Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

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Tibor
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Tibor »

Die GKWelt bindet wohl nur einen sehr geringen Teil der deutschen Anwaltschaft auf Dauer. Für die meisten Juristen ist es eine Durchlaufstation. Die GKWelt wird selbst entscheiden, ob irgendwann die Nachfrage nach Personal noch durch gestiegene Einstiegsgehälter abgebildet werden kann. Die GK ist ja nicht Stütze der Gesellschaft, sie muss sich genauso am Markt behaupten wie jeder andere Unternehmer.
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Kasimir »

Tibor hat geschrieben:Die GKWelt bindet wohl nur einen sehr geringen Teil der deutschen Anwaltschaft auf Dauer. Für die meisten Juristen ist es eine Durchlaufstation. Die GKWelt wird selbst entscheiden, ob irgendwann die Nachfrage nach Personal noch durch gestiegene Einstiegsgehälter abgebildet werden kann. Die GK ist ja nicht Stütze der Gesellschaft, sie muss sich genauso am Markt behaupten wie jeder andere Unternehmer.
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Kasimir
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Kasimir »

OJ1988 hat geschrieben:Das ist keine Frage des Glaubens, sondern von Angebot und Nachfrage. Es wird sich zeigen, ob in Zukunft Angebote an die 9to5-Fraktion gemacht werden (75k sind da doch auch nicht zu hoch gegriffen, wenn bis zu 120k für 60+ Wochenstunden gezahlt werden).
Ich sehe ein, dass es da gewisse Bereiche gibt, in denen das aufgrund der Arbeitsweise nicht möglich ist, aber ich sehe auf den ersten Blick keinen vernünftigen Grund (Firmenkultur mal außen vor), warum das für alle von Großkanzleien beackerten Felder gelten soll.
Glaube schon, dass es Leute gibt, die sehr sehr gerne bei entsprechendem Gehalt von 9 bis 5 auf juristisch hohem Niveau arbeiten wollen. Für die gibt es derzeit fast nur die Möglichkeit, in ein Unternehmen zu gehen, nachdem man auch beim Staat - so hört man - zu Beginn jedenfalls im Hamsterrad landet.
Das ist keine Frage von Angebot und Nachfrage. Es geht schlicht darum, ob das umsetzbar ist. Ein Partner einer Tier-1 GK sagte einmal treffend zu mir: "Jeder von uns würde doch gerne 80% der Zeit für 80% des Gehalts arbeiten." Und ja, genauso ist es. Und dass die Leute es nicht tun, hat nichts mit Masochismus, sondern Bedürfnissen der Mandate zu tun. Wer als Dienstleister an internationalen Transaktionen (mehrere Zeitzonen, viele Beteiligte) und mit viel beschäftigten Mandanten (Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer) arbeitet, muss sich an deren Bedürfnisse anpassen. Ein Bäcker kann auch nicht sagen, dass er lieber ausschlafen will und es daher erst um 12 Uhr mittags frische Brötchen gibt.

Und daher werden GK in Zukunft eher weniger Leute einstellen und sich verkleinern, als Leute, die vor allem feste Arbeitszeiten wollen. Wer glaubt, dass sich die Work Life Balance aufgrund von Anforderungen der Generation Y ändern wird, hat das Konzept GK schlicht nicht verstanden.

Und zum Thema Unternehmen: Unternehmensjuristen nehmen verstärkt organisatorische Aufgaben wahr. D.h. sie arbeiten eher selten juristisch besonders tiefgehend und koordinieren eher die externen Anwälte. Zudem wollen Unternehmen meist Anwälte mit Berufserfahrung. Und zum Thema Arbeitszeiten: Ich bekomme auch von Unternehmensjuristen E-Mails um 23 Uhr. Man muss das alles relativieren.
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von julée »

