Parteiverrat ./. Prozessbetrug
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
So ist es. Das Problem ist doch, dass in Zivilprozessen gelogen wird, dass sich die Balken biegen, und quasi in jedem zweiten Prozess falsch vorgetragen wird. Hab im Anwaltsblatt gelesen, dass mittlerweile "ein massiver Verstoß gegen die Wahrheitspflicht" vorliegt. Das geschieht natürlich alles auf Wunsch des Mandanten.
Showdown in "Sieben": Brad Pitt und Morgan Freeman fahren den Serienkiller in die Wüste, auf dem Weg dorthin befragen sie ihn zu seinen Morden. "Aber warum hast du den Anwalt umgebracht, er war unschuldig." "Unschuldig? Er verdiente sein Geld mit Lügen, jedes Wort aus seinem Mund war eine Lüge!"
In diesem Sinne.
Showdown in "Sieben": Brad Pitt und Morgan Freeman fahren den Serienkiller in die Wüste, auf dem Weg dorthin befragen sie ihn zu seinen Morden. "Aber warum hast du den Anwalt umgebracht, er war unschuldig." "Unschuldig? Er verdiente sein Geld mit Lügen, jedes Wort aus seinem Mund war eine Lüge!"
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- famulus
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Ohne Worte...
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Wer in der Ausgangskonstellation einen Parteiverrat i.S.d. § 356 StGB für einschlägig hält, mag auch das als geeignete Verteidigungsstrategie gegen den Vorwurf den versuchten Prozessbetrugs erachten.joee78 hat geschrieben:So ist es. Das Problem ist doch, dass in Zivilprozessen gelogen wird, dass sich die Balken biegen, und quasi in jedem zweiten Prozess falsch vorgetragen wird. Hab im Anwaltsblatt gelesen, dass mittlerweile "ein massiver Verstoß gegen die Wahrheitspflicht" vorliegt. Das geschieht natürlich alles auf Wunsch des Mandanten.
Showdown in "Sieben": Brad Pitt und Morgan Freeman fahren den Serienkiller in die Wüste, auf dem Weg dorthin befragen sie ihn zu seinen Morden. "Aber warum hast du den Anwalt umgebracht, er war unschuldig." "Unschuldig? Er verdiente sein Geld mit Lügen, jedes Wort aus seinem Mund war eine Lüge!"
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- j_laurentius
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Es wundert mich, daß man als Jurist bereit ist, daran mitzuwirken, das Justizsystem aus den Angeln zu heben, indem man - und sei es auf Wunsch des Mandanten - in einem Gerichtsverfahren Lügen erzählt. Müßte man nicht gerade als Anwalt ein vitales Interesse an einer funktionierenden Gerichtsbarkeit, einschließlich Parteivertretern, die ihre Aufgabe als Organe der Rechtspflege verantwortungsvoll wahrnehmen, haben?
- batman
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
...so sieht es das anwaltliche Berufsrecht jedenfalls vor.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
... aber scheinbar nicht der Kontostand dieses Anwalts.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Abgesehen vom anwaltlichen Berufsrecht - ich kann es als Anwalt nicht gutheißen, wenn ein Prozeß aufgrund von Lügen entschieden wird. Auch wenn das vielleicht mal im Sinne meines Mandanten passiert, vertrete ich beim nächsten Mal vielleicht die Partei, die sich wahrheitswidrigem Vortrag der Gegenseite ausgesetzt sieht, und dann bin ich samt Mandant der Gekniffene. Das kann ja nicht ernsthaft im Sinne eines Anwalts sein.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Es ist dann jedenfalls unredlich, sich darüber zu beklagen, das Gericht glaube die größere und absurdere Lügengeschichte des Gegners.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Und deshalb machst Du da mit?joee78 hat geschrieben:So ist es. Das Problem ist doch, dass in Zivilprozessen gelogen wird, dass sich die Balken biegen, und quasi in jedem zweiten Prozess falsch vorgetragen wird. Hab im Anwaltsblatt gelesen, dass mittlerweile "ein massiver Verstoß gegen die Wahrheitspflicht" vorliegt. Das geschieht natürlich alles auf Wunsch des Mandanten.
