Verschwiegenheitspflichtverletzung

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joee78
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Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von joee78 »

Folgendes: Nach Abschluss des Verfahrens - in dem meine Mandantin PKH bekommen hatte - forderte das Gericht meine Mandantin im Nachprüfungsverfahren auf nachzuweisen, dass die Vss. für PKH nach wie vor gegeben sind. Meine Mandantin reagierte jedoch nicht mehr auf meine Nachfragen und schickte mir auch keine Unterlagen.

Ich schrieb daher ans Gericht:

"... lege ich das Mandat nieder, da die Mandantschaft den Kontakt zu mir abgebrochen und mir die angeforderten Unterlagen nicht übersandt hat."

Im Nachhinein ist mir jetzt eingefallen: Habe ich mit diesen Ausführungen meine Verschwiegenheitspflicht verletzt?
Sind Sie ein Mensch? Sowas Ähnliches, ich bin Anwalt.

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Syd26
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Syd26 »

Ist wohl ein Grenzfall. Ich vermeide solche Ausführungen, wenn irgendwie möglich.

Warum legst Du in so einer Situation eigentlich nieder? Mandant anschreiben, Unterlagen anfordern und fertig. Wenn nichts kommt, wird die PKH aufgehoben. Darüber sollte man den Mandanten zuvor natürlich belehrt haben. In die Beschwerde kann man notfalls immer noch gehen.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
Herr Schraeg
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Herr Schraeg »

joee78 hat geschrieben:Habe ich mit diesen Ausführungen meine Verschwiegenheitspflicht verletzt?
Ja.
Syd26 hat geschrieben:Ist wohl ein Grenzfall.
Nein.

Warum sollte die Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitsverpflichtung hier irgendwie in Frage stehen? Ich darf dem Gericht mitteilen, dass ich den (vormaligen) Mandanten nicht mehr vertrete. Schon die Mitteilung, dass das Mandat niedergelegt wurde, geht darüber hinaus und verletzt die Verschwiegenheitspflicht, ohne dass ein Ausnahmetatbestand oder eine Rechtfertigung vorläge. Das gilt erst recht, wenn wie hier auch noch die Gründe für die Mandatsniederlegung offenbart werden.
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Kasimir »

Herr Schraeg hat geschrieben:
joee78 hat geschrieben:Habe ich mit diesen Ausführungen meine Verschwiegenheitspflicht verletzt?
Ja.
Syd26 hat geschrieben:Ist wohl ein Grenzfall.
Nein.

Warum sollte die Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitsverpflichtung hier irgendwie in Frage stehen? Ich darf dem Gericht mitteilen, dass ich den (vormaligen) Mandanten nicht mehr vertrete. Schon die Mitteilung, dass das Mandat niedergelegt wurde, geht darüber hinaus und verletzt die Verschwiegenheitspflicht, ohne dass ein Ausnahmetatbestand oder eine Rechtfertigung vorläge. Das gilt erst recht, wenn wie hier auch noch die Gründe für die Mandatsniederlegung offenbart werden.

+1 mE glaskar und kein Grenzfall
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Samson
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Samson »

Wenn wir schon dabei sind...

Ich verbringe momentan viel Zeit mit der Beratung und Vertretung eines konzernverbundenen Unternehmens.

Jetzt wurde ich gebeten, bei der Muttergesellschaft eine Präsentation über meine Tätigkeit zu halten, unter Nennung von Vertragspartnern, Prozessgegnern und konkreten Zahlen. Blöde Frage aber- muss ich mir hierzu rein formal eine Befreiung von der Schweigepflicht geben lassen?
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Scenic »

Ich würde definitiv eine Befreiung einholen. Du bist ja von einer Konzerntochter, einem rechtlich selbstständigen Unternehmen, und gerade nicht von der Konzernmutter mandatiert worden.
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von joee78 »

Mist. :-k

Ablauf: 3 Jahre nach Abschluss des Verfahrens wurde ich vom Gericht angeschrieben, erneut die Vss. der PKH der Mandantin nachzuweisen. Ich schrieb diese an. Diese reagierte ungehalten, dass man sie nach so langer Zeit noch mit diesem Verfahren belästige. Im Übrigen sei sie noch auf Hartz 4. Unterlagen übersandte sie keine.

