Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
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Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Ich habe gerade einen Mandanten mit Vollmeise, der sich für unglaublich clever hält und meint, meine Dienste eigentlich nur wegen Anwaltszwang zu brauchen, weil ja alles bei wikipedia und im Internet steht und er auch sonst viel gelesen hat und zudem einem dt. Gericht schon immer seine Meinung zu unserem Rechtsstaat schicken wollte.
Heißt: Mein letzter Schriftsatz, dem ich ihm zur Freigabe geschickt habe, hatte vier Seiten. m.E. war alles wesentliche drin. Mandant schickt mir einen Schriftsatz zurück, danach waren es acht Seiten. Davon ein paar Zeilen Sachverhaltsinfos, die aufgreifenswert waren, ansonsten sachferner Unsinn. Ich habe lange mit dem Herrn diskutiert, am Ende waren es fünf, und ich hatte das ernstliche Gefühl, mich mit diesem Schriftsatz lächerlich zu machen.
Zum neuen Schriftsatz hat der Mandant mir - bevor ich einen Entwurf anfertigen konnte - einen ganz eigenen Schriftsatz geschrieben. (Eigentlich könnten wir uns Ausführungen ganz sparen und auf unsere letzten Texte verweisen). Bitte dies "so und nicht anders einzureichen, dafür bezahle ich Sie"). Dazu muss ich sagen, dass dieser Fall für die Kanzlei ein Verlustgeschäft ist, dies aber gerade deswegen ein Fall ist, den ich ganz alleine bearbeite (der für mich zuständige Partner redet nicht mehr mit dem Mandanten und will von dem Fall nichts mehr hören; wobei er mir schon mit Rat zur Seite steht.
Aber: Wie geht ihr mit so etwas um? Meine Wunschreaktion wäre: Es gibt zigtausende Anwälte in Deutschland, entweder Sie vertrauen mir, dass ich alles aufnehme was wichtig ist (der Fall ist rechtlich nicht schwer, das nebenbei) oder sie machen es selbst/woanders; aber ich setze meinen Namen und den meiner Kanzlei nicht nochmal unter solchen Unsinn. Dies recht schroff, Stichwort Klotz/Keil. Aber : Kann man das echt machen?
Heißt: Mein letzter Schriftsatz, dem ich ihm zur Freigabe geschickt habe, hatte vier Seiten. m.E. war alles wesentliche drin. Mandant schickt mir einen Schriftsatz zurück, danach waren es acht Seiten. Davon ein paar Zeilen Sachverhaltsinfos, die aufgreifenswert waren, ansonsten sachferner Unsinn. Ich habe lange mit dem Herrn diskutiert, am Ende waren es fünf, und ich hatte das ernstliche Gefühl, mich mit diesem Schriftsatz lächerlich zu machen.
Zum neuen Schriftsatz hat der Mandant mir - bevor ich einen Entwurf anfertigen konnte - einen ganz eigenen Schriftsatz geschrieben. (Eigentlich könnten wir uns Ausführungen ganz sparen und auf unsere letzten Texte verweisen). Bitte dies "so und nicht anders einzureichen, dafür bezahle ich Sie"). Dazu muss ich sagen, dass dieser Fall für die Kanzlei ein Verlustgeschäft ist, dies aber gerade deswegen ein Fall ist, den ich ganz alleine bearbeite (der für mich zuständige Partner redet nicht mehr mit dem Mandanten und will von dem Fall nichts mehr hören; wobei er mir schon mit Rat zur Seite steht.
Aber: Wie geht ihr mit so etwas um? Meine Wunschreaktion wäre: Es gibt zigtausende Anwälte in Deutschland, entweder Sie vertrauen mir, dass ich alles aufnehme was wichtig ist (der Fall ist rechtlich nicht schwer, das nebenbei) oder sie machen es selbst/woanders; aber ich setze meinen Namen und den meiner Kanzlei nicht nochmal unter solchen Unsinn. Dies recht schroff, Stichwort Klotz/Keil. Aber : Kann man das echt machen?
- Tibor
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Man sollte. Macht man das nämlich öfter, ruiniert man seinen eigenen Ruf bei anderen Anwälten / Gerichten / Behörden / Staatsanwaltschaften, weil die im Zweifel davon ausgehen, dass der RA selbst die Vollmeise hat.
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Gib ihn mir. Ein Großteil meiner Mandanten sind Querulanten und Spinner. Ich hab es mir mittlerweile abgewöhnt, mit denen zu diskutieren und reiche alles ein, was sie wollen. Ich habe nur eine Richtschnur: § 43a BRAO, d.h. ich prüfe die Schriftsätze darauf, dass diese keine Beleidigungen enthalten. Manchmal ist aber auch die Beleidigung von den Mandanten ausdrücklich gewünscht. Letztens wollte der Mandant ausdrücklich, dass ich dem Vorsitzenden Richter Rechtsbeugung vorwerfe. Ich habe dann Folgendes geschrieben:
Die Mandantschaft ist im Übrigen der Auffassung, dass das Gericht Rechtsbeugung begangen hat
Mit diesem Kompromiss war er dann zufrieden.
