Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

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julée
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von julée »

thh hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Außerdem hat man dann am Ende ein Urteil in den Händen, in dem drinsteht, wie böse der andere wirklich verloren hat.
Aber hier hat doch gerade nicht "der andere" verloren?
Dieses Detail des Ausgangsfalls habe ich zugegebenermaßen nicht gesehen, sondern meinte den naheliegenderen Fall, dass der Nichtsäumige auch bei einer Entscheidung nach Aktenlage gewinnt.
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thh
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von thh »

julée hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
julée hat geschrieben:Außerdem hat man dann am Ende ein Urteil in den Händen, in dem drinsteht, wie böse der andere wirklich verloren hat.
Aber hier hat doch gerade nicht "der andere" verloren?
Dieses Detail des Ausgangsfalls habe ich zugegebenermaßen nicht gesehen, sondern meinte den naheliegenderen Fall, dass der Nichtsäumige auch bei einer Entscheidung nach Aktenlage gewinnt.
Dann liegt's ja auch auf der Hand ... Ich frage mich aber tatsächlich, ob es Sinn macht, bei einer Entscheidung nach Aktenlage zu verlieren (oder das jedenfalls in Kauf zu nehmen), statt ein Versäumnisurteil gegen den Kläger mitzunehmen.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von julée »

Wahrscheinlich nicht, aber das ist nicht immer ein Kriterium. Dem Anwalt, der letztens seine Klage unter Verweis auf § 269 III 3 ZPO zurücknahm, weil die Vorschrift ja extra für Fälle der Erledigung geschaffen worden sei, war ich auch sehr dankbar für die Arbeitserleichterung; die Begründung, dass die Erledigung jedenfalls nicht vor Rechtshängigkeit eingetreten ist, kostete mich wenige Zeilen.
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Ara
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

thh hat geschrieben: Dann liegt's ja auch auf der Hand ... Ich frage mich aber tatsächlich, ob es Sinn macht, bei einer Entscheidung nach Aktenlage zu verlieren (oder das jedenfalls in Kauf zu nehmen), statt ein Versäumnisurteil gegen den Kläger mitzunehmen.
Ja das war ja eigentlich der Kern meiner Frage. Ob es neben dem Effekt, dass ich dem Gegner erschwere die Säumnis zu entschuldigen, noch einen Grund gibt das Risiko auf mich zu nehmen. Anscheinend aber ja nicht.
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Wenn die besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde, geht ja der § 57a I Nr. 1 StGB nicht. Die StVK legt dann nach mindestens 13 Jahren die Mindestverbüßungsdauer fest. Da wird dann wohl in der Regel irgendwas mit 20-25 Jahren rauskommen, in ganz schweren Fällen wohl auch mal 28. Das höchste was ich gefunden habe sind 38. Wie geht es aber nun weiter, wenn man die Mindestverbüßungsdauer festgelegt hat? Die StVK wird nach Verbüßung der Mindestdauer (oder schon davor?) ja wohl in regelmäßigen Abständen zu prüfen haben, ob man den Täter entlassen kann. Gibt es dazu gesetzliche Regelungen? Ich finde nämlich keine. Bei der Sicherheitsverwahrung sind ja explizit Fristen vorgesehen, § 67e StGB.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

Warum willste 57a stpo nicht anwenden? Es wird nach Ablauf der Mindestdauer ganz normal geprüft ob eine Aussetzung nach 57a stpo erfolgen kann.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Also prüfen die dann, ob die besondere Schwere der Schuld (die man ja festgestellt hat) irgendwann nicht mehr entgegensteht? § 57a I Nr. 2 ? Ich habe den 57a gerade so verstanden, dass die besondere Schwere der Schuld die Entlassung nach 15 Jahren ausschließt und er dann eben nicht mehr anwendbar ist. Wenn man jetzt noch 5-10 Jahre auf die 15 draufpackt, dann soll er wieder anwendbar sein, weil diese 5-10 Jahre dann die besondere Schwere der Schuld quasi abgegolten haben?
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

Ja Nr. 1 bis 3 müssen kumulativ vorliegen. Der ist immer "anwendbar", aber die Voraussetzung von Nr. 2 ist halt nicht gegeben, wenn die Mindestzeit wegen Schwere der Schuld noch nicht erreicht ist.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Macht ja auch Sinn. Ich habe mich etwas am Wortlaut der Nr. 1 gestoßen. Da da ja 15 Jahre und nicht mindestens 15 Jahre steht. Aber da kommt ja auch mit einem Erst-recht-Schluss drüber weg.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Eagnai »

Tobias__21 hat geschrieben:Ich habe mich etwas am Wortlaut der Nr. 1 gestoßen. Da da ja 15 Jahre und nicht mindestens 15 Jahre steht.
In anderen ähnlichen Vorschriften steht auch nicht "mindestens", weil das Wort in dem Kontext schlicht überflüssig wäre.

Vgl. zum Beispiel § 57 Abs. 1 ("wenn zwei Drittel der verhängten Strafe verbüßt sind" und nicht "wenn mindestens zwei Drittel verbüßt sind") - trotzdem ist klar, dass man einen Antrag auf vorzeitige Entlassung nach dieser Vorschrift nicht nur dann stellen kann, wenn exakt zwei Drittel verbüßt sind, sondern auch dann, wenn drei Viertel oder vier Fünftel verbüßt sind. Die Voraussetzung "zwei Drittel verbüßt" ist ja in allen diesen Fällen erfüllt.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Ja, das ist mir gerade auch gekommen :)
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Ara
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

Ich hatte im ÖffR eine 123er Klausur. Der Antragsteller wollte eine Demonstration von der Behörde verbieten lassen, die Behörde tat es nicht. Er suchte daher für die Demonstration, die in zwei Tagen stattfinden soll, vor dem Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtschutz.