Daraufhin hob das Gericht die PKH auf. Hiergegen legte ich Beschwerde ein und erbat Fristverlängerung zur Vorlage weiterer Unterlagen. Ich schrieb meine Mandantin erneut an und bat um die Unterlagen. Eine Reaktion erfolgte nicht. Das Gericht setzte mir nach Verstreichen der ersten Frist eine letzte Frist zur Vorlage der Unterlagen, danach werde über die Beschwerde entschieden. Hierüber setzte ich meine Mandantin in Kenntnis und legte gleichzeitig dem Gericht gegenüber das Mandat mit o.a. Schriftsatz nieder, da ich die Gründe meiner Niederlegung - für den Fall der Anwaltshaftung - "in der Akte" haben wollte.
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Syd26 »

Deine Ausführungen sind verständlich. Ich denke nicht, dass Du seitens des Gerichts irgendetwas zu befürchten hast. Ob die Ex-Mandantin irgendwann einmal eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht bei der RAK oder den Strafverfolgungsbehörden anzeigt, bleibt abzuwarten.
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Kasimir »

Samson hat geschrieben:Wenn wir schon dabei sind...

Ich verbringe momentan viel Zeit mit der Beratung und Vertretung eines konzernverbundenen Unternehmens.

Jetzt wurde ich gebeten, bei der Muttergesellschaft eine Präsentation über meine Tätigkeit zu halten, unter Nennung von Vertragspartnern, Prozessgegnern und konkreten Zahlen. Blöde Frage aber- muss ich mir hierzu rein formal eine Befreiung von der Schweigepflicht geben lassen?
Und vor der Präsentation mal über §43a Abs. 4 BRAO nachdenken...
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Syd26 »

Herr Schraeg hat geschrieben: Warum sollte die Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitsverpflichtung hier irgendwie in Frage stehen? Ich darf dem Gericht mitteilen, dass ich den (vormaligen) Mandanten nicht mehr vertrete. Schon die Mitteilung, dass das Mandat niedergelegt wurde, geht darüber hinaus und verletzt die Verschwiegenheitspflicht, ohne dass ein Ausnahmetatbestand oder eine Rechtfertigung vorläge. Das gilt erst recht, wenn wie hier auch noch die Gründe für die Mandatsniederlegung offenbart werden.
Ich will das mal aufgreifen: Offenbar war joee78 beigeordneter RA im Rahmen der PKH. Wenn das Gericht mehrere Fristen zur Vorlage von Unterlagen setzt und man als RA aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Mandanten nicht dazu in der Lage ist, könnte man sich durchaus fragen, ob hier nicht ein Ausnahmetatbestand greift. Meines Erachtens besteht zwar keinerlei Verpflichtung des beigeordneten Anwalts, dem Gericht gegenüber diesbezüglich Rechenschaft abzulegen. Dass man aber auf die Idee kommen kann, dies evtl. tun zu müssen und zu dürfen, halte ich nicht für so abwegig. Dies schützt natürlich den RA nicht, sollte dies angezeigt werden.

Davon aber mal abgesehen, kann sich das Gericht denken, warum die Unterlagen nicht vorgelegt wurden (was kein Rechtfertigungsgrund für den RA sein soll).
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Samson
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Samson »

Kasimir hat geschrieben:
Samson hat geschrieben:Wenn wir schon dabei sind...

Ich verbringe momentan viel Zeit mit der Beratung und Vertretung eines konzernverbundenen Unternehmens.

Jetzt wurde ich gebeten, bei der Muttergesellschaft eine Präsentation über meine Tätigkeit zu halten, unter Nennung von Vertragspartnern, Prozessgegnern und konkreten Zahlen. Blöde Frage aber- muss ich mir hierzu rein formal eine Befreiung von der Schweigepflicht geben lassen?
Und vor der Präsentation mal über §43a Abs. 4 BRAO nachdenken...
Kenne ich. Keine Bedenken
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famulus
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von famulus »

joee78 hat geschrieben:Mist. :-k

Ablauf: 3 Jahre nach Abschluss des Verfahrens wurde ich vom Gericht angeschrieben, erneut die Vss. der PKH der Mandantin nachzuweisen. Ich schrieb diese an. Diese reagierte ungehalten, dass man sie nach so langer Zeit noch mit diesem Verfahren belästige. Im Übrigen sei sie noch auf Hartz 4. Unterlagen übersandte sie keine.

Daraufhin hob das Gericht die PKH auf. Hiergegen legte ich Beschwerde ein und erbat Fristverlängerung zur Vorlage weiterer Unterlagen. Ich schrieb meine Mandantin erneut an und bat um die Unterlagen. Eine Reaktion erfolgte nicht. Das Gericht setzte mir nach Verstreichen der ersten Frist eine letzte Frist zur Vorlage der Unterlagen, danach werde über die Beschwerde entschieden. Hierüber setzte ich meine Mandantin in Kenntnis und legte gleichzeitig dem Gericht gegenüber das Mandat mit o.a. Schriftsatz nieder, da ich die Gründe meiner Niederlegung - für den Fall der Anwaltshaftung - "in der Akte" haben wollte.
Ungehalten? Der Vorgang dürfte die Mandantin doch kaum überrascht haben, wenn sie damals hinsichtlich der PKH-Bedingungen ordnungsgemäß belehrt wurde?

Und irgendwie liest sich das so, als hättest du eigenmächtig - also ohne entsprechendes Mandat - die Beschwerde eingelegt.
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von julée »

Syd26 hat geschrieben:
Ich will das mal aufgreifen: Offenbar war joee78 beigeordneter RA im Rahmen der PKH. Wenn das Gericht mehrere Fristen zur Vorlage von Unterlagen setzt und man als RA aufgrund der fehlenden Mitwirkung des Mandanten nicht dazu in der Lage ist, könnte man sich durchaus fragen, ob hier nicht ein Ausnahmetatbestand greift. Meines Erachtens besteht zwar keinerlei Verpflichtung des beigeordneten Anwalts, dem Gericht gegenüber diesbezüglich Rechenschaft abzulegen. Dass man aber auf die Idee kommen kann, dies evtl. tun zu müssen und zu dürfen, halte ich nicht für so abwegig. Dies schützt natürlich den RA nicht, sollte dies angezeigt werden.

Davon aber mal abgesehen, kann sich das Gericht denken, warum die Unterlagen nicht vorgelegt wurden (was kein Rechtfertigungsgrund für den RA sein soll).
Aus Sicht des Gerichts ist doch völlig egal, weshalb kein Vortrag mehr durch den Anwalt erfolgt - und die Mitteilung, dass der vormalige Mandant nicht mehr vertreten wird, ist ja auch hinreichend informativ. (Wobei es mir schon sehr üblich zu sein scheint, dass dem Gericht in diesem Rahmen allerhand Dinge mitgeteilt werden, die zwar wahnsinnig interessant sind, aber über die der Anwalt vielleicht doch besser den Mantel der Verschwiegenheit hüllte.)
"Auch eine stehengebliebene Uhr kann noch zweimal am Tag die richtige Zeit anzeigen; es kommt nur darauf an, daß man im richtigen Augenblick hinschaut." (Alfred Polgar)
joee78
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von joee78 »

famulus hat geschrieben:
joee78 hat geschrieben:Mist. :-k

Ablauf: 3 Jahre nach Abschluss des Verfahrens wurde ich vom Gericht angeschrieben, erneut die Vss. der PKH der Mandantin nachzuweisen. Ich schrieb diese an. Diese reagierte ungehalten, dass man sie nach so langer Zeit noch mit diesem Verfahren belästige. Im Übrigen sei sie noch auf Hartz 4. Unterlagen übersandte sie keine.

Daraufhin hob das Gericht die PKH auf. Hiergegen legte ich Beschwerde ein und erbat Fristverlängerung zur Vorlage weiterer Unterlagen. Ich schrieb meine Mandantin erneut an und bat um die Unterlagen. Eine Reaktion erfolgte nicht. Das Gericht setzte mir nach Verstreichen der ersten Frist eine letzte Frist zur Vorlage der Unterlagen, danach werde über die Beschwerde entschieden. Hierüber setzte ich meine Mandantin in Kenntnis und legte gleichzeitig dem Gericht gegenüber das Mandat mit o.a. Schriftsatz nieder, da ich die Gründe meiner Niederlegung - für den Fall der Anwaltshaftung - "in der Akte" haben wollte.
Ungehalten? Der Vorgang dürfte die Mandantin doch kaum überrascht haben, wenn sie damals hinsichtlich der PKH-Bedingungen ordnungsgemäß belehrt wurde?

Und irgendwie liest sich das so, als hättest du eigenmächtig - also ohne entsprechendes Mandat - die Beschwerde eingelegt.
Eigenmächtig? Bis zur Mandatsniederlegung war ich ja noch mandatiert - und damit auch verpflichtet, gegen einen die PKH aufhebenden Beschluss Beschwerde einzulegen - zumal die Mandantin mir ja mitgeteilt hatte, noch auf Hartz 4 zu sein. [-(
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Blade II
Samson
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Samson »

Das ist nicht richtig. Du warst verpflichtet, die Mandantin auf die Möglichkeit der Beschwerde hinzuweisen, und dann Beschwerde einzulegen wenn die Mandantin dies - hinreichend aufgeklärt über die Erfolgsaussichten - wünscht.

Was gar nicht geht, ist, die Beschwerde unabgestimmt einzulegen und dann nachträglich Unterlagen zur Substantiierung zu fordern.
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