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Sind Sie ein Mensch? Sowas Ähnliches, ich bin Anwalt.
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Tja. Auch Selbstachtung hat ihren Preis.
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Ja, genauer: man muss es sogar so machen. Ansonsten gefährdet man seinen sowohl seinen Ruf als auch seine Selbstachtung, wie die Vorposter zu Recht meinten.Samson hat geschrieben:Kann man das echt machen?
Ich habe es selbst zwei Mal genau so "brutal" gemacht, nachdem die Diskussionen mit dem Mandanten nicht fruchteten (zugegenermassen hatte ich das erst nach einigen Jahren Berufserfahrung im Kreuz). Sinngemäss: "Nein, Sie bezahlen mich nicht dafür, dass ich Ihre Meinung vortrage. Sie bezahlen viel Geld dafür, dass ich als Experte Ihre Interessen sachgerecht vertrete. Und als Experte sage ich Ihnen, dass das Blödsinn ist, der Ihrer Sache schadet und den ich nicht verantworte und nicht vertrete." In einem Fall war das Mandat damit beendet. In dem anderen Fall hat der Mandant das akzeptiert und sich ein Jahr später sogar ausdrücklich dafür bedankt.
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Unabhängig von diesen hehren Begiffen wie "Selbstachtung" und "Ruf" (ich mein letztlich gehts uns allen ja nur ums Geld) sollte man die Anwaltshaftung im Blick haben - neben Beleidigungen darf man keine Sachen schreiben, die den Anspruch des Mandanten vereiteln. Da ist die Rsp. ja relativ streng, soll heißen: Der Anwalt haftet auch für ausdrücklich gewünschtes Mandantenvorbringen, sofern dies dem Mandanten schadet.
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Ja, dem einen wohl mehr als dem anderen.joee78 hat geschrieben:Unabhängig von diesen hehren Begiffen wie "Selbstachtung" und "Ruf" (ich mein letztlich gehts uns allen ja nur ums Geld) sollte man die Anwaltshaftung im Blick haben - neben Beleidigungen darf man keine Sachen schreiben, die den Anspruch des Mandanten vereiteln. Da ist die Rsp. ja relativ streng, soll heißen: Der Anwalt haftet auch für ausdrücklich gewünschtes Mandantenvorbringen, sofern dies dem Mandanten schadet.
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Solche Leute gibt es leider immer wieder.
Man muss denen ganz klar sagen, was man macht und was nicht. Notfalls ist das Mandat weg, aber da seid Ihr dann sicher frog darüber.
Man muss denen ganz klar sagen, was man macht und was nicht. Notfalls ist das Mandat weg, aber da seid Ihr dann sicher frog darüber.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Unsinn. Klar gibt es Konflikte zwischen Gewinnstreben einerseits und ethischen Vorgaben andererseits. Aber der von Samson geschilderte Fall, den ich kommentiert hatte, gehört nicht dazu. Denn der Ruf, den man sich mit unsinnigem Vortrag kaputt macht, generiert schliesslich die Mandate. Es ist also nicht nur berufsethisch, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll, sich seinen Ruf nicht dadurch zu zerstören, dass man unsinnigen Forderungen des Mandanten nachkommt.joee78 hat geschrieben:Unabhängig von diesen hehren Begiffen wie "Selbstachtung" und "Ruf" (ich mein letztlich gehts uns allen ja nur ums Geld) sollte man ...
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
joee78 hat geschrieben:Gib ihn mir. Ein Großteil meiner Mandanten sind Querulanten und Spinner. Ich hab es mir mittlerweile abgewöhnt, mit denen zu diskutieren und reiche alles ein, was sie wollen.
Wie man sich bettet, so liegt man.
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Re: AW: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Naja, ich kann das irgendwo verstehen. Wenn es gewünscht wird und es den Anspruch nicht vereitelt ...joee78 hat geschrieben: Ich habe nur eine Richtschnur: § 43a BRAO, d.h. ich prüfe die Schriftsätze darauf, dass diese keine Beleidigungen enthalten. Manchmal ist aber auch die Beleidigung von den Mandanten ausdrücklich gewünscht. Letztens wollte der Mandant ausdrücklich, dass ich dem Vorsitzenden Richter Rechtsbeugung vorwerfe. Ich habe dann Folgendes geschrieben:
Die Mandantschaft ist im Übrigen der Auffassung, dass das Gericht Rechtsbeugung begangen hat
Mit diesem Kompromiss war er dann zufrieden.
Wobei ich staune, dass dieser Weg bei dem Vorwurf der Rechtsbeugung noch zulässig ist. Wo ist die Grenze? Die Mandantschaft ist der Ansicht ... kann ja nun nicht vor allem schützen.
