Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

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Tobias__21
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Ich versteh eine strafrechtliche Aufgabenstellung nicht ganz.

Situation: Mandant hat Berufung eingelegt und will wissen, ob ein anderes Rechtsmittel ggf. besser wäre und ob man das Rechtsmittel noch wechseln kann, oder ob es bei der Berufung bleiben soll. Gefordert ist ausdrücklich zuerst ein prozessuales Gutachten und danach eines zur materiellen Rechtslage. Zulässigkeit der Rechtsmittel sind nicht zu prüfen.

Prüfe ich dann alle revisiblen Fehler im Rahmen des prozessualen Gutachtens, auch etwaige Sachfehler und die Darstellungsrüge? Im mat. Gutachten nur die Straftatbestände, quasi wie im ersten Examen? Oder mein prozessuales Gutachten hier nur die Frage, ob man das Rechtsmittel wechseln kann?

Was mich auch verwirrt ist, dass da im Urteil fast nichts abgedruckt haben und die schreiben: Urteil enthält keine weiteren Fehler, die nicht auch aus dem Protokoll ersichtlich sind. Normalerweise soll man doch gerade nicht auf das Protokoll bei einer Revisionsprüfung zurückgreifen, sondern auf die Urteilsgründe abstellen, um nicht Gefahr zu laufen eine eigene Beweiswürdigung vorzunehmen :-k
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Ara
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

Tobias__21 hat geschrieben:Ich versteh eine strafrechtliche Aufgabenstellung nicht ganz.

Situation: Mandant hat Berufung eingelegt und will wissen, ob ein anderes Rechtsmittel ggf. besser wäre und ob man das Rechtsmittel noch wechseln kann, oder ob es bei der Berufung bleiben soll. Gefordert ist ausdrücklich zuerst ein prozessuales Gutachten und danach eines zur materiellen Rechtslage. Zulässigkeit der Rechtsmittel sind nicht zu prüfen.

Prüfe ich dann alle revisiblen Fehler im Rahmen des prozessualen Gutachtens, auch etwaige Sachfehler und die Darstellungsrüge? Im mat. Gutachten nur die Straftatbestände, quasi wie im ersten Examen? Oder mein prozessuales Gutachten hier nur die Frage, ob man das Rechtsmittel wechseln kann?

Was mich auch verwirrt ist, dass da im Urteil fast nichts abgedruckt haben und die schreiben: Urteil enthält keine weiteren Fehler, die nicht auch aus dem Protokoll ersichtlich sind. Normalerweise soll man doch gerade nicht auf das Protokoll bei einer Revisionsprüfung zurückgreifen, sondern auf die Urteilsgründe abstellen, um nicht Gefahr zu laufen eine eigene Beweiswürdigung vorzunehmen :-k
Du brauchst doch das Protokoll für die Verfahrensrüge. Der "Tipp" mit "legen sie alles bis auf das Urteil weg" bezieht sich nur auf die Sachrüge.

Die Einteilung prozessuales und materielles Gutachten finde ich relativ schwachsinnig... ich würde glaube ich einfach vorne weg den Wechsel thematisieren und dann normales Gutachten fertigen
Die von der Klägerin vertretene Auffassung, die Beeinträchtigung des Wohngebrauchs sei durch das Zumauern der Fenster nur unwesentlich beeinträchtigt, ist so unverständlich, dass es nicht weiter kommentiert werden soll. - AG Tiergarten 606 C 598/11
Tobias__21
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Äh ja, stimmt :) Gerade nochmal geschaut, den Wechsel den Rechtsmittels wollen sie als Frage 2 thematisiert haben. Ich würde jetzt einfach ein Revisionsgutachten machen und nach Verfahrens- und Sachrügen unterteilen. Was anderes fällt mir nicht ein.

Warum schreiben die nicht einfach: Die Erfolgsaussichten (ohne Zulässigkeit) einer etwaigen Revision sind zu begutachten?

