Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

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Calipso
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Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

Beitrag von Calipso »

Hallo,

ich habe mal eine Frage an diejeniegen unter euch, die auch selbstständig tätig sind:

Wie geht ihr damit um, wenn sich alles überschlägt, Dinge liegen geblieben sind und/oder die Mandanten zeitgleich drängeln?

Ich kommuniziere es seit einiger Zeit sowieso immer, dass eine Bearbeitung durch mich eine Weile dauern kann u erkläre das auch (z.B. dass eben auch immer neue Mandante rein kommen, die auch mal in ein Eilverfahren münden oder wo zeitnahe Fristen zu beachten sind), betone, dass ich Verjährungsfristen immer auf dem Schirm habe und mich von selbst melde, sobald ich ein Schreiben fertig gestellt habe (lasse die vorab immer lesen, damit die mir noch mal sagen, dass die Tatsachen so stimmen) und/oder es etwas Neues gibt. Generell pflege ich auch einen recht unkonventionellen Mandantenkontakt iSv niedrigschweillig und eher persönlich.

Man ist ja nicht jeden Tag gleich gut drauf u gerade für umfangreichere Sachen, brauche ich eben länger bzw. schaff ich halt nicht mehrere davon am Tag. Ich habe auch schon gute Erfahrungen damit gemacht, komplizierte Mandate auch mal zwischendurch liegen zu lassen, so dass mir dann noch "die Erleuchtung" kam. Ich bin leider u.a. in einem Rechtgebiet unterwegs, dass sehr ungewöhnlich ist u wo es wenig Rechtsprechung zu gibt. Ich überlege eh, dieses Rechtgebiet nicht mehr bzw. viel eingeschränkter zu machen, aber das Rechtsgebiet macht ca. 50% meiner Mandate aus.

Anfangs hatte ich mir ggü den Mandanten immer selbst Fristen gesetzt, das mache ich nun nicht mehr u fahre damit für mich selbst auch besser.

Wie handhabt ihr so etwas? Ist das evtl auch ganz normal, dass Mandanten trotzdem drängeln, obwohl man transparent arbeitet und es - wie auch kommuniziert - keinen Grund zur Eile gibt?

Und was mich auch interessieren würde, bei den selbstständigen Anwälten hier: Habt ihr Rechtsgebiete irgendwann sein lassen und dafür andere hinzu genommen? Ich überlege immer mal mich da ein wenig zu verändern. Da ich in der Hauptstadt tätig bin, muss ich nicht "Wald, Feld und Wiese" machen- und habe übrigens höchsten Respekt vor Kollegen, die das machen, vor allem auch wenn sie Berufsanfänger sind.


LG, Calipso
Syd26
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Re: Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

Beitrag von Syd26 »

Ich mache das ähnlich wie Du. Manchmal gibt es aber Mandanten, die das einfach nicht verstehen wollen.

Man muss natürlich dazu sagen, dass viele Mandanten in ihrem Leben nicht so oft einen RA brauchen und daher mit den Abläufen nicht vertraut sind. Die kommen nicht auf die Idee, dass der RA auch noch etwas anderes, was ebenso wichtig sein könnte, zu tun hat.

Ich versuche schon, meine Arbeitsweise zu erklären und sage deutlich, dass keine Nachricht von mir bedeutet, dass es nichts Neues gibt. Nützt nicht immer etwas, aber hilft immerhin bei einigen.

Teils sage ich auch deutlich, dass ich Fristsachen vorziehen muss.

Was die Fachgebiete betrifft: Ja, ich habe das durchaus schon geändert bzw. versuche ich mich nicht mehr an allem. Das ist schlicht nicht leistbar. Allerdings habe ich gemerkt, dass die Leute in ländlichen Gegenden einfach erwarten, dass man alles macht. Ich habe meine Zweigstelle in einer Kleinstadt und da wollen viele ein Rundumsorglos-Paket, ähnlich wie beim Hausarzt.
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Calipso
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Re: Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

Beitrag von Calipso »

Vielen Dank Syd für deinen beruhigenden Beitrag.

Habe demnächst Urlaub und werde da noch mal intensiv reflektieren u mich neu sortieren.

Im Heft 04/16 der Advoice war übrigens ein sehr amüsanter Beitrag zu genau dem Thema "anstrengende Mandantschaften" (hab ich erst nachdem ich den Thread hier eröffnete gelesen). Zum Glück hatte ich noch niemanden, der meinte, es besser zu wissen als ich. Allerdings hatte ich neulich erstmals einen beleidigenden Anruf der Partnerin einer Mandantschaft. Hab der Mandantschaft geschrieben, dass ich mir so etwas für die Zukunft verbitte und andernfalls das Mandat niederlegen werde.