Wenn Du die Tatsachen vorgetragen hast und der Richter schon erkennen konnte, dass eine Aufrechnungslage nicht besteht, dann liegt m. E. keine strafbare Handlung vor.
Natürlich kann man Dich nicht zum Anerkenntnis zwingen, wenn Du ein solches nicht abgeben willst. Dann muss man halt die Anträge stellen.
Du solltest schleunigst das Mandat niederlegen.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Die Frage lässt sich auf der Grundlage dessen, was du bisher geschrieben hast, nicht beantworten. Gesichert ist, dass bloße Rechtsausführungen keine Täuschung über Tatsachen sein können, wer sich auf der Grundlage eines gesicherten Sachverhalts eines Anspruchs berühmt, der ihm nicht zusteht, begeht daher selbst dann keinen Betrug, wenn er selbst nicht an die Richtigkeit des Anspruchs glaubt (BGH JR 1958, 106). Kompliziert wird die Lage allerdings dadurch, dass nicht selten Sach- und Rechtsausführungen unauflösbar miteinander verquickt sind, etwa wenn man behauptet, einen Anspruch aus Kaufvertrag o.ä. zu haben. Dann liegt es nicht fern, dass neben der Äußerung einer Rechtsmeinung auch zugleich die zugrunde liegenden Tatsachen miterklärt werden. Das alles kann in deinem Fall daher nicht abschließend beurteilt werden. Wenn jedoch eine Strafbarkeit gegeben ist, dann liegt eine täterschaftliche Begehung nicht fern.joee78 hat geschrieben:Hatte folgenden Fall vor Gericht: Mein Mandant wurde auf Zahlung von 3000 € verklagt. Im Vorfeld des Prozesses hatte er schon eine Gegenforderung in etwa dieser Höhe ins Spiel gebracht. Ich sollte im Termin nun mit dieser Gegenforderung aufrechnen. Die Gegenforderung bestand jedoch - auch nach Ansicht des Gerichts - nicht. Der Richter wies mich darauf hin, dass ich - sofern ich aufrechnen würde - damit rechnen müsste, dass er die Akte "an die Staatsanwaltschaft schickt", ich solle doch anerkennen. Mein Mandant (der im Termin nicht anwesend war) hatte mir jedoch untersagt, irgendetwas anzuerkennen und mich angewiesen, die Aufrechnung zu erklären. Dies tat ich.
Meint ihr, ich könnte jetzt selbst belangt werden wegen Beihilfe zum Prozessbetrug? Wie handhabt ihr solche Situationen?
Absurd ist es jedoch zu meinen, man sei in diesem Fall in einer Zwickmühle wischen Prozessbetrug und Parteiverrat. Denn nur weil man sich einem gesetzeswidrigen Ansinnen des Mandanten widersetzt, begeht man doch keinen Parteiverrat.
Solche unangenehmen Situationen sind übrigens genau die Folge eines Berufsverständnisses, in dem der Anwalt nur die Marionette seines Mandanten ist.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Interessante Umfrage dazu im aktuellen Anwaltsblatt: Ist der Anwalt noch "Organ der Rechtspflege" oder nur noch "reiner Interessenvertreter"?
Dazu folgender Fall: Ein Anwalt stellt einem Kollegen ein Schriftstück im Auftrag seines Mandanten am letzten Tag einer Frist von Anwalt zu Anwalt per EB zu, § 195 ZPO. Der Kollege ruft wiederum seinen Mandanten an und erklärt ihm, wenn er das Schriftstück annehme, gelte es als rechtzeitig zugestellt - dann müsse er 100.000,- € zahlen. Daraufhin untersagt ihm der Mandant die Annahme. Der Anwalt verweist auf § 195 ZPO iVm. § 14 S. 1 BORA, die ihn zur Unterzeichnung des EB verpflichten. Der Mandant droht seinem Anwalt für den Fall der Unterzeichnung des EB mit einer Anzeige wegen Parteiverrats. Der Anwalt unterzeichnet daraufhin das EB nicht - der gegnerische Anwalt hat daraufhin keinen Nachweis über die rechtzeitige Zustellung und damit den Fall verloren. Er zeigt seinen Kollegen "wegen schwerer schuldhafter Verletzung von Berufspflichten" bei der RAK an.
