Zuständigkeit Strafrecht in internationalen Gewässern
Moderator: Verwaltung
Zuständigkeit Strafrecht in internationalen Gewässern
Ich arbeite seit einigen Jahren auf Kreuzfahrtschiffen und habe mich schon immer gefragt, inwiefern sich welche Rechtsnormen anwenden lassen. Beispiel: Das Schiff gehört einem amerikanischen Reeder, läuft aber unter der Flagge der Niederlande und befindet sich zur Tatzeit in internationalen Gewäsern. Ein ukrainisches Besatzungsmitglied begeht Totschlag. Wie wäre zu verfahren? Wäre der Täter am nächsten Zielhafen den örtlichen Behörden zu überstellen, z.B. auf Jamaica und würde dann nach lokalem Recht verhandelt. Oder gilt das Rechtssystem des Flaggenstaats, also in diesem Fall der Niederlande. Oder das des Reeders, hier also der USA. Oder das der Ukraine, weil der Täter dort Staatsbürger ist. Oder müsste gar der internationale Seegerichtshof in Hamburg oder ein UN-Gericht urteilen? Spielt evtl. auch die Nationalität des Geschädigten eine Rolle? Wo ist dies geregelt? Wäre die Situation anders, wenn sich das Schiff zur Tatzeit innerhalb der 7-Meilenzone befunden hätte und beispielsweise in mexikanischen Hoheitsgewässen gesegelt wäre?
Grundsätzlich gilt auf Schiffen das Recht des Flaggenstaates. Das Schiff selbst ist prinzipiell "Hoheitsgebiet" des flaggenführenden Staates.
Aus diesem Grund fahren auch so viele Schiffe unter der Flagge eines Staates, welches ein günstiges Steuersystem haben.
Daher müsste in Deinem Beispiel das Recht der Niederlande Anwendung finden.
Aus diesem Grund fahren auch so viele Schiffe unter der Flagge eines Staates, welches ein günstiges Steuersystem haben.
Daher müsste in Deinem Beispiel das Recht der Niederlande Anwendung finden.
seltsam
So sollte man es meinen, ist aber anscheinend nicht so. Zum Beispiel ist ja in den Niederlanden Biertrinken mit 16 Jahren erlaubt, an Bord dieser Schiffe gilt aber die amerikanische Regelung ab 21 Jahren, auch im Spielkasino an Bord. Auch wird die Crew gewarnt, dass man bestimmte Delikte wie Vergewaltigung ans FBI meldet. Außerdem würde, falls niederländisches Recht gälte, auch Haschischkonsum erlaubt sein, was aber auf dem Schiff die sofortige Kündigung zur Folge hätte! Es muß sich also anders verhalten.
Re: seltsam
Nunja, die Frage welches Recht grundsätzlich Anwendung findet und welche "bordinternen" Regelungen man anwendet, ist wieder eine ganz andere Frage.CruisinCowboy hat geschrieben:So sollte man es meinen, ist aber anscheinend nicht so. Zum Beispiel ist ja in den Niederlanden Biertrinken mit 16 Jahren erlaubt, an Bord dieser Schiffe gilt aber die amerikanische Regelung ab 21 Jahren, auch im Spielkasino an Bord. Auch wird die Crew gewarnt, dass man bestimmte Delikte wie Vergewaltigung ans FBI meldet. Außerdem würde, falls niederländisches Recht gälte, auch Haschischkonsum erlaubt sein, was aber auf dem Schiff die sofortige Kündigung zur Folge hätte! Es muß sich also anders verhalten.
Es bleibt einem - gehe ich schwer davon aus - auch nach niederländischem Recht unbenommen, Bier nicht schon an 16-jährige sondern erst an 21-jährige auszuschenken. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Niederländer einen Rechtsanspruch von 16-jährigen kennen, auf jeden Fall Bier zu bekommen.
Genauso sieht es beim Haschisch-Konsum aus. Nach niederländischem Recht kann in bestimmten "Coffee-Shops" Haschisch abgegeben werden. Verpflichtend ist das eben nicht. Und ganz unabhängig davon müsste man sich die Frage stellen, ob das niederländische Recht einem die Möglichkeit gibt, "bekifft" Dienst auf einem Schiff zu machen.
Bezüglich der Vergewaltigung, die ein Amerikaner verüben würde, könnte neben der Strafverfolgung durch niederländische Organe auch eine Strafverfolgung durch die amerikanischen Organe in Betracht kommen. Zu näherem bin ich aber überfragt, da ich das amerikanische Strafrechtssystem nicht kenne.
Vielleicht ist es für Dich interessant, mal den § 7 StGB zu lesen. Danach könnte nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB z.B. die Vergewaltigung durch einen deutschen Staatsbürger auf "Deinem" niederländischen Schiff (=Ausland) auch durch die deutschen Behörden erfolgen.
Ergänzend lies mal § 4 StGB.
Viele Grüße
Roland
Interessant. Ich habe aber auch noch nie erlebt, dass es auf einem meiner Schiffe zu einer ernsten Straftat gekommen ist oder diese verfolgt wurde. Nur einmal kann ich mich an Gäste erinnern, die jeden Tag schon mittags so betrunken waren, dass sie einmal von der örtlichen Polizei (war irgendwo im Mittelmeer) zum Schiff zurück gebracht wurden und einmal sogar von der Reeling springen wollten. Dann hat der Kapitän ein Machtwort sprechen müssen und ihnen wurde gedroht, sie beim nächsten Vorfall des Schiffes zu verweisen. Dann war Ruhe.
Rechtlich interessant sind übrigens die Anschauungen bezüglich des sogenannten "Custom of the Sea", wenn Kannibalisums für die Crew nach einem Unglück die einzige Überlebensmöglichkeit darstellt.
Rechtlich interessant sind übrigens die Anschauungen bezüglich des sogenannten "Custom of the Sea", wenn Kannibalisums für die Crew nach einem Unglück die einzige Überlebensmöglichkeit darstellt.
Sei froh, muss man ja nicht unbedingt miterlebenCruisinCowboy hat geschrieben:Interessant. Ich habe aber auch noch nie erlebt, dass es auf einem meiner Schiffe zu einer ernsten Straftat gekommen ist oder diese verfolgt wurde.
Die Getränke waren wahrscheinlich im Pauschalpreis inbegriffen ? *g*Nur einmal kann ich mich an Gäste erinnern, die jeden Tag schon mittags so betrunken waren, dass sie einmal von der örtlichen Polizei (war irgendwo im Mittelmeer) zum Schiff zurück gebracht wurden und einmal sogar von der Reeling springen wollten. Dann hat der Kapitän ein Machtwort sprechen müssen und ihnen wurde gedroht, sie beim nächsten Vorfall des Schiffes zu verweisen. Dann war Ruhe.
Ausserhalb des Schiffes (Landgänge) gilt natürlich das Recht des jeweiligen Landes, in dem man sich gerade aufhält.
Auf jeden Fall sehr interessant, leider auch sehr makaber.Rechtlich interessant sind übrigens die Anschauungen bezüglich des sogenannten "Custom of the Sea", wenn Kannibalisums für die Crew nach einem Unglück die einzige Überlebensmöglichkeit darstellt.
Aber wenn es wirklich die einzigste Möglichkeit ist, um überleben zu können, wird man wohl die strafrechtliche Verantwortlichkeit kaum bejahen können.
In die Situation möchte ich auf jeden Fall nicht kommen