Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

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Parabellum
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von Parabellum »

Syd26 hat geschrieben:
Parabellum hat geschrieben:
Syd26 hat geschrieben:Eine Mandatsniederlegung ist eine Kündigung des Anwaltsvertrags. Eine Kündigung ist eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Solche werden auch einem Betreuten gegenüber wirksam. Ich sehe damit keine rechtlichen Probleme bei der Mandatskündigung. Es wäre natürlich sinnvoll, dem Betreuer die Kündigungen zur Kenntnis zu geben.
§ 131 BGB ist bekannt?

Natürlich. Es steht nirgends, dass der Betreute geschäftsunfähig oder beschränkt geschäftsfähig ist.
Vgl. im ersten Posting dieses Threads:
Calipso hat geschrieben: Wenn ich die Mandantsniederlegungen nur ggü. der Mandantschaft erkläre, könnte dies ggfs. unwirksam sein, da sie evtl nicht geschäftsfähig ist.
Zur Schweigepflicht: Man lernt nie aus. Ich wusste bisher nicht, dass die RAK einen davon entbinden kann.
Warum sollte sie das auch können? Von der Schweigepflicht entbinden kann nur der Mandant.

Das hier hört sich jedenfalls sehr schräg an:
joee78 hat geschrieben:Hatte mal nen Mandanten, der wollte erst mich töten, dann die Gegenseite. Hab dann ein Eilfax an die RAK gesandt mit der Bitte, mich von meiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, damit ich die Gegenseite warnen konnte. Innerhalb von 1 Stunde kam das Einverständnis. \:D/
Möglicherweise wurde dort eher auf die Grenzen der Verschwiegenheitspflicht gemäß § 139 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 StGB hingewiesen.
"Ich sage nicht, dass man sich hier zu siezen hätte oder ähnlichen Quatsch. Bei einem Forum von Juristen für Juristen ist meine Erwartungshaltung aber trotzdem nochmal eine andere als bei der Kneipe um die Ecke." OJ1988
Herr Schraeg
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von Herr Schraeg »

Parabellum hat geschrieben:Das hier hört sich jedenfalls sehr schräg an
:damnit2: Wie bitte? Da schwadroniert jemand von einer "Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht durch die RAK" und mir wird dieser Unsinn in die Schuhe geschoben? So nicht, Herr Parabellum, so nicht! [-(
;)
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von paul321 »

Herr Schraeg hat geschrieben:
Parabellum hat geschrieben:Das hier hört sich jedenfalls sehr schräg an
:damnit2: Wie bitte? Da schwadroniert jemand von einer "Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht durch die RAK" und mir wird dieser Unsinn in die Schuhe geschoben? So nicht, Herr Parabellum, so nicht! [-(
;)
Ich glaub er meinte damit eher, dass er sich zur Sicherheit das berufsrechtliche Go von der Kammer geholt hat.
joee78
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von joee78 »

So ist es. :D
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Calipso
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von Calipso »

joee78 hat geschrieben: (...)- hab schon so viele Kammerbeschwerden von Kollegen bekommen, die sich über irgendwas aufgeregt haben. (...)
Ich überlege auch gerade mich über einen Kollegen zu beschweren, weil der meine Mandantschaft und mich in seinen Schriftsätzen nun schon mehrfach beleidigt hat. Außerdem hat er meine Mandantschaft in einem außergerichtlichen Schreiben bedroht (mE bereits versuchte Nötigung).

Aber ich scheue mich deshalb davor, weil ich ja auch nicht angekackt werden will. Ich verhalte mich (nach außen hin (zum Glück kann niemand meine Gedanken lesen) :D )zwar nicht unsachlich, aber evtl. mache ich ja mal einen Fehler.

