Konkurrenzen gefährliche KV

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[enigma]
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Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von [enigma] »

Ich komme bei einem einfachen Fall leider nicht darauf, wie man den abstrakten Anklagesatz und die dazugehörigen Konkurrenzen richtig und vor allem "schön" formuliert.

Derzeit lautet der abstrakte Anklagesatz:
Der Angeschuldigte wird daher beschuldigt,

durch drei rechtlich selbstständige Handlungen

1. Eine andere Person vorsätzlich körperlich mißhandelt zu haben.
2. Eine andere Person mittels eines gefährlichen Werkzeugs körperlich mißhandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben.
3. Eine andere Person vorsätzlich körperlich mißhandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben.

strafbar als Vergehen der gefährlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit zwei Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung
Ich würde 1 und 3 gerne zusammenfassen. Dann wird aber nicht klar, dass es in Fall 1 nur eine körperliche Mißhandlung und in Fall 3 eben auch eine Gesundheitsschädigung gab. Das halte ich auch für wichtig, da der Geschädigte durch die Gesundheitsschädigung die mit Abstand schwerste Verletzung erlitten hat.

Das zweite Problem habe ich mit Ziffer 2. Der Täter hat das Opfer erst mit einem gefährlichen Werkzeug geschlagen und es dann direkt im Anschluss mit großer Wucht gegen einen unbeweglichen Gegenstand geschleudert. Ich gehe davon aus, dass der Täter hier mit einem einheitlichen Willensentschluss handelte, also Tateinheit. Dann wird aus dem abstrakten Anklagesatz aber nicht mehr deutlich, dass der Täter ja zwei verschiedene gefährliche Werkzeuge eingesetzt hat und es tatsächlich zwei verschiedene Handlungen waren. Würde das schon reichen, um trotz des einheitlichen Willensentschlusses und des engen zeitlich-örtlichen Zusammenhangs von Tatmehrheit auszugehen? Ansonsten würde ja auch der Täter begünstigt, der von vorne herein mehrere Angriffe plant.

EDIT: Sehe gerade dass die Rechtsprechung bei unbeweglichen Gegenständen das gefährliche Werkzeug verneint, hatte ich anders in Erinnerung. Ändert aber nichts am Problem Tateinheit oder Tatmehrheit :)
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von Sebast1an »

durch drei rechtlich selbstständige Handlungen

1.-3. andere Personen vorsätzlich körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit geschädigt zu haben,
wobei er in einem Fall die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs begangen hat
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von [enigma] »

Danke, sowas in der Art schwebt mir auch vor. Allerdings muss ich doch deutlich machen, in welchem Fall nun eine Gesundheitsschädigung eintrat, oder?

Und

1.-3. andere Personen vorsätzlich körperlich mißhandelt und in Ziff. 3 zusätzlich an der Gesundheit geschädigt zu haben,
wobei er in Ziff. 2 die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs begangen hat

ist irgendwie auch nicht übersichtlicher als die ursprüngliche Lösung.
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von Sebast1an »

[enigma] hat geschrieben:Allerdings muss ich doch deutlich machen, in welchem Fall nun eine Gesundheitsschädigung eintrat, oder?
Es ist - meiner bescheidenen Erfahrung nach - zumindest in den Fällen der KV unüblich, sofern beide Alternativen erfüllt wurden. Solch eine Klarstellung macht die Anklageschrift für den Angeschuldigten nicht verständlicher oder informativer. Handlung, Erfolg/Folgen der Tat und Kausalität müssen dann ja noch im konkreten Anklagesatz ausreichend angesprochen werden. :-k
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von cad »

durch drei selbständige Handlungen

vorsätzlich eine andere Person körperlich misshandelt und in 2 Fällen (Nr. 2 und 3) an der Gesundheit geschädigt zu haben, wobei er in einen Fall (Nr. 2) die Körperverletzung mittels eines gefährlichen Werkzeugs beging.


Wo machst du das Ref? Die Einleitung "wird daher beschuldigt" habe ich noch nicht gesehen.
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von thh »

cad hat geschrieben:Wo machst du das Ref? Die Einleitung "wird daher beschuldigt" habe ich noch nicht gesehen.
Mutmaßlich in einem der Länder des web.sta-Verbundes; das ist jedenfalls die in den web.sta-Formularen verwendete Formulierung.
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von [enigma] »

Ja, im OLG Bezirk Karlsruhe. Selbst im Bezirk Stuttgart habe ich schon andere Muster für die Anklageschrift gesehen, das scheint also nicht mal im ganzen Land einheitlich gehandhabt zu werden. Bei uns kommt der konkrete Anklagesatz auch vor dem abstrakten ;) Ist wohl die "bayerische Form"?

Ich habe das nun so gelöst, dass ich die Taten 1 und 2 als einheitliche Tathandlung zu einer gefährlichen KV zusammengefasst habe. Materiellrechtlich fand ich das zwar nicht optimal (es kam halt darauf an, ob man zwischen den Tathandlungen eine Zäsur annimmt oder nicht, die Aktenlage war da nicht eindeutig) aber immerhin gut vertretbar. Am Ende war es laut Ausbilderin dann auch richtig so.
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von thh »

[enