Parteiverrat ./. Prozessbetrug
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Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Hatte folgenden Fall vor Gericht: Mein Mandant wurde auf Zahlung von 3000 € verklagt. Im Vorfeld des Prozesses hatte er schon eine Gegenforderung in etwa dieser Höhe ins Spiel gebracht. Ich sollte im Termin nun mit dieser Gegenforderung aufrechnen. Die Gegenforderung bestand jedoch - auch nach Ansicht des Gerichts - nicht. Der Richter wies mich darauf hin, dass ich - sofern ich aufrechnen würde - damit rechnen müsste, dass er die Akte "an die Staatsanwaltschaft schickt", ich solle doch anerkennen. Mein Mandant (der im Termin nicht anwesend war) hatte mir jedoch untersagt, irgendetwas anzuerkennen und mich angewiesen, die Aufrechnung zu erklären. Dies tat ich.
Meint ihr, ich könnte jetzt selbst belangt werden wegen Beihilfe zum Prozessbetrug? Wie handhabt ihr solche Situationen?
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Darf ich eine Prozesserklärung (hier: Anerkenntnis) abgeben, wenn der Mandant mir untersagt hat, diese abzugeben, um mich vor etwaiger Strafverfolgung zu schützen?
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Das sind dann wohl die Risiken, wenn man ein solches Geschäftsmodell betreibt: http://forum.jurawelt.com/viewtopic.php ... 02#p701802
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Es ist eine bittere Erkenntnis, wenn man feststellt, als Mietmaul genutzt worden zu sein, oder?
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Warum solltest Du? Zwischen dem bewussten Vortrag unwahrer Tatsachen (hier: Aufrechnung mit einer Forderung, die - unterstellt - nach Deiner Kenntnis nicht besteht) und einem Anerkenntnis bestehen ja noch weitere, abgestufte Handlungsmöglichkeiten.joee78 hat geschrieben:Darf ich eine Prozesserklärung (hier: Anerkenntnis) abgeben, wenn der Mandant mir untersagt hat, diese abzugeben, um mich vor etwaiger Strafverfolgung zu schützen?
Im übrigen bestehender besteht auch ein Unterschied zwischen dem Vortrag falscher Tatsachen und der Stellung eines Antrags, der sich im Ergebnis nicht als begründet erweist.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Musst Du nicht.joee78 hat geschrieben:Darf ich eine Prozesserklärung (hier: Anerkenntnis) abgeben, wenn der Mandant mir untersagt hat, diese abzugeben, um mich vor etwaiger Strafverfolgung zu schützen?
Ich unterstelle, dass der "Prozessbetrug" Deines Mandanten bis eben nicht bekannt war. Dann hast Du keinen Vorsatz, auch keinen Gehilfenvorsatz. Insofern ist es für Dich auch kein Versuch, von dem Du selbst zurücktreten müsstest.
Wenn es Dir jetzt bekannt geworden ist, darfst Du - auch zur Unzeit - das Mandat niederlegen, weil Du Dich nicht an strafbaren Handlungen beteiligen musst. Einfach kurze Info an Mdt zur Strafbarkeit seines Handelns verbunden mit der Niederlegung des Mandates. kurze Mitteilung an das Gericht, dass Du das Mdt niedergelegt hast und damit hat es sich für Dich. Die Prozessvollmacht läuft ggf. weiter, aber machen musst Du halt nichts mehr.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Blöde Situation. Wie kann es sein, dass der Richter die Gegenforderung als Betrug einschätzt und du davon keine Ahnung hast?
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Ehrlich gesagt war mir als Anwalt schon klar, dass die Gegenforderung nicht besteht, da es sich um eine Gegenforderung handelt, die sich nicht gegen die Klägerfirma selbst richtet, sondern gegen eine andere Firma. Alles bißchen kompliziert. Mein Mandant will aber nicht verstehen, dass ich mit dieser Gegenforderung unter diesen Umständen nicht aufrechnen kann.
Das Problem ist daher ein generelles: Kann ich mir vom Gericht vorschreiben lassen, dass ich den Prozess entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen einer (beratungsresistenten) Mandantschaft führe? Bin ich dazu befugt, der Gegenseite mit einem Anerkenntnis - welches meine Mandantschaft mir untersagt hat - zu einem Titel (Anerkenntnisurteil) zu verhelfen, oder ist das Parteiverrat, § 356 StGB?
In meinen Augen ist das Parteiverrat, daher habe ich die Aufrechnung erklärt.
Das Problem ist daher ein generelles: Kann ich mir vom Gericht vorschreiben lassen, dass ich den Prozess entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen einer (beratungsresistenten) Mandantschaft führe? Bin ich dazu befugt, der Gegenseite mit einem Anerkenntnis - welches meine Mandantschaft mir untersagt hat - zu einem Titel (Anerkenntnisurteil) zu verhelfen, oder ist das Parteiverrat, § 356 StGB?
