Naja, das kommt aber auch wirklich auf den Einzelfall an. Wenn das Gericht sich nämlich so positioniert, dass die Satzung aus formellen Gründen rechtswidrig ist, aber materiell rechtmäßig sei, würde ich mich als derjenige, der die Satzung auch materiell für rechtswidrig hält, schön bedanken, wenn das Gericht ein seitenweises obiter dictum dazu schreibt und ich - da ich ja wegen der formellen Mängel obsiegt habe - noch nicht mal durch das Urteil beschwert wäre, also keine Überprüfung in der zweiten Instanz herbei führen kann. Dann wird das Verfahren ja auch nochmal geführt, außer ich wäre bereit, die Rechtsauffassung des Gerichts hinzunehmen.Herr Schraeg hat geschrieben:Na ja, ich komme von der Verwaltungsrechtsseite, wo ellenlange Urteile mit absätzelangen Verweisungsketten auf Entscheidungen vor 50 Jahren an der Tagesordnung sind. Also: grundsätzlich knapp und präzise, wenn nicht ein verdammt guter Grund es anders gebietet. Aktuelles Beispiel, das mich masslos ärgert:
Ich greife eine Satzung mit einem formellen und zwei materiellen Argumenten an. Gericht gibt zu verstehen, dass es meiner formellen Argumentation folgen wird. Gegner und ich bitten das Gericht inständigst, sich auch zu den streitigen materiellen Fragen zu positionieren, weil ansonsten der Gegner den formellen Fehler korrigiert und wir ein zweites Verfahren, dann zu den materiellen Fragen, führen werden. Natürlich entscheidet das Gericht nur zur formellen Frage, ohne die Entscheidung hilfsweise auf die materielle Frage zu stützen oder dazu ein obiter dictum abzugeben. Also führen wir das Verfahren jetzt nochmals und dazu noch einige andere Verfahren, die sich auf die erneut angegriffene Satzung stützen. Über ein Dutzend überflüssiger Verfahren mit einem erheblichen Zeit- , Arbeits- und Kostenaufwand, der durch eine Seite zusätzlicher Ausführungen im ersten Verfahren hätte vermieden werden können.
Ich hatte z.B. genau den Fall, wo ich formell nicht beschwert war, aber ein zweiseitiges obiter dictum enthalten war, das komplett gg. unsere Behördenpraxis geht. Das Urteil ist zudem in juris gelandet, sodass ich mich jetzt in vergleichbaren Fällen mit der Rechtsauffassung des Gerichts rumschlagen muss, die ich sonst in jedem Fall in die 2. Instanz gegeben hätte.
Ist halt immer eine Frage der Perspektive...
VG
lucyyy