Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanzeige

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Ara
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Re: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanzeige

Beitrag von Ara »

julée hat geschrieben: Und selbst wenn die StA ein Anhörungsschreiben schickt, dürfte es dem Beschuldigten zumutbar sein, zu schreiben "ja, das war meine Baustelle und das war auch mein Material, Rechnung anbei". Dass man sich ggf. besser nicht ohne Anwalt und ohne Akteneinsicht einlässt, hat ja eher was mit Vorsicht zu tun und mit dem Bestreben, im eigenen Interesse nichts Falsches oder Missverständliches zu sagen, als mit echter Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung.
Das liegt aber alleine in der Hand der StA und nicht in meiner als Anzeigeerstatter. Wenn die StA dann da Hausdurchsuchungen anordnet + Einzelhaft bei Wasser und Brot und vor dem Schöffengericht anklagt, macht sie das Ganze zu "notwendigen Auslagen". Und ich guck am Ende doof in die Röhre, einfach weil ich meine Bürgerpflicht getan habe.

Von daher ergibt es meines Erachtens schon Sinn, dass der Staat die Kosten gegebenenfalls trägt und nicht der Anzeigeerstatter.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
julée
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Re: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanzeige

Beitrag von julée »

Aber zur Bürgerpflicht gehört sicherlich nicht die Erstattung von Anzeigen, die einen Schadensersatzanspruch nach § 823 II BGB i. V. m. § 164 StGB auslösen bzw. unter § 469 StPO fallen. Und die konkreten Schadensfolgen müssen ja noch zurechenbar auf die Anzeige zurückzuführen sein - und hieran dürfte es bei einer übereifrigen StA fehlen. Und in einer Vertragsbeziehung dürfte es zumutbar sein, nicht sofort jede kleine Vertragswidrigkeit bei der StA als groß angelegten Betrugsfall anzuzeigen, sondern erstmal zu versuchen, das intern abzuklären.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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Ara
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Re: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanzeige

Beitrag von Ara »

julée hat geschrieben:Aber zur Bürgerpflicht gehört sicherlich nicht die Erstattung von Anzeigen, die einen Schadensersatzanspruch nach § 823 II BGB i. V. m. § 164 StGB auslösen bzw. unter § 469 StPO fallen. Und die konkreten Schadensfolgen müssen ja noch zurechenbar auf die Anzeige zurückzuführen sein - und hieran dürfte es bei einer übereifrigen StA fehlen. Und in einer Vertragsbeziehung dürfte es zumutbar sein, nicht sofort jede kleine Vertragswidrigkeit bei der StA als groß angelegten Betrugsfall anzuzeigen, sondern erstmal zu versuchen, das intern abzuklären.
Ich hab ja auch kein Problem mit § 469 StPO. Aber ich halte es für sinnvoll die Schwelle bei "leichtfertig" zu setzen und nicht schon bei normaler Fahrlässigkeit.
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Re: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanzeige

Beitrag von julée »

Für eine Haftung bereits bei normaler Fahrlässigkeit habe ich auch nicht plädiert.
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Re: AW: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanze

Beitrag von thh »

LawKing hat geschrieben:A stellt Strafanzeige gegen B. B beauftragt Rechtsanwalt zur Vertretung im Ermittlungsverfahren. Dieser Rechtsanwalt fordert A nun zur Begleichung seiner außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten auf. Ab wann, wenn überhaupt, ist die Forderung begründet?
Regelmäßig gar nicht, es sei denn, die Anzeige erfolgte wider besseres Wissen oder zumindest leichtfertig - woher sollte sich ein Anspruch auch ergeben?

Eine Ausnahme kennt allenfalls die neuere arbeitsgerichtliche Rechtsprechung, soweit ein Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer zu Unrecht und ohne gebotene vorherige Überprüfungsmaßnahmen beschuldigt.

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Re: AW: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanze

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben:Wenn überhaupt kommt in diesen Fällen ein Anspruch gegen den Staat in Frage.
Auch das ist während des Ermittlungsverfahrens regelmäßig nicht der Fall.

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Re: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanzeige

Beitrag von Stalker »

Wann die Staatskasse notwendige Auslagen trägt, ist im StrEG geregelt. In der Kurzfassung ist das bei Durchsuchungen, Haft und Fahrerlaubniskrams der Fall.

An den Anzeigenerstatter kommt man in aller Regel nicht ran, weil man da (weil in aller Regel juristischer Laie) am Vorsatz scheitert. Und für Oma Müller ist es eben Betrug, wenn der Mieter nach acht Jahren auf einmal aufhört, die Miete zu zahlen. Genausowenig kommt man in der Praxis an aller Regel nach zum § 164 StGB - wenn nicht gerade ein Geständnis im Sinne von "Ja, hab ich mir alles ausgedacht" folgt.
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Re: Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten nach Strafanzeige

Beitrag von LawKing »

Vielen Dank für eure zahlreichen Antworten! Ich denke auch, dass es in der Praxis schwierig sein wird, den Vorsatz für die Unwahrheit der Anzeige nachzuweisen. In der Regel dürfte ein Anspruch also eher nicht durchzusetzen sein...
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