Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

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Herr Schraeg
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Herr Schraeg »

Zur Ausgangsfrage:

Ich habe zwei oder drei Mal niedergelegt, weil Rechnungen nicht bezahlt wurden. Einmal habe ich auch niedergelegt, weil der Mandant sich an mir vorbei in einem eigenen Schriftsatz an das Gericht gewandt hatte und dort alles vorgetragen hat, dessen Aufnahme in meinem Schriftsatz ich ihm verweigert hatte.

Bei Beleidigungen (aber da spreche ich nicht aus eigener Erfahrung) wäre ich grosszügiger, wenn es um für den Mandanten existentielle Situationen geht. Bei einer einmaligen Entgleisung, für die er sich entschuldigt, würde ich vermutlich noch keine Konsequenzen ziehen.

Aber im Laufe der Zeit habe ich zunehmend bei Mandantsannahmen auf mein Bauchgefühl gehört und lasse "problematische" Mandanten - manchmal vielleicht zu Unrecht - gar nicht erst zu Mandanten werden.
Parabellum
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Parabellum »

Herr Schraeg hat geschrieben:Aber im Laufe der Zeit habe ich zunehmend bei Mandantsannahmen auf mein Bauchgefühl gehört und lasse "problematische" Mandanten - manchmal vielleicht zu Unrecht - gar nicht erst zu Mandanten werden.
Wohl dem, der darüber selbst entscheiden kann. ;)
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
Herr Schraeg
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Herr Schraeg »

Parabellum hat geschrieben:
Herr Schraeg hat geschrieben:Aber im Laufe der Zeit habe ich zunehmend bei Mandantsannahmen auf mein Bauchgefühl gehört und lasse "problematische" Mandanten - manchmal vielleicht zu Unrecht - gar nicht erst zu Mandanten werden.
Wohl dem, der darüber selbst entscheiden kann. ;)
Nur Geduld, das kommt noch. :) Übrigens hätte ich in den ersten Jahren mangels Erfahrung noch nicht zwischen einem schwierigen Mandanten, dessen Ansprüche man mit Aufwand doch erfüllen kann, und einem unmöglichen Mandanten, den man besser nicht angenommen hätte, unterscheiden können (na ja, in Extremfällen schon).
joee78
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von joee78 »

Ein Mandant hat heute von mir verlangt, die Gegenrechtsanwältin zu fragen, ob sie "emotionale Probleme hat", da sie einen seiner Ansicht nach fraglich Anspruch geltend macht. Ich hab das abgelehnt. Daraufhin wurde mir vorgeworfen, nicht die "notwendige Härte" zu zeigen.
Sind Sie ein Mensch? Sowas Ähnliches, ich bin Anwalt.

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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von OJ1988 »

Genügt da kein Hinweis, dass man sich mit derlei Sperenzchen in den Augen des Richters (lies: der, der den Daumen senkt) lächerlich macht?
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Re: AW: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Thandor79 »

joee78 hat geschrieben:Ein Mandant hat heute von mir verlangt, die Gegenrechtsanwältin zu fragen, ob sie "emotionale Probleme hat", da sie einen seiner Ansicht nach fraglich Anspruch geltend macht. Ich hab das abgelehnt. Daraufhin wurde mir vorgeworfen, nicht die "notwendige Härte" zu zeigen.
nun, die könntest du ja jetzt gegenüber dem Mandanten zeigen. My way or the highway ...
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Syd26 »

joee78 hat geschrieben:Ein Mandant hat heute von mir verlangt, die Gegenrechtsanwältin zu fragen, ob sie "emotionale Probleme hat", da sie einen seiner Ansicht nach fraglich Anspruch geltend macht. Ich hab das abgelehnt. Daraufhin wurde mir vorgeworfen, nicht die "notwendige Härte" zu zeigen.
DAS hat bei mir noch niemand gebracht! Wenn dann wurde immer die Gegenseite direkt angegriffen (manchmal vielleicht zu recht? ;) ).

Was das Aussieben schon vor der Mandatsannahme betrifft: Das hab ich in 7 Jahren Berufstätigkeit durchaus ganz gut drauf. Dennoch gibt es immer wieder den ein oder anderen, den man nicht herausfiltert, weil sich möglicherweise erst später herausstellt, dass hinter dem vermeintlich vernünftigen Menschen ein Querulant steckt. Oder es sich um jemanden handelt, der zu viel über Mollath gelesen hat.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Gernot15 »

Ich finde es auch schwierig, man kann den Leuten ja nur bis vor den Kopf schauen. Ich verarzte im Moment einen Akademiker, der sich im ersten Gespräch zur abendlichen Unzeit lang und breit als "studiert" selbst beweihräucherte und dann regelmäßig erwartete, dass ich nach seinem Feierabend mich spät abends 2-3 Stunden mit ihm zusammensetze und mir größtenteils seine Lebensgeschichte anhören muss. Das hab ich ein paar mal gemacht, dann abgelehnt. Wozu gibst Internet und Telefon ?
Gelöschter Nutzer

Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Gernot15 hat geschrieben:Ich finde es auch schwierig, man kann den Leuten ja nur bis vor den Kopf schauen. Ich verarzte im Moment einen Akademiker, der sich im ersten Gespräch zur abendlichen Unzeit lang und breit als "studiert" selbst beweihräucherte und dann regelmäßig erwartete, dass ich nach seinem Feierabend mich spät abends 2-3 Stunden mit ihm zusammensetze und mir größtenteils seine Lebensgeschichte anhören muss. Das hab ich ein paar mal gemacht, dann abgelehnt. Wozu gibst Internet und Telefon ?
Naja gut, hier waren aber deutliche Warnzeichen früh erkennbar nach deiner Schilderung...
Gelöschter Nutzer

Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Verstehe ich das richtig?

