"Sehr gut" im Stationszeugnis!?

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HRP
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"Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von HRP »

Hey Leute,

der Ausbilder in meiner Anwaltsstation lässt mir die Wahl, ob ich ein sehr gut oder ein gut im Zeugnis stehen haben möchte. Das soll jetzt kein Egostreicheln für mich sein, aber der ist wohl schon sehr zufrieden mit mir gewesen. Die Noten sind also nicht gewürfelt, wenngleich meine juristischen Fähigkeiten natürlich nicht im Bereich des "sehr gut" und nicht einmal des "gut" liegen, wie es im Examen bewertet würde. Das Zeugnis dürfte eine (lange) Liste mit den von mir bearbeiteten Akteninhalten sowie der Art der jeweiligen Bearbeitung enthalten.

Meine Frage ist jetzt: soll ich ein sehr gut mitnehmen oder kommt das ganz schlecht an bei Bewerbungen, weil automatisch gedacht wird, das sei eine reine Gefälligkeitsbenotung? Ich bin mir da unsicher. Wird ein sehr gut glaubhafter, wenn das Zeugnis sich umfassend zu den ausgeübten Tätigkeiten verhält? Letztlich weiß ja ohnehin jeder, dass zum einen nicht nur das rein juristische Können in die Note einfließt, zum anderen, dass bei den meisten Ausbildern der Standard nicht demjenigen des Examens entspricht.

Vielleicht sind hier ja ein paar Leute mit Personalverantwortung, die mir dazu was schreiben könnten, wofür ich sehr dankbar wäre.
markus87
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von markus87 »

HRP hat geschrieben:reine Gefälligkeitsbenotung
Ob man das denkt, hängt ausschließlich vom Zeugnistext ab, nicht von der Note. (Wobei es sehr schwer sein dürfte, einen passenden Text zu 18 Punkten zu schreiben ;) Aber ein "unteres" sehr gut - warum nicht ;))

So oder so: Glückwunsch! :)
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von T0bi »

Die Noten sind weitgehend egal, solange kein Ausreißer nach unten dabei ist. Es mangelt nämlich schon an der Vergleichbarkeit, sofern der Personaler - was am ehesten im öD passieren könnte - nicht zufällig weiß, wie hart oder weniger hart der Ausbilder üblicherweise bewertet. Trotzdem ist ein "sehr gut" - zumindest von meinem Umfeld aus gesehen - auch im Ref eine seltene Note. Die würde ich mitnehmen! :D Wichtig und offenbar von vielen tatsächlich gelesen werden die ergänzenden Bemerkungen (das meint Markus wohl auch mit Zeugnistext). Was dir dein Ausbilder dort bescheinigt, dürfte daher entscheidender sein als die bloße Note.
"die Bezeichnung Penner hat nicht...stets beleidigenden...Charakter. So werden etwa im Einzelhandel umgangssprachlich schlecht verkäufliche Artikel...im Gegensatz zum Renner auch als Penner bezeichnet (wikipedia.de)" (BayVGH NZA-RR 2012, 302)
HRP
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von HRP »

Danke für die hilfreichen Antworten und die Glückwünsche. Das positive Zeugnis wird aber nicht ganz unerheblich darauf zurückzuführen sei, dass die Chemie zwischen der Kanzlei und mir gestimmt hat. ;)
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fritzCard
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von fritzCard »

Ich sollte damals auch 18 Punkte bekommen. Mir war das zuviel. Ich habe dann 16 genommen. Die übrigen Stationsnoten waren 13 - 15, so dass das auch im Kontext "passte".

Den Kollegen ist hier zuzustimmen, das sagte mir auch ein alter LG-Ausbilder: entscheidender als die Note im speziellen ist der Zeugnistext.
Fluffy
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Fluffy »

