Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

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elch1
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Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von elch1 »

Moin,

ich hoffe, man darf hier auch inhaltliche Fragen stellen und nicht nur bezüglich des Refs im Allgemeinen. Falls nicht, bitte ich um Verweisungsbeschluss.

Meine Frage ist auch relativ kurz:

Wie stellt man es am geschicktesten dar, wenn erst das andere Parteivorbringen die Klage schlüssig werden lässt und sich der Kläger dieses Vorbringen auch zu eigen macht? Lässt man diesen Umstand irgendwo anklingen? Ich meine, in einem Gutachten wäre das natürlich schön darstellbar. Theoretisch müsste ich aber in einem Urteil ganz emotionslos die Sache unter dem Tisch fallen lassen, weil der Anspruch (allerdings dann andere AGL) durch das gegnerische Vorbringen definitiv besteht. Mir würde maximal noch ein "Zwar-aber"-Absatz einfallen oder "Es kann hier dahinstehen, denn...". Allerdings wurde uns von solchen Sätzen mehr oder weniger abgeraten, denn wenns dahinstehen kann, braucht es im Urteil nicht erwähnt werden.

Ich freue mich über jeden Input. :)

Grüße
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batman
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von batman »

Das ist offenbar ein Fall äquipollenten Parteivortrags.
Wie lautet denn sinngemäß Dein Vorschlag für die Entscheidunggründe?
OJ1988
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von OJ1988 »

Auf jeden Fall musst du dich damit auseinandersetzen, ob der Kläger sich den Vortrag des Beklagten auf irgendeine Art und Weise 'zu eigen' gemacht hat - ansonsten müsstest du (jedenfalls unter Zugrundelegung der h.Rspr.) die Klage abweisen.
elch1
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von elch1 »

batman hat geschrieben:Das ist offenbar ein Fall äquipollenten Parteivortrags.
Wie lautet denn sinngemäß Dein Vorschlag für die Entscheidunggründe?
Sinngemäß wäre die Klage zunächst abzuweisen, denn dem Kläger gelingt es nicht, die den Anspruch tragenden Tatsachen hinreichend substantiiert darzulegen. Im Übrigen bietet der Kläger zwar Beweis an, es ist aber bereits abzusehen, dass ihm die Führung dessen trotzdem nicht gelingen wird.

Erst durch das Beklagtenvorbringen, welches sich der Kläger auch ausdrücklich zu eigen macht (@ OJ1988), entfällt jede Beweislast, da dadurch die Klage schlüssig wird und ein Beweis wegen des Zugestehens nicht mehr notwendig für die Entscheidung ist. Daraufhin ist der Beklagte auch zur Herausgabe zu verurteilen.

Soviel ich weiß, muss man explizit auf die Problematik nur dann eingehen, wenn sich eine Partei den anderen Vortrag eben nicht explizit zu eigen gemacht hat, das ist hier aber unstreitig der Fall. Daher die Frage, wie ich das darstelle. Ich kann ja nun nicht wie im Gutachten erstmal alle AGL durchgehen, die gerade nicht funktionieren nach Klägervorbringen. Das heißt, ich müsste aufgrund des Tatbestands sofort die richtige AGL anwenden, deren Voraussetzungen allerdings erst durch das den Kläger begünstigende Beklagtenvorbringen erfüllt wird.
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batman
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von batman »

Dann heißt es bspw.:
Die Klage ist begründet. Der Kl. hat gegen den Bekl. einen Anspruch aus § ...
Dann folgt die Feststellung der einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen. An der entsprechenden Stelle folgen Ausführungen dazu, dass der darlegungspflichtige Kl. diese Tatsachen zwar nicht selbst in den Rechtsstreit eingeführt, aber den entsprechenden Vortrag des Bekl. zum Gegenstand seines eigenen Vorbringens gemacht hat.
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von elch1 »

Okay.

Ich hätte mir auch vorstellen können, dass die Entscheidungsgründe zunächst komplett auf den Klägervortrag gestützt werden und bei Ablehnung sämtlicher AGLen dann auf das Beklagtenvorbringen abgestellt wird, mithilfe dessen der Anspruch auch letztlich doch besteht.

Ich habe sozusagen an eine Analogie zu Haupt- und Hilfsantrag gedacht. Da prüft man ja den gesamten Hilfsantrag auch überhaupt nicht, solange der Hauptantrag nicht eindeutig scheitert.

Denn so, wie Du es schilderst, wird es irgendwie alles sehr kurz, der Anspruch besteht dann sehr eindeutig. Andernfalls könnte man immer noch schön etwas zu den anderen AGLen sagen (und diese dann im Ergebnis ablehnen). Ich weiß, Urteile dienen nicht der Wissensabladung, aber in der Theorie scheint mir das manchmal doch anders gewünscht.
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von julée »

Es geht nicht darum, alle Rechtsfragen, die der Fall irgendwann mal aufgeworfen hat, zu klären, sondern den Parteien zu erklären, warum der Klage jetzt stattzugeben ist. Und zwar weil ein Anspruch aus § Xy besteht. Und das ist so, weil sich der Kläger die vom Beklagten vorgetragenen Tatsachen ausdrücklich zu eigen gemacht hat. Das ist für den Beklagten ärgerlich genug, wenn er das so lesen muss; dem Kläger wird es herzlich egal sein, dass der andere Weg mit Beweisaufnahme schwierig geworden wäre.
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batman
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von batman »

elch1 hat geschrieben:Andernfalls könnte man immer noch schön etwas zu den anderen AGLen sagen (und diese dann im Ergebnis ablehnen).
Auf Schönheit kommt es aber nicht an, sondern auf § 313 III ZPO. Das wichtigste Wort dieser Vorschrift lautet "beruht". Das zweitwichtigste lautet übrigen "kurze".
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von elch1 »

Ich stimme ja zu, dass es in der Praxis tatsächlich so ist - und dort handhabe ich es auch so. Aber in der Ausbildung scheint es von diesem Grundsatz Ausnahmen zu geben, so dass Korrektoren schon mal auch ganz gern noch ein Wörtchen in einem Nebensatz zu anderen Anspruchensgrundlagen lesen, die zumindest nicht von der Hand zu weisen sind, auch wenn sie im Ergebnis abzulehnen sind.
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von batman »

Wenn es bei einem Nebensatz bleibt, ist dagegen m.E. auch nicht viel einzuwenden. Alles andere gehört ins Hilfsgutachten.
julée
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Re: Erst gegn. Parteivorbringen macht Klage schlüssig

Beitrag von julée »

Sicherlich kann man in der Klausur noch den Halbsatz mehr schreiben, aber wer das Abfassen von Entscheidungsgründen zur Aufgabe macht, muss sich dann eben auch mit den entscheidungserheblichen Ausführungen begnügen.
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