Es ist quasi allgemein akzeptierte Tatsache, dass man als Anwalt von Mandanten beleidigt wird?

Wieso kommt sowas vor?

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich, als ich einmal einen gebraucht habe, meinem Anwalt gewissermaßen dankbar war, obwohl der Fall für mich nur mittelmäßig erfolgreich ausging.

Aber allein die Tatsache, dass sich jemand auf meine Seite stellt, hat mich alleine schon von ihm eingenommen.^^

Jedenfalls, warum werden Mandanten beleidigend gegenüber ihrem Anwalt?
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von joee78 »

Es handelt sich hier meistens um Gestörte, die auch ansonsten Probleme im Leben haben. Ein Mandant ging z.B. ständig gegen alle möglichen Bußgeldbescheide vor und ließ über mich stets Einspruch einlegen mit der Begründung, er sei nicht gefahren. Auf meinen Einwand, dass mit diesem Vorgehen die Auferlegung eines Fahrtenbuchs drohe, ging er nicht weiter ein.

Als ihm dann tatsächlich die Führung eines Fahrtenbuchs auferlegt wurde, fing er an zu toben und wandte sich selbst an die Bußgeldstelle mit einem Schreiben, das Phrasen wie "Stasimethoden" und "Unterdrückungsstaat" enthielt.
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Nimm2 »

Heute ist es mir auch passiert. Mandant (Privatmann) hat überzogene Erwartungen in Sachen Schadenersatz, ich weise ihn darauf hin, dass diese gerichtlich nach meiner Einschätzung nicht durchsetzbar erscheinen und schlage ihm einen geringeren Betrag vor.

Er wirft mir nun unprofessionelles Verhalten vor. Gleichzeitig will er aber, dass ich weiter für ihn tätig werde, aber zu seinen Konditionen. CC ging an den Partner. :-({|=

Klassischer Fall von Druckausübung, damit ich nach seiner Pfeife tanze.
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von hlubenow »

juraidiot hat geschrieben:Verstehe ich das richtig?

Es ist quasi allgemein akzeptierte Tatsache, dass man als Anwalt von Mandanten beleidigt wird?
Kann vorkommen, ja.
juraidiot hat geschrieben:Wieso kommt sowas vor?
Je nach Fall kann es sich für den Mandanten um eine Notsituation handeln, bei der er schon mal unter Druck stehen kann. Oder er versteht die Aufgabe des Anwalts nicht und hat daher falsche Vorstellungen.
Oder aber der Anwalt hat es verdient. :D
juraidiot hat geschrieben:Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass ich, als ich einmal einen gebraucht habe, meinem Anwalt gewissermaßen dankbar war, obwohl der Fall für mich nur mittelmäßig erfolgreich ausging.
Wahrscheinlich zu recht, denn unabhängig vom Ausgang dürfte er einige Arbeit (Dienste) geleistet haben.
juraidiot hat geschrieben:Aber allein die Tatsache, dass sich jemand auf meine Seite stellt, hat mich alleine schon von ihm eingenommen.^^
Tja, das ist nicht so gut: Der Anwalt nimmt eine bestimmte Aufgabe wahr. Dabei darf er nur "einseitig zugunsten des Mandanten" tätig werden. Das macht er auch. Für den Mandanten sieht das dann vielleicht so aus, daß er sich "auf seine Seite stellt". Das tut er aber eigentlich gar nicht. Er setzt lediglich die Rechte, die der Mandant hat, durch (und berät diesen über Inhalt und Umfang dieser Rechte). Mehr nicht.
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von Syd26 »

juraidiot hat geschrieben:Verstehe ich das richtig?
Es ist quasi allgemein akzeptierte Tatsache, dass man als Anwalt von Mandanten beleidigt wird?
Wieso kommt sowas vor?
Weil die Mandanten, in solchen Fällen meist Privatleute, unter Druck stehen. Sie verlieren ihren Fall bzw. stehen kurz davor oder kapieren, dass ihr Verhalten doch nicht so schlau war (in Strafsachen).

Aus deren Sicht hat es dann der Anwalt versemmelt.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Ab wann reicht's? - Mandatsniederlegung

Beitrag von hase009 »

Wie reagiert man auf flirtende Mandanten? Ich habe da so ein Exemplar am Telefon (zum Glück irgendwo am anderen Ende der Welt in Asien). Bei jeden Telefonat erzählt er mir, dass er so gerne meine Stimme hört usw. Ich bin da bislang nicht darauf eingegangen und habe das schlicht ignoriert, aber der bleibt hartnäckig. Jetzt versucht er in den E-Mails auf den Vornamen umzuschwenken, wobei ich weiterhin beim Herr plus Nachnamen geblieben bin. Er unterzeichnet die weiteren Mails ab da trotzdem nur mit seinem Vornamen. So langsam bin ich davon genervt und überlege das Mandat loszuwerden, leider scheint das Verfahren doch länger zu werden. Aber dann müsste ich ja die bisher entstandenen Gebühren zurückzahlen und in der Sache steckt schon einiges an Arbeit. Irgendwelche Standardsätze die ich anbringen kann ohne unfreundlich zu werden (bevor ich wirklich ärgerlich werde und Porzellan zerschlage)? Einen Duzversuch beabsichtigte ich mit dem Hinweis auf unprofessionell abzublocken.
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