GK = Sachbearbeitung?

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Kasimir
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von Kasimir »

Wie kommst du auf die Auswahl der von dir genannten Kanzleien? Inhaltlich machen die keine anderen Mandate als Freshfields, Linklaters & Co. nur mit einem anderen Mandantenfokus; d.h. eher Mittelstand statt Grosskonzern. Wobei Mittelstand nicht als der klassische Handwerksbetrieb verstanden werden darf, sondern als Unternehmen ab ca. 500 Mitarbeitern.

Auf deine Frage bezogen. Recherche, Gutachten, Vertraugsausarbeitung, DD etc. wird deine Aufgabe in jeder Wirtschaftskanzlei sein; auch bei den von dir genannten.

Ob du zu Gericht gehst, kommt darauf an. Falls du im Bereich Litigation arbeitest, ist das der Fall. Aber auch da darf man es sich nicht so vorstellen, dass man jede Woche einen Gerichtstermin hat. Die Arbeit an den Schriftsätzen macht 99% der Arbeit aus.
Eichhörnchen, Eichhörnchen wo sind deine Nüsse?
julée
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von julée »

Bei kleineren Einheiten sind die Wege zwischen Ausbilder und denjenigen, die die Einstellungsentscheidungen treffen, sicherlich kürzer (und ggf hatte man schon zu allen Entscheidungsträgern Kontakt) - aber bei kleineren Einheiten hat man natürlich auch das Problem, dass ggf gerade dann, wenn man fertig ist, keiner gebraucht wird, da einfach weniger Bedarf besteht.

Und ich würde an Deiner Stelle die Station weniger danach auswählen, wie groß die "Empfehlungsmöglichkeit" ist, sondern danach ob Du Dir vorstellen kannst, dort tatsächlich zu arbeiten (Rechtsgebiet, Kanzleigröße, Life-Work-Balance, Gehalt usw.).
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julée
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von julée »

Bruce Wayne hat geschrieben:
Das heißt die Arbeit findet ja dann in erster Linie auf einer sehr theoretischen Ebene statt, bzw. auf einer beratenden Ebene?
Es gibt verkürzt gesagt 2 Konstellationen:

1) es ist schon was passiert, der Mandant will beraten werden und es geht ggf in ein gerichtliches / behördliches Verfahren über.

2) der Mandant will vorher wissen, wie er durch Gestaltung 1) vermeiden kann oder ob dieses oder jenes geht. Und dann entwirft man eben Verträge oder schreibt Gutachten.

Im Bereich des Wirtschaftsrechts dürfte 2) häufiger vorkommen, da es für ein Unternehmen meist sinnvoller und kostengünstiger ist, vorher einen Anwalt zu konsultieren, als sich später sagen lassen zu müssen, dass das Desaster vermeidbar gewesen wäre. Max Mustermann wird hingegen häufiger mit Konstellation 1) beim Anwalt aufschlagen.
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Trente Steele82
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von Trente Steele82 »

julée hat geschrieben:
Bruce Wayne hat geschrieben:
Das heißt die Arbeit findet ja dann in erster Linie auf einer sehr theoretischen Ebene statt, bzw. auf einer beratenden Ebene?
Es gibt verkürzt gesagt 2 Konstellationen:

1) es ist schon was passiert, der Mandant will beraten werden und es geht ggf in ein gerichtliches / behördliches Verfahren über.

2) der Mandant will vorher wissen, wie er durch Gestaltung 1) vermeiden kann oder ob dieses oder jenes geht. Und dann entwirft man eben Verträge oder schreibt Gutachten.

Im Bereich des Wirtschaftsrechts dürfte 2) häufiger vorkommen, da es für ein Unternehmen meist sinnvoller und kostengünstiger ist, vorher einen Anwalt zu konsultieren, als sich später sagen lassen zu müssen, dass das Desaster vermeidbar gewesen wäre. Max Mustermann wird hingegen häufiger mit Konstellation 1) beim Anwalt aufschlagen.
Als Ergänzung: Im Bereich IP/IT kommen nach meiner Einschätzung beide Konstellationen schon vor (zugegeben, Var. 2 häufiger), auch in einer Kanzlei der oben genannten Größenordnung. Die Mischung finde ich auch ganz angenehmen.
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von julée »

Wenn Dir 1) mehr liegt, dann würde ich mich an Deiner Stelle auf jeden Fall auf die Suche nach einem Rechtsgebiet machen, wo es möglichst wenig von 2) gibt (oder umgekehrt formuliert: genug von 1) gibt). Angesehen haben sollte man es sich natürlich mal. Aber mir persönlich liegt 1) auch mehr und ich habe in der Anwaltsstation doch gemerkt, wie meine Motivation geschwankt hat - der absolute Tiefpunkt war erreicht, als ich mich 2 Wochen lang mit einem Vertragsentwurf (in 2 Varianten zu erstellen) herumplagen durfte, wobei ich von den maßgeblichen Rechtsgebieten tlw auch allenfalls rudimentäre Kenntnisse hatte.