Ich soll übrigens auch hinsichtlich Beweiswürdigung und Strafzumessung auch auf die Fehler im Protokoll abstellen :-k Da steht gar nichts zu im Urteil. Soll ich dann eine eigene Beweiswürdigung vornehmen, oder wie? Scheiss Klausur....
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thh
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von thh »

Ara hat geschrieben:Nein sie wird Anklagebehörde. Die Ermittlungshoheit geht auf das Gericht über.
Auch der Anklagevertreter ist weiterhin verpflichtet, die tatsächlichen und rechtlichen Fragen sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten des Angeklagten zu klären; die Staatsanwaltschaft ist auch in der Hauptverhandlung nicht Partei.

(Und sie ist auch weiterhin zur Durchführung von Ermittlungen - ohne Einschaltung des Gerichts - befugt.)
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Ara
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

thh hat geschrieben:
Ara hat geschrieben:Nein sie wird Anklagebehörde. Die Ermittlungshoheit geht auf das Gericht über.
Auch der Anklagevertreter ist weiterhin verpflichtet, die tatsächlichen und rechtlichen Fragen sowohl zu Lasten als auch zu Gunsten des Angeklagten zu klären; die Staatsanwaltschaft ist auch in der Hauptverhandlung nicht Partei.

(Und sie ist auch weiterhin zur Durchführung von Ermittlungen - ohne Einschaltung des Gerichts - befugt.)
Ja aber wie hier im Thread schon mehrfach erklärt nur noch aus Art. 20 III GG und nicht mehr aus § 160 II StPO. Das ist ein anderer Maßstab.
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Ara
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Ara »

Beim Vorbehaltsurteil im Urkundenprozess wird immer gesagt, dass im Tatbestand irgendwo angegeben werden muss, dass der Beklagte widersprochen hat.

Reicht es aber nicht, dass im TB steht, dass der Beklagte die Klageabweisung beantragt hat, um deutlich zu machen, dass er widersprochen hat?
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Reicht aus. Der Widerspruch muss ja nicht begründet werden und kann auch im Antrag auf Klageabweisung gesehen werden. Es muss lediglich deutlich werden, dass er sich einer vobehaltlosen Verurteilung widersetzt.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Kann / sollte man Trunkenheitsfahrten über 1,1 Promille nach 153a StPO einstellen? Der Entzug der FE und die anderen Nebenfolgen sind ja von einer Verurteilung abhängig. Das kann man ja wohl nicht isoliert anordnen, wenn man das Verfahren gegen Auflagen einstellt, oder seh ich das falsch? Die Führerscheinstelle wird ja so oder so reagieren und die FE ggf. behördlich entziehen, oder ein Fahrverbot anordnen. Kommt das in der Praxis vor, dass man Trunkenheitsfahrten einstellt. Bspw. wenn nur knapp über 1,1, Täter nicht vorbestraft, geständig/reuig, usw. Oder macht man das generell nicht, um die FE eben auch gerichtlich entziehen zu können, da das ja der Regelfall ist und man solche Fälle auch sicher gleich behandelt wissen will?

Andererseits stellt man ja auch massig BtM Delikte ein und da stehen ja auch manchmal Führerschein / Fahrerlaubsnisfragen im Raum. Da wird ja dann eine Mitteilung an die Behörde erfolgen und die machen dann alles weitere, pinkeln schicken, etc. Von daher wäre es ja nicht so wild, wenn eine Trunkenheitsfahrt einstellen würde und die FE nicht gerichtlich entzieht, da es ja immer noch die Behörde gibt.

