Abrechnung mit Verfahrensgebühr

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esprit
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Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von esprit »

Hallo,

es gibt ja die 0,8 Verfahrensgebühr bei Klageauftrag.

Kann die auch erhöht werden?

Beispiel:

Es bestand Klageauftrag, dann ist der Gegner verstorben, der Auftrag wurde zurückgenommen.

Dann wurden die Erben ermittelt, aussergerichtlich angeschriben dann wieder Klageauftrag erteilt

Wie soll man das abrechnen?

Geschäftsgebühr erhöhen von 1,3 auf 2,0?
Verfahrensgebühr von 0,8 auf 1,2?

Hatte sowas jemand von Euch mal?
Syd26
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von Syd26 »

Die Verfahrensgebühr kann nicht erhöht werden oder siehst Du hier nach dem VV zum RVG Spielraum?

Lediglich die Geschäftsgebühr ist variabel, aber das müsstest Du natürlich anhand der Kriterien des § 14 RVG begründen.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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immer locker bleiben
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von immer locker bleiben »

esprit hat geschrieben:Hallo,

es gibt ja die 0,8 Verfahrensgebühr bei Klageauftrag.

Kann die auch erhöht werden?

Beispiel:

Es bestand Klageauftrag, dann ist der Gegner verstorben, der Auftrag wurde zurückgenommen.

Dann wurden die Erben ermittelt, aussergerichtlich angeschriben dann wieder Klageauftrag erteilt

Wie soll man das abrechnen?

Geschäftsgebühr erhöhen von 1,3 auf 2,0?
Verfahrensgebühr von 0,8 auf 1,2?

Hatte sowas jemand von Euch mal?
Die Verfahrensgebühr wird nicht erhöht.

Die Verfahrensgebühr 3100 hat stets den Faktor 1,3.
Sie reduziert sich (3101) auf den Faktor 0,8, wenn der Auftrag vorzeitig endet.

Für Deinen Fall gilt also:
a) Das neue Verfahren bleibt dieselbe Angelegenheit (§§ 15, 16 RVG):
- Klageauftrag wurde erteilt = 1,3
- Gegner verstirbt, Auftrag endet = Reduzierung auf 0,8
- neue Gegner, Auftrag wird doch fortgesetzt = wieder 1,3

b) Das neue Verfahren ist nicht dieselbe Angelegenheit (§§ 15, 16 RVG):
- Klageauftrag wurde erteilt = 1,3
- Gegner verstirbt, Auftrag endet = Reduzierung auf 0,8

- neuer Gegner, neuer Auftrag = neue, zusätzliche 1,3 und die ursprünglichen 0,8 bleiben daneben erhalten
ggf. noch zzgl. (ggf. teilweise anzurechnern) Geschäftsgebühr für die außergerichtliche Tätigkeit

Und wie immer kann ich nur empfehlen: Leute, schließt klare Vergütungsvereinbarungen, dann gibt es keine Unklarheiten
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Herr Schraeg
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von Herr Schraeg »

immer locker bleiben hat geschrieben:Und wie immer kann ich nur empfehlen: Leute, schließt klare Vergütungsvereinbarungen, dann gibt es keine Unklarheiten
+1

Und wenn Ihr das nicht wollt/könnt und auch keine richtig gute ReFA einstellen wollt/könnt, setzt Euch mit dem RVG und einem Kommentar dazu ein paar Tage hin und lernt die ökonomischen Grundlagen Eures Berufs.
Swann
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von Swann »

Herr Schraeg hat geschrieben:
immer locker bleiben hat geschrieben:Und wie immer kann ich nur empfehlen: Leute, schließt klare Vergütungsvereinbarungen, dann gibt es keine Unklarheiten
+1

Und wenn Ihr das nicht wollt/könnt und auch keine richtig gute ReFA einstellen wollt/könnt, setzt Euch mit dem RVG und einem Kommentar dazu ein paar Tage hin und lernt die ökonomischen Grundlagen Eures Berufs.
Auch eine fundierte Kenntnis des Rechtsgebiets, das man bearbeitet, schadet auch nicht, wenn man schon dabei ist.
Parabellum
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von Parabellum »

Swann hat geschrieben:
Herr Schraeg hat geschrieben:
immer locker bleiben hat geschrieben:Und wie immer kann ich nur empfehlen: Leute, schließt klare Vergütungsvereinbarungen, dann gibt es keine Unklarheiten
+1

