Gerichtsstation AG / LG

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jurapeasant
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Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von jurapeasant »

Hallo,

ich bin im Referendariat und darf Präferenzen für meine Gerichtsstation und meine Ausbilder (inoffiziell) angeben. Ich bin in der wohl glücklichen Situation, dass mir eine Reihe von Ausbildern an den Gerichten empfohlen wurden, sodass ich egal ob an AG oder LG einen guten Ausbilder erwischen würde (soweit er mir dann auch zugewiesen werden würde).

Ein paar Threads über die Wahl AG / LG habe ich schon gelesen, wobei Tenor war, dass AGs examensnäher sind und man mehrere kleinere Fälle bearbeiten muss. LGs hingegen spezieller und aufwändiger - u.U. auch völlig ohne Examensbezug - und man dafür aber weniger Fälle bearbeitet. Ich persönlich würde gerne in Kammer für Handelssachen, bin aber hin- und hergerissen, weil mir dort über mangelnde Examensnähe berichtet wurde. Was also in dieser Hinsicht tun?

Weiterhin unterscheiden sich die Ausbilder untereinander. Einige zählen zu den jungen Kollegen, die ihr 2. Examen wohl noch relativ frisch vor Augen haben. Andere sind ältere und erfahrene Ausbilder, die wohl eine größere Erfahrung in praktischer als auch ausbildungstechnischer Hinsicht aufweisen. Wie würdet ihr euch dort entscheiden?

LG
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Tibor
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Tibor »

Junger RiAG.
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markus87
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von markus87 »

Alter RiLG.
julée
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von julée »

Solange nicht in den Erfahrungsberichten steht, dass der Ausbilder immer noch mit der Schuldrechtsreform hadert und sich seine höchstpersönliche ZPO gebastelt hat, spricht m. E. nichts gegen einen älteren Ausbilder mit einer entsprechenden Routine und Erfahrung in der Ausbildung (und wer das halbwegs engagiert macht, wird sich auch ein gewisses Grundverständnis für die Sorgen und Nöte von Referendaren bewahren). Ich habe im Ref in den staatlichen Stationen beides kennengelernt und würde das Lebensalter bei einem guten / empfohlenen Ausbilder für irrelevant halten.

AG / LG: Wenn die KfH ein Herzenswunsch ist, warum nicht? Auch da kann der Ausbilder seinen Referendaren examensrelevantere Fälle raussuchen.
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Konstanzer
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Konstanzer »

julée hat geschrieben:Solange nicht in den Erfahrungsberichten steht, dass der Ausbilder immer noch mit der Schuldrechtsreform hadert und sich seine höchstpersönliche ZPO gebastelt hat, spricht m. E. nichts gegen einen älteren Ausbilder mit einer entsprechenden Routine und Erfahrung in der Ausbildung (und wer das halbwegs engagiert macht, wird sich auch ein gewisses Grundverständnis für die Sorgen und Nöte von Referendaren bewahren). Ich habe im Ref in den staatlichen Stationen beides kennengelernt und würde das Lebensalter bei einem guten / empfohlenen Ausbilder für irrelevant halten.

AG / LG: Wenn die KfH ein Herzenswunsch ist, warum nicht? Auch da kann der Ausbilder seinen Referendaren examensrelevantere Fälle raussuchen.

:goodposting:
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Koala_Desperado »

Ich war in einer KfH bei einer sehr guten Ausbilderin und war sehr zufrieden. M.E. darf man die Examensnähe des AGs nicht überbewerten. Auch die Zivilrechtsstation am AG macht einen allein durch die Masse nicht examensfit. Das, was man so mitnimmt, kann man genauso bei der KfH mitnehmen. Es kommt sicherlich immer auf den Einzelfall an, aber bei mir waren die Fälle ganz und gar nicht trocken, sondern durchaus handfest.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von OJ1988 »

Es ist ja auch nicht so, dass man nur durch die Tatsache, dass man Ausbilder X an Amtsgericht Y hat, das Examenswissen auf magische Art und Weise durch eine Art Osmose aufnimmt. Lernen muss jeder sowieso selbst.
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Ara
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Ara »

Ich häng mich hier mal dran mit einer ähnlichen Frage an, vielleicht kann dazu noch jemand einen Ratschlag geben.

Ich hab jetzt schon einige hinsichtlich der Zivilstation gefragt (die wird sich hier eigenständig gesucht). Eine wirkliche Empfehlung bekam ich aber nur für eine Spezialkammer am LG von jemanden bekomme. Positiv wurde hervorgehoben, dass die Richter sich wohl tatsächlich Zeit für die Referendare nehmen. Die Kammer hat aber anscheinend selten Referendare da es ihre Zuständigkeit weder als Schwerpunkt gibt noch wirklich sich ein Student zufällig drauf spezialisieren würde. Logischerweise hab ich davon dann auch wenig Ahnung. Von demjenigen von dem ich die Empfehlung habe weiß ich aber, dass er auch blank gestartet ist. Es war zwar viel Arbeit und es wurde erwartet sich in das Gebiet einzuarbeiten, aber war wohl schaffbar. Ich finde das Gebiet interessant, ohne aber dass ich sagen würde, dass es nun mein Kindheitstraum ist in dem Gebiet zu arbeiten (das betrifft aber wohl so alles zivilrechtliche). Weiterer Vorteil: In HH haben mehrere Spezialkammern auch die Zuständigkeit für Verkehrszivilsachen, damit wären auch examensrelevante Fälle dort.

Andererseits wurde mir häufig auch von Spezialkammern abgeraten (aber immer nur von Leuten die selbst immer am AG waren). Von der Vorsitzenden der Pressekammer hier weiß ich, dass zumindest sie selbst Referendare nur für die Wahlstation nimmt oder wenn die medienrechtliche Promotion/Schwerpunkt haben. Wobei ich glaube die Pressekammer ist noch einmal deutlich spezialisierter als die restlichen Spezialkammern.

Meinungen?
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Tibor
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Tibor »

Ich war beim jungen RiAG (s.o.) und kann das nur empfehlen. Der war examensnäher und wusste eher, was auf mich zukommt und welche Akten mir ggf helfen würden. Im Buchstabendezernat hatte er mir alles mögliche rausgesucht, vom Mietvertrag zum Werkvertrag über Nachbarrechtskram hin zu unerlaubter Handlung etc. Ich fand das als Einstieg ganz gut, weil ich damit automatisch das materielle Recht wiederholen konnte. Beim RiAG wird man dafür weniger prozessuale Besonderheiten haben. Da gab es keine Nebenintervention, keine Widerklage und kein Urkundenprozess in den Akten. Ich vermute (!), dass man das eher beim LG hat. Im Nachhinein würde ich nur noch versuchen einen RiAG zu suchen, der auch parallel oder sonst mal RefAGs anbietet, dann ist der Lehrquerschnitt ggf noch höher.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von julée »

Beim LG muss man zunächst mal schauen, ob die Kammer nur eine Sonderzuständigkeit hat (das würde ich mir in der Pflichtstation ohne nennenswerte Vorkenntnisse bzw. ein entsprechendes Interesse nicht unbedingt antun, da es im Zweifelsfall viel Arbeit ist) oder ob es auch eine (größere) Zuständigkeit in allgemeinen Zivilsachen gibt.
Die allgemeinen Zivilsachen, die am Landgericht mit einem Streitwert von über 5.000 € laufen, sind oft nicht wesentlich anders als die Fälle (natürlich gibt es die komplexen, mehrbändigen Verfahren mit hochspezialisierten Anwälten, aber dazwischen wird sich auch immer noch was "Einfaches" finden), die mit einem niedrigeren Streitwert am AG verhandelt werden. In die ausschließliche Zuständigkeit des AGs fallen ja letztlich nur Streitigkeiten über Wohnraum. Ich war sowohl am AG als auch am LG (Kammer mit allgemeinen Zivilsachen und Sonderzuständigkeit) und würde da im Bereich der allgemeinen Zivilsachen keinen allzu großen Unterschied sehen (okay, Insolvenzanfechtungen gab es nur am LG). Am AG sieht man natürlich an den Sitzungstagen mehr Verfahren, so dass man ein wenig mehr vom "Leben" mitbekommt - und gleichzeitig heißt "mehr Verfahren" auch "mehr Auswahl".

Und die Erkenntnis, dass man dem Referendar, mal möglichst unterschiedliche Sachen raussuchen sollte, sollte ja nicht irgendwann zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr verloren gehen. ;)
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Niederegger »

Ich hatte einen seinerzeit mittelalterlichen VRiLG, der eine Kammer für Handelssachen leitete, vormaliger hauptamtlicher AG-Leiter. Er hatte durchaus ein paar methodisch examensgeeignete Fälle aus dem Bereich der ersten drei BGB-Bücher und des Handelskaufs für mich herausgesucht und meine Urteilsentwürfe gründlich mit mir nachbesprochen. (Die Examensaufgaben inhaltlich voraussehen konnte er natürlich auch nicht.) Ich kam sehr gut mit ihm zurecht. ;)
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Kasimir »

Ich schliesse mich Tibor an. Junger RiAG. Was soll dir die KfH bringen. Die Verfahren dort sind in der Regel so umfangreich, dass du in den wenigen Monaten nur einen kleinen Ausschnitt mitbekommen wirst und im Zweifel auch nicht viel verstehst, z.B. in Spruchverfahren oder Beschlussmängelklagen. Die Akten sind oft tausende von Seiten dick und es wird dir keinen Spaß machen, das durchzulesen und auch nichts bringen. Für den Lebenslauf bringt dir eine Station bei der KfH auch nichts. Einer GK ist es völlig egal, wo du deine Station absolviert hast. Mir ist z.B. im Zweifel lieber, wenn ein Referendar das Leben am AG kennengelernt hat und sich in Kenntnis dessen für den Anwaltsberuf entschieden hat. Am AG bekommst du einen viel besseren Einblick in das Berufsbild des Richters.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Sebast1an »

Ich würde auch von einer Spezialkammer abraten; vor allem wenn diese eine gründliche Einarbeitung erfordert und für das Examen nicht relevant ist. Mit den ganzen AG-Terminen, Klausuren, Sitzungstagen, den zu bearbeitenden Akten und dem Kennenlernen der Kollegen hat man gerade am Anfang genug zu tun. Sollte dir doch langweilig werden, hat dein Ausbilder sicher noch eine weitere Akte für dich.

Wenn man schon die Wahl hat, macht eine Spezialkammer nur Sinn, wenn es beruflich auch in diese Richtung gehen soll oder besonderes Vorwissen vorhanden ist.
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Ara »

Dann schließt sich natürlich die Frage an, wie man einen fähigen RiAG als Ausbilder findet. In meinem Umfeld hab ich von Personen die am AG in der Zivilstation waren leider Feedback nur dahingehend bekommen, welche Amtsrichter man meiden sollte...
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Re: Gerichtsstation AG / LG

Beitrag von Tikka »

Und hier konnte man nur wählen ob Amts- oder Landgericht und wurde dann alphabetisch zugeteilt. Aber das mag in anderen Bundesländern anders sein.

(Ich war am Landgericht, wäre ich nochmal Referendar würde ich aber glaube ich auch das Amtsgericht wählen.)
Keine Experimente! Wählt Adenauer.
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