Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

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juraklasse
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Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von juraklasse »

Hallo zusammen,

Kaiser ist ja bei den Rep-Anbietern für das zweite Examen führend. Ich frage mich aber, ob aus eurer Sicht der Besuch der Kurse (Wochenendkurse) überhaupt nützlich ist/war, oder ob nicht letztlich die Lektüre der Skripten ausreicht. Meine Fragen daher:

1. Lohnt sich der Besuch, oder würdet ihr eine Lektüre der Skripten als ausreichend ansehen? Man bekommt ja wohl keinerlei weiteres "Lernmaterial" iRd Seminare, außer den Skripten selbst. Was ist der Mehrwert?

2. Wie effektiv sind die Seminare? Ich kann mir irgendwie nicht so richtig erklären, wie ein derartiges zeitlich komprimiertes Rep funktionieren soll. V.a. wird doch die eigene Konzentration bei so langen Vorträgen irgendwann nachlassen oder? Hingegen ist mir ein (Mehr-)Wert von Jahreskursen zum 1./2. Examen ersichtlich, da man als Teilnehmer ja stetig Fragen zur letzen Stunde und zu bereis behandelten Themenkomplexen stellen kann, sodass der gesamte Kurs logisch und strukturiert aufeinander aufbaut.

3. Ist der Inhalt mit einer intensiven AG zu vergleich oder was ist besonders?

4. Ist ein Jahresrep (Hemmer/Alpmann etc) für das zweite Examen nicht effektiver als Kaiser?

5. Sofern ihr den Besuch der Kaiser-Seminare für sinnvoll erachtet, ab wann lohnt sich der Besuch bzw. ist dieser anzuraten?

Vielen Dank
OJ1988
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von OJ1988 »

Rückblickend lohnten die Seminare den Aufwand nicht. Der Mehrwert gegenüber der reinen Skript-Lektüre ist tatsächlich sehr begrenzt. Du bekommst i.W. nur noch eine Liste von "heißen Fällen" dazu, die du dir zur Not aber auch so besorgen kannst, indem du einfach regelmäßig in NJW und MDR schaust.
Gelöschter Nutzer

Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Wie mein Vorredner schon sagte, lohnen sich die Seminare wirklich nur sehr eingeschränkt. Es wird haargenau der Inhalt des jeweiligen Skriptes referiert, allerdings natürlich weit weniger detailliert, als man diesen im Skript wiederfindet. Wenn man nicht gerade besonders gut durch Zuhören lernt, lohnt sich meines Erachtens weder der monetäre noch der zeitliche Aufwand (das ganze Wochenende geht flöten).

Die angesprochenen Falllisten sind "nice to have", aber ob man neben dem restlichen Examensstoff die Zeit findet, sich die Entscheidungen alle durchzulesen, muss jeder selbst wissen. Ich habe es nicht geschafft.

Einzige Ausnahme zu der obigen Regel: In einem Seminar, zu dem es nur ein hoffnungslos veraltetes Skript gab, hat der Referent relativ viel (verhältnismäßig) neue BGH und BVerfG Rechtsprechung besprochen. Hierzu habe ich in der mündlichen Prüfung eine Frage bekommen, die man allein durch die Lektüre des (veralteten) Kaiser-Skriptes nicht hätte beantworten können und die mir in dem Teilbereich der Prüfung eine Punktzahl im hohen zweistelligen Bereich beschert hat. Ganz sicher hätte man dazu auch etwas in Lehrbüchern oder Aufsätzen gefunden, aber, siehe oben.. wer hat Zeit, das alles zu lesen? Das Ganze war natürlich der mega Zufall. Auch, dass ich mich im entscheidenden Moment daran erinnert hab.
julée
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von julée »

Wenn man nicht (mindestens) zwei Wochenenden pro Rechtsgebiet in einem Kaiserseminar verbringt, kann man ziemlich viele Entscheidungen u. ä. lesen.

Und wenn man mal berücksichtigt, dass dem Vernehmen nach (habe die Seminare selbst nicht besucht) von den zwei Tagen (abzüglich Pausen) geraume Zeit auf die Selbstdarstellung entfällt, ferner allgemeine Formalien usw. erörtert werden wollen (derartige Hinweise mögen berechtigt sein, weil es immer wieder viele falsch machen, aber dafür sollte man kein Seminar brauchen), andere Teilnehmer möglicherweise einen Haufen banaler Fragen stellen usw., dürfte es sich von selbst verstehen, dass relativ wenig Zeit für die Vermittlung von "Supergeheimwissen" bleibt, das man in den Skripten nicht darlegen konnte.
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Infinit-E
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von Infinit-E »