Wobei die Frage wäre, wie groß bei den GKs der Anteil der Mandate tatsächlich ist, die man nur bearbeiten kann, wenn man zeitgleich mit Tokio und New York telefoniert, oder an denen man tatsächlich 24/7 sitzen muss. Dass man als Dienstleister auch mal um 21 Uhr mit irgendwem telefoniert, weil es gerade nicht anders passt, oder die Fristsache bis um 23:59 Uhr bearbeitet, halte ich für selbstverständlich - auch wenn man an sich "Teilzeit" arbeitet. Aber wenn es als Teilzeit gilt, wenn man zwischen 17 und 20 Uhr Zeit mit den Kindern verbringt, um sich danach regelmäßig wieder an den Schreibtisch zu setzen, ich weiß nicht...
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Syd26 »

julée hat geschrieben:Wobei die Frage wäre, wie groß bei den GKs der Anteil der Mandate tatsächlich ist, die man nur bearbeiten kann, wenn man zeitgleich mit Tokio und New York telefoniert, oder an denen man tatsächlich 24/7 sitzen muss. Dass man als Dienstleister auch mal um 21 Uhr mit irgendwem telefoniert, weil es gerade nicht anders passt, oder die Fristsache bis um 23:59 Uhr bearbeitet, halte ich für selbstverständlich - auch wenn man an sich "Teilzeit" arbeitet. Aber wenn es als Teilzeit gilt, wenn man zwischen 17 und 20 Uhr Zeit mit den Kindern verbringt, um sich danach regelmäßig wieder an den Schreibtisch zu setzen, ich weiß nicht...
=D> =D> =D>

Zumal ich es für normal halte, dass man irgendwann Kinder bekommt.

Ich möchte übrigens die Eltern kennen lernen, die 5 vor 8 den Babysitter anrufen, weil das Kind nicht schlafen will und man selbst noch arbeiten muss. Das lohnt nur, wenn der Babysitter im Nachbarhaus wohnt. Oder haben alle Großkanzleikollegen ein Au-Pair?
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Franzie »

Vielleicht kann mir das auch noch jemand erklären: Wenn ich in einer Großkanzlei arbeite, rechne ich doch mit 12h/Tag unter der Woche, oder?
D.h. von 9-21 Uhr. So, ich komme um 9:00 Uhr, gehe um 17:00 Uhr, bin bis 20:00 Uhr weg und arbeite dann bis 0:00 Uhr von zuhause aus (gut, ich würde als Mutter eines Kindergartenkindes gerne früher anfangen und dann auch früher ins Bett, aber ok). Dann komme ich auch auf 12 Stunden.

Wo ist dann Raum für Teilzeit?
Bzw. wie muss ich mir das Teilzeitkonzept genau vorstellen in einer Großkanzlei?

(Syd26, Du hattest mal einen Thread angefangen - Erfahrungen selbständige Anwältin mit Kind - wie läuft es bei Dir?)
Ara: "Naja an TF sieht man halt, was passiert wenn man Franz Josef Wagner ein Gehirn geben würde.."
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Kasimir »

Franzie hat geschrieben:Vielleicht kann mir das auch noch jemand erklären: Wenn ich in einer Großkanzlei arbeite, rechne ich doch mit 12h/Tag unter der Woche, oder?
D.h. von 9-21 Uhr. So, ich komme um 9:00 Uhr, gehe um 17:00 Uhr, bin bis 20:00 Uhr weg und arbeite dann bis 0:00 Uhr von zuhause aus (gut, ich würde als Mutter eines Kindergartenkindes gerne früher anfangen und dann auch früher ins Bett, aber ok). Dann komme ich auch auf 12 Stunden.

Wo ist dann Raum für Teilzeit?
Bzw. wie muss ich mir das Teilzeitkonzept genau vorstellen in einer Großkanzlei?

