Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Für alle Themen, die in der Rechtspraxis auftauchen, inkl. Fragen zu Kanzlei-Software

Moderator: Verwaltung

Antworten
Jora
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 111
Registriert: Donnerstag 31. Dezember 2015, 00:53

Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von Jora »

Hey Leute

ich hoffe diese Topic fällt nicht unter die Kategorie "Rechtsberatung". Ist ja auch ein allgemein gehaltener Thread.

Was haltet ihr von einer Rechtsschutzversicherung? Brauch man sowas oder totaler Unsinn? Ich finde schon, dass so eine Versicherung auf gewisse Weise absichert. Allzu zu teuer sind solche Versicherung in den Bereichen Privat Plus Beruf mit 150-250 im Jahr auch nicht meiner Meinung nach. Was sind denn eurer Meinung nach Argumente gegen eine solche Versicherung? Und habt ihr Erfahrungen gemacht (positiv/negativ)?
Benutzeravatar
Ara
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8343
Registriert: Donnerstag 11. Juni 2009, 17:48
Ausbildungslevel: Schüler

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von Ara »

Imo ganz simpel: Erwartest du in den kommenden Monaten einen Rechtsstreit? Steht zum Beispiel ein Antrag auf Fördergelder bevor? Ein Antrag bei der Krankenkasse der möglicherweise abgelehnt wird? Sonst eine Auseinandersetzung die sich schon abzeichnet?

Dann würde ich eine Rechtsschutzversicherung abschließen... Ansonsten ehrlich gesagt eher nicht. Vor allem als Jurist kann man sich ja in vielen Fragen auch selbst helfen.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Benutzeravatar
Trente Steele82
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 6079
Registriert: Mittwoch 27. Januar 2010, 19:19
Ausbildungslevel: RRef

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von Trente Steele82 »

Anwalt in eigener Sache halte ich ab einem gewissen Punkt (bspw. Gerichtliches Verfahren) nicht immer für die beste Lösung, selbst wenn man grds. die Sache beherrscht inhaltlich. Da werden zum Teil nicht nachvollziehbare Entscheidungen getroffen, vor denen man als Anwalt seinen Mandanten regelmäßig abrät. Zuletzt gesehen bei einer Kollegin, der ich dann doch bei einer privaten Sache geholfen habe.
"Ich bin ein Freund der privaten Passivitäten, bin also ein fauler Mensch, der versucht seine Intelligenz einzusetzen, um weiterhin faul zu bleiben zu können." (Benno Heussen)
Jora
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 111
Registriert: Donnerstag 31. Dezember 2015, 00:53

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von Jora »

Ara hat geschrieben:Imo ganz simpel: Erwartest du in den kommenden Monaten einen Rechtsstreit? Steht zum Beispiel ein Antrag auf Fördergelder bevor? Ein Antrag bei der Krankenkasse der möglicherweise abgelehnt wird? Sonst eine Auseinandersetzung die sich schon abzeichnet?

Dann würde ich eine Rechtsschutzversicherung abschließen... Ansonsten ehrlich gesagt eher nicht. Vor allem als Jurist kann man sich ja in vielen Fragen auch selbst helfen.
Naja als Bafög Student ohne solvente Eltern lebt man immer am Rande eines Rechtsstreit oder :D Wenn ich da in ferner Zukunft an die Förderungshöchstdauer denke (4,5 Jahre weil "Regelstudienzeit) oder zum Beispiel bei meinem Nebenjob, kann ich mir schon vorstellen mal gekündigt zu werden, weil man einmal zu" oft" krank gewesen ist (am besten sind hier immer 0 Krankheitstage, sonst muss der Arbeitgeber ja noch "mehr" bezahlen). In einem Widerspruchsverfahren passiert einfach seit 14 Monaten gar nichts, auch nach wiederholter telefonischer und schriftlicher Nachfrage. Hier wäre so ne Rsv klasse gewesen, wahrscheinlich hätte schon diese eine Klage da gereicht, damit die Behörde in Fahrt kommt. (Hatte noch kein Verwaltungsrecht gibt aber irgendne Klage die man nach 3 Monaten starten kann, damit die Behörde was macht)