http://www.haufe.de/recht/kanzleitipps/zustellung-von-anwalt-zu-anwalt-und-berufsrecht_222_261518.html (Verwaister Link automatisch entfernt)
Ich hätte das gleiche getan wie der angeschriebene Anwalt - wie willst du deinem Mandanten erklären, dass du "Organ der Rechtspflege" bist und daher ein Schriftstück annehmen musst, das ihn 100.000,- € kostet?
Dazu folgender Fall: Ein Anwalt stellt einem Kollegen ein Schriftstück im Auftrag seines Mandanten am letzten Tag einer Frist von Anwalt zu Anwalt per EB zu, § 195 ZPO. Der Kollege ruft wiederum seinen Mandanten an und erklärt ihm, wenn er das Schriftstück annehme, gelte es als rechtzeitig zugestellt - dann müsse er 100.000,- € zahlen. Daraufhin untersagt ihm der Mandant die Annahme. Der Anwalt verweist auf § 195 ZPO iVm. § 14 S. 1 BORA, die ihn zur Unterzeichnung des EB verpflichten. Der Mandant droht seinem Anwalt für den Fall der Unterzeichnung des EB mit einer Anzeige wegen Parteiverrats. Der Anwalt unterzeichnet daraufhin das EB nicht - der gegnerische Anwalt hat daraufhin keinen Nachweis über die rechtzeitige Zustellung und damit den Fall verloren. Er zeigt seinen Kollegen "wegen schwerer schuldhafter Verletzung von Berufspflichten" bei der RAK an.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Mit Hinweis auf § 195 ZPO und dass man Spaß an seinem Beruf hat und deswegen seine Zulassung gerne behalten würde?joee78 hat geschrieben: Ich hätte das gleiche getan wie der angeschriebene Anwalt - wie willst du deinem Mandanten erklären, dass du "Organ der Rechtspflege" bist und daher ein Schriftstück annehmen musst, das ihn 100.000,- € kostet?
Du Schmuggelst auch Handys und Pakete in die JVA oder?
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Nee, Spaß beiseite - sowas überlass ich lieber Ströbele & Co.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Ich hätte in dem Fall die Sendung angenommen, Organ der Rechtspflege und so. Und offenbar wäre das falsch gewesen.
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Re: AW: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Ich frage mich, wie man überhaupt auf die Idee kommen kann, als Anwalt fristwahrende Zustellungen des gegnerischen Anwalts anzunehmen. Damit schadet man seinem Mandaten doch immer. Ich habe das daher auch nie gemacht, sondern immer die Annahme verweigert.
14 BORA betrifft offenkundig nur Zustellungen von Gerichten und Behörden, denen gegenüber der Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege eine besondere Pflichtenbindung hat. Diese Pflichtenbindung erstreckt sich aber natürlich nicht auf den gegnerischen Anwalt und dessen privaten Mandanten. Die darf ich - ohne Parteiverrat - bei der Durchsetzung (behaupteter) Ansprüche gegen den eigenen Mandaten gar nicht unterstützen.
14 BORA betrifft offenkundig nur Zustellungen von Gerichten und Behörden, denen gegenüber der Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege eine besondere Pflichtenbindung hat. Diese Pflichtenbindung erstreckt sich aber natürlich nicht auf den gegnerischen Anwalt und dessen privaten Mandanten. Die darf ich - ohne Parteiverrat - bei der Durchsetzung (behaupteter) Ansprüche gegen den eigenen Mandaten gar nicht unterstützen.