(Syd26, Du hattest mal einen Thread angefangen - Erfahrungen selbständige Anwältin mit Kind - wie läuft es bei Dir?)
Es geht nicht um Teilzeit, sondern um Flexibilität. Wenn das Mandat eine Telko um 8 Uhr erfodert, bis du um 8 Uhr im Büro. Wenn der Mandant um 19 Uhr anruft und dringend eine Rechtsfrage geklärt haben muss, dann bleibst du eben bis 1 Uhr nachts. Wenn der Mandant Sonntagmittag eine E-Mail schreibt, dass am Montag eine ausserordentliche Aufsichtsratssitzung stattfindet und du bitte bis Sonntagabend eine Vorlage erstellen sollst, dann machst du das. D.h. ein Teilzeitanwalt kann weniger arbeiten, aber er kann sich nicht von derartiger Flexibilität freimachen und davon ausgehen, jeden Tag um 17 Uhr gehen zu können.

Teilzeitmodelle, die mir bekannt sind, sind in der Regel eher Wochenarbeitstagbezogen. D.h. die Kollegen arbeiten z.B. 80% und haben am Freitag frei. Wenn etwas aussergewöhnliches anliegt, dann kommen sie auch mal am Freitag rein und nehmen dann in der Woche darauf zwei Tage frei. Das gleiche geht auch mit 50% etc. Man muss sich aber bewusst sein, dass man als Teilzeitanwalt immer "hinten dran" sein wird und nicht die Verantwortung haben kann, wie ein Vollzeitassociate. Ich habe auch Kollegen, die z.B. bei 50% zwei Wochentage Vollzeit arbeiten und dann den dritten Tag bis 14 Uhr. Man muss sich aber bewusst sein, dass die Kollegen dann trotzdem ab und an auch am freien Nachmittag angerufen werden oder an Telefonkonferenzen teilnehmen.

Ich will hier nicht sagen, dass ich von Teilzeit nichts halte, oder die Bedürfnisse nicht verstehen kann. Man muss sich nur bewusst sein, dass der Job in einer GK niemals ein Job sein wird, bei dem man zu einem bestimmten Zeitpunkt den Griffel fallen lassen kann und dann die Bürotür hinter sich zumacht und nicht mehr erreichbar ist.
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Franzie »

Das leuchtet mir ja ein. Aber macht nicht Ulmer in der FAZ gerade diese Verknüpfung von Teilzeit und der 17-Uhr-Regelung?
Ara: "Naja an TF sieht man halt, was passiert wenn man Franz Josef Wagner ein Gehirn geben würde.."
Kasimir
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Kasimir »

Franzie hat geschrieben:Das leuchtet mir ja ein. Aber macht nicht Ulmer in der FAZ gerade diese Verknüpfung von Teilzeit und der 17-Uhr-Regelung?
Nein.
Constanze Ulmer-Eilfort hat geschrieben:Möglich ist es aber, in der Regel um 17 Uhr nach Hause zu gehen, um mit den Kindern zu Abend zu essen. Wenn man sich danach noch einmal an den Schreibtisch setzt, kann man ohne Probleme Vollzeit arbeiten.
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Tante Dagobert
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Tante Dagobert »

Kasimir hat geschrieben:
Franzie hat geschrieben:Vielleicht kann mir das auch noch jemand erklären: Wenn ich in einer Großkanzlei arbeite, rechne ich doch mit 12h/Tag unter der Woche, oder?
D.h. von 9-21 Uhr. So, ich komme um 9:00 Uhr, gehe um 17:00 Uhr, bin bis 20:00 Uhr weg und arbeite dann bis 0:00 Uhr von zuhause aus (gut, ich würde als Mutter eines Kindergartenkindes gerne früher anfangen und dann auch früher ins Bett, aber ok). Dann komme ich auch auf 12 Stunden.

Wo ist dann Raum für Teilzeit?
Bzw. wie muss ich mir das Teilzeitkonzept genau vorstellen in einer Großkanzlei?