Und sicherlich hat man als Jura Student schon sehr viele Einblicke und kann vieles abwehren. Aber bei manchen Sachen bin ich dann lieber vorsichtig. Unser Prof meinte mal, als Jurist erkennt man schnell wer nur wirres Zeug daher redet und wer Ahnung von der juristischen Thematik hat. Bevor ich kein jur. Diplom hab vertrau da lieber den ausgebildeten Juristen bevor ich mich dann komplett blamiere vor der Gegenseite :lmao:
lucyyy
Power User
Power User
Beiträge: 359
Registriert: Dienstag 29. Januar 2008, 21:53

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von lucyyy »

Hallo,
ich finde auch, dass eine RSV nicht grds. unnütz ist. Selbst wenn man 2 Staatsexamina hat, gibt es genug Materien, die einem privat begegnen und in die man sich erst mal reinfuchsen muss. Zumindest mir fehlt diese Leidenschaft privat - neben einer Vollzeittätigkeit - doch recht regelmässig. Bei mir kommt hinzu, dass ich zwar Volljuristin bin, aber keine Anwältin und bei machen Themen weiss ich durchaus, dass das was ich auf meinen privaten Briefkopf pinsle beim Empfänger nicht die gleiche Wirkung haben wird, wie auf einem Anwaltsbriefkopf ::roll: .

Man kann ja auch die Rechtsgebiete entsprechend wählen. Arbeitsrechtsschutz wäre mir zum Beispiel weniger wichtig, als Verkehrsrechtsschutz, letzteres schon alleine deswegen, weil man oft nicht ganz günstige Gutachten erbringen muss und ich keine Lust hätte hier privat mal schnell ein paar 1000 EUR vorzustrecken. Und nein, meine Fahrweise ist nicht so, dass ich es ständig bräuchte :D , aber man kommt ja auch schnell unverschuldet in blöde Situationen und nicht immer genügt die Aussicht, dass man dann später vielleicht einen Kostenerstattungsanspruch hat (der immer noch mit der Solvenz des Gegners korrelieren müsste...).
Daher: Rechtsschutz ja, aber davor darüber nachdenken, welche Rechtsgebiete man braucht.
VG
lucyyy
Mitleid bekommt man geschenkt, Neid muss man sich verdienen. ;-)
Syd26
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 3576
Registriert: Montag 8. März 2004, 14:07
Ausbildungslevel: RA

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von Syd26 »

lucyyy hat geschrieben:Hallo,
ich finde auch, dass eine RSV nicht grds. unnütz ist. Selbst wenn man 2 Staatsexamina hat, gibt es genug Materien, die einem privat begegnen und in die man sich erst mal reinfuchsen muss. Zumindest mir fehlt diese Leidenschaft privat - neben einer Vollzeittätigkeit - doch recht regelmässig. Bei mir kommt hinzu, dass ich zwar Volljuristin bin, aber keine Anwältin und bei machen Themen weiss ich durchaus, dass das was ich auf meinen privaten Briefkopf pinsle beim Empfänger nicht die gleiche Wirkung haben wird, wie auf einem Anwaltsbriefkopf ::roll: .

