Verschwiegenheitspflichtverletzung

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joee78
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von joee78 »

Alles was ich mache ist falsch. :alright

Spielen wir mal deinen - formal korrekten - Weg durch: Ich lasse dem Verfahren - nachdem mir die Mandantin auf meine Aufforderung keine weiteren Unterlagen übersandt hat - seinen Lauf. Die PKH wird aufgehoben. Ich sende ihr den Aufhebungsbeschluss zu. Sie reagiert nicht. Ich lasse die Beschwerdefrist verstreichen, da sie mir ja nicht ausdrücklich mitgeteilt hat, dass ich Beschwerde einlegen soll.

Und jetzt schickt sie mir 2 Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist ihren aktuellen Hartz 4 Bescheid, mit dem Hinweis: "Hier haben Sie Ihre blöden Unterlagen."

Und jetzt sage ich ihr: "Tut mir leid, die Frist ist abgelaufen, Sie müssen die bewilligte PKH zurückzahlen."

Besser?
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j_laurentius
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von j_laurentius »

Äh, natürlich. Wenn die Mandantin die Frist verpennt, auf die ich sie hingewiesen habe, ist es ihr Problem, nicht meins.

Überhaupt, verwendet Ihr echt so viel Aufwand auf diese PKH-Überprüfung? Ich leite die Schreiben des Gerichts in solchen Fällen lediglich weiter und weise ggf. auf Fristen hin; i.Ü. teille ich dem (ehemaligen) Mandanten mit, dass mein Mandat beendet und die Akte bereits abgeschlossen ist und der Mandant die Korrespondenz mit dem Gericht bitte selbst führen soll. Was nicht heißt, dass nette Mandanten mich nicht fragen dürfen, wenn sie an irgendeiner Stelle unsicher sind, aber generell mache ich da weiter gar nichts. Das bezahlt einem doch auch keiner.
Samson
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Samson »

joee78 hat geschrieben:Alles was ich mache ist falsch. :alright

Spielen wir mal deinen - formal korrekten - Weg durch: Ich lasse dem Verfahren - nachdem mir die Mandantin auf meine Aufforderung keine weiteren Unterlagen übersandt hat - seinen Lauf. Die PKH wird aufgehoben. Ich sende ihr den Aufhebungsbeschluss zu. Sie reagiert nicht. Ich lasse die Beschwerdefrist verstreichen, da sie mir ja nicht ausdrücklich mitgeteilt hat, dass ich Beschwerde einlegen soll.

Und jetzt schickt sie mir 2 Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist ihren aktuellen Hartz 4 Bescheid, mit dem Hinweis: "Hier haben Sie Ihre blöden Unterlagen."

Und jetzt sage ich ihr: "Tut mir leid, die Frist ist abgelaufen, Sie müssen die bewilligte PKH zurückzahlen."

Besser?
Ja sicher. Wenn man auf das Risiko der PKH-Rückzahlung deutlich hingewiesen hat, zum Nachweis für die Akte schriftlich und außerdem noch telefonisch.
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thh
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von thh »

joee78 hat geschrieben:Alles was ich mache ist falsch. :alright
...
joee78 hat geschrieben:Besser?
Freilich. Weniger Aufwand für den Anwalt, kein mögliches Fehlverhalten, keine Haftungsgefahr. Und besser auch für die Mandantin - die muss ja auch in der von Dir gewählten Variante die PKH zurückzahlen, hat aber auch noch eine Beschwerde verloren und keinen Anwalt mehr, weil Du das Mandat niedergelegt hast.

Wo dieses Vorgehen vorteilhaft für irgendeinen der Beteiligten sein sollte, erschließt sich mir nicht. (Ich verstehe davon allerdings auch nicht viel.)
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
Syd26
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Syd26 »

j_laurentius hat geschrieben:Äh, natürlich. Wenn die Mandantin die Frist verpennt, auf die ich sie hingewiesen habe, ist es ihr Problem, nicht meins.

Überhaupt, verwendet Ihr echt so viel Aufwand auf diese PKH-Überprüfung? Ich leite die Schreiben des Gerichts in solchen Fällen lediglich weiter und weise ggf. auf Fristen hin; i.Ü. teille ich dem (ehemaligen) Mandanten mit, dass mein Mandat beendet und die Akte bereits abgeschlossen ist und der Mandant die Korrespondenz mit dem Gericht bitte selbst führen soll. Was nicht heißt, dass nette Mandanten mich nicht fragen dürfen, wenn sie an irgendeiner Stelle unsicher sind, aber generell mache ich da weiter gar nichts. Das bezahlt einem doch auch keiner.
Ich mache es meist so wie Du. Das Problem ist leider ganz oft, dass die Mandanten nicht verstehen, was das Gericht nach 3 Jahren noch will - auch wenn man sie belehrt hat. Zudem zeigt die Erfahrung, dass viele erst dann aufwachen, wenn der ablehnende Beschluss kommt. Dann kommt meist das Mandat, Beschwerde einzulegen. ;)
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
joee78
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von joee78 »

+ 1.