(Syd26, Du hattest mal einen Thread angefangen - Erfahrungen selbständige Anwältin mit Kind - wie läuft es bei Dir?)
Es geht nicht um Teilzeit, sondern um Flexibilität. Wenn das Mandat eine Telko um 8 Uhr erfodert, bis du um 8 Uhr im Büro. Wenn der Mandant um 19 Uhr anruft und dringend eine Rechtsfrage geklärt haben muss, dann bleibst du eben bis 1 Uhr nachts. Wenn der Mandant Sonntagmittag eine E-Mail schreibt, dass am Montag eine ausserordentliche Aufsichtsratssitzung stattfindet und du bitte bis Sonntagabend eine Vorlage erstellen sollst, dann machst du das. D.h. ein Teilzeitanwalt kann weniger arbeiten, aber er kann sich nicht von derartiger Flexibilität freimachen und davon ausgehen, jeden Tag um 17 Uhr gehen zu können.

Teilzeitmodelle, die mir bekannt sind, sind in der Regel eher Wochenarbeitstagbezogen. D.h. die Kollegen arbeiten z.B. 80% und haben am Freitag frei. Wenn etwas aussergewöhnliches anliegt, dann kommen sie auch mal am Freitag rein und nehmen dann in der Woche darauf zwei Tage frei. Das gleiche geht auch mit 50% etc. Man muss sich aber bewusst sein, dass man als Teilzeitanwalt immer "hinten dran" sein wird und nicht die Verantwortung haben kann, wie ein Vollzeitassociate. Ich habe auch Kollegen, die z.B. bei 50% zwei Wochentage Vollzeit arbeiten und dann den dritten Tag bis 14 Uhr. Man muss sich aber bewusst sein, dass die Kollegen dann trotzdem ab und an auch am freien Nachmittag angerufen werden oder an Telefonkonferenzen teilnehmen.

Ich will hier nicht sagen, dass ich von Teilzeit nichts halte, oder die Bedürfnisse nicht verstehen kann. Man muss sich nur bewusst sein, dass der Job in einer GK niemals ein Job sein wird, bei dem man zu einem bestimmten Zeitpunkt den Griffel fallen lassen kann und dann die Bürotür hinter sich zumacht und nicht mehr erreichbar ist.
Ich finde es immer wieder krass, wie man als erwachsener Mensch, mit einem hohen bis sehr hohen Bildungsgrad, so fremdbestimmt leben kann. Das ist es auch, was meinen Ausflug in die Anwaltschaft wohl einen Ausflug bleiben lassen wird. // Das ist aber nur meine persönliche Beobachtung und kein Angriff gegen das Model GK.
OJ1988
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von OJ1988 »

Kasimir hat geschrieben:
OJ1988 hat geschrieben:Das ist keine Frage des Glaubens, sondern von Angebot und Nachfrage. Es wird sich zeigen, ob in Zukunft Angebote an die 9to5-Fraktion gemacht werden (75k sind da doch auch nicht zu hoch gegriffen, wenn bis zu 120k für 60+ Wochenstunden gezahlt werden).
Ich sehe ein, dass es da gewisse Bereiche gibt, in denen das aufgrund der Arbeitsweise nicht möglich ist, aber ich sehe auf den ersten Blick keinen vernünftigen Grund (Firmenkultur mal außen vor), warum das für alle von Großkanzleien beackerten Felder gelten soll.
Glaube schon, dass es Leute gibt, die sehr sehr gerne bei entsprechendem Gehalt von 9 bis 5 auf juristisch hohem Niveau arbeiten wollen. Für die gibt es derzeit fast nur die Möglichkeit, in ein Unternehmen zu gehen, nachdem man auch beim Staat - so hört man - zu Beginn jedenfalls im Hamsterrad landet.
Das ist keine Frage von Angebot und Nachfrage. Es geht schlicht darum, ob das umsetzbar ist. Ein Partner einer Tier-1 GK sagte einmal treffend zu mir: "Jeder von uns würde doch gerne 80% der Zeit für 80% des Gehalts arbeiten." Und ja, genauso ist es. Und dass die Leute es nicht tun, hat nichts mit Masochismus, sondern Bedürfnissen der Mandate zu tun. Wer als Dienstleister an internationalen Transaktionen (mehrere Zeitzonen, viele Beteiligte) und mit viel beschäftigten Mandanten (Vorstandsmitglieder, Geschäftsführer) arbeitet, muss sich an deren Bedürfnisse anpassen. Ein Bäcker kann auch nicht sagen, dass er lieber ausschlafen will und es daher erst um 12 Uhr mittags frische Brötchen gibt.
Das hatte ich ja angesprochen. Ich bleibe aber dabei, dass diese äußeren Sachzwänge nicht für jeden Bereich gelten, der von GKen bespielt wird. Oder siehst du das anders?
Syd26
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Syd26 »

