Verbot des Stationsentgelts für Referendare

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Moderator: Verwaltung

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Herr Schraeg
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Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von Herr Schraeg »

Wer als Referendar einem Anwalt in der Anwaltsstation oder Wahlstation zugewiesen wird, bekommt regelmässig von der Kanzlei ein vom Umfang der Mitarbeit abhängiges Stationsentgelt (Zusatzvergütung zur vom Land zu bezahlenden Referendarsvergütung), das bei Großkanzleien oder Boutiquen eine ganz nette Größenordnung annnehmen kann. Die Kanzleien führen die Sozialversicherungsbeiträge für dieses Stationsentgelt ordnungsgemäß ab.

Das BSG soll nun mit Urteil vom 31.03.2015, Az. B 12 R 1/13 R, diese Praxis als rechtswidrig erachtet haben, weil alleine das Bundesland Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinn sein soll und mithin das Bundesland die Sozialversicherungsbeiträge auch für die (von ihm nicht bezahlten) Stationsentgelte abführen müsse.

Ich weiss, dass die Justizverwaltungen überlegen, wie sie damit umgehen sollen und dabei auch in Betracht ziehen, die Zahlung von Stationsentgelten schlicht zu verbieten. Referendar und Anwalt sollen versichern, kein Stationsentgelt zu bezahlen. Weiss jemand, ob ein Bundesland über diese Überlegensphase hinaus ist und tatsächlich das Verbot von Stationsentgelten schon praktiziert?
Herr Schraeg
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von Herr Schraeg »

Bruce Wayne hat geschrieben:Ich hab dazu noch nix gehört (nrw).
Aber wäre es nicht auch unsinnig weil total schwierig zu kontrollieren?
Dann stellt die Kanzlei dich halt noch für n Nebenjob auf 450 Euro Basis ein, dann bist du von den 3-4 Tagen einen als nebenjobber und nicht als Stations-Referendar da und kriegst dafür 450 Euro zusätzlich, wer will das kontrollieren?
Das wäre eine offensichtliche und vermutlich auch durch das Verbot erfasste Umgehung. Eine Reihe von Kanzleien - vermutlich alle interessanten - werden sich auf solche Verstöße und die Abgabe falscher Erklärungen gegenüber der Ausbildungsstelle nicht einlassen.
Parabellum
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von Parabellum »

Und warum soll sich das nicht über Freistellungsvereinbarungen zwischen Ausbildungsgericht und Ausbildungskanzlei lösen lassen?
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von julée »

Parabellum hat geschrieben:Und warum soll sich das nicht über Freistellungsvereinbarungen zwischen Ausbildungsgericht und Ausbildungskanzlei lösen lassen?
Verwaltungsaufwand?
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von Herr Schraeg »

Parabellum hat geschrieben:Und warum soll sich das nicht über Freistellungsvereinbarungen zwischen Ausbildungsgericht und Ausbildungskanzlei lösen lassen?
Natürlich ginge das rechtstechnisch. Meine Quellen sagen aber, dass einige Bundesländer wegen des Verwaltungsaufwandes diese Lösung ablehnen und stattdessen über das Pauschalverbot nachdenken. Ich will verifizieren, ob diese Gerüchte einen wahren Kern haben und das diskutierte Pauschalverbot schon irgendwo praktiziert wird.

Edit: julée war schneller.
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von Louis Litt »

Von einem geplanten Verbot habe ich hier auch noch nichts gehört (Berlin).

Im Falle eines Verbots wäre ich aber auch zuversichtlich, dass die Kanzleien, insbesondere die GKs, eine Umgehungsmöglichkeit finden und anbieten. Einige Umgehungsmöglichkeiten werden ja bereits genutzt, wie beispielsweise die Vereinbarung, dass das Gehalt "gestreckt" wird...
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von julée »

Louis Litt hat geschrieben:Im Falle eines Verbots wäre ich aber auch zuversichtlich, dass die Kanzleien, insbesondere die GKs, eine Umgehungsmöglichkeit finden und anbieten.
Und wie soll so eine legale Möglichkeit aussehen? Irgendwelche Nebentätigkeiten sind ja am Ende wieder genehmigungspflichtig und fliegen damit im Zweifelsfall als Umgehungsversuch auf.
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von julée »

Der Unterschied zwischen Tauchstationen und gestreckten Entgelten einerseits und Stationsentgelten in der neuerlichen Bewertung des BSG andererseits besteht allerdings darin, dass Letzteres für die Länder mit Ärger und finanziellem bzw. organisatorischem Aufwand verbunden ist. Und ob der Ausbildungszweck oder gar die Berufsfindung gerade dadurch befördert wird, dass man für weitere 10 Wochenstunden "Nebentätigkeit” in derselben Kanzlei nun auf einmal mehrere hundert bzw. tausend Euro erhält, sei mal dahingestellt. Und ich würde dem BSG so viel Spürsinn zutrauen, dass es künftig auch auf die Idee kommt, dass Ausbildung und Nebentätigkeit gleichzeitig in derselben Kanzlei nicht gehen bzw. an der sozialversicherungsrechtlichen Bewertung nichts ändern.
Bruce Wayne hat geschrieben: Oder was ist wenn Referendar in Kanzlei B 3 Tage die Woche seine stationsarbeit macht und in Kanzlei a seinen Nebenjob. Kommt von der Arbeit wahrscheinlich aufs selbe raus.
Und es würde sogar noch ein Mehr an Berufsfindung bedeuten ;)
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von DrKunter »

Den Ländern dürfte es doch darum gehen, nicht für die von Kanzleien gezahlten Stationsentgelte Sozialversicherungsbeiträge abführen zu müssen. Da Nebentätigkeiten von der Rspr des BSG nicht erfasst sind, droht das nicht, wenn das Verhältnis zur Ausbildungskanzlei als Nebentätigkeiten ausgestaltet wird. Warum die Länder bemüht sein sollten, etwaige "Umgehungen" zu unterbinden, erschließt sich mir nicht.

Und sofern man befürchtet, dass die Sozialgerichte Einwände gegen die Praxis erheben, die unentgeltliche Station bei einer Kanzlei zu absolvieren, die zugleich Arbeitgeber einer entgeltlichen Nebentätigkeit ist, ließe sich auch das lösen: Der Referendar sucht sich eine Tauchstation,neben der er einer Nebentätigkeiten als Wiss Mit in einer anderen Kanzlei nachgeht.
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von julée »

Louis Litt hat geschrieben:Von einem geplanten Verbot habe ich hier auch noch nichts gehört (Berlin).
Das dürfte aber vermutlich auch damit zusammenhängen, dass in Berlin im Januar 2016 die Verschiebung des Zahltages von Mitte auf Ende des Monats ansteht (mit der Folge, dass dann das Geld von einem Monat für 6 Wochen reichen muss) und es schon genügend Ärger deswegen gibt. Und ein Argument in der (politischen) Diskussion war, dass das schon nicht so schlimm sei, weil es in der Anwalts- und Wahlstation ohnehin zusätzliches Geld gäbe. Das KG wäre schön blöd, wenn es jetzt bei der Frage des Verbots zusätzlicher Stationsentgelte vorpreschte.
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von Herr Schraeg »

DrKunter hat geschrieben:Den Ländern dürfte es doch darum gehen, nicht für die von Kanzleien gezahlten Stationsentgelte Sozialversicherungsbeiträge abführen zu müssen. Da Nebentätigkeiten von der Rspr des BSG nicht erfasst sind, droht das nicht, wenn das Verhältnis zur Ausbildungskanzlei als Nebentätigkeiten ausgestaltet wird. Warum die Länder bemüht sein sollten, etwaige "Umgehungen" zu unterbinden, erschließt sich mir nicht.
Wenn der Referendar einem Anwalt zur Stationsausbildung zugewiesen wird, bleibt das Land der Arbeitgeber im sozialversicherungsrechtlichen Sinn und muss die Sozialversicherungsbeiträge auch für das vom Anwalt gezahlte Stationsentgelt abführen.

Unproblematisch ist deshalb die Gestaltung, dass der Referendar dem Anwalt A zugewiesen wird und zugleich bei B eine Nebentätigkeit ausübt. Aber die Zuweisung zu A (Stationsarbeit zwei oder drei Tage in der Woche) und zugleich eine Nebentätigkeit bei A für einen weiteren Tag (der zufällig so bezahlt wird wie früher die drei oder vier Tage) ist eine offensichtliche Umgehung eines - bislang nur diskutierten - Verbots des Stationsentgelts. Ich weiss, dass wir bei einer solchen Umgehung nicht mitspielen würden (ausser wir haben das vorher mit der Ausbildungsstelle abgeklärt) und deshalb besorgt sind, dass es zu einem solchen Verbot kommt.
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von recht_selten »

Von einem Verbot habe ich noch nichts gehört. Soweit ich das sehe, existiert zu dieser Entscheidung bisher auch nur eine PM.

Bei einem Verbot würde ich es ähnlich sehen wie Herr Schraeg. Umgehungsgeschäfte sind schwierig. Bsp.: vier Monate unentgeltliche Ausbildung bei Kanzlei A bei gleichzeitiger entgeltlicher Nebentätigkeit bei Kanzlei B, die nächsten fünf Monate unentgeltliche Ausbildung bei der Kanzlei B bei gleichzeigter entgeltlicher Nebentätigkeit bei Kanzlei A.

Denkbar ist m.E. aber auch, dass schlicht eine Anrechnung auf die Unterhaltsbeihilfe geregelt wird. Für die Referendare fast genauso schlecht, die Kanzleien entlasten dann letztlich die Länder...
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von julée »

Bruce Wayne hat geschrieben:Und Umgehungsgedöns hin oder her, wer will das in der Praxis denn überhaupt nachweisen?
Nachdem die Sozialversicherung ein Interesse daran hat, die Beiträge von der eigenen richtigen Stelle zu bekommen, dürfte die Chance, dass es über kurz oder lang bei der Ausbildungsstelle bekannt wird, durchaus gegeben sein - mal ganz davon abgesehen, dass der Referendar ohnehin verpflichtet ist, "Nebentätigkeiten" anzuzeigen.
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von Tibor »

Dann wird eine Nebentätigkeit bei der Station eben nicht mehr genehmigt, weil sie per se eine Umgehung darstellt.
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Re: Verbot des Stationsentgelts für Referendare

Beitrag von julée »

Eben. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass der Referendar am Freitag für jede Menge Geld was grundlegend anderes als von Montag bis Donnerstag im Rahmen der "Stationsausbildung" macht, dürfte bei lebensnaher Betrachtung eher bei Null liegen. Dafür muss sich sicherlich keiner aus der Ausbildungsstelle oder von den Sozialversicherungsträgern in der Kanzlei auf die Lauer legen und gucken, was der Referendar so genau macht.

Bliebe also als einzige "Umgehungsmöglichkeit" bei Kanzlei A zu tauchen und tatsächlich bei Kanzlei B die Nebentätigkeit anzumelden und dort zu arbeiten - wobei die Nebentätigkeit ja auch nur 10 Wochenstunden umfassen darf und bei einem allzu hohen Gehalt wieder bei der Ausbildungsstelle auffällig würde. Mal ganz davon abgesehen, dass man erstmal Kanzleien finden muss, die sich auf so einen Deal einlassen.
Zuletzt geändert von julée am Sonntag 16. August 2015, 22:32, insgesamt 1-mal geändert.
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