Also, ich habe mir fast alle Kaiserseminare angehört (außer StA-Klausur) und fand sie eigentlich durch die Bank sehr gut und hilfreich (außer Klausurentraining und Revisionsklausur).
Die Seminare orientieren sich teils mehr (z.B. Zivilgerichtsklausur), teils weniger (z.B. materielles Zivilrecht) an den Skripten (es wäre allerdings auch irgendwie komisch, wenn sie dort etwas komplett Anderes bringen würden). Sehr gut finde ich, dass wenn man kontinuierlich mitschreibt, man eine eigene Kurzfassung der wesentlichen Inhalte hat, die man vor den Klausuren schnell durchgehen kann. Das ist für mich auch der wesentliche Mehrwert der Seminare.
julée hat geschrieben: andere Teilnehmer möglicherweise einen Haufen banaler Fragen stellen
Das ist zumindest dort, wo ich die Seminare gehört habe (Dortmund), fast gar nicht vorgekommen. Leute, die Fragen hatten, haben diese meistens in der Pause gestellt.
Der Tritt ins Gesäß der unterstellten Mitarbeiterin gehört auch dann nicht zur "betrieblichen Tätigkeit" einer Vorgesetzten, wenn er mit der Absicht der Leistungsförderung oder Disziplinierung geschieht.
LAG Düsseldorf, Az: 12 (18) Sa 196/98
julée
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von julée »

160 € um unter Aufsicht eine Kurzfassung des Skripts zu schreiben, scheint mir aber eine ziemlich teure Angelegenheit zu sein. Im Idealfall sollte man die Skripten bereits in den Pflichtstationen durchgearbeitet haben, ggf auch unter Anfertigung eigener Zusammenfassungen.
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von Juratutorium »

Es kommt drauf an, was man für ein Lerntyp ist. Manchen langt es, die Skripte zu lesen. Manche verstehen die Skripte erst, nachdem sie audio-visuell im Kurs erklärt wurden.

Kaiser versucht für Kursteilnehmer einen Mehrwert durch die berühmten Urteilslisten und "besonders heiße" Tipps zu generieren. Das ist so ein bisschen wie Astro-TV, nur mit promovierten Moderatoren. Manche Kursleiter haben auch echte Comedyqualitäten. Wer für 90 Minuten bei Dieter Nuhr 80 Euro bezahlt, der bekommt für gerade mal das Doppelte zwei Tage lang Torsten Kaiser geboten und der ist nicht weniger witzig. Auf der anderen Seite kann die Geschichte auch sehr zäh sein. Insbesondere der ZPO-1 Kurs besteht am ersten Tag hauptsächlich aus Anmerkungen zum Tatbestand. Ob man auf Tekin Polats "Chef"-Humor und seine Fälle mit Ali und Anton steht, ist Geschmackssache.

Nicht zu unterschätzen ist jedenfalls der homöopathische Effekt der Veranstaltung. Viele Leute meinen, nach dem Besuch der Seminare ging es ihnen deutlich besser, auch wenn insoweit keine messbare Leistungsteigerung vorhanden war.
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von julée »

"Astro-TV" gefällt mir :D

Natürlich mag es eine interessante Option sein, sich einen Themenbereich, den man überhaupt nicht versteht, nochmal mündlich erläutern zu lassen und zu hoffen, es dann zu verstehen. Aber wer wirklich ein audio-visueller Lerntyp ist, der dürfte vermutlich mit einem Jahresrep besser fahren, da dort mehr Raum und Zeit zum Verstehen ist.

Der Fehler vieler Referendare dürfte es sein, das erste Jahr entspannt anzugehen, dann überrascht festzustellen, dass in weniger als 9 Monaten Examen ist und man auf keinen Fall mehr 10 Bücher / Skripte vernünftig durcharbeiten kann und dann - quasi als moderne Form des Ablasshandels - diverse Wochenenden bei Kaiser zu verbringen, in der Hoffnung es möge ein Wunder geschehen. Kann man sich m. E. alles ersparen.
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von Tibor »

Eben, gerade was das materielle Recht angeht.
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von OJ1988 »

Juratutorium hat geschrieben:Insbesondere der ZPO-1 Kurs besteht am ersten Tag hauptsächlich aus Anmerkungen zum Tatbestand. Ob man auf Tekin Polats "Chef"-Humor und seine Fälle mit Ali und Anton steht, ist Geschmackssache.
Schon wieder so ein Punkt (vormals ja bereits O-Töne aus dem Russack-Kurs), wo ich mich angesichts deiner Profilangaben frage: Woher, wenn nicht aufgrund einer Teilnahme an diesem Kurs in den letzten paar Jahren - so lange macht der Polat das nämlich noch nicht - weißt du das?
sai
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von sai »

Ich war in Dortmund beim materiellen Zivilrecht. In der Kanzlei hatten wir in der Anwaltsstation die Anwaltsklausur und Zwangsvollstreckungsrecht in einer Kleingruppe von Referendaren.

