Zwei Angelegenheiten oder eine (Verwaltungsrecht)?

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Calipso
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Zwei Angelegenheiten oder eine (Verwaltungsrecht)?

Beitrag von Calipso »

Hallo,

habe ein Eil- und zugleich erhobenes Klageverfahren "gewonnen", weil der VA wegen der Unzuständigkeit der Behörde tatsächlich nichtig ist.

Die Verfahren laufen in einem BL, in dem es in der Angelegenheit kein Widerspruchsverfahren gibt (daher zugleich Klage).

Die Behörde hat unter Bezugnahme auf 2 Aktenzeichen ggü. dem Gericht erklärt, "den VA aufzuheben", die "Hauptsache für erledigt zu erklären" und dass sie die "Kosten des Verfahrens" übernimmt.

Gericht fragt, ob ich auch für erledigt erkläre.

Bisher habe ich alles nur per Fax erhalten. Zu dem Eilverfahren (es ging um die Aufhebung der AO d. sofort. Vollziehbarkeit) wurde mir vom Gericht noch kein Az mitgeteilt und auch kein Streitwert festgesetzt, aber für das Hauptsacheverfahren (vermutlich, weil im Eilverfahren kein Gerichtskostenvorschuss zu zahlen ist). Die Behörde bezieht sich in ihrem o.g. Schreiben jedoch auf 2 Aktenzeichen, wobei ich davon ausgehe, dass das 2. Az das Eilverfahren betrifft.

Zum einen frage ich mich, ob das Gericht das als ein Verfahren behandelt. Müssten es nicht zwei sein?

Zum anderen ist mir die Erklärung der Behörde nicht eindeutig genug. Mir stellt sich die Frage, ob nicht auch hinsichtlich des Eilverfahrens eine Erledigung und eine Kostenübernahme ausdrücklich erklärt werden müssten. Für mich klingt es so als würde sich die Behörde nur auf das Hauptsacheverfahren beziehen, obwohl sie beide Az angibt.

Außerdem benötige ich noch einen Aufhebungsbescheid der Behörde, bevor ich für erledigt erkläre, oder?

VG
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Tibor
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Re: Zwei Angelegenheiten oder eine (Verwaltungsrecht)?

Beitrag von Tibor »

Ist der Bescheid nun nichtig oder rechtswidrig? Warum will der Beklagte aufheben? Wurde ausdrücklich ein Eilverfahren anhängig gemacht? Wenn ja, müsste es entsprechend der Aktenordnung des Landes und der Gerichtsbarkeit auch zwei Aktenzeichen geben. Man kann die Erledigung der Hauptsache auch erklären, wenn der Beklagte nur die Aufhebung ankündigt, denn der Beklagte ist nach Treu und Glauben an solche Zusagen gebunden.
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Calipso
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Re: Zwei Angelegenheiten oder eine (Verwaltungsrecht)?

Beitrag von Calipso »

Danke für deine schnelle Antwort Tibor!

Nichtig gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG. Warum die Behörde aufheben will, weiß ich nicht. Ich frage mich auch, ob es nicht sinnvoller wäre, der Erledigung nicht zuzustimmen, damit die Nichtigkeit festgestellt wird.

Ja, es wurde ausdrücklich ein Eilverfahren anhängig gemacht. Überschrift meines Schriftsatzes war "Klage und Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz" und ich habe die Parteien durchweg Kläger/Antragssteller und Beklagter/Antragsgegner genannt u bin - untergliedert - auf alles eingegangen.

Zumal die AO d. sofort. Vollziehbarkeit schon formell rechtswidrig ist, da sie nicht bzw. nur in zwei Sätzen floskelhaft begründet wurde und im Übrigen auch unklar ist, worauf sich die AO bezieht, da der Bescheid fünf Anträge betrifft und in 6. dann die AO erfolgte, wobei nicht klar wird, auf welchen der Punkte 1-5 er sich bezieht (Unbestimmheit gem. § 37 VwVfG). Auch wurde über Anträge entschieden, die meine Mandantschaft gar nicht gestellt hatte oder zurück genommen hatte. Davon abgesehen ist der Bescheid auch aus diversen anderen Gründen mE formell als auch materiell rw.

Ok, Danke für den Hinweis, dass die Beh. an die Zusage, die sie ggü. dem Gericht abgegeben hat, gebunden ist.

Was mich auch noch interessieren würde: Wie rechne ich ab, wenn die Behörde erklärt, sie übernimmt die "Kosten des Verfahrens"? Ein Festsetzungsantrag ggü. dem Gericht kann es dann ja wohl nicht sein, oder? Btw wäre das für mich auch ein Grund, die Nichtigkeit feststellen zu lassen, statt die Erledigung zu erklären, weil mir die Aussage "wir übernehmen die Kosten des Verfahrens" zu floskelhaft/unbestimmt erscheint - zumal für mich nicht klar ist, ob sie beide Verfahren meint. Oder bin ich da auf dem Holzweg?

LG, Calipso
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Tibor
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Re: Zwei Angelegenheiten oder eine (Verwaltungsrecht)?

Beitrag von Tibor »

Naja, du hast eine AK anhängig gemacht, deren Klageziel die Kassation ist. Die Aufhebung des VA führt auch zu diesem Klageziel. Die Nichtigkeitsfeststellungsklage ist etwas anderes, dann müsstest du noch ein Feststellungsinteresse haben.
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j_laurentius
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Re: Zwei Angelegenheiten oder eine (Verwaltungsrecht)?

Beitrag von j_laurentius »

Die Erklärung der Behörde, die Kosten des Verfahrens zu übernehmen, stellt ein Kostengrundanerkenntnis dar. Dieses macht eine Entscheidung des Gerichts darüber, wer die Kosten zu tragen hat, entbehrlich. Wenn Du nun die angeregten Erledigungserklärung(en) abgibst, sollte das Gericht daraufhin beide Verfahren einstellen und in dem Zusammenhang auch die jeweiligen (endgültigen) Streitwerte festsetzen.

Du stellst sodann einen Kostenfestsetzungsantrag gegen die Behörde bei Gericht, um einen Kostenfestsetzungsbeschluss zu erhalten, so wie gegen jeden anderen Verfahrensgegner, der die Verfahrenskosten zu tragen hat, auch. Das machst Du natürlich im Klageverfahren und im Eilverfahren, denn die Erklärung der Behörde, den VA aufzuheben und die Kosten des Verfahrens zu tragen, bezieht sich, wenn die Behörde beide Aktenzeichen in ihrem Schriftsatz nennt, ersichtlich auf beide Verfahren. Wenn Du ganz sicher gehen willst, ruf einmal bei Gericht an und frage nach der Zuordnung der Aktenzeichen, damit Du bestätigt bekommst, dass es sich um die Aktenzeichen Deiner Verfahren handelt.

In NRW und Rheinland-Pfalz läuft der Schriftverkehr bei den Verwaltungsgerichten übrigens nur per Fax (bzw. z.T. auch per EGVP, v.a. bei den Gerichten in Rheinland-Pfalz, wenn der Anwalt sein Einverständnis gibt).

Viele Grüße, Jana
Calipso
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Re: Zwei Angelegenheiten oder eine (Verwaltungsrecht)?

Beitrag von Calipso »

Vielen Dank für eure Antworten, Tibor und Jana! Hat mir sehr geholfen!!!!

@Jana, bin mit den Verfahren übrigens in Hessen unterwegs.
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