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Nur? Nein. In Deutschland hat es niemand wirklich nötig, seine Selbstachtung preis zu geben, um (meinethalben auch: viel) Geld zu verdienen. Wer Wert darauf legt, sich schöne Sachen kaufen zu können, der soll machen, was er dafür als notwendig erachtet. Aber er soll bitte nicht annehmen, jeder andere würde genau so tun.joee78 hat geschrieben:ich mein letztlich gehts uns allen ja nur ums Geld
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Ich jedenfalls könnte mich selber achten, auch wenn ich so was abgebe.
Maulhure oder freundlicher Mietmaul so hat sich unser Repetitor immer genannt. Ist - für mich - auch so.
Ich bin nun kein Anwalt geworden. Dennoch lese ich gerne den NJW RR. Und da gibt es ja ganz hinten eine Rubrik zum “Anwaltsrecht“. Das ist da manchmal zum Fremdschämen (Werbetasse mit nacktem Gesäß) manchmal aber auch zum Gruseln (Entziehung der Zulassung wegen fortgesetzter Verwendung von eingehenden Mandantengeldern für eigene Schulden in einer Art Schneeballsystem).
Immer wieder wird (auch) da eines deutlich: Anwälte heute müssen offenbar eine Menge, um wirtschaftlich zu überleben.
Maulhure oder freundlicher Mietmaul so hat sich unser Repetitor immer genannt. Ist - für mich - auch so.
Ich bin nun kein Anwalt geworden. Dennoch lese ich gerne den NJW RR. Und da gibt es ja ganz hinten eine Rubrik zum “Anwaltsrecht“. Das ist da manchmal zum Fremdschämen (Werbetasse mit nacktem Gesäß) manchmal aber auch zum Gruseln (Entziehung der Zulassung wegen fortgesetzter Verwendung von eingehenden Mandantengeldern für eigene Schulden in einer Art Schneeballsystem).
Immer wieder wird (auch) da eines deutlich: Anwälte heute müssen offenbar eine Menge, um wirtschaftlich zu überleben.
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Wer sich so verhält wie joee78 muss sich nur fragen, worauf sich das Monopol der Anwaltschaft für gerichtliche Vertretung und viele außergerichtliche Rechtsdienstleistungen gründen soll. Wenn Rechtsanwälte sich nur als Sekretäre ihrer Mandanten begreifen, dann wäre dieses Privileg nicht zu rechtfertigen.
- j_laurentius
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Re: Mandantenführung - wenn der Mandant spinnt.
Ich bin keine "Maulhure" oder "freundliches Mietmaul" und ich finde diese Begriffe auch sehr merkwürdig im Zusammenhang mit der Juristerei. Natürlich vertrete ich gelegentlich auch Standpunkte, die nicht die meinen sind, aber das hat jeweils triftige Gründe (z.B. geht es gerade im Ausländerrecht, in dem ich schwerpunktmäßig tätig bin, für die Mandanten um oft existentielle Dinge, da muß ich häufig einfach Zeit schinden in der Hoffnung/Erwartung, daß sich derweil irgendwelche Entwicklungen ergeben, die die Situation des Mandanten auch in juristischer Hinsicht ändern).
Zu der vom Threaderöffner geschilderten Situation: Solchen Mandanten erkläre ich, wenn sie bei mir landen (was eigentlich kaum noch vorkommt), wie von Herrn Schraeg beschrieben einmal, daß und warum ich nicht so arbeiten werde, wie sie sich das vorstellen. Entweder ist das für die Mandanten okay (manche scheinen es auch zu brauchen, in die Grenzen gewiesen zu werden) oder eben nicht, letzterenfalls suchen sie sich dann eben einen anderen Anwalt. Dem weine ich dann auch nicht nach, ich habe genug zu tun und muß mich nicht noch mit Mandanten rumschlagen, die meinen, es besser zu wissen als ich.
Warum hat Deine Kanzlei das Mandat denn nicht schon längst gekündigt, Samson?
Viele Grüße, Jana
Zu der vom Threaderöffner geschilderten Situation: Solchen Mandanten erkläre ich, wenn sie bei mir landen (was eigentlich kaum noch vorkommt), wie von Herrn Schraeg beschrieben einmal, daß und warum ich nicht so arbeiten werde, wie sie sich das vorstellen. Entweder ist das für die Mandanten okay (manche scheinen es auch zu brauchen, in die Grenzen gewiesen zu werden) oder eben nicht, letzterenfalls suchen sie sich dann eben einen anderen Anwalt. Dem weine ich dann auch nicht nach, ich habe genug zu tun und muß mich nicht noch mit Mandanten rumschlagen, die meinen, es besser zu wissen als ich.
Warum hat Deine Kanzlei das Mandat denn nicht schon längst gekündigt, Samson?
Viele Grüße, Jana
Zuletzt geändert von j_laurentius am Freitag 8. Mai 2015, 12:00, insgesamt 1-mal geändert.