800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

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Ant-Man
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von Ant-Man »

AlicImWunderland hat geschrieben:Versucht habe ich es natürlich trotzdem. Habe zunächst eine Mail als "Normalbürger" geschrieben - diese wurde komplett ignoriert. Daraufhin kam dann das zweiseitige Einschreiben in bestem Juristendeutsch unter Zitierung der aktuellen Rechtsprechung mit Forderungsaufstellung, Fristsetzung und allem was dazu gehört (Ich glaube ich werde mal ein guter Anwalt später :D ).
Warum hast Du "Einschreiben" gewählt? Oder anders gefragt: Was genau hast Du Dir erhofft mit dem Einschreiben nachweisen zu können?
Herr Schraeg
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von Herr Schraeg »

Herr Schraeg hat geschrieben:Ich bin auch immer sehr skeptisch und zurückhaltend, wenn der potentielle Mandant erklärt, dass alles ja ganz einfach sei und kaum Aufwand erfordere; ausserdem habe er schon mal die Rechtslage recherchiert und suche eigentlich nur noch einen Anwalt, der das auf seinen Briefkopf übernehme.
AlicImWunderland hat geschrieben: Ich hab den Fall also quasi so geliefert, dass die größte Arbeit bereits getan ist und im Grunde nur noch der Briefkopf drauf muss, weil ich ja um den niedrigen Streitwert wusste. Müsste doch für jeden Praktiker ein Träumchen sein.
q.e.d.
AlicImWunderland hat geschrieben:Den Rest deiner Kalkulation zweifele ich allerdings erheblich an.
Dann lass es die 2 h sein, die ich als Untergrenze genannt hatte und die ich nach wie vor für realistisch halte (mit dem Risiko, dass es deutlich mehr wird, falls die Rechtslage doch nicht so simpel ist). Dann gibt das einen Stundensatz von 50 €/h, d.h. nach Abzug der Kosten 25 €/h brutto. Das ist auch nicht das, was ich unter "Geld in die Kasse spülen" verstehe. So ein Mandat nimmt man nur übergeordneten Gesichtspunkten an: Hoffnung auf lukrativere Mandate des Mandanten, Interesse, Wohltätigkeit oder man hat schlicht nichts zu tun.
AlicImWunderland
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von AlicImWunderland »

Ant-Man hat geschrieben:
AlicImWunderland hat geschrieben:Versucht habe ich es natürlich trotzdem. Habe zunächst eine Mail als "Normalbürger" geschrieben - diese wurde komplett ignoriert. Daraufhin kam dann das zweiseitige Einschreiben in bestem Juristendeutsch unter Zitierung der aktuellen Rechtsprechung mit Forderungsaufstellung, Fristsetzung und allem was dazu gehört (Ich glaube ich werde mal ein guter Anwalt später :D ).
Warum hast Du "Einschreiben" gewählt? Oder anders gefragt: Was genau hast Du Dir erhofft mit dem Einschreiben nachweisen zu können?
Es war ein Übergabe Einschreiben. Davon habe ich mir eine bessere Beweisbarkeit des Zugangs erhofft.
AlicImWunderland
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von AlicImWunderland »

famulus hat geschrieben:
AlicImWunderland hat geschrieben: Versucht habe ich es natürlich trotzdem. Habe zunächst eine Mail als "Normalbürger" geschrieben - diese wurde komplett ignoriert. Daraufhin kam dann das zweiseitige Einschreiben in bestem Juristendeutsch unter Zitierung der aktuellen Rechtsprechung mit Forderungsaufstellung, Fristsetzung und allem was dazu gehört (Ich glaube ich werde mal ein guter Anwalt später :D ).
Hehe, ja du bist super. Und so bescheiden.

