Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Für alle Themen, die in der Rechtspraxis auftauchen, inkl. Fragen zu Kanzlei-Software

Moderator: Verwaltung

Antworten
Calipso
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 129
Registriert: Dienstag 29. März 2011, 15:44

Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von Calipso »

Hallo,

ich habe folgendes Problem: Gegner hat über seinen Anwalt Klage gegen meine Mandantschaft eingereicht, allerdings keinerlei Beweis angeboten. Es geht um Schmerzensgeld, ein ärztliches Attest etc. wurden nicht mit übersandt. Das Gericht hat ihn schon mit der Klagezustellung darauf hingewiesen, dass Beweise bzw. Beweisangebote fehlen und Frist gesetzt zum Nachreichen. Mit seinem neuerlichen Schriftsatz hat er abermals die Beweise nicht nachgereicht. Das Gericht hat ihm nun nochmals eine Frist gesetzt, mir aber zeitgleich eine Frist zur Erwiderung gesetzt. Ein Termin zur mündlichen Verhandlung mit Ladung der Parteien zwecks Anhörung zur Sachverhaltsaufklärung wurde ebenfalls gesetzt.

Nach dem derzeitigen Stand müsste die Klage ja abgewiesen werden. Daher mag ich auch nicht erwidern. Meine einzige Idee ist, eine Verlängerung der Erwiderungsfrist zu beantragen, um erstmal zu sehen, ob er mit seinem neuerlichen Schriftsatz nun endlich mal die Beweise mitliefert.

Was meint ihr dazu?
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von batman »

Nach jetzigem Stand müsste der Klage stattgegeben werden, sofern sie schlüssig ist, d.h. insbesondere auch zu den konkreten Verletzungen vorgetragen wurde. Die Vorlage von Urkunden oder sonstiger Beweisantritt gehören nicht zur Schlüssgkeit der Klage. Des Beweises bedürfen im Zivilprozess nur streitige Tatsachen und letzteres setzt wiederum eine Klageerwiderung voraus.
Calipso
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 129
Registriert: Dienstag 29. März 2011, 15:44

Re: Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von Calipso »

Na ein Mal habe ich ja schon bestritten. Und das Gericht hat schon mit Klagezustellung darauf hingewiesen, dass Fotos der Verletzungen, ärztliche Berichte einzureichen sind.

Will sagen: das Gericht scheint meiner Einschätzung nach nicht gewillt zu sein ohne diese Nachweise für den Kläger zu entscheiden.
julée
Fossil
Fossil
Beiträge: 13077
Registriert: Freitag 2. April 2004, 18:13
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von julée »

Was spricht dagegen jetzt einen Dreizeiler zu schreiben à la "Kläger hat weiterhin nichts vorgelegt, daher ist die Klage abzuweisen." - und für den Fall, dass der Kläger doch noch was einreicht, nochmals zu erwidern? Der Verlängerungsantrag macht doch allen Seiten letztlich mehr Arbeit.


Der Hinweis bereits bei Klagezustellung dürfte hingegen eher prozessökonomisch erfolgt sein, ohne Rücksicht darauf, ob der Sachverhalt möglicherweise unstrittig sein könnte.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
Calipso
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 129
Registriert: Dienstag 29. März 2011, 15:44

Re: Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von Calipso »

@juleé: ja, so mache ich es jetzt auch. Bzw. trage nun doch einfach mal alles vor und bestreite dies und das.

Der Fall ist etwas komplizierter. Geht um 'ne Tierhalterhaftung, wobei meine Mandanschaft nachweislich nicht zugegen war. Gegner behauptete zuletzt, dass dann eben ein Verwandter anwesend war. Hab mir da ewig nen Kopf gemacht wegen eines Zeugnisverweigerungsrechts, Wahrheitspflicht, Ausforschung etc. pp.

Bin jetzt aber zu dem Schluss gekommen, dass die Tierhalterhaftung nicht greift, weil der Gegner das Grundstück der Mandantschaft unbefugt betreten hat. Das mag zwar in Details auch umstritten sein, aber in meinem Fall dürfte die Haftung tatsächlich ausgeschlossen sein. Zumal der Verwandte keinen Schadensvorfall wahrgenommen hat.

Ich tippe für den Fall, dass der Hund, der im übrigen alt ist und fast keine Zähne mehr hat, tatsächlich zugebissen haben sollte, mal schlimmstenfalls auf einen blauen Fleck. Die bisherige Rechtsprechung hat in solchen Fällen bisher 0 - 250 € Schmerzensgeld zugesprochen.... Zumal hier, wenn das Gericht die Tierhalteraftung bejahen sollte, wenigstens ein Mitverschulden evtl sogar zu 100% zu bejahen sein müsste.

Bin mit meinem Schriftsatz, den ich nun mittlerweile geschrieben habe, jedenfalls zufrieden.

Danke für eure Antworten!
Benutzeravatar
Tante Dagobert
Power User
Power User
Beiträge: 463
Registriert: Donnerstag 13. März 2008, 10:59

Re: Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von Tante Dagobert »

Calipso hat geschrieben: [...]

Bin mit meinem Schriftsatz, den ich nun mittlerweile geschrieben habe, jedenfalls zufrieden.

[...]
Das ist doch schon mal was ;) .
joee78
Power User
Power User
Beiträge: 457
Registriert: Samstag 30. Juli 2011, 23:50
Ausbildungslevel: RA

Re: Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von joee78 »

Calipso hat geschrieben:Nach dem derzeitigen Stand müsste die Klage ja abgewiesen werden. Daher mag ich auch nicht erwidern.
§ 138 Abs. 3 ZPO ist bekannt? Und ich dachte, das Buch "Vorsicht Rechtsanwalt" wäre eine der üblichen Übertreibungen. :-w
Sind Sie ein Mensch? Sowas Ähnliches, ich bin Anwalt.

Blade II
Calipso
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 129
Registriert: Dienstag 29. März 2011, 15:44

Re: Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von Calipso »

Joe, es ging darum die Stellungnahmefrist zu verlängern, um zu schauen, ob der gegn. Anwalt seinen Vortrag in der Zwischenzeit mal etwas mehr substantiiert bzw. Beweise anbietet.

Es kann doch nicht sein, dass man in einer Klage einfach irgendwas behauptet, ohne näher darzulegen, wie man darauf kommt, geschweige denn Beweise anbietet. Ich finde das jedenfalls sehr ungewöhnlich - ihr nicht?
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Unsubstantiierter gegn. Vortrag

Beitrag von batman »

Calipso hat geschrieben:Es kann doch nicht sein, dass man in einer Klage einfach irgendwas behauptet, ohne näher darzulegen, wie man darauf kommt, geschweige denn Beweise anbietet.
Doch, das kann sein und es entspricht regelmäßig den Anforderungen an schlüssigen Klagevortrag.
Antworten