Die Kurse in der Kanzlei haben sich gelohnt. Da kamen die beiden Kaiserbrüder und haben Unterricht für vielleicht zehn Leute gemacht. Das setzt aber natürlich eine Kanzlei voraus, die sowas anbietet ;)

Der Kurs in Dortmund hat sich inhaltlich gar nicht gelohnt. Da wird in zwei Tagen das Skript durchgeprügelt. Zudem fand ich es von den Räumlichkeiten her ziemlich unangenehm. Da sitzen zweihundert (+ X) Leute auf engem Raum wie in einer Legebatterie. Was ganz nett ist, sind die Entscheidungen, auf die hingewiesen werden und die man selbst nicht immer auf dem Schirm haben würde. Das setzt natürlich aber auch das Examensglück voraus, dass die tatsächlich drankommen. Wenn der Typ dann aber wieder mit seinem "Schon wieder ein VOLLTREFFER im Januar 2016 in Sachsen-Anhalt!" anfängt, nervt das auch schnell.
juraklasse
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von juraklasse »

Vielen Dank für eure hilfreichen Antworten. Ich werde das "eingesparte" Geld dann wohl lieber in weitere Skripten/Lehrbücher stecken. In dem Zusammenhang vlt. noch eine weitere Frage, weil dies als ein Vorteil der Kaiser-Seminare genannt wurde, und zwar die aktuellen Fälle ("heißen Tipps").

Würdet ihr im Vorfeld des zweiten Examens viel Zeit/überhaupt Zeit in die Lektür von aktuellen Gerichtsentscheidungen (zB aus Ausbildungszeitschriften) stecken oder ist es letzlich überflüssig?

Ich weiß noch, dass ich im ersten Examen die RÜ des letzten Jahres durchgelesen/überflogen habe und tatsächlich auch ein Fall aus dieser drankam. Diesen erkannte ich aber in der Klausur nicht, wobei ich ihn entweder zuvor überlesen habe oder mich schon nicht mehr an ihn erinnern konnte. Ich tue mich schon nach dem Lesen von zwei oder drei Entscheidungen schwer die Lösung bzw. die Probleme des ersten Falles genau wiederzugeben. Letzlich war meine Lösung in der Klausur aber gut, obwohl sie von der Rspr.-Lösung erheblich abwich, was aber vermutlich im ersten Examen weniger schlimm ist als im zweiten.
Also nochmal konkret meine Frage: Ist es sinnvoll (viel) Zeit in die Lektüre von aktueller Rechtsprechung zu stecken, und wenn ja welcher Zeitraum ist empfehlenswert (die letzten 2-3 Monate vor dem Termin sind ja wohl eher zu vernachlässigen, da die Klausuren bereits einige Monate vor dem Termin konzipiert werden).

Vielen Dank
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von OJ1988 »

Ich habe vor dem 2. ein paar Wochen direkt vorher die aktuelle Rechtsprechung durchforstet. Letztlich hatte ich in einer Klausur einen Treffer, so sehr gelohnt hat sich das also nicht. Aber man wiederholt natürlich nebenbei automatisch das materielle Recht und auch vom Stil her bleibt vielleicht unterschwellig was hängen, wenn man wochenlang nur noch Entscheidungsgründe liest. Letztlich muss das jeder selbst wissen. Wenn man irgendwo noch größere Lücken hat, würde ich denen aber den Vorzug geben.
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von Kezzlerinho »

in meiner Kampagne kamen diese beiden Fälle, nachdem sie zuvor im Kaiser-Seminar besprochen wurden.
https://openjur.de/u/859587.html
https://dejure.org/dienste/vernetzung/r ... s%20170/14
Gerade das erste Urteil des OLG Stuttgart ist eine eher ungewohnte Konstellation - insbesondere für ne 5h Klausur: Falsche Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft und Beihilfe des Tatmittlers zu eben dieser Tat.
Wenn man das Problem kannte, konnte man da relativ leicht in den zweistelligen Bereich kommen.

Ansonsten habe ich keinen der Fälle als "heiße Tipps" wiedererkannt. Denke ich hatte mit 2 von 7 eine außergewöhnlich hohe Quote. Die beiden Fälle wurden aber nicht nur bei Kaiser sondern auch in der RÜ etc.besprochen.

Zu viel Zeit würde ich daher nicht in die Lektüre aktueller Rechtsprechung stecken. Insbesondere hilft es nur wenig, wenn man das "richtige" Ergebnis kennt oder zumindest meint es zu kennen, aber mit den Problemschwerpunkten des Falles sonst nichts anfangen kann...
Tobias__21
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Re: Kaiser-Seminare (REP) sinnvoll?

Beitrag von Tobias__21 »

Die Sache mit der falschen Verdächtigung wurde auch hier im Forum disktutiert :D
Having cats in the house is like living with art that sometimes throws up on the carpet
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