VG, Calipso
Syd26
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Re: Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

Beitrag von Syd26 »

Beleidigungen kommen durchaus vor, wenn auch eher selten. Ich habe wegen so etwas 2 mal ein Mandat niedergelegt und 1 mal Anzeige erstattet. Ich bin da recht konsequent. Wer mich beleidigt oder mir unterstellt, dass ich mit dem Gericht unter einer Decke stecke, der wird von mir nicht mehr vertreten.

Die eigene Arbeitsweise zu überdenken, ist immer gut. Du wirst allerdings merken, dass Veränderungen gar nicht so leicht sind und man nur schwer aus seinem eigenen Trott herauskommt, inbesondere, wenn man keine Sekretärin hat.

Irgendwo schrieb hier mal jemand, dass 20% der Mandate 80% der Arbeit verursachen. Dem ist wirklich so. ;) Da muss man dann schauen, ob sich diese 20% auch finanziell lohnen. Meist sind das dann auch noch die Beratungshilfesachen.

Feld, Wald und Wiese ;) hat übrigens den Vorteil, dass die Arbeit abwechslungsreich bleibt. Aber wie gesagt, das ist auf Dauer schlicht nicht leistbar.
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Re: Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

Beitrag von Trente Steele82 »

Nichts gegen Feld, Wald und Wiese aber vor dem Hintergrund einer schnellen und effizienten Mandatsbearbeitung ist eine gewisse Spezialisierung hilfreich (regionale Besonderheiten sind mir bekannt).
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Re: Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

Beitrag von Ara »

Strafrecht kann doch jeder!
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

Beitrag von GuBis »

Calipso hat geschrieben:Hallo,

Wie handhabt ihr so etwas? Ist das evtl auch ganz normal, dass Mandanten trotzdem drängeln, obwohl man transparent arbeitet und es - wie auch kommuniziert - keinen Grund zur Eile gibt?

LG, Calipso
Ich kommuniziere freundlich aber auch deutlich, dass ich "derzeit wegen einer Vielzahl von Mandanten gezwungen bin, diese nach objektiver Eilbedürftigkeit zu bearbeiten". Email oder Brief bleiben dabei besser hängen, als telefonisch. Dabei versuche ich einen Zeitraum anzugeben, wann man voraussichtlich wieder von mir hört (im Sinne von "Mitte des nächsten Monats"). Wenn der Mandant weiter drängelt und a) objektiv kein Eilbedarf besteht und b) der Streitwert eher niedrig ist (und diese Situation tritt eigentlich fast nur in dieser Konstellation auf), lege ich das Mandant mit einem freundlichen Schreiben nieder.
"Das korrekte Abschreiben von Diktaten, bei denen schnell und undeutlich gesprochen wird, gehört nicht zu den von einer Anwaltsgehilfin zu erwartenden Leistungen. "

LAG Hamburg, 06.12.2007 - 8 Sa 51/07
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Re: Umgang mit Bearbeitungsdauer der Mandate

Beitrag von ein_neuer_name »

Hi,

ich kenne das auch, aber versuche zu vermeiden, den Mandanten auf eine längere Bearbeitungsdauer etc. hinzuweisen.

Ich sage dann eher so etwas wie, dass ich mich "Ende nächster Woche melde" oder "hier läuft keine Frist, daher kann es gut sein, dass ich mich erst in einigen Tagen damit befassen kann, manchmal kommt ja kurzfristig ein EIlverfahren dazwischen". Also eine Mischung aus Verbindlichkeit und Beruhigung.

Das versuche ich natürlich auch einzuhalten. Von vornherein zu suggerieren, dass das Mandat nur eines von viel zu vielen ist, versuche ich zu vermeiden, da mein Mandant nicht das Gefühl erhalten soll, nur eine Nummer zu sein.
Wenn mich dann trotzdem einer (zu früh!) anruft, erinnere ich auch sehr deutlich daran, dass es noch dauern kann.

Die "Erleuchtung" nach langem Liegenlassen hatte ich auch schon. Interessant, dass manche Sachen einfach gären müssen...aber an diese Sachen denke ich so häufig, dass sie sich in Bezug auf Aufwand/Vergütung überhaupt nicht mehr lohnen. Naja, manchmal lohnt eben auch die Erleuchtung, so rede ich mir das dann schön... ;-)

Viel Erfolg weiterhin...und wie Syd26 auch schon schrieb, es ist sinnvoll, das Ganze gelegentlich zu reflektieren...nur so kann man evtl. mal die Arbeitsstrukturen anpassen! :-)
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