Übrigens kein realer Fall, ich habe mich das nur gerade gefragt. Ist ja schon etwas doof, wenn man sich nie was zu schulden hat kommen lassen und es für eine Trunkenheitsfahrt direkt eine Vorstrafe hagelt (auch wenn sie nicht im Führungszeugnis steht). Und nein, HKP, ich bin nicht betrunken gefahren :D :D
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Eagnai »

Tobias__21 hat geschrieben:Kann / sollte man Trunkenheitsfahrten über 1,1 Promille nach 153a StPO einstellen? Der Entzug der FE und die anderen Nebenfolgen sind ja von einer Verurteilung abhängig.
Eben - deshalb wird (zumindest bei uns) eine Trunkenheitsfahrt höchstens in Ausnahmefällen mal eingestellt (denkbar z.B. bei sehr kurzer Fahrstrecke zur Nachtzeit in einer Gegend, wo kein Verkehrsaufkommen herrscht), im Normalfall gibt es eine Verurteilung.
Tobias__21 hat geschrieben:Ist ja schon etwas doof, wenn man sich nie was zu schulden hat kommen lassen und es für eine Trunkenheitsfahrt direkt eine Vorstrafe hagelt (auch wenn sie nicht im Führungszeugnis steht).
Klar ist das doof - aber mit über 1,1 Promille ein Kraftfahrzeug zu führen, ist eben auch sehr doof und vor allem auch gefährlich nicht nur für den Täter selbst, sondern auch für alle anderen Verkehrsteilnehmer.

Wer meint, sowas tun zu müssen, muss dann eben mit den 30 Tagessätzen leben, die er dafür bekommt. Das ist ja nun nicht die Welt, und wie du schon sagst - im Führungszeugnis taucht es nicht auf.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Absolute Zustimmung. Besoffen fahren geht gar nicht. Andererseits kann es ja wirklich auch mal eine einmalige Verfehlung sein. Aber im Endeffekt jucken die 30 TS ja wirklich nicht, interessanter ist ja der 69 StGB. Die Indizwirkung kann man ja in Ausnahmefällen widerlegen wenn einiges zusammenkommt, bspw: 111a schon gekriegt, einmalige Verfehlung, nur knapp über 1,1, Verlust des Arbeitsplatzes + freiwillige Teilnahme an einem Aufbauseminar (wobei einer der Gründe für sich alleine nicht ausreichen würde von der Indizwirkung abzurücken). Wenn das Gericht vom 69 absieht, dürfte doch der § 3 IV StVG gelten und auch die Behörde kann die FE nun nicht mehr aus Gründen der Ungeeignetheit entziehen? Bei einer bloßen Einstellung nach 153a, könnte sie ja noch entziehen?

Von daher wäre es doch geschickter als Verteidiger die Geldstrafe zu nehmen, versuchen den 69 zu killen und nicht auf eine Einstellung zu gehen, wenn es dem Mandanten (wie meist) um seinen Führerschein geht? Sonst könnte ja später noch die Behörde reingrätschen.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Tobias__21 hat geschrieben:Und nein, HKP, ich bin nicht betrunken gefahren :D :D
:)
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von julée »

Es dürfte in aller Regel mehr als angemessen sein, demjenigen, der mit > 1,1 Promille am Steuer erwischt wird, den § 69 StGB nicht zu ersparen. Also warum sollten StA und Gericht an solchen tollen Verteidigungsstrategien mitwirken?
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Naja, ich habe mir eben die Frage gestellt, was einem als Verteidiger bei Trunkenheitsfahrten groß übrig bleibt, außer an der Strafzumessung zu drehen. Und es gab ja auch durchaus schon Entscheidungen, bei denen von § 69 trotz < 1,1 Promille abgesehen wurde. Das hat ja auch nichts mit tollen Verteidigungsstrategien zu tun, sondern mit Einzelfällen in denen das Gebrauchmachen von § 69 nicht verhältnismäßig ist, weil die Indizwirkung widerlegt ist.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Tobias__21 »

Fürs materielle Familienrecht Hemmer oder A/S? Oder was ganz anderes?

Von Wellenhofer hab ich bis jetzt auch nur gutes gehört. Schwab wäre wohl der Klassiker. Bisschen was weiß ich natürlich schon, es geht mir hauptsächlich um klausurrelevante Fragestellungen und Verknüpfungen zum Sachenrecht, etc.
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Re: Exmatrikulation vor Ref und andere Fragen

Beitrag von Honigkuchenpferd »

Du kannst mit allem nicht viel falsch machen; ich würde hier aber tatsächlich eher zu einem Skript raten wollen.
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