Man kann ja auch die Rechtsgebiete entsprechend wählen. Arbeitsrechtsschutz wäre mir zum Beispiel weniger wichtig, als Verkehrsrechtsschutz, letzteres schon alleine deswegen, weil man oft nicht ganz günstige Gutachten erbringen muss und ich keine Lust hätte hier privat mal schnell ein paar 1000 EUR vorzustrecken. Und nein, meine Fahrweise ist nicht so, dass ich es ständig bräuchte :D , aber man kommt ja auch schnell unverschuldet in blöde Situationen und nicht immer genügt die Aussicht, dass man dann später vielleicht einen Kostenerstattungsanspruch hat (der immer noch mit der Solvenz des Gegners korrelieren müsste...).
Daher: Rechtsschutz ja, aber davor darüber nachdenken, welche Rechtsgebiete man braucht.
VG
lucyyy

Ich unterschreibe hier. Zudem können Sachverständigenkosten schnell mal ins Geld gehen.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
julée
Fossil
Fossil
Beiträge: 13077
Registriert: Freitag 2. April 2004, 18:13
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von julée »

Jora hat geschrieben:In einem Widerspruchsverfahren passiert einfach seit 14 Monaten gar nichts, auch nach wiederholter telefonischer und schriftlicher Nachfrage. Hier wäre so ne Rsv klasse gewesen, wahrscheinlich hätte schon diese eine Klage da gereicht, damit die Behörde in Fahrt kommt. (Hatte noch kein Verwaltungsrecht gibt aber irgendne Klage die man nach 3 Monaten starten kann, damit die Behörde was macht)
Wobei die RSV nicht für Dich die Klage einreicht, sondern allenfalls die Kosten übernimmt, wenn Du mit der Sache irgendwann zum Anwalt gehst.

Ansonsten sollte man in der Tat zunächst sein allgemeines "Risiko-Profil" checken: Den Studentenjob beim Arbeitsgericht zu verteidigen, dürfte wenig Sinn machen, wenn man schnell was anderes findet, wenn einem beim bisherigen Job etwas nicht passt. Ebenso der Punkt "Wohnen" - ggf. kommt man sehr schnell in einer neuen WG unter, so dass man sich nicht an seine alte Wohnung klammern und langwierig klären muss, ob der Vermieter die Miete erhöhen oder kostspielig sanieren darf. Ebenso wenig lohnt sich der Rechtsstreit bei kleineren Gewährleistungsfällen à la "mein Laptop ist aber schon nach einem Jahr und 360 Tagen kaputt gegangen." - Ärgerlich, aber auf das Geld zu verzichten, dürfte günstiger als die RSV sein. Bleibt also im Wesentlichen das allgemeine Lebensrisiko, über den Haufen gefahren zu werden oder sonstwie körperlich verletzt zu werden, sowie ggf. die Teilnahme am Straßenverkehr: Das kann in der Tat teuer werden und das ggf. in einer Situation, in der das Geld dann besonders knapp ist.

Wobei man als Student auch bedenken sollte, dass ggf. ein Anspruch auf PKH besteht, man also jedenfalls nicht die gesamten Kosten auf einmal tragen muss.
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
Jora
Häufiger hier
Häufiger hier
Beiträge: 111
Registriert: Donnerstag 31. Dezember 2015, 00:53

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von Jora »

Stimmt es eigentlich, dass Anwälte wenig Lust auf RSV Mandanten haben und die Sache dann lascher angehen oder ist das einer dieser Gerüchte "aus dem Paulanergarten"?
Syd26
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 3576
Registriert: Montag 8. März 2004, 14:07
Ausbildungslevel: RA

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von Syd26 »

Jora hat geschrieben:Stimmt es eigentlich, dass Anwälte wenig Lust auf RSV Mandanten haben und die Sache dann lascher angehen oder ist das einer dieser Gerüchte "aus dem Paulanergarten"?
Es gibt Anbieter, mit denen die Abrechnung schwierig ist und es gibt solche, die sofort bezahlen. Ist also nichts anderes als woanders auch.

