Hallo,
ich habe ein bereits laufendes Zivilgerichtsverfahren übernommen und vertrete die Beklagtenseite.
Ein 1. Termin hat vor meiner Vertretung bereits stattgefunden, wobei auch ein Termin zur Verkündung einer Entscheidung festgelegt wurde. Das Gericht teilte kurz danach schriftlich mit, dass es an seiner Rechtsauffasung zu Gunsten der Klägerseite nicht festhält und schlug einen Vergleich (wegen angeblicher Verspätung der Beklagtenseite, soll die Beklagtenseite für einen Teil der Kosten aufkommen; daher wohl der Vergleichsvorschlag) vor. Es wurde ein 2. Termin festgesetzt, falls dem Vergleich nicht zugestimmt wird.
Nachdem ich zum Verfahren meine Vertretung angezeigt und einen Schriftsatz an das Gericht verfasst habe, mit dem Antrag die Klage abzuweisen etc., hat die Gegenseite die Klage nun zurück genommen. Das Gericht gewährt der Gegenseite eine Frist von 2 Wochen, um zum "erwartenden Kostenantrag", Stellung zu nehmen.
Nun meine Frage: Da schon ein 1. Termin stattgefunden hat, in dem bereits verhandelt wurde, kann die Klägerseite die Klage doch nun nicht mehr ohne Zustimmung der Beklagtenseite zurück nehmen, oder (§ 269 ZPO)?
Ich denke, es wäre im Sinne der Beklagtenseite ein Urteil zu erwirken, damit die Gegenseite nicht erneut Klage erheben kann.
Noch zur Info: vorausgegangen waren ein Mahn- und Vollstreckungsbescheidsverfahren. Ich weiß nicht, ob dies was an der Möglichkeit der Klagerücknahme ändert.
VG
Calipso
Klagerücknahme nach 1. Termin
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Re: Klagerücknahme nach 1. Termin
Steht so im Gesetz, ja.Calipso hat geschrieben:Da schon ein 1. Termin stattgefunden hat, in dem bereits verhandelt wurde, kann die Klägerseite die Klage doch nun nicht mehr ohne Zustimmung der Beklagtenseite zurück nehmen, oder (§ 269 ZPO)?
Soll sie doch. Das kostet die Klägerseite weiteres Geld und ist für Dich ein weiteres Mandat.Calipso hat geschrieben:Ich denke, es wäre im Sinne der Beklagtenseite ein Urteil zu erwirken, damit die Gegenseite nicht erneut Klage erheben kann.
Warum sollte es? Es empfiehlt sich zusätzlich der Antrag, den VB (deklaratorisch) für wirkungslos zu erklären.Calipso hat geschrieben:vorausgegangen waren ein Mahn- und Vollstreckungsbescheidsverfahren. Ich weiß nicht, ob dies was an der Möglichkeit der Klagerücknahme ändert.
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Re: Klagerücknahme nach 1. Termin
Einerseits.batman hat geschrieben:Soll sie doch. Das kostet die Klägerseite weiteres Geld und ist für Dich ein weiteres Mandat.Calipso hat geschrieben:Ich denke, es wäre im Sinne der Beklagtenseite ein Urteil zu erwirken, damit die Gegenseite nicht erneut Klage erheben kann.
Andererseits: wenn die Klage bisher schlecht geführt wurde und eine neuerliche - dann besser geführte - Klage womöglich anders ausginge, wäre es durchaus angeraten, jetzt den Streitgegenstand zu verbrauchen. Diese Überlegung macht aber nur Sinn, wenn sich Calipso sicher sein kann, dass das Urteil jetzt tatsächlich auf Abweisung der Klage insgesamt lauten wird.
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Re: Klagerücknahme nach 1. Termin
Genau - und wenn das Urteil anders lautet hättest du einen Haftungsfall!
Der im Mahnverfahren ergangene VB verliert automatisch seine Gültigkeit, § 269 Abs. 3 iVm. § 700 Abs. 1 ZPO.Calipso hat geschrieben:Noch zur Info: vorausgegangen waren ein Mahn- und Vollstreckungsbescheidsverfahren. Ich weiß nicht, ob dies was an der Möglichkeit der Klagerücknahme ändert.
Sind Sie ein Mensch? Sowas Ähnliches, ich bin Anwalt.
Blade II
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Re: Klagerücknahme nach 1. Termin
Erst einmal wäre zu prüfen, ob eine erneute Klageerhebung durch Klägerseite überhaupt im Bereich des Realistischen liegt, oder ob die Klage schlicht an Rechtsgründen scheitert, oder weiterer Tatsachenvortrag noch zu erwarten ist.
(Verjährung auch beachten)
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Re: Klagerücknahme nach 1. Termin
Danke für eure Antworten!
Ich bin mir sicher, dass die Klage abgewiesen würde, da das Gericht seine Rechtsansicht schon geäußert hat und mein ergänzender Schriftsatz sehr gut war und ja auch zur Klagerücknahme geführt hat. Allerdings wäre ja eine Berufung möglich, wenn die Klage abgewiesen wird, da der Streitwert über 600 € beträgt. Ich bin jedoch der Ansicht, dass die Klage in jedem Fall von jedem Gericht abgewiesen werden würde.
Auf den Tatsachenvortrag kommt es zudem gar nicht an, weil die Vertragsauslegung schon ergibt, dass der Anspruch unter keinen Umständen besteht, insbesondere schon den Wortlauten nach und auch wegen Verstößen gegen §§ 305 ff. BGB. Allein, dass eine Vertragsauslegung überhaupt nötig ist, spricht Bände....
Mandanten geht es oft darum, dass die Sache auch wirklich ein Ende hat. Daher könnte es sinnvoll sein, ein Urteil zu erwirken und den Ablauf der Berufungsfrist abzuwarten, damit die Sache tatsächlich ein Ende nimmt. Ich würde dazu raten und ein Urteil im schriftlichen Verfahren anregen (mir geht es nämlich nicht darum, durch einen weiteren Termin mehr zu verdienen), aber das muss die Mandantschaft natürlich entscheiden....
VG
Calipso
Ich bin mir sicher, dass die Klage abgewiesen würde, da das Gericht seine Rechtsansicht schon geäußert hat und mein ergänzender Schriftsatz sehr gut war und ja auch zur Klagerücknahme geführt hat. Allerdings wäre ja eine Berufung möglich, wenn die Klage abgewiesen wird, da der Streitwert über 600 € beträgt. Ich bin jedoch der Ansicht, dass die Klage in jedem Fall von jedem Gericht abgewiesen werden würde.
Auf den Tatsachenvortrag kommt es zudem gar nicht an, weil die Vertragsauslegung schon ergibt, dass der Anspruch unter keinen Umständen besteht, insbesondere schon den Wortlauten nach und auch wegen Verstößen gegen §§ 305 ff. BGB. Allein, dass eine Vertragsauslegung überhaupt nötig ist, spricht Bände....
Mandanten geht es oft darum, dass die Sache auch wirklich ein Ende hat. Daher könnte es sinnvoll sein, ein Urteil zu erwirken und den Ablauf der Berufungsfrist abzuwarten, damit die Sache tatsächlich ein Ende nimmt. Ich würde dazu raten und ein Urteil im schriftlichen Verfahren anregen (mir geht es nämlich nicht darum, durch einen weiteren Termin mehr zu verdienen), aber das muss die Mandantschaft natürlich entscheiden....
VG
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