Was den Mandantenkontakt angeht: das dürfte doch stark auf den jeweiligen Partner ankommen und inwiefern es vorgesehen ist, dass der kleine Referendar / Associate mit dem wichtigen Mandanten direkt kommuniziert.
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von Trente Steele82 »

Bruce Wayne hat geschrieben:Also in der Auswahl war die Empfehlungsmöglichkeit nicht das einzige Kriterium. Die anderen von dir angesprochenen Dinge passen für mich dort auch ganz gut, wobei ich fast glaube dass man das nur letztenendes von innen heraus betrachten kann, da dies innerhalb der Kanzleien oft nochmal von Team zu Team unterschiedlich sein soll (Hab ich so gehört)

Tendenziell denke ich halt je kleiner die "Großkanzlei", desto persönlicher ist das ganze insgesamt, sei es innerhalb der Kanzlei wie aber auch außerhalb also Möglichkeit des Mandanten Kontaktes.

Jule du hast perfekt zusammengefasst, was auch mein Eindruck ist.

Und hier muss ich gestehen, dass mir 1) von der Arbeitsweise mehr zusagt und auch glaube ich mir mehr liegt.
Viel Geld verdient wird aber wahrscheinlich mehr dort wo mehr nach 2) gearbeitet wird, allein schon aufgrund der entsprechend unterschiedlichen Mandatsstrukturen.
Allerdings wäre ich nur mit Arbeitsweise 2) wahrscheinlich schnell unglücklich, also kein Typ für m&a in der GK.

Mit der Mischung wie trente sagt könnte ich mich vielleicht anfreunden..
Wisst ihr wie das bezüglich Arbeitsrecht aussieht?
Aus meiner Beobachterperspektive würde ich sagen, dass die Kollegen aus dem Arbeitsrecht ebenfalls eine Mischung aus 1) und 2) haben, wobei hier der Teil 1) sogar noch deutlicher überwiegt. Einschränkend muss aber erwähnt werden, dass sowohl der Partner im Arbeitsrecht als auch im IP/IT sehr viel Wert darauf legen, dass man nicht wie ein Hamster in seinem Rad läuft, sondern wirklich eigenverantwortlich und mit intensiven Mandantenkontakt mitarbeitet (sogar mein Kollege in seinem ersten Jahr).
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von Parabellum »

Das kann man doch alles so überhaupt nicht sagen. Das hängt weder pauschal von der Frage "Große Kanzlei" vs. "Mittelgroße Kanzlei" ab, noch vom Rechtsgebiet, sondern allein vom individuellen Business-Case und der Art zu arbeiten ab.
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von Trente Steele82 »

Stimmt wohl, aber es schadet auch nicht, Eindrücke weiter zu geben, auch wenn diese nicht verallgemeinerungsfähig sind. Als ich gewechselt bin, hatte ich keinerlei Vorstellung außer die üblichen Horrorgeschichten, die man immer so erzählt bekommt. Keine davon ist bislang eingetreten. Daher mein Beitrag zu den Sachbearbeiter Fragen ;)
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Re: GK = Sachbearbeitung?

Beitrag von Tibor »

Ich denke den wesentlichen Unterschied hat Julee deutlich gemacht: Als Feld-Wald-Wiesen-Anwalt bearbeitet man eher die kranken Fälle, also wenn das juristische Kind im Brunnen ist. Nur im kleinen Rahmen gestaltet man (Vertrag für GbR, Scheidungsfolgen, Prüfung Vertragsangebote). Die Regel sind doch Mandanten, die erst mit Klagen, offenen Forderungen oder Streit vorbei schauen. In der klassischen Rechtsberatung geht es vorrangig um Streitvermeidung und Beteiligung an Wirtschaft- bzw Unternehmensberatung. Ob das nun Unternehmenskauf, Reorganisation oder Reaktion auf äußere Einflüsse (rechtlich, wirtschaftlich) ist. Dass das eher nicht bei der Dorfkanzlei ankommt, ist klar. Aber auch in den Großbuden gibt es forensische Arbeit, dann aber idR nichts, was man sich vom RiAG im frühen Ersten wegquaseln lässt.
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