Als Student hast Du übrigens höchstwahrscheinlich Anspruch auf Prozesskostenhilfe. Insofern würde ich eine RSV erst nach dem Studium abschließen. Möglicherweise bist Du sogar noch bei Deinen Eltern mitversichert. Da würde ich mich als erstes mal schlau machen.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
Benutzeravatar
j_laurentius
Mega Power User
Mega Power User
Beiträge: 1683
Registriert: Freitag 11. Juni 2004, 12:40

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von j_laurentius »

Jora hat geschrieben:Stimmt es eigentlich, dass Anwälte wenig Lust auf RSV Mandanten haben und die Sache dann lascher angehen oder ist das einer dieser Gerüchte "aus dem Paulanergarten"?
Dieses Gerücht dürfte einhergehen mit der Auffassung mancher Anwälte, dass Abrechnungen nach RVG unrentabel seien. Denn die Rechtsschutzversicherungen übernehmen nur die nach dem RVG abzurechnenden Kosten. Ich für meinen Teil rechne grundsätzlich nach RVG ab, schließe nur in seltenen Fällen Honorarvereinbarungen, und kann mich eigentlich nicht beklagen. Auch über Rechtsschutzversicherungen gemeinhin nicht.

Ansonsten hat julée alles gesagt und wie Syd26 schon schreibt, kläre erstmal ab, ob Du nicht evtl. noch in eine Versicherung Deiner Eltern fällst.

Viele Grüße, Jana
julée
Fossil
Fossil
Beiträge: 13077
Registriert: Freitag 2. April 2004, 18:13
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von julée »

Ein Punkt bei RSV dürfte aber auch sein, dass es zumindest in Zivilsachen tendenziell die wirtschaftlich uneinsichtigeren Mandanten sind, die dann meinen, ein Verfahren noch bis nach der Beweisaufnahme und dem 3. Termin fortführen zu müssen, um dann möglicherweise doch 500 € mehr rauszuholen, oder?
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
Benutzeravatar
immer locker bleiben
Fossil
Fossil
Beiträge: 10448
Registriert: Mittwoch 28. November 2007, 18:06
Ausbildungslevel: RA

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von immer locker bleiben »

Jora hat geschrieben:Stimmt es eigentlich, dass Anwälte wenig Lust auf RSV Mandanten haben und die Sache dann lascher angehen oder ist das einer dieser Gerüchte "aus dem Paulanergarten"?
Es gibt durchaus Fälle, da stehen die Kostenrisiken in keinem Verhältnis zum eigentlichen Interesse des Mandanten. Solche Fälle kann man ohne RSV fast gar nicht angehen (es sei denn, es findet sich ein Prozessfinanzierer). Insofern: es gibt auch Kollegen, für die gilt das Gegenteil; für die ist die RSV des Mandanten conditio sine qua non ...

Das Problem besteht darin, dass die RSVen mehr und mehr Ausschlussklauseln aufnehmen und viele Rechtsgebiete fast schon komplett ausschließen (Baurecht, Kapitalanlagerecht, ...).
You might remember me from such posts as this.
Bild
Calipso
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 129
Registriert: Dienstag 29. März 2011, 15:44

Re: Sinn und Unsinn einer Rechtsschutzversicherung

Beitrag von Calipso »

j_laurentius hat geschrieben:
Jora hat geschrieben:Stimmt es eigentlich, dass Anwälte wenig Lust auf RSV Mandanten haben und die Sache dann lascher angehen oder ist das einer dieser Gerüchte "aus dem Paulanergarten"?
Dieses Gerücht dürfte einhergehen mit der Auffassung mancher Anwälte, dass Abrechnungen nach RVG unrentabel seien. Denn die Rechtsschutzversicherungen übernehmen nur die nach dem RVG abzurechnenden Kosten. Ich für meinen Teil rechne grundsätzlich nach RVG ab, schließe nur in seltenen Fällen Honorarvereinbarungen, und kann mich eigentlich nicht beklagen. Auch über Rechtsschutzversicherungen gemeinhin nicht.

Ansonsten hat julée alles gesagt und wie Syd26 schon schreibt, kläre erstmal ab, ob Du nicht evtl. noch in eine Versicherung Deiner Eltern fällst.

Viele Grüße, Jana
Das unterschreibe ich.
Antworten