Man kann bei Prekariatsfällen nicht die Maßstäbe an einen Verfahrensablauf stellen wie üblich. Daher zeugen Äußerungen wie die von famulus, die Mandantschaft könnte doch nicht überrascht sein, wenn das Gericht nach 3 Jahren die PKH-Vss. erneut überprüft, von Unkenntnis derartiger Fälle.

Ich muss mich bei Hartz 4-Fällen mit folgenden Problemen rumschlagen:

"Ich bräuchte Ihren Hartz 4-Bescheid."

Was bekomme ich? Die 1. Seite.

"Nein, ich bräuchte Ihren kompletten Hartz 4-Bescheid. D.h. wenn er aus 5 Seiten besteht, brauche ich die 5 Seiten."

Was bekomme ich? Ein mit dem Handy im jpg-Format abfotografiertes Bild, bei dem man deutlich nur das Wort "Jobcenter" lesen kann.

Per Post erwarte ich schon gar nichts mehr, da ich weiß, dass die Leute keine Briefmarken haben. ](*,)
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von VVehnert »

Alles was ich mache ist falsch. :alright

Spielen wir mal deinen - formal korrekten - Weg durch: Ich lasse dem Verfahren - nachdem mir die Mandantin auf meine Aufforderung keine weiteren Unterlagen übersandt hat - seinen Lauf. Die PKH wird aufgehoben. Ich sende ihr den Aufhebungsbeschluss zu. Sie reagiert nicht. Ich lasse die Beschwerdefrist verstreichen, da sie mir ja nicht ausdrücklich mitgeteilt hat, dass ich Beschwerde einlegen soll.

Und jetzt schickt sie mir 2 Tage nach Ablauf der Beschwerdefrist ihren aktuellen Hartz 4 Bescheid, mit dem Hinweis: "Hier haben Sie Ihre blöden Unterlagen."

Und jetzt sage ich ihr: "Tut mir leid, die Frist ist abgelaufen, Sie müssen die bewilligte PKH zurückzahlen."

Besser?
Das Ausgangsgericht, das über die Abhilfe der sofortigen Beschwerde zu entscheiden hat, muss in diesem Fall der Beschwerde trotz Ablauf der Beschwerdefrist abzuhelfen, da es nur zur Prüfung der Begründetheit, nicht aber der Zulässigkeit der Beschwerde befugt ist (§ 572 Abs. 1 ZPO: " Erachtet das Gericht oder der Vorsitzende, dessen Entscheidung angefochten wird, die Beschwerde für begründet, so haben sie ihr abzuhelfen [..]").
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Re: Verschwiegenheitspflichtverletzung

Beitrag von Syd26 »

joee78 hat geschrieben:+ 1.

Man kann bei Prekariatsfällen nicht die Maßstäbe an einen Verfahrensablauf stellen wie üblich. Daher zeugen Äußerungen wie die von famulus, die Mandantschaft könnte doch nicht überrascht sein, wenn das Gericht nach 3 Jahren die PKH-Vss. erneut überprüft, von Unkenntnis derartiger Fälle.

Ich muss mich bei Hartz 4-Fällen mit folgenden Problemen rumschlagen:

"Ich bräuchte Ihren Hartz 4-Bescheid."

Was bekomme ich? Die 1. Seite.

"Nein, ich bräuchte Ihren kompletten Hartz 4-Bescheid. D.h. wenn er aus 5 Seiten besteht, brauche ich die 5 Seiten."

Was bekomme ich? Ein mit dem Handy im jpg-Format abfotografiertes Bild, bei dem man deutlich nur das Wort "Jobcenter" lesen kann.

Per Post erwarte ich schon gar nichts mehr, da ich weiß, dass die Leute keine Briefmarken haben. ](*,)
:mademyday:

Oder man bekommt den falschen Bescheid, der längst aufgehoben wurde.

Selbst wenn der Geringverdiener mit Mindestlohn und ordnungsgemäßen Lohnabrechnungen PKH möchte, fällt es den Leuten schwer, die Belege dafür vollständig zusammenzustellen. Da wird dann angegeben, dass ein Darlehen abbezahlt wird, aber ohne Belege oder es wird ein Nachweis einer anderen Bank gebracht, der damit nichts zu tun hat.

Ich bin meist schon froh, wenn die Leute das Feld A "Gesetzlicher Vertreter" nicht mit Rechtsanwältin Syd ausfüllen und sie ihre Unterschrift in das richtige Feld setzen!

Das ist eigentlich einen eigenen Thread wert.
"Eine Verschiebung eines Termins setzt jedoch denklogisch voraus, dass vorher ein fester Termin vereinbart worden ist."
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