Bin jedenfalls schon auf unseren Termin zur mündl. Verh. gespannt. Falls der sich dann da auch so daneben benimmt, werde ich es evtl doch tun.
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von Syd26 »

joee78 hat geschrieben: Hatte mal nen Mandanten, der wollte erst mich töten, dann die Gegenseite. Hab dann ein Eilfax an die RAK gesandt mit der Bitte, mich von meiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden,
Das klingt aber hier noch anders. Deswegen war ich doch etwas irritiert.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von thh »

Syd26 hat geschrieben:Wie die Mandantin darauf reagieren wird, ist eine andere Frage. Das kann wahrscheinlich niemand vorhersehen. Du musst von Stillschweigen bis zum Telefonterror wohl mit allem rechnen.
Grundsätzlich sind - gerade bei psychisch kranken Menschen - auch körperliche Übergriffe nicht völlig auszuschließen. Sehr unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich - eine Gefahr, die nicht zur Hysterie führen, aber zumindest als Möglichkeit gesehen werden sollte.
joee78 hat geschrieben:Hatte mal nen Mandanten, der wollte erst mich töten, dann die Gegenseite. Hab dann ein Eilfax an die RAK gesandt mit der Bitte, mich von meiner Verschwiegenheitspflicht zu entbinden, damit ich die Gegenseite warnen konnte. Innerhalb von 1 Stunde kam das Einverständnis. \:D/
Ich weiß ja, welche Schwierigkeiten Ärzte - und medizinisches Personal - mit den rechtlichen Grundlagen der Schweigepflicht haben und dass da teilweise skurrile Vorstellungen kursieren ("das Gericht muss mich zuerst von der Schweigepflicht entbinden"), hatte aber bisher gehofft, dass Juristen da besser informiert sind ...

Von der Berufspflicht zur Verschwiegenheit kann auch eine Berufskammer nicht entbinden - die Ärztekammer nicht den Arzt und die Rechtsanwaltskammer nicht den Rechtsanwalt. Entbinden kann nur der Patient oder Klient (auch nicht die Erben). Es gibt aber gesetzliche Verpflichtungen, die der Schweigepflicht vorgehen, und Fälle des berechtigten Bruchs der Schweigepflicht (§ 34 StGB). Dazu gehört die Abwehr schwerwiegender bevorstehender Gefahren, aber auch die Vertretung eigener Rechte als Beschuldigter einer Straftat, Beklagter im Zivilprozess oder Kläger im Honorarprozess. Bei Todesdrohungen ist es - hoffentlich - offenkundig, dass die Schweigepflicht Maßnahmen der Gefahrenabwehr nicht entgegensteht und im notwendigen Umfang Informationen geoffenbart werden dürfen. Ein "Einverständnis" der Kammer ist weder erforderlich noch rechtfertigend - ein unvermeidlicher Verbotsirrtum (hier in der Form des Erlaubnisirrtums) dürfte durch einen Rechtsanwalt jedenfalls verhältnismäßig schwer verargumentierbar sein. Eine Beratung der Kammermitglieder ist natürlich kein Problem.
joee78 hat geschrieben:Genau. Die haben mir sogar die Kommentierung zu § 43a BRAO rausgesucht, die das behandelt.
Ich würde ja v.a. auch die Kommentierung zu § 203 Abs. 1 StGB lesen.
joee78 hat geschrieben:Eigenmächtig wäre mir das zu heiß gewesen - hab schon so viele Kammerbeschwerden von Kollegen bekommen, die sich über irgendwas aufgeregt haben.
Fraglos ist vor der Offenbarung von Informationen aus dem Mandatsverhältnis eine Abwägung erforderlich. Diese hat der Rechtsanwalt - wie der Arzt - selbst in eigener Verantwortung vorzunehmen. Wenn das Ergebnis dieser Abwägung ist, dass die Gefahr von Beschwerden bei der Kammer schwerer wiegt als die Gefahr des eigenen Todes oder des eines anderen Menschen, dann ist das eben so.
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von Parabellum »

Herr Schraeg hat geschrieben:
Parabellum hat geschrieben:Das hier hört sich jedenfalls sehr schräg an
:damnit2: Wie bitte? Da schwadroniert jemand von einer "Entbindung von der anwaltlichen Schweigepflicht durch die RAK" und mir wird dieser Unsinn in die Schuhe geschoben? So nicht, Herr Parabellum, so nicht! [-(
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Ich finde - auch hier - jedenfalls spektakulär, was für Vorstellungen in der Anwaltschaft teilweise hinsichtlich der Zuständigkeit und Allmacht der verschnarchten Kammern vorhanden sind.
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von famulus »

