Beweislast Mietrecht - Sphärentheorie

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cd84
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Beweislast Mietrecht - Sphärentheorie

Beitrag von cd84 »

Hallo,

ich habe eine Frage zur Beweislastverteilung im Mietrecht.

Folgendes Beispiel:

Beim Mieter drückt es durch die Abflüsse in der Küche das Wasser nach oben, die Küche wird geflutet. Als der Mieter abends nach Hause kommt, beseitigt er die Überschwemmung. Die Möbel sind jedoch hinüber. Der Mieter ruft einen Rohrreinigungsdienst. Dieser behandelt das Rohr bis runter zum Hausanschluss mit einer Spirale, woraufhin die Leitung wieder frei ist. Der Mieter möchte nun Schadensersatz für die beschädigten Möbel geltend machen. Ist auch nachvollziehbar, da er nichts für den Schaden kann und der Schaden von der Mietsache ausgeht.

Die Garantiehaftung nach § 536a I 1. Alt. ist üblicherweise ausgeschlossen.
Für den Anspruch nach § 536a I 2. Alt. ist Verschulden erforderlich. Hier gilt grundsätzlich die Sphärentheorie. Aber was bedeutet das beispielsweise in diesem Fall? Wird hier das Verschulden des Vermieters vermutet (entsprechend § 280 I 2), weil die baulichen Gegebenheiten und Rohrleitungen in seiner Sphäre liegen?

Wie liegt es z.B. in dem Fall, dass ein Vermieter eine Wohnung in einem Neubau kauft und diese sofort vermietet. Nach einiger Zeit stellt ein Sachverständiger im Auftrag des Mieters fest, dass in dem Gebäude minderwertige Baustoffe verwendet wurden und in der Luft die Grenzwerte für Schadstoffe überschritten sind. Baumängel sind grundsätzlich auch die Sphäre des Vermieters - müsste hier der Mieter beweisen, dass dem Vermieter die Mängel bekannt sind oder wird das Verschulden des Vermieters vermutet und der Vermieter muss sich entlasten?

Es gibt zu dieser Problematik diverse BGH Urteile - zu Schimmel, Brandschäden, etc. Aber irgendwie erkenne ich darin keine klare Linie.

Wie seht ihr das? Hierbei handelt es sich um eine Problematik, die im Mietrecht regelmäßig auftreten dürfte.
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batman
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Re: Beweislast Mietrecht - Sphärentheorie

Beitrag von batman »

Macht der Mieter einen Schadensersatzanspruch geltend, muss er alle Tatbestandsmerkmale des Anspruchs, d.h. außerhalb der Garantiehaftung auch das Verschulden des Vermieters darlegen und beweisen. Ist aber strittig, ob der Mangel bzw. der Schaden vom Mieter oder vom Vermieter zu vertreten ist, gilt die Sphärentheorie. Sie besagt, dass die Darlegungs- und Beweislast für die Zurechnung eines Mangels nach Verantwortungsbereichen verteilt wird. Im Rahmen der Sphärentheorie hat daher zunächst der Vermieter zu beweisen, dass die Schadensursache nicht in seinem Herrschafts- und Einflussbereich gesetzt worden ist.
cd84
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Re: Beweislast Mietrecht - Sphärentheorie

Beitrag von cd84 »

Und was bedeutet das genau?

Wie soll z.B. der Vermieter beweisen, dass die Schadensursache nicht in seinem Herrschaft- und Einflussbereich gesetzt wurde?

Wenn ich jetzt meine Beispielsfälle betrachte, betreffen sowohl die Rohrleitungen als auch ausdünstenden Baustoffe die Sphäre des Vermieters. D.h. der Vermieter würde haften.

Oder wie siehst du das?
Stalker
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Re: Beweislast Mietrecht - Sphärentheorie

Beitrag von Stalker »

Ich sehe hier praktisch eher das Problem, dass der Mieter offenbar nicht seinen Vermieter über den Mangel informiert und zur Beseitigung aufgefordert hat.

Davon abgesehen - natürlich muss der Vermieter beweisen, dass es nicht seine Schuld ist, dass die Wohnung geflutet wurde. Er hat die Mietsache schliesslich überlassen.
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Re: Beweislast Mietrecht - Sphärentheorie

Beitrag von hlubenow »

Stalker hat geschrieben:Davon abgesehen - natürlich muss der Vermieter beweisen, dass es nicht seine Schuld ist, dass die Wohnung geflutet wurde. Er hat die Mietsache schliesslich überlassen.
Und der Mieter hat darin gewohnt.
Und möglicherweise jahrelang Fett in den Abfluß geleitet, bis der schließlich verstopfte, vgl. dies:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natu ... 14911.html
und das:
cd84 hat geschrieben:Beim Mieter drückt es durch die Abflüsse in der Küche das Wasser nach oben, die Küche wird geflutet. Als der Mieter abends nach Hause kommt, beseitigt er die Überschwemmung. Die Möbel sind jedoch hinüber. Der Mieter ruft einen Rohrreinigungsdienst. Dieser behandelt das Rohr bis runter zum Hausanschluss mit einer Spirale, woraufhin die Leitung wieder frei ist.
Die Schadensentstehung würde ich daher keineswegs zu 100% in der Sphäre des Vermieters sehen. Ich denke nicht, daß der dauernd kontrollieren muß, wieviel Fett und sonstiges Zeug gerade in den Rohren ist.

Müßte man natürlich prüfen, was die Rechtsprechung dazu sagt.

Edit: Google liefert gleich bei den ersten Treffern:

http://www.mietrechtslexikon.de/a1lexik ... bfluss.htm

Ein anderer Link regt an, daß u.U. die Hausversicherung des Vermieters den Schaden tragen könnte. Die interessiert allerdings auch, wodurch genau der Schaden entstanden ist (Protokoll der Rohrreinigungsfirma).
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