Von solchen Zeugnisnoten kann meine AG und zwei andere wo Bekannte von mir sitzen nur träumen. :eeeek: Da gehört man mit 13 Pkt (also einem knappen "gut") bereits zu den absolut besten Referendaren. Sowohl in meinem Durchgang als auch den beiden nachfolgenden Durchgängen bewegt sich der Durchschnitt der Stationszeugnisse recht konstant bei 8-10 Pkt, schlechter gibt es aber natürlich auch (einer aus meiner AG hat in der 1. Station nur 6 Pkt vom Ausbilder bekommen). Die AG-Noten bewegen sich ähnlich wie die Stationsnoten, einen großartigen Unterschied gibt es hier selten. Gerade die Klausuren fallen oft sehr schlecht aus (Schnitt 5-6 Pkt), so dass die Noten vom Ausbilder dann vllt mal 1-2 Pkt besser sind, aber diese hohen zweistelligen Noten: hab ich hier noch nicht gesehen, vor allem nicht so konstant über mehrere Stationen hinweg. Kenne aber auch eine Bekannte (ganz anderes Bundesland) die hat in allen Stationen nie weniger als 14 Punkte bekommen.

Aber letztlich: wen interessieren diese Zeugnisse schon großartig ;) Schade ist es halt nur, wenn man z.B. für die Justiz Mitbewerber hat und man eigtl. mit seinen 12-13 Pkt schon gut dasteht im Vergleich zu anderen aus der AG und das wirklich eine "seltene" Note hier ist, aber man dann andere Kandidaten hat von anderen Gerichten/Bundesländern wo vllt mit den Noten um sich geschmissen wird und derjenige dann mal so eben 16 Pkt hat...aber ich denke: auch daran sollte es für den Berufseinstieg letztlich nicht scheitern wenn man den Zeugnissen nicht allzuviel Bedeutung zumisst und sie letztlich ja eh nur die Tür fürs Vorstellungsgespräch (hoffentlich) öffnen. ;)
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Trente Steele82 »

Also dass die Stationsnoten keinen interessieren kann ich nicht bestätigen. Es gab mindestens zwei Gesprächspartner bei einem Vorstellungsgespräch, die mich auf meine Stationsnoten angesprochen haben. Ich hatte auch Ausbilder, die eher normale Noten verteilt haben (also im Bereich von 8-11). Mir waren diese Noten eigentlich immer wurscht, nur in zwei Gesprächen wurde ich gefragt, ob ich mich in der Zeit bei den Ausbildern auf die faule Haut gelegt hätte, da ja eigentlich bekannt sei, dass man mit Punkten nur so überhäuft würde.
Danach war für mich das Gespräch innerlich dann aber auch schon gelaufen :-w
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thh
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von thh »

Fluffy hat geschrieben:Schade ist es halt nur, wenn man z.B. für die Justiz Mitbewerber hat und man eigtl. mit seinen 12-13 Pkt schon gut dasteht im Vergleich zu anderen aus der AG und das wirklich eine "seltene" Note hier ist, aber man dann andere Kandidaten hat von anderen Gerichten/Bundesländern wo vllt mit den Noten um sich geschmissen wird und derjenige dann mal so eben 16 Pkt hat...
Hier wird - unter Verweis auf den langjährigen Durchschnitt der Stationsnoten, IIRC 11-12 Punkte - angeregt, bei der Benotung (a) den faktischen Durchschnittswert zu berücksichtigen (also wenigstens einheitlich massiv besser als in der juristischen Ausbildung üblich zu benoten) oder alternativ (b) einen entsprechenden Hinweis in das Zeugnis aufzunehmen, dass die Beurteilung streng am Maßstab der Prüfungsordnung orientiert ist.

Ich kann mir aufgrund der bekannten Beliebigkeit der Notenvergabe auch in den Stationen bei der Justiz kaum vorstellen, daß jemand mehr als eine Tendenz (9 Punkte und weniger: erfüllt die Ansprüche gerade oder nicht, 15 Punkte und mehr: ist vermutlich wirklich gut) daraus entnimmt. Wenn, dann kann allenfalls die verbale Bewertung von Bedeutung sein (insbesondere dann, wenn der Entscheider zufällig den Bewerter kennt).