Franzie hat geschrieben:Syd26, Du hattest mal einen Thread angefangen - Erfahrungen selbständige Anwältin mit Kind - wie läuft es bei Dir?)
Sagen wir mal so: Ich verstehe mittlerweile jede Mutter, die sich die volle Elternzeit nimmt. Leider habe ich ein Kind, das nicht besonders gut schläft. Und Schlafmangel ist nicht ohne Grund eine Foltermethode. Es erfordert einiges, tagsüber die notwendige Konzentration zu halten. Zudem stoße ich auf wenig Verständnis in meinem Umfeld, denn der gern gegebene Tipp, man solle als Mutter schlafen, wenn das Kind mittags schläft, geht bei mir ins Leere.

Ich würde bei einem zweiten Kind (das es wohl nicht geben wird, aber man weiß ja nie) mindestens 6 Monate Auszeit nehmen, was dann aber heißt, dass ich 1 Tag pro Woche in der Kanzlei anwesend bin.

Den Rest schreibe ich lieber im anderen Thread.
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famulus
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von famulus »

Tante Dagobert hat geschrieben:Ich finde es immer wieder krass, wie man als erwachsener Mensch, mit einem hohen bis sehr hohen Bildungsgrad, so fremdbestimmt leben kann.
Einmal das, aber auch die Aussagen zu den Arbeitszeiten finde ich immer putzig. "Man wird nicht jeden Tag um 17 Uhr gehen können" - also ich persönlich finde 17 Uhr eigentlich schon spät genug. Was bleibt denn da noch vom Leben?
»Ich kenne den Schmerz, den ich hatte, weil ich zweimal die Vorhaut mit dem Reißverschluss mitgenommen habe, so dass dieser - also Reißverschluss - einmal in einer Klinik entfernt werden musste.« - Chefreferendar
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von Survivor »

Ich kann Kasimirs Argumente schon auch verstehen. Zum Thema fremdbestimmt leben und nicht um 17 Uhr gehen können: Das dürfte einigen Berufsgruppen so gehen. Nicht jeder hat die Freiheit, über Umfang und Lage seiner Arbeitszeit selbst bestimmen zu können.
"Wenn die Welle kommt, dann nimm dir Zeit."

-Duke Kahanamoku-
julée
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Re: Nettoarbeitszeit in Großkanzleien

Beitrag von julée »

Survivor hat geschrieben:Zum Thema fremdbestimmt leben und nicht um 17 Uhr gehen können: Das dürfte einigen Berufsgruppen so gehen. Nicht jeder hat die Freiheit, über Umfang und Lage seiner Arbeitszeit selbst bestimmen zu können.
Natürlich gibt es andere Berufsgruppen, die zu unmöglichen Zeiten arbeiten müssen. Aber nicht alles, was in Kanzleien nach 17 Uhr oder am Wochenende gemacht wird, dürfte zwingend zu dieser Zeit zu erledigen sein.

Und flexible Arbeitszeiten sind toll - wenn sie nicht nur einseitig flexibel sind in der Gestalt, dass (stillschweigend) erwartet wird, dass man nach der Präsenszeit von 90-100 % der vereinbarten Arbeitszeit noch für alle "Notfälle" spontan zur Verfügung steht und etwaig vorhandene Kinder wegorganisiert.
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