Und wenn Ihr das nicht wollt/könnt und auch keine richtig gute ReFA einstellen wollt/könnt, setzt Euch mit dem RVG und einem Kommentar dazu ein paar Tage hin und lernt die ökonomischen Grundlagen Eures Berufs.
Auch eine fundierte Kenntnis des Rechtsgebiets, das man bearbeitet, schadet auch nicht, wenn man schon dabei ist.
...scheint aber auch nicht zwingend erforderlich, weder für wirtschaftlichen Erfolg, noch für ruhigen Schlaf.
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von thh »

Swann hat geschrieben:Auch eine fundierte Kenntnis des Rechtsgebiets, das man bearbeitet, schadet auch nicht, wenn man schon dabei ist.
Dass ist ein zweischneidiges Schwert.

Wenn man zumindest ungefähr eine Ahnung hat, was man tut, muss man sich viele Gedanken machen. Das erschwert das Leben.

Warum 20-120 Seiten schreiben, wenn es für "Ich rüge die Verletzung sachlichen und formellen Rechts." dasselbe Geld gibt?
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von julée »

thh hat geschrieben:
Swann hat geschrieben:Auch eine fundierte Kenntnis des Rechtsgebiets, das man bearbeitet, schadet auch nicht, wenn man schon dabei ist.
Dass ist ein zweischneidiges Schwert.

Wenn man zumindest ungefähr eine Ahnung hat, was man tut, muss man sich viele Gedanken machen. Das erschwert das Leben.

Warum 20-120 Seiten schreiben, wenn es für "Ich rüge die Verletzung sachlichen und formellen Rechts." dasselbe Geld gibt?
Wenn sich die Leute dann mal auf das Wesentliche beschränkten, anstatt dutzende Seiten rechtlich völlig am Thema vorbei zu schreiben, wobei mindestens einmal das Grundgesetz bemüht werden muss.
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von Calipso »

julée hat geschrieben: Wenn sich die Leute dann mal auf das Wesentliche beschränkten, anstatt dutzende Seiten rechtlich völlig am Thema vorbei zu schreiben, wobei mindestens einmal das Grundgesetz bemüht werden muss.
Weil die Mandantschaft dafür bezahlt, dass man eben nicht nur einen Dreizeiler absetzt.
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von Parabellum »

julée hat geschrieben: Wenn sich die Leute dann mal auf das Wesentliche beschränkten, anstatt dutzende Seiten rechtlich völlig am Thema vorbei zu schreiben, wobei mindestens einmal das Grundgesetz bemüht werden muss.
Weil man nicht weiß, was das Gericht für "das Wesentliche" bzw. das "Thema" halten wird bzw. sich dies im Laufe der wechselnden Besetzungen des Spruchkörpers während des Verfahrens auch gerne mal ändern kann?
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von julée »

Guter Punkt, aber manchmal ist ja noch nicht mal erkennbar, ob der Verfasser überhaupt unter eine rechtliche Norm subsumiert oder einfach nur mal so mitteilen möchte, dass das alles irgendwie unfair und höchst verfassungswidrig ist. Mag sein, dass der Mandant das unbedingt im Schriftsatz stehen haben möchte, aber vermutlich hätte er in den meisten Fällen auch keine Einwände gegen eine halbwegs passende juristische Verpackung.
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von Calipso »

Ich hatte es auch schon ein paar Mal, dass der Gegner im Klageverfahren sehr weit ausholte, was nicht unbedingt von Belang war, dennoch hab ich drauf erwidert, wenn ich damit den Gegner z.B. in ein sehr schlechtes Licht rücken konnte. Finde das in solchen Fällen dann schon sinnvoll.

Beispiel in einem Räumungsverfahren: Gegner rühmte sich damit, eine Ersatzwohnung angeboten zu haben. Dass die für meinen Mandanten aber gar nicht geeignet war und er sie nicht mal selbst besichtigen konnte, weil er im Rollstuhl sitzt und schon der Zugang zum Haus nicht barrierefrei ist, wurde verschwiegen. Nur seine Lebensgefährtin konnte daher die im Übrigen völlig versiffte Wohnung besichtigen und durfte nicht mal Fotos machen. Der Rollstuhl hätte jedenfalls nicht mal durch die Badtür gepasst. Draußen wurde sie dann vom Vermieter beschimpft und "geschworen", dass sie und mein Mandant im Ort x "nie wieder eine Wohnung bekommen werden". Warum sollte ich das dann nicht ergänzend vortragen? Zumal der Gegner ja mit der Ersatzwohnung anfing, die eigtl keine Rolle spielte.
julée hat geschrieben:Guter Punkt, aber manchmal ist ja noch nicht mal erkennbar, ob der Verfasser überhaupt unter eine rechtliche Norm subsumiert (...)
Das muss Verfasser ja auch nicht. Er muss nur Tatsachen vortragen und Beweise anbieten. Klar sollte man es als Anwalt selbst mal durchprüfen, aber lehrbuchmäßige Schriftsätze verfasse ich auch nur noch höchst selten. Kommt auf die Sache drauf an.
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von immer locker bleiben »

