Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 14.1.

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Paradoxia
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Paradoxia »

Wenn ich fragen darf, evt habe ich es auch überlesen dann sorry dafür, aber wie regelst du das mit der Betreuung für deinen Sohn?
Syd26
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Syd26 »

Mein Söhnchen geht 26 Stunden pro Woche zur Tagesmutter. Einen Tag betreut mein Mann und ihn und einen weiteren Tag ich.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
Syd26
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Syd26 »

Die Frage kam im anderen Thread auf, deswegen mal ein Update:

Nach nun 21 Monaten mit Kind kann ich sagen, dass es natürlich möglich ist, selbständig zu arbeiten, allerdings mit erheblichen Abstrichen für einen selbst. Man muss bedenken, dass ein Kind quasi der 2. Vollzeitjob zu Hause ist. Ohne Haushaltshilfe und die Großeltern ginge es jedenfalls bei uns nicht, weil mein Mann ebenfalls Vollzeit tätig ist.

Ich verstehe mittlerweile jeden Elternteil, der sich eine Weile auf Teilzeit zurückzieht. Mein Modell erfordert unheimlich viel Organisationsaufwand und recht viel Disziplin (die wir als Anwälte aber wohl alle haben ;) ), denn nach einer schlechten Nacht (und davon habe ich sehr viele, weil mein Kind leider kein guter Schläfer ist) muss ich trotzdem rechtzeitig aufstehen und volle Leistung bringen. Die Teilzeitarbeitnehmerin kann sich dann nachmittags vielleicht hinlegen und Schlaf nachholen. ;)

In der ganzen Zeit habe ich aber auch viel gelernt: Es ist möglich, einen ganzen Tag pro Woche Elternzeit zu nehmen. Das hatte ich im ersten Jahr gemacht, allerdings nicht ohne Umsatzeinbußen. Es gibt Kollegen und Mandanten, die Verständnis haben, wenn das Kind einmal vorgeht. Man kann Gerichtstermine mit der Begründung verlegen lassen, dass man das Kind um 17 Uhr abholen muss. Es ist unglaublich, aber man bringt ein Kleinkind leichter früh um 7 unter als nachmittags um 5. Und es gibt Kanzleien, die offiziell nur bis 16 Uhr erreichbar sind, weil viele Kollegen kleine Kinder haben und die Betreuungszeiten für ganztags hier unterirdisch schlecht sind.

Es gibt aber auch Mandanten, die jeden Minifehler auf's Kind schieben. Ich bin neulich 20 Minuten zu spät zu einem Gerichtstermin gekommen, weil ich 2 mal im Stau stand. Das hatte absolut gar nichts mit dem Kind zu tun. Die Mandantin hält mir aber genau dies nun vor, obwohl sie keinerlei Schaden dadurch hatte.

Man muss aufpassen, was man wem gegenüber äußert. Sich darüber beschweren, dass man eine schlechte Nacht hatte, geht nur, wenn der Kollege nebenan ebenfalls ein kleines Kind hat. Alle anderen haben dafür kein Problembewusstsein.

Und zu guter Letzt: Ich hab auch einiges über's Elterngeld gelernt. ;) Ich bleibe dabei, dass es eine gute Lösung war, nur den Sockelbetrag zu beantragen. :D
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Kurt Kettenfett
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Kurt Kettenfett »

Danke für Dein interessantes Update Syd.

Die beste Gegenmaßnahme: Ein zweites Kind. Dann wirst Du sagen: "Ein Kind, ist wie kein Kind". :D

Spaß beiseite. Vieles was Du schreibst, kann ich auch als Vater voll unterschreiben...

Syd26 hat geschrieben: Es gibt aber auch Mandanten, die jeden Minifehler auf's Kind schieben. Ich bin neulich 20 Minuten zu spät zu einem Gerichtstermin gekommen, weil ich 2 mal im Stau stand. Das hatte absolut gar nichts mit dem Kind zu tun. Die Mandantin hält mir aber genau dies nun vor, obwohl sie keinerlei Schaden dadurch hatte.
Woher wissen die denn alle, dass Du ein Kind hast? Klar, der ein oder andere kriegt es irgendwie mit, aber das klingt ja eher so, als ob Du jedem neuen Mandanten erst einmal von Deinem Kind erzählst? Würde mich da eher etwas bedeckt halten. Man muss nicht immer begründen, warum man gerade für den Mandanten nicht erreichbar ist. Just my 2 Cents.
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von ein_neuer_name »

Als (werdende) Mutter kann man ein Kind oft nicht so leicht verbergen wie als Vater! :woohoo :babybauch:

Das mit dem Elterngeld habe ich immer noch nicht so recht verstanden...wenn Du das "normale" Elterngeld beantragt hättest, hättest Du jedenfalls mehr Papierkram gehabt, ist das eher so eine Aufwand/Nutzen-Rechnung, die Du da anstellst, und dass Du den Verzicht angesichts des Aufwandes verkraften kannst?

Na, das ist vielleicht auch eher eine Frage für ne pn.

;-)

LG
Syd26
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Syd26 »

Kurt Kettenfett hat geschrieben:
Woher wissen die denn alle, dass Du ein Kind hast? Klar, der ein oder andere kriegt es irgendwie mit, aber das klingt ja eher so, als ob Du jedem neuen Mandanten erst einmal von Deinem Kind erzählst? Würde mich da eher etwas bedeckt halten. Man muss nicht immer begründen, warum man gerade für den Mandanten nicht erreichbar ist. Just my 2 Cents.
Diese Mandantin kannte ich bereits vor dem Kind. Ja, und ein Babybauch lässt sich nun mal nicht verstecken. ;) Im Übrigen wissen natürlich nicht alle, dass ich ein Kind habe, aber man macht durchaus auch mal Smalltalk. Ich weiß ja auch von meinem Friseur oder Zahnarzt, dass Kinder da sind. Ihr etwa nicht?
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julée
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von julée »

Faustregel: wer Kinder hat, wird sie spätestens beim 3. Smalltalk erwähnen. Wer sie bis dahin nicht erwähnt hat, hat wahrscheinlich keine oder achtet sehr auf seine Privatsphäre.
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Kurt Kettenfett
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Kurt Kettenfett »

Na klar, es gibt Mandanten die man gut kennt und die kennen selbstverständlich meist auch die eigenen familiären Verhältnisse. Das sind meist aber nicht die, die einen daraus einen Strick drehen wollen.

Das von Julee gesagt fällt mir auch immer wieder auf und versuche ich eher zu vermeiden. Den "0815 Mandanten" geht es nichts an, was ich in meiner Freizeit mache und ob ich Kinder habe.

Von meiner Friseurin weiß ich in der Tat fast alles und auch sie kennt meine dunkelsten Geheimnisse :D. Von meiner Zahnärztin oder meinem Sachbearbeiter bei der Bank, weiß ich so gut wie nichts. Als Anwalt möchte ich mich, was die Privatsphäre angeht, eher in die zweitgenannte Kategorie einsortieren.

Es klang halt bei Dir Syd ein wenig so, als ob viele Deiner Mandanten ein Problem damit haben, dass Du ein Kind hast. Daher dachte ich, wäre es doch das einfachste, sich hier ein wenig bedeckter zu halten.
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von thh »

Syd26 hat geschrieben:Ich weiß ja auch von meinem Friseur oder Zahnarzt, dass Kinder da sind. Ihr etwa nicht?
Natürlich nicht. Warum auch?
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Franzie »

Wann genau unterhälst Du Dich mit Deinem Zahnarzt? Vielleicht liegt das auch an mir, aber ich bin während der Behandlung doch eher einsilbig.

Syd, meine Tochter schläft mittlerweile durch (aber sie ist ein paar Monate älter), aber ich kann das absolut nachvollziehen. Und ehrlich gesagt, in meiner (Teil)Zeit am Lehrstuhl konnte ich dann auch keinen Schlaf nachholen, denn da war immer was.
Ara: "Naja an TF sieht man halt, was passiert wenn man Franz Josef Wagner ein Gehirn geben würde.."
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von julée »

thh hat geschrieben:
Syd26 hat geschrieben:Ich weiß ja auch von meinem Friseur oder Zahnarzt, dass Kinder da sind. Ihr etwa nicht?
Natürlich nicht. Warum auch?
Natürlich muss man das nicht wissen. Aber es lässt sich in dem ein oder anderen Fall nicht verhindern - und so schlimm ist es ja nun auch wieder nicht.

Putzig fand ich in dem Zusammenhang etwa meinen Ausbilder am LG, der auch bei Terminabsprachen mit den Anwälten noch erklärte, im Urlaub sei er schon gewesen, aber er habe da noch zwei Wochen frei, um sein Kind in die Kita einzugewöhnen. :D
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Franzie »

Ich finde das Gründen wirklich süß:
Er gewöhnt offenbar ein, das spricht für grundsätzliche Gleichberechtigung.
Er plant dafür eine angemessene Zeit ein.
Ich finde ich es mittlerweile gut, dass das als anerkannter Grund gilt, freizumachen. Oder hatte er das Gefühl, er muss sich (über die reine Mitteilung hinaus) dafür rechtfertigen?
Ara: "Naja an TF sieht man halt, was passiert wenn man Franz Josef Wagner ein Gehirn geben würde.."
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von Syd26 »

Franzie hat geschrieben:Wann genau unterhälst Du Dich mit Deinem Zahnarzt?
:D :D Berechtigte Frage. Es war ein Beispiel, das Du durch fast jeden beliebigen anderen Dienstleister ersetzen kannst.
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Re: Selbständige Anwältinnen mit Kindern - Praxistest seit 1

Beitrag von julée »

Franzie hat geschrieben:Ich finde das Gründen wirklich süß:
Er gewöhnt offenbar ein, das spricht für grundsätzliche Gleichberechtigung.
Er plant dafür eine angemessene Zeit ein.
Ich finde ich es mittlerweile gut, dass das als anerkannter Grund gilt, freizumachen. Oder hatte er das Gefühl, er muss sich (über die reine Mitteilung hinaus) dafür rechtfertigen?
Nein, ein sehr klarer Fall von "stolzer Papa", der auch entsprechend engagiert ist (Frau hat festere Arbeitszeiten). Finde ich auch klasse. Gleichwohl vermutlich ein Fall von "too much information".
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