Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Alle Themen rund um das Referendariat (Organisation, Ablauf, Wahlstation im Ausland etc.)

Moderator: Verwaltung

Antworten
Tobias__21
Fossil
Fossil
Beiträge: 10395
Registriert: Dienstag 4. November 2014, 07:51
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Ich bins mal wieder :D

Angeklagt ist Delikt X. In der Handakte finden sich auch Ermittlungen zu einer anderen Tat, die nach der der angeklagten Tat erfolgt ist, aber noch vor Anklageerhebung. Auch Delikt X, aber diesmal als schwerer Fall (Regelbeispiel). Es ist auch klar, dass er diese Tat auch begangen hat (Geständnis bei Vernehmung). Ich vermute stark, so wie ich das lese, dass man diese zweite Tat zu Delikt X keinesfalls vor dem Strafrichter anklagen kann, da hier doch eine höhere Strafe zu erwarten steht. Mir ist aber nicht ganz klar, warum man dann nicht einfach alles verbindet und eine Anklage vor dem Schöffengericht erhebt.

Ich vermute mal die Ermittlungen zum zweiten Delikt X befinden sich nur in der Handakte, damit der Sitzungsvertreter weiß, dass der Angeklagte wohl auch Delikt X eins begangen hat (hat er aber eh schon gestanden). Ich hab leider keine Ahnung wie beim zweiten Delikt der Stand der Ermittlungen ist, und ob da schon irgendeine Akte existiert (die Handakte ist hier sehr unvollständig). Hat mich aber auch nicht weiter zu interessieren in der Sitzung, oder? Wenn bei meinem Delikt jetzt rauskommt, dass da evtl. auch ein Regelbeispiel im Raum steht gibt ja das Gericht einen Hinweis nach § 265 StPO, oder? Ich muss da eigentlich nichts weiter tun, außer eben mit dem Strafrahmen aufpassen. Wenn ein Hinweis unterbleibt, könnte ich den anregen, wenn ich mir absolut sicher bin (ansonsten Klappe halten)? Wenn man anstatt einer angeklagten Beihilfe zu einer Mittäterschaft kommt, das gleiche, oder?
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet
OJ1988
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 4492
Registriert: Freitag 24. Januar 2014, 21:54
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von OJ1988 »

Tobias__21 hat geschrieben:Ich bins mal wieder :D

Angeklagt ist Delikt X. In der Handakte finden sich auch Ermittlungen zu einer anderen Tat, die nach der der angeklagten Tat erfolgt ist, aber noch vor Anklageerhebung. Auch Delikt X, aber diesmal als schwerer Fall (Regelbeispiel). Es ist auch klar, dass er diese Tat auch begangen hat (Geständnis bei Vernehmung). Ich vermute stark, so wie ich das lese, dass man diese zweite Tat zu Delikt X keinesfalls vor dem Strafrichter anklagen kann, da hier doch eine höhere Strafe zu erwarten steht. Mir ist aber nicht ganz klar, warum man dann nicht einfach alles verbindet und eine Anklage vor dem Schöffengericht erhebt.

Ich vermute mal die Ermittlungen zum zweiten Delikt X befinden sich nur in der Handakte, damit der Sitzungsvertreter weiß, dass der Angeklagte wohl auch Delikt X eins begangen hat (hat er aber eh schon gestanden). Ich hab leider keine Ahnung wie beim zweiten Delikt der Stand der Ermittlungen ist, und ob da schon irgendeine Akte existiert (die Handakte ist hier sehr unvollständig). Hat mich aber auch nicht weiter zu interessieren in der Sitzung, oder? Wenn bei meinem Delikt jetzt rauskommt, dass da evtl. auch ein Regelbeispiel im Raum steht gibt ja das Gericht einen Hinweis nach § 265 StPO, oder? Ich muss da eigentlich nichts weiter tun, außer eben mit dem Strafrahmen aufpassen. Wenn ein Hinweis unterbleibt, könnte ich den anregen, wenn ich mir absolut sicher bin (ansonsten Klappe halten)? Wenn man anstatt einer angeklagten Beihilfe zu einer Mittäterschaft kommt, das gleiche, oder?
Wenn es sich bei der "anderen Tat" um eine andere prozessuale Tat handelt, geht ohne Nachtragsanklage (§ 266 StPO) sowieso gar nichts.
Tobias__21
Fossil
Fossil
Beiträge: 10395
Registriert: Dienstag 4. November 2014, 07:51
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Ja, das ist mir schon klar, sind auch mehrere prozessuale Taten. Mich wundert das eher im allgemeinen. Mir riecht das auch stark nach einer größeren Geschichte, was schon in Richtung organisierte Kriminalität geht. Warum macht man da nicht gleich das große Fass auf, lässt die Anklage vor dem AG sein und klagt Delikt zwei mit Delikt eins zusammen an. Verjährung droht auch nicht. Aber naja, ich habe ja auch nur die Handakte. Vielleicht wird da ja auch noch in andere Richtungen ermittelt. Ich versuch jedenfalls mal den Sachbearbeiter zu erreichen, ich hab ja Pausen zwischen den Terminen.
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet
Benutzeravatar
Ara
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8343
Registriert: Donnerstag 11. Juni 2009, 17:48
Ausbildungslevel: Schüler

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

Ich durchbreche Tobias' Strafrechtsfragen mal mit etwas Verwaltungsrecht, da ich heute meine erste ÖffR Klausur geschrieben hab.

Folgende Situation: Die Behörde widerruft die Waffenbesitzkarte aufgrund von mangelnder gesundheitlicher persönlicher Eignung. Der Bürger ist jedoch vor Abschluss der Widerspruchsverfahrens wieder genesen. Er hat aber in dieser Zeit, von der Behörde unbemerkt, Sachen getan, die seine Unzuverlässigkeit begründen.

1. Frage: Auf den Streit, auf welchen Zeitpunkt es für die Rechtswidrigkeit ankommt, kommt es hier doch nicht an richtig? Das wäre nur ein Problem, wenn er wieder Gesund gewesen wäre, nachdem der Widerspruchsbescheid ergangen ist?

2. Frage: Die angeführte Begründung der Behörde greift zwar nicht durch, aber die selbst vom Kläger vorgetragenen Umstände belegen seine Unzuverlässigkeit. Bei Ermessensentscheidung der Behörden gibt es ja das Problem, dass nach § 114 VwGO die Ermessenserwägungen nur ergänzt und nicht ausgetauscht werden können. Hier handelt es sich aber um eine gebundene Entscheidung. Ich hab hier als Gericht nun ausgeurteilt, dass der Widerruf rechtmäßig war. Zwar nicht aufgrund der angeführten Begründung der Behörde, aber halt mangels Zuverlässigkeit.

Einerseits hab ich hier etwas Bauchschmerzen, andererseits hab ich als Gericht doch freie Beweiswürdigung, Amtsermittlungsgrundsatz und die Gewaltenteilung macht mir hier auch wenig Probleme, da die Behörde selbst ja kein Ermessen hätte.

Ist das so richtig?
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Benutzeravatar
Justitian
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 926
Registriert: Mittwoch 20. Februar 2013, 01:09
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Justitian »

Genügt ein Thomas/Putzo von 2012 für's Ref?
"[...] führt das ja nicht dazu, dass eine Feststellungsklage mit dem Inhalt "Wie wird das Wetter morgen?" zulässig wird" - Swann, 01.03.17
Mimis
Fleissige(r) Schreiber(in)
Fleissige(r) Schreiber(in)
Beiträge: 252
Registriert: Mittwoch 1. Juli 2015, 17:05

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Mimis »

Wenn ich eine Sitzung gegen 2 Mittäter habe, gegen beide Strafbefehl und jetzt Einspruch. Verlese ich als StA dann beide Strafbefehle (statt einer Anklage) oder kann ich das zusammenlegen? Sind quasi identisch nur das jeweils enthalten ist "gemeinsam mit dem getrennt verfolgten..." und dann bei A eben B und bei B der A. :-k
Benutzeravatar
batman
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8287
Registriert: Donnerstag 29. April 2010, 12:06
Ausbildungslevel: Anderes

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von batman »

Justitian hat geschrieben:Genügt ein Thomas/Putzo von 2012 für's Ref?
Durchaus, aber nicht für's Examen.
Tobias__21
Fossil
Fossil
Beiträge: 10395
Registriert: Dienstag 4. November 2014, 07:51
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Gestern ist mir was komisches passiert. Ich fleißig am Plädieren und machen (Verhandlung ging geschlagene 4h), Plädoyer war auch echt gut, schön flüssig und alles aufgegriffen, direkt ohne Pause aufgestanden und losgelegt, ich war selbst von mir erstaunt. Dann beantrage ich ganz zum Schluss noch die Verfügung einer Auflage und komme kurz ins Überlegen und dann rutscht mir "weisser Kreis" statt weisser Ring raus. Ich habs erst gar nicht gemerkt, bis ich den grinsenden Verteidiger sehe, dem Angeklagten ist es nicht aufgefallen, der war schon angepisst genug :D
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet
Tobias__21
Fossil
Fossil
Beiträge: 10395
Registriert: Dienstag 4. November 2014, 07:51
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Wie ist das eigentlich wenn ein Dolmetscher dabei ist mit dem Verlesen der Anklageschrift? Lese ich die blockweise vor und der Dolmetscher übersetzt simultan, oder lese ich sie ganz normal vor und der Dolmetscher übersetzt danach alles? Der wird ja höchstwahrscheinlich ein eigenes Exemplar der Schrift haben. Oder wurde da bereits eine Übersetzung an den Angeklagten zugestellt und ich mach alles ganz normal? Und wie ist das beim Plädoyer? Langsam machen und das irgendwie über Blickkontakt mit dem Dolmetscher abstimmen?
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet
Benutzeravatar
thh
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5278
Registriert: Dienstag 18. August 2009, 15:04
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von thh »

Tobias__21 hat geschrieben:Wie ist das eigentlich wenn ein Dolmetscher dabei ist mit dem Verlesen der Anklageschrift? Lese ich die blockweise vor und der Dolmetscher übersetzt simultan, oder lese ich sie ganz normal vor und der Dolmetscher übersetzt danach alles? Der wird ja höchstwahrscheinlich ein eigenes Exemplar der Schrift haben.
Oder von Gericht oder StA bekommen können, ja.

In der Regel reicht es, wenn man den Text in gemessener Sprechweise verliest, also nicht herunterrattert. Man kann Pausen einlegen, aber meist ist das nicht nötig, weil die Dolmetscher eh primär den gedruckten Text und nicht das gesprochene Wort übersetzen.
Tobias__21 hat geschrieben: Und wie ist das beim Plädoyer? Langsam machen und das irgendwie über Blickkontakt mit dem Dolmetscher abstimmen?
Genau. Nicht hetzen und ab und an mal eine kurze Pause einlegen.

Andererseits muss der Dolmetscher ja auch Zeugenaussagen übersetzen, bei denen die Zeugen in der Regel keine besondere Rücksicht auf ihn nehmen. Man muss es also mit der Gemächlichkeit auch nicht übertreiben. Wichtiger als eine langsame Sprechweise würde ich die Pausen einschätzen.
Deutsches Bundesrecht? https://www.buzer.de/ - tagesaktuell, samt Änderungsgesetzen und Synopsen
Gesetze mit Rechtsprechungsnachweisen und Querverweisen? https://dejure.org/ - pers. Merkliste u. Suchverlauf
Tobias__21
Fossil
Fossil
Beiträge: 10395
Registriert: Dienstag 4. November 2014, 07:51
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Danke. Ich werde dann einfach blockweise eine Pause einschieben :)

@Mimis: Ich hatte vorgestern Anklage+Einspruch gegen Strafbefehl. Der eine war Haupttäter, der andere Gehilfe. Ich wollte eigentlich mit der Verlesung der Anklage des Haupttäters anfangen, der Richter wollte es aber andersherum. Ich hab vor dem Verlesen in der Hauptverhandlung einfach kurz gefragt, wie er es haben will. Wie es bei Mittäterschaft aussieht, keine Ahnung. Aber ich würde mal fast davon ausgehen, dass man hier beides verliest, oder?
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet
Benutzeravatar
Ara
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 8343
Registriert: Donnerstag 11. Juni 2009, 17:48
Ausbildungslevel: Schüler

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

Tobias__21 hat geschrieben:Wie ist das eigentlich wenn ein Dolmetscher dabei ist mit dem Verlesen der Anklageschrift? Lese ich die blockweise vor und der Dolmetscher übersetzt simultan, oder lese ich sie ganz normal vor und der Dolmetscher übersetzt danach alles? Der wird ja höchstwahrscheinlich ein eigenes Exemplar der Schrift haben. Oder wurde da bereits eine Übersetzung an den Angeklagten zugestellt und ich mach alles ganz normal? Und wie ist das beim Plädoyer? Langsam machen und das irgendwie über Blickkontakt mit dem Dolmetscher abstimmen?
Ach Spaß mit Dolmetschern... Man muss sie einfach lieben.

Ich muss mich immer an die russisch Dolmetscherin erinnern, die eine 30 Sekunden Zeugenaussage mit "Ja" übersetzt hat. Sie neigte auch immer dazu Rückfragen beim Zeugen stellte, diese Rückfrage uns aber immer nur auf Nachfrage übersetzt. Sie hat glaub ich auch immer "indirekt" übersetzt. Sie hat nicht unsere Fragen 1:1 übersetzt, sondern hat mit uns diskutier was wir wissen wollen und dann ne eigene Frage formuliert... Ganz schlimmes Erlebnis.

Gut war auch der Flüchtling mit seiner Englisch-Dolmetscherin... Der Verteidiger hat ein Geständnis verlesen auf Deutsch, die Dolmetscherin hat es auf Englisch übersetzt. Der Angeklagte hats dann genehmigt. 15 Minuten später erklärt er auf die Frage des Richters, wie lange er denn schon Drogen verkaufe "Ich habe noch nie Drogen verkauft"... Auf die Frage ob er überhaupt Englisch verstehen könnte sagte er "a small"... Die Dolmetscherin hats dann noch auf französisch versucht, das war anscheinend aber auch nicht seine Sprache....

Und dann gabs noch den arabisch Dolmetscher, der mit mir um die Wette geschriene hat bei der Anklageverlesung. Es war so laut, dass ich immer lauter wurde und dann wurde er immer lauter... Am Ende schrieen wir im Gerichtssaal um die Wette.

Aber zu Ausgangsfrage noch ergänzend, obwohl thh es ja schon angedeutet hat: Ich hab wirklich vorher immer gefragt, ob der Dolmetscher ne Ausfertigung der Anklage hat. Wenn er eine hatte, hab ich ihn einfach ignoriert. Wenn nicht und das Gericht oder ich noch ein Exemplar griffbereit hatten, hat er eine von uns bekommen. Nur wenn er tatsächlich keine hatte, hab ich wirklich langsamer gesprochen und Pausen gemacht.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Tobias__21
Fossil
Fossil
Beiträge: 10395
Registriert: Dienstag 4. November 2014, 07:51
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

:D :D Tja, das ist dann schon unschön, wenn man etwas gesteht, was man gar nicht gestehen wollte. Manche Angeklagten sind aber auch witzig. Laufen ohne Verteidiger auf und reden sich um Kopf und Kragen. Ich hatte das jetzt schon zweimal, dass die höchstwahrscheinlich davon gekommen wären, hätten sie einfach nichts gesagt, bzw. das Verfahren wäre eingestellt worden. Einer hat es sogar geschafft sich von der angeklagten Beihilfe in die Mittäterschaft zu quatschen. Das waren alles keine schweren Delikte und die waren auch wirklich sympathisch, aber halt einfach dumm (im juristischen Bereich) :)
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet
Tobias__21
Fossil
Fossil
Beiträge: 10395
Registriert: Dienstag 4. November 2014, 07:51
Ausbildungslevel: Au-was?

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Ich bin etwas verwirrt: Anklage wegen 244. Keine Beweismittel zum Termin hinzugezogen. Es gibt wohl eine Art Geständnis bzgl. des Diebstahls (nicht wegen der Waffe) in der Vernehmung, dieses wurde aber nicht vom Angeklagten unterschrieben. Was wenn sich der Angeklagte jetzt querstellt und gar nichts in der Verhandlung sagt? Es gibt die Vernehmungsprotokolle und diverse Zeugen. Das Protokoll müsste wohl verlesen werden, um es als Beweismittel in den Prozess einzuführen. Aber: 250 S. 2 StPO, § 251 I Nr. 1 StPO dürfte hier auch nicht weiterhelfen, da kein Verteidiger. Was also tun, wenn er nichts sagt und man keine Beweismittel im Termin hat? Beweisanträge stellen und einen neuen Termin machen? Das kann ja eigentlich nicht sein, das weiß ja auch der Richter, dass das passieren kann und würde eben im Zweifel die Zeugen laden. Also was übersehe ich hier, bzw. wo liegt mein Denkfehler?
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet
Eagnai
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 4196
Registriert: Freitag 6. April 2007, 19:12

Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Eagnai »

Es gibt durchaus eine Reihe von Gründen, warum man einen HVT zunächst ohne Zeugen ansetzt... zum Beispiel:

- Der Angeklagte hat (inzwischen) einen Verteidiger, der gegenüber dem Richter eine geständige Einlassung angekündigt hat.

- Der Richter versucht es einfach mal auf gut Glück, um zu sehen, ob der Angeklagte nicht von sich aus geständig ist und man ohne große Beweisaufnahme auskommt - häufig klappt das auch, und wenn nicht, macht der Richter einfach einen neuen Termin und lädt dann entsprechend Zeugen (das macht er in aller Regel von sich aus, einen Beweisantrag wirst du in einer solchen Situation sicher nicht stellen müssen). Natürlich ist der Richter sich in dieser Konstellation bewusst, dass es passieren kann, dass er ohne Zeugen nicht weiterkommt, aber viele finden es sinnvoll, es trotzdem erstmal so zu versuchen - auch aus Rücksicht auf die Zeugen, die dann nicht unnötig anmarschieren müssen.

- Der Richter hat die Hoffnung, dass man auf andere Weise (z.B. Einstellung nach §§ 153, 153a, 154) ohne Beweisaufnahme zu einer Erledigung kommt.

Um deiner Verwirrung entgegenzuwirken: Du musst immer bedenken, dass du als Sitzungsvertreter, der nur die Handakte vorliegen hat, in aller Regel den aktuellen Sachstand des Verfahrens gar nicht kennst. Es kann ohne Weiteres sein, dass sich seit Anklageerhebung signifikante Änderungen ergeben haben, die du nicht kennst (wie eben z.B. die Meldung eines Verteidigers, der eine geständige Einlassung in Aussicht gestellt hat).
Zuletzt geändert von Eagnai am Sonntag 2. April 2017, 22:02, insgesamt 1-mal geändert.
Antworten