Diese völlige Einfalt ist angesichts der möglichen straf- und berufsrechtlichen Konsequenzen vor allem sehr mutig. Ich habe damals vor meiner Zulassung jedenfalls erst einmal ein Bisschen Literatur gewälzt, weil ich mich nur durch Studium und Referendariat nicht ansatzweise als ausreichend vorgebildet empfunden habe.
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von joee78 »

famulus hat geschrieben:Diese völlige Einfalt ist angesichts der möglichen straf- und berufsrechtlichen Konsequenzen vor allem sehr mutig.
Was ist daran mutig, mit einer Bestätigung der RAK im Rücken die Gegenseite zu informieren, dass die Mandantschaft sie umbringen will?
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von Tibor »

Mutig ist es, weil der Strafrichter es dann doch anders sehen kann, als die RAK. Das ist ja so als ob ich bei einer Anklage wegen Diebstahls von drei Flaschen Whisky als Einlassung bringe, dass mein Nachbar mir schriftlich bestätigt hat, dass drei Flaschen Whisky noch als strafloser Mundraub durchgehen.
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von Calipso »

Ich frage mich gerade, wieso man eigtl gegen seine Verschwiegenheitsverpflichtung verstoßen sollte, wenn man die Gegenseite, die ja eh weiß, dass man den Mandanten vertritt, darüber informiert, dass der eigene Mandant die Gegenseite umbringen will. Was hat denn diese Info mit dem Inhalt des Mandats zu tun? Eigtl doch nichts. Würde man sich abgesehen davon, nicht zudem auch strafbar machen wegen der Nichtanzeige geplanter Verbrechen, wenn man z.B. die Polizei nicht informiert?
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von joee78 »

Calipso hat geschrieben:Ich frage mich gerade, wieso man eigtl gegen seine Verschwiegenheitsverpflichtung verstoßen sollte, wenn man die Gegenseite, die ja eh weiß, dass man den Mandanten vertritt, darüber informiert, dass der eigene Mandant die Gegenseite umbringen will. Was hat denn diese Info mit dem Inhalt des Mandats zu tun? Eigtl doch nichts.
Bundesrechtsanwaltsordnung

§ 43a Grundpflichten des Rechtsanwalts

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.
(2) Der Rechtsanwalt ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Diese Pflicht bezieht sich auf alles, was ihm in Ausübung seines Berufes bekanntgeworden ist.
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von Parabellum »

Calipso hat geschrieben: Würde man sich abgesehen davon, nicht zudem auch strafbar machen wegen der Nichtanzeige geplanter Verbrechen, wenn man z.B. die Polizei nicht informiert?
Wenn ich mich dazu einmal selbst zitieren darf:
Parabellum hat geschrieben:Möglicherweise wurde dort eher auf die Grenzen der Verschwiegenheitspflicht gemäß [genauer: §§ 138,] 139 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 StGB hingewiesen.
Es dürfte sich hierbei um eine gesetzlich normierte Ausnahme von der Verschwiegenheitspflicht (§ 43a BRAO) handeln, vgl. dazu auch § 2 Abs. 2 BORA.

Was die RAK hierzu beitragen können soll, außer auf den vorgenannten Zusammenhang ggf. erläuternd hinzuweisen, bleibt allerdings offen.
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Re: Mandantsniederlegung - betreute Mandantschaft

Beitrag von j_laurentius »

Naja, ein Statement der RAK "aus hiesiger Sicht ist die Erstattung der Strafanzeige (oder was auch immer) in dem von Ihnen vorgetragenen Fall berufsrechtlich unproblematisch" bietet natürlich schon eine gewisse Rückendeckung, auch wenn diese nicht streitentscheidend ist.

Was den von mir geschilderten Fall anbetrifft, kam ich allerdings nicht auf die Idee, erst noch bei der RAK anzufragen. Ich hatte da die Haltung, der (Ex-)Mandant solle es bloß wagen, Schritte gegen mich wegen angeblicher Verletzung meiner Schweigepflicht einzuleiten, darauf würde ich es ankommen lassen. Meine Angestellten waren durch die Sache ziemlich aufgewühlt und das konnte ich nicht so stehen lassen, zumal ich nicht einschätzen konnte, ob eine reale Gefahr besteht oder nicht. Und ich wusste ja, dass die Schweigepflicht nicht unbegrenzt gilt, deswegen fühlte ich mich auch eher auf der sicheren Seite, ohne die Sache komplett juristisch durchgeprüft zu haben.
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