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Damit ist der versuchte Prozessbetrug doch eh schon gegeben.joee78 hat geschrieben:Ehrlich gesagt war mir als Anwalt schon klar, dass die Gegenforderung nicht besteht, da es sich um eine Gegenforderung handelt, die sich nicht gegen die Klägerfirma selbst richtet, sondern gegen eine andere Firma.
Da der Versuch fehlgeschlagen ist, wird auch kein Rücktritt mehr möglich sein.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Zu einem Anerkenntnis bist Du nicht verpflichtet, überhaupt hat das Gericht Dir nicht vorzuschreiben, wie Du den Prozess zu führen hast. Die Alternative zu "Annerkenntnis erklären" ist aber nicht aufrechnen, sondern einfach den Antrag stellen und sonst nichts weiter unternehmen.joee78 hat geschrieben:Das Problem ist daher ein generelles: Kann ich mir vom Gericht vorschreiben lassen, dass ich den Prozess entgegen dem ausdrücklich erklärten Willen einer (beratungsresistenten) Mandantschaft führe? Bin ich dazu befugt, der Gegenseite mit einem Anerkenntnis - welches meine Mandantschaft mir untersagt hat - zu einem Titel (Anerkenntnisurteil) zu verhelfen, oder ist das Parteiverrat, § 356 StGB?
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Hast Du denn die Tatsachen wahrheitsgemäß dargestellt und einfach trotz offensichtlich fehlender Aufrechnungslage die Aufrechnung erklärt? Darin kann ich keinen Prozessbetrug erkennen, über was sollst Du denn getäuscht haben? Über die Rechtslage? Anders natürlich, wenn Du wahrheitswidrig Tatsachen vorgetragen hast...
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Re: AW: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Dies.Kroate hat geschrieben:Hast Du denn die Tatsachen wahrheitsgemäß dargestellt und einfach trotz offensichtlich fehlender Aufrechnungslage die Aufrechnung erklärt? Darin kann ich keinen Prozessbetrug erkennen, über was sollst Du denn getäuscht haben? Über die Rechtslage?
Sonst wäre mE ja jeder grobe Rechtsfehler potentiell strafbar. Man hätte allerdings zumindest schreiben können: Die Mandantschaft weist darauf hin, dass aus ihrer Sicht Aufrechnungslage mit der Forderung ...
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
AG Karlsruhe, 12.08.2009 - 9 C 93/09
Es geht hier ja nicht um "Ich habe einen groben Rechtsfehler gemacht" sondern "Ich habe probiert eine Forderung durchzubringen obwohl ich wusste diese besteht gegen die Person gar nicht, um sie um ihr Recht zu bringen"
Es geht hier ja nicht um "Ich habe einen groben Rechtsfehler gemacht" sondern "Ich habe probiert eine Forderung durchzubringen obwohl ich wusste diese besteht gegen die Person gar nicht, um sie um ihr Recht zu bringen"
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: AW: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Das ist halt die Frage. Wenn die Tatsachen (Forderung gegen Dritten) offen bekannt sind, wo liegt die Täuschung? Das man eine falsche rechtliche Bewertung der Tatsachen vornimmt?Ara hat geschrieben:AG Karlsruhe, 12.08.2009 - 9 C 93/09
Es geht hier ja nicht um "Ich habe einen groben Rechtsfehler gemacht" sondern "Ich habe probiert eine Forderung durchzubringen obwohl ich wusste diese besteht gegen die Person gar nicht, um sie um ihr Recht zu bringen"
Iura novit curia.
Wenn man hingegen ernstlich behauptet, die fragliche Gegenorderung bestehe gegen den Beklagten / Kläger, obwohl man vielleicht in den Akten selbst schon einen Vermerk hat, wonach man den Mandanten auf die Aussichtslosigkeit eines solchen Vorbringens hingewiesen hat wird es mE kritisch. Das könnte als Versuch der Täuschung über Tatsachen gegenüber dem Gericht gewertet werden.
Da der Richter aber schon wusste, dass die Forderung nicht besteht gehe ich von ersterem aus.
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Re: Parteiverrat ./. Prozessbetrug
Also ich verstehe den Sachverhalt so, dass joee wusste, dass die Forderung nicht gegen ihn besteht. Er aber einfach mal die Aufrechnung erklärt hat in der Hoffnung das Gericht wird es schon nicht merken. Der Richter hat es aber gemerkt und hat zu ihm gesagt, dass er nicht aufrechne könne.
Liegt ein versuchter Prozessbetrug schon nahe...
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Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11