Bescheidenheit ist eine Zier, doch weiter kommt man...naja du weißt schon ;)
Zumindest war es offensichtlich gut genug, um unseren Anwalt dazu zu veranlassen sofort Klage zu erheben ohne zuvor noch einmal mit einem eigenen Schriftsatz an das Unternehmen heranzutreten und Zahlung zu fordern.
AlicImWunderland
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von AlicImWunderland »

Tobias__21 hat geschrieben:§ 78 ZPO? :) Verklag sie doch einfach selbst und dann rufst du im Gericht: "ICH WILL DIE WAHRHEIT" :D :D und haust auf den Tisch. Zack, Klage begründet.
Da das vermutlich tatsächlich genau so enden würde (nur ohne das Happy End) lasse ich da besser die Finger von :)
Nein im ernst, man muss sich selber schon einschätzen können. Und meine Kenntnisse der Praxis und des Zivilprozessrechts sind schlichtweg noch zu unbedeutend, als dass ich mir das zutrauen würde. Abgesehen davon hab ich für sowas momentan auch keine Zeit.
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von AlicImWunderland »

Herr Schraeg hat geschrieben:
Herr Schraeg hat geschrieben:Ich bin auch immer sehr skeptisch und zurückhaltend, wenn der potentielle Mandant erklärt, dass alles ja ganz einfach sei und kaum Aufwand erfordere; ausserdem habe er schon mal die Rechtslage recherchiert und suche eigentlich nur noch einen Anwalt, der das auf seinen Briefkopf übernehme.
AlicImWunderland hat geschrieben: Ich hab den Fall also quasi so geliefert, dass die größte Arbeit bereits getan ist und im Grunde nur noch der Briefkopf drauf muss, weil ich ja um den niedrigen Streitwert wusste. Müsste doch für jeden Praktiker ein Träumchen sein.
q.e.d.

Es entspricht nun einmal den Tatsachen.
AlicImWunderland hat geschrieben:Den Rest deiner Kalkulation zweifele ich allerdings erheblich an.
Dann lass es die 2 h sein, die ich als Untergrenze genannt hatte und die ich nach wie vor für realistisch halte (mit dem Risiko, dass es deutlich mehr wird, falls die Rechtslage doch nicht so simpel ist). Dann gibt das einen Stundensatz von 50 €/h, d.h. nach Abzug der Kosten 25 €/h brutto. Das ist auch nicht das, was ich unter "Geld in die Kasse spülen" verstehe. So ein Mandat nimmt man nur übergeordneten Gesichtspunkten an: Hoffnung auf lukrativere Mandate des Mandanten, Interesse, Wohltätigkeit oder man hat schlicht nichts zu tun.
Einen Punkt hast du vergessen: Die Geltendmachung der Forderung ist so einfach und routiniert zu erledigen, dass das große Geld über die Masse der betreuten Fälle kommt. Nicht ohne Grund gibt es Anwälte ohne Ende, die sich geradezu auf die Geltendmachung dieses europäischen Fluggastrechte Anspruchs spezialisiert haben.
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von julée »

AlicImWunderland hat geschrieben:
Tobias__21 hat geschrieben:§ 78 ZPO? :) Verklag sie doch einfach selbst und dann rufst du im Gericht: "ICH WILL DIE WAHRHEIT" :D :D und haust auf den Tisch. Zack, Klage begründet.
Da das vermutlich tatsächlich genau so enden würde (nur ohne das Happy End) lasse ich da besser die Finger von :)
Nein im ernst, man muss sich selber schon einschätzen können. Und meine Kenntnisse der Praxis und des Zivilprozessrechts sind schlichtweg noch zu unbedeutend, als dass ich mir das zutrauen würde.
So schwierig ist es nun auch wieder nicht - no Risk, no fun ;)

Wobei ich letztens zusehen durfte, wie eine Jurastudentin - den Tränen nahe - mit dem Terminsvertreter ihrer Eltern diskutierte und schlichtweg das Problem der (fehlenden) Substantiierung und Beweislast verkannte...
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von Tobias__21 »

Naja, viel zu beweisen gibt es in diesem Fall ja eigentlich nicht. Entweder man war im Flugzeug, oder nicht :) Und wenn sich der Vertreter der Fluggesellschaft vor Gericht mit höherer Gewalt oder anderen Gründen rausreden will, machst du es wie Tom Cruise, dann knickt er ein! :D

Zur Sache:

https://www.bundesjustizamt.de/DE/Theme ... _node.html

https://soep-online.de/

Hast Du es da mal probiert?
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Herr Schraeg
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von Herr Schraeg »

