Abschlussverfügung + Gutachten?

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Klingeln und Pfeifen
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Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von Klingeln und Pfeifen »

Hallo zusammen,

kurze Frage. Ich bin frisch in der Staatsanwaltsstage und habe meine erste Akte bekommen. Meine Ausbilderin meinte, dass das Verfahren ihrer Meinung nach einzustellen sei. Dies Auffassung teile ich.
Schreibe ich jetzt "nur" die Abschlussverfügung inkl. Einstellungsbescheid oder mache vorher noch ein Gutachten (wie in einer Klausur)? Meine Ausbilderin hat nichts von einem Gutachten gesagt oder ist das üblich?
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thh
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von thh »

Klingeln und Pfeifen hat geschrieben:Schreibe ich jetzt "nur" die Abschlussverfügung inkl. Einstellungsbescheid oder mache vorher noch ein Gutachten (wie in einer Klausur)?
Üblicherweise ersteres.
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thryller
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten

Beitrag von thryller »

Wenn kein Gutachten gefordert ist, musst Du es nicht separat anfertigen. Tatsächtliche/rechtliche Erwägungen gehören in den Einstellungsvermerk (in diesem Beispiel unter Ziff. 1).
julée
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von julée »

In der Abschlussverfügung ist ja auch genügend Raum für einen Vermerk, warum man das jetzt wirklich einstellt, wenn man das nicht alles in den Einstellungsbescheid schreiben mag.
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von Eagnai »

Beim nächsten Mal einfach kurz fragen, was genau deine Ausbilderin alles von dir haben möchte.

Ich lasse meine Referendare immer nur die Abschlussverfügung und Anklage/Strafbefehl/Einstellungsbescheid schreiben und sage ihnen, dass alles andere, was sie für erörternswert halten, in Vermerkform in die Verfügung soll (wenn es nicht schon ins WE der Anklage passt).

Für mich gehört ein Gutachten nicht in die praktische Ausbildung, das schreibt in der Praxis ja schließlich kein Mensch - um das zu üben, ist aus meiner Sicht die AG da.

Es gibt aber durchaus auch Kollegen, die von ihren Referendaren ein Gutachten verlangen oder ihnen freistellen, zu Übungszwecken eins zu schreiben, daher ist nachfragen immer am besten.
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von Klingeln und Pfeifen »

Danke euch, ich werde es ohne Gutachten schreiben, da meine Ausbilderin nichts in der Richtung gesagt hat. Ansonsten bessere ich halt nach.
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Swann
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von Swann »

Klingeln und Pfeifen hat geschrieben:Danke euch, ich werde es ohne Gutachten schreiben, da meine Ausbilderin nichts in der Richtung gesagt hat. Ansonsten bessere ich halt nach.
Aber was willst du denn in das Gutachten schreiben, was du nicht ohnehin in die Verfügung schreiben würdest?
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von Klingeln und Pfeifen »

Kurze Frage zum Einstellungsbescheid:
Gehe ich hier zwingend auf alle Aspekte ein, die zur Einstellung geführt haben. Oder kann man sich zum Beispiel auf Ausführungen zum Vorsatz beschränken, wenn jedoch möglicherweise schon der objektive Tatbestand nicht erfüllt ist ?
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von Eagnai »

Dazu kann man nur sagen: Es kommt darauf an. ;)

Vom Grundsatz her sollte man schon versuchen, dem Anzeigeerstatter alle wesentlichen Gründe, die zu der Einstellung geführt haben, zu erklären - er soll deine Entscheidung ja nicht nur nachvollziehen können, sondern muss auch die Möglichkeit haben, zu entscheiden, ob er ggf. Beschwerde einlegen möchte. Das ist natürlich schwieriger, wenn er gar nicht alle Gründe kennt, die zu der Einstellung geführt haben.

Es kommt aber natürlich auch darauf an, wem man schreibt - wird der Anzeigeerstatter von einem Anwalt vertreten, schreibt man dem ja meist anders (z.B. mit mehr Fachbegriffen, rechtlichen Feinheiten etc.), als man ein direkt an den "Normalbürger" gerichtetes Schreiben verfassen würde.

In besonders sensiblen Fällen schreibe ich auch nicht immer alle Gründe in den Bescheid - bestehen z.B. bei der Anzeigeerstatterin eines Sexualdelikts Anhaltspunkte dafür, dass sie psychisch erkrankt ist und sich alles nur eingebildet hat, dann würde ich ihr kaum schreiben "... und außerdem glaube ich, dass Sie psychisch erkrankt sind und sich die Vergewaltigung nur eingebildet haben", sondern mich eher darauf beschränken, ihr zu erklären, dass Aussage gegen Aussage steht und wegen des Zweifelssatzes eine Verurteilung unwahrscheinlich wäre. Den Rest würde ich in Vermerkform niederlegen.

In deinem Fall ist es ohne nähere Sachverhaltskenntnis schwer zu sagen, was ich schreiben würde, aber wenn du schon Zweifel am objektiven Tatbestand hast, würde ich das zumindest nicht ganz außen vor lassen. Also kurz erklären, warum es schon beim objektiven Tatbestand Zweifel gibt, und dann mit etwas wie "Jedenfalls aber..." oder "Darüber hinaus..." zum subjektiven Tatbestand übergehen.
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Re: Abschlussverfügung + Gutachten?

Beitrag von Klingeln und Pfeifen »

Vielen Dank für die Antwort.
Es geht in meinem Fall um eine Anzeige wegen "falscher Verdächtigung", wobei für mich überhaupt fraglich ist, ob in der Anzeige überhaupt eine falsche Tatsachenbehauptung aufgestellt wurde. Es wurde nämlich behauptet, dass jemand im Parkverbot steht. Hier stellt sich mir die Frage, ob die Behauptung "A stand im Parkverbot" überhaupt eine Tatsache ist. Denn im vorliegenden Fall ist nicht eindeutig, dass an dieser Stelle überhaupt ein Parkverbot besteht. Es ist in jedem Fall eine rechtliche Subsumtion erforderlich. Selbst wenn man von einer Tatsachenbehauptung ausgeht, ist außerdem fraglich, ob diese auch "unwahr" ist. Die rechtliche Subsumtion ist mir mangels weiterer Angaben nicht möglich.

Selbst wenn man aber davon ausgehen wollen würde, dass tatsächlich kein Parkverbot vorlag, hätte der Anzeigende jedoch bloß die rechtliche Lage falsch eingeschätzt hat und wollte den Angezeigten jedenfalls nicht unrechtmäßig belasten (jedenfalls ist etwas anderes kaum nachweisbar). Insofern wäre das Verfahren so oder so einzustellen.
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