Calipso hat geschrieben:
julée hat geschrieben: Wenn sich die Leute dann mal auf das Wesentliche beschränkten, anstatt dutzende Seiten rechtlich völlig am Thema vorbei zu schreiben, wobei mindestens einmal das Grundgesetz bemüht werden muss.
Weil die Mandantschaft dafür bezahlt, dass man eben nicht nur einen Dreizeiler absetzt.
Falsch. Die Mandantschaft bezahlt gerade nicht für aufgeblähte, sinnlose Schriftsätze.
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julée
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von julée »

Calipso hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Guter Punkt, aber manchmal ist ja noch nicht mal erkennbar, ob der Verfasser überhaupt unter eine rechtliche Norm subsumiert (...)
Das muss Verfasser ja auch nicht. Er muss nur Tatsachen vortragen und Beweise anbieten. Klar sollte man es als Anwalt selbst mal durchprüfen, aber lehrbuchmäßige Schriftsätze verfasse ich auch nur noch höchst selten. Kommt auf die Sache drauf an.
Wer sich an rechtlichen Ausführungen versucht, sollte vielleicht schon grob eine Ahnung haben, wo das echte Problem liegen könnte. "Das kann doch nicht sein! Rechtsstaatswidrig!" mag als allgemeine Unmutsbekundung durchgehen, aber ein echtes rechtliches Argument, warum man es möglicherweise anders als die bisherige Rechtsprechung sehen sollte / müsste, ist damit nicht verbunden.

Und auch der Tatsachenvortrag sollte zu einer Anspruchsgrundlage passen und alle erforderlichen Behauptungen aufstellen. Mag ja sein, dass das Gericht von selbst auf die richtige Lösung kommen und notfalls auch noch Hinweise erteilen muss, aber nur den Sachverhalt zu schildern verleitet in vielen Fällen dazu, Teilaspekte doch zu übersehen oder mit Bauchgefühl zu lösen. Blöd, wenn dann z. B. am Ende die Frage, worin eigentlich konkret der ersatzfähige Schaden des Klägers liege, letal ist. Davon ab, kann man schon die Frage stellen, wofür der Mandant eigentlich einen Anwalt bezahlt, wenn der sich zu fein dafür ist, mal kurz und knapp Farbe zu bekennen, welche Anspruchsgrundlagen er für einschlägig erachtet.

Und auch unnutz provozierter oder vermutlich überflüssiger Vortrag lässt sich besser oder schlechter in einen Schriftsatz integrieren. Man kann natürlich eine Kunst daraus machen, in 10-20 Seiten verworrenen, abseitigen Vortrag, die drei relevanten Tatsachenbehauptungen zu verstecken, aber adressatenfreundlich ist sicherlich was anderes.
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Tibor
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Re: Abrechnung mit Verfahrensgebühr

Beitrag von Tibor »

"Der Prozessbevollmächtigte ist seit dem 1. Oktober 1975 zur Anwaltschaft zugelassen. Nach schwerer Kindheit, einem durch Paketzustellungen selbst finanzierten Studium ab vom zu Hause des prügelnden Stiefvaters - der Vater ist an der Ostfront verschollen - legte der Unterfertigende seine juristischen Examina im Oberlandesgerichtsbezirk München mit kleinem Prädikat ab.

[folgen 3 Seiten zu Lehrjahre sind keine Herrenjahre, verkommenen Unternehmensanwälten, unfähigen Kammervertretern, Enteignung durch Versorgungswerkpflichtmitgliedschaft]

In meiner gesamt Tätigkeit als Rechtsanwalt ist mir ein solches Vorgehen einer Gegenseite noch nicht untergekommen. Es ist so, wie in der Klage vorgetragen. Zu Unrecht bestreitet der Kollege den Sachverhalt. Möge das Gericht Gerechtigkeit wieder herstellen und nunmehr entscheiden!

Hochachtungsvoll."
"Just blame it on the guy who doesn't speak English. Ahh, Tibor, how many times you've saved my butt."
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