Tobias__21 hat geschrieben:Verklag sie doch einfach selbst und dann rufst du im Gericht: "ICH WILL DIE WAHRHEIT" und haust auf den Tisch.
Tobias__21 hat geschrieben:Und wenn sich der Vertreter der Fluggesellschaft vor Gericht mit höherer Gewalt oder anderen Gründen rausreden will, machst du es wie Tom Cruise, dann knickt er ein!
Der Anwalt der Fluggesellschaft wird darauf antworten:

"Die Wahrheit? Sie können die Wahrheit doch gar nicht vertragen. Junge, wir leben in einer Welt voller Gesetze und diese Gesetze müssen von Männern in Roben beschützt werden. Und wer soll das tun? Sie? Oder Sie,Tobias_21? Ich trage eine größere Verantwortung als es für Sie überhaupt vorstellbar ist!"
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von Tobias__21 »

:D Dann hat er uns allerdings ::?
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von Einwendungsduschgriff »

John Joseph "Schraeg" Nicholson.
Hier gibt's nichts zu lachen, erst recht nichts zu feiern.
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von AlicImWunderland »

Haha :lmao:
Duckmäuserisch würde ich nach dieser Predigt des schwarz berobten Herrn in Scham und Schande den ehrwürdigen Gerichtssaal durch die kleinste Tür in schleichendem Gang verlassen, während mir das brüllende Gelächter der verzückten Zuhörerschaft gewiss wäre.
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von Tobias__21 »

AlicImWunderland hat geschrieben:Haha :lmao:
Duckmäuserisch würde ich nach dieser Predigt des schwarz berobten Herrn in Scham und Schande den ehrwürdigen Gerichtssaal durch die kleinste Tür in schleichendem Gang verlassen, während mir das brüllende Gelächter der verzückten Zuhörerschaft gewiss wäre.
Wahrscheinlich wird das ganze gar nicht in einem Saal verhandelt, sondern im Büro des Vorsitzenden. Hab ich bei meinem Praktikum am AG öfters erlebt. Die Parteien ins Büro, Richter hinter seinem Schreibtisch: "Wollen sie sich vergleichen"? - "Nein" - "Ich empfehle es ihnen aber" -"Ja, gut, wir denken noch einmal darüber nach". Anwälte verlassen das Büro, Richter ist zufrieden. Büro zu, Richter geht in seine Dienstwohnung direkt über dem Gericht und trinkt Kaffee. Ich wurde dann zur Gerichtsvollzieherin abgeschoben. War aber nicht wirklich schlimm, weil jung und sehr hübsch :)

Und Roben hat da keiner anhabt, nicht einer. Die Strafrechtsverhandlungen waren allerdings im "großen" Saal und da wurden auch zünftig Roben getragen :)
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peppowitsch
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von peppowitsch »

AlicImWunderland hat geschrieben:
Ant-Man hat geschrieben:
AlicImWunderland hat geschrieben:Versucht habe ich es natürlich trotzdem. Habe zunächst eine Mail als "Normalbürger" geschrieben - diese wurde komplett ignoriert. Daraufhin kam dann das zweiseitige Einschreiben in bestem Juristendeutsch unter Zitierung der aktuellen Rechtsprechung mit Forderungsaufstellung, Fristsetzung und allem was dazu gehört (Ich glaube ich werde mal ein guter Anwalt später :D ).
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Was, wenn die Gegenseite eingeräumt hätte, ein Übergabeeinschreiben von dir erhalten zu haben, gleichwohl aber behauptet, der Inhalt sei nur eine unkommentierte Kopie eines Urteils (z.B. AG Mönchengladbach, 5a C 106/91) gewesen?
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immer locker bleiben
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Re: 800 Euro Streitwert = Nerviges Mandat?

Beitrag von immer locker bleiben »

Das Problem mit solchen "Standardfällen" ist die Terminswahrnehmung. Die ganze Schreiberei kann man optimieren, standardisieren, ggf. auch delegieren, aber der Gerichtstermin, der haut rein. Mit An- und Abfahrt geht das ja selbst am Heimatgericht des RA nicht unter einer Stunde. Und da zahlt man bei einem Streitwert von 800 € schlicht drauf.
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