist ja ein Sachwert, der aktivierungspflichtig ist. Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass beispielsweise eine Büroeinrichtung für 50.000€ direkt als Aufwand verbucht werden muss, nur weil sie bei Unternehmensgründung erworben wurde. Wie ist das in so einem Fall?

Was ich ein wenig vermute ist, dass § 248 zumindest teilweise in Zusammenhang steht mit § 255. Man könnte dann ggf. folgern, dass Anschaffungskosten, die man üblicherweise einem Vermögensgegenstand hinzurechnen und aktivieren würde direkt als Aufwand verbucht werden müssten, sofern sie bei Gründung des Unternehmens entstanden sind. Wäre das richtig?
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Tibor
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Re: § 248 HGB (1)

Beitrag von Tibor »

Das Bsp mit der Büroausstattung ist falsch, wenn die Büroausstattung dann tatsächlich für das Unternehmen verwendet wird. Wir die Büroausstattung nur durch die Gründer im Gründungsprozess genutzt und danach nicht dem Unternehmen zur Verfügung gestellt, ist die Aussage richtig.

Und dass der Gesetzgeber deklaratorische Vorschriften kodifiziert ist nichts außergewöhnliches.
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