Grüße,
-thh
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markus87
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von markus87 »

Relevant im negativen Sinne dürften wirklich nur einstellige Noten sein; und das auch nur dann, wenn sich aus dem Text auch eine entsprechend deutliche Kritik ergibt.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von joee78 »

Natürlich würde ich das "sehr gut" mitnehmen, keine Frage. Klar ist aber auch - wie die anderen schon sagten - dass das Zeugnis der Anwaltsstation keine große Aussagekraft hat, da die persönlich Beziehung zum Ausbilder in vielen Fällen dazu führt, dass die Zeugnisse selbst geschrieben werden bzw. man sich die Note "aussuchen" kann. Daher sind die Zeugnisse der Anwaltsstation auch regelmäßig besser als die der Gerichtsstationen.
Sind Sie ein Mensch? Sowas Ähnliches, ich bin Anwalt.

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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von labradoodle »

Die Noten im Stationszeugnis können auch bei der mündlichen Prüfung beeinflussen, ob einen die Prüfer noch irgendwie hochschummeln, wenn sie finden, dass man anhand der Stationsnoten zu urteilen doch noch das VB verdient hätte. Diese Examensnote kann dann natürlich wiederum auf Bewerbungen Einfluss haben, wenn manche Stellen strikte Notengrenzen haben. Von daher finde ich die Stationsnoten durchaus nicht unwichtig.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von Fluffy »

Und was haltet ihr von AG-Zeugnissen? Auch in gewisser Weise relevant oder sind das welche, die wirklich keine Sau interessieren?
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von 11 Freunde »

Kommt darauf an. Wenn du in den Staatsdienst möchtest, würde ich penibel darauf achten was genau in den Zeugnissen drin steht. Bei Bewerbungen wird im Staatsdienst ziemlich genau auf den Inhalt der Zeugnisse geachtet. Zu dem achtet man hier auch ziemlich genau auf das Abitur. Bei Bewerbung als Rechtsanwalt oder in der sonstigen Wirtschaft mag es anders aussehen.
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von ÖR-Spezine »

11 Freunde hat geschrieben:Kommt darauf an. Wenn du in den Staatsdienst möchtest, würde ich penibel darauf achten was genau in den Zeugnissen drin steht. Bei Bewerbungen wird im Staatsdienst ziemlich genau auf den Inhalt der Zeugnisse geachtet. Zu dem achtet man hier auch ziemlich genau auf das Abitur. Bei Bewerbung als Rechtsanwalt oder in der sonstigen Wirtschaft mag es anders aussehen.
heißt das, dass man z.B. mit 1-2 nicht so guten Zeugnissen eine Einstellung in die Justiz vergessen kann? :eeeek:

ich hab in der AG die Chance genutzt, wirklich fürs Examen zu üben und hab z.B. die Klausuren ohne Unterlagen geschrieben bzw. ohne mich mit AG-Kollegen abzusprechen - die Noten sind daher teilweise leider auch nicht so gut ("befriedigend") - uns hat ein AG-Leiter aber auch empfohlen, die Klausuren als Übung zu nutzen und nicht so sehr auf die Note zu achten...

bei den Stationszeugnissen hab ich drauf geachtet, bei der Station, wo ich später hinmöchte, auch gute Noten zu haben

in einer Station (Verwaltung) bin ich aber leider gar nicht gut zurecht gekommen und hab leider auch ein wirklich schlechtes Zeugnis bekommen :( (die anderen Stationszeugnisse sind aber recht gut)
markus87
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Re: "Sehr gut" im Stationszeugnis!?

Beitrag von markus87 »

ÖR-Spezine hat geschrieben:
11 Freunde hat geschrieben:Kommt darauf an. Wenn du in den Staatsdienst möchtest, würde ich penibel darauf achten was genau in den Zeugnissen drin steht. Bei Bewerbungen wird im Staatsdienst ziemlich genau auf den Inhalt der Zeugnisse geachtet. Zu dem achtet man hier auch ziemlich genau auf das Abitur. Bei Bewerbung als Rechtsanwalt oder in der sonstigen Wirtschaft mag es anders aussehen.
heißt das, dass man z.B. mit 1-2 nicht so guten Zeugnissen eine Einstellung in die Justiz vergessen kann? :eeeek:
Das wollte 11 Freunde ganz sicher nicht sagen. Selbstverständlich solltest du dich aber darauf vorbereiten, dass es Gegenstand des Vorstellungsgesprächs ist, wenn es da einen Ausreißer gab. Solange du dann nicht komplett defensiv reagierst wirkt es sich sicherlich kaum negativ aus ;)
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