Ich hatte da nun ausgeführt, dass es beim Anordnungsanspruch maßgeblich auf die Erfolgsaussichten in der Hauptsache ankommt. Dann erklärt, dass die Behörde hier ein Ermessen hat, aber der Antragsteller einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung hätte. Dann habe ich geprüft, ob ein Ermessensfehler vorlag.

Die Korrektorin meinte, ich hätte den Prüfungsmaßstab verkannt. Der Anspruchsteller hätte nur dann einen Anspruch, wenn das Ermessen der Behörde auf Null reduziert sei.

In der Klausurbesprechung habe ich sie darauf angesprochen, da meinte sie "ja in ner normalen Hauptsache hätten sie Recht, aber da die Demonstration hier schon in 2 Tagen stattfindet, reicht ein Ermessensfehler nicht". Auch die Musterlösung sieht es wohl so.

Ganz ehrlich muss ich sagen, die Erklärung überzeugt mich nicht. Natürlich ist es schwierig, dass bei so kurzem Zeitlauf der Behörde noch einmal aufgegeben wird, dass sie ermessensfehlerfrei unter Berücksichtigung der Rechtsansicht des Gerichts neu bescheiden soll. Aber der Prüfungsmaßstab kann doch dadurch nicht so verrückt werden, dass ich sage "Ja die Behörde hat ermessensfehlerhaft gehandelt, aber es ist nicht ausgeschlossen, dass es noch irgendeine denkbare Konstellation gibt, in der die Behörde zum gleichen Ergebnis käme".

Bin ich zu blöd das zu verstehen?
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Deine Lösung ist m.E. nicht unvertretbar, entspricht aber tatsächlich nicht der gängigen Herangehensweise in solchen Fällen. Das Problem ist vor allem auch, dass dies eben zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde, obwohl kein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, bei der eine solche wegen Art. 19 IV 1 GG ausnahmsweise erforderlich ist.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Folgendes Problem:

Strafbefehl für 20 Taten am 01.02.2017. Davor ergingen Strafbefehl 1 (vollstreckt) am 02.02.16 und Strafbefehl 2 (nicht vollstreckt) am 02.04.16. ALLE Taten wurden vor Strafbefehl1 begangen. Strafe aus Strafbefehl 1 ist nicht gesamtstrafenfähig, da schon vollstreckt.

Kann ich jetzt hingehen und aus allen Taten eine nachträgliche Gesamtstrafe bilden und einfach einen Härteausgleich machen und dann wars das, oder ist das zu einfach gedacht? Ich meine das wäre der richtige Weg, da alles mit Strafbefehl 1 hätte erledigt werden können, der jetzt aber dummerweise vollstreckt ist.
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Ara
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

Honigkuchenpferd hat geschrieben:Deine Lösung ist m.E. nicht unvertretbar, entspricht aber tatsächlich nicht der gängigen Herangehensweise in solchen Fällen. Das Problem ist vor allem auch, dass dies eben zu einer Vorwegnahme der Hauptsache führen würde, obwohl kein Fall der Ermessensreduzierung auf Null vorliegt, bei der eine solche wegen Art. 19 IV 1 GG ausnahmsweise erforderlich ist.
Danke. Aber was passiert denn in der Praxis, wenn das Gericht sagt "Keine Ermessensreduzierung auf 0, aber die Behörde hat einen Ermessensfehler begangen". Zum Beispiel der Antrag wird abgelehnt, da es der Ex-Mann der Sachbearbeiterin ist und der kein Unterhalt für das Kind zahlt. Möglicherweise könnte man den Antrag aber ablehnen, da es ein besser geeignetes Mittel gibt (woran aber noch keiner Gedacht hat und auch noch keiner geprüft hat, ob es wirklich besser geeignet ist).

Das Gericht kann hier ja nun nicht selbst eine Ermessensentscheidung treffen, indem es prüft, ob eine völlig andere Maßnahme viel besser geeignet wäre. Dann wird der Antrag abgelehnt?
Tobias__21 hat geschrieben:Folgendes Problem:

Strafbefehl für 20 Taten am 01.02.2017. Davor ergingen Strafbefehl 1 (vollstreckt) am 02.02.16 und Strafbefehl 2 (nicht vollstreckt) am 02.04.16. ALLE Taten wurden vor Strafbefehl1 begangen. Strafe aus Strafbefehl 1 ist nicht gesamtstrafenfähig, da schon vollstreckt.

Kann ich jetzt hingehen und aus allen Taten eine nachträgliche Gesamtstrafe bilden und einfach einen Härteausgleich machen und dann wars das, oder ist das zu einfach gedacht? Ich meine das wäre der richtige Weg, da alles mit Strafbefehl 1 hätte erledigt werden können, der jetzt aber dummerweise vollstreckt ist.
Vielleicht mache ich gerade einen Denkfehler, aber wenn ALLE Taten vor Strafbefehl 1 begangen wurde, dann sind doch Strafbefehl 2 und der aktuelle Strafbefehl automatisch auch gesamtstrafenfähig miteinander, da die aktuellen Taten zwangsweise vor Erlass des 2. Strafbefehls liegen. Dann kann dir ja die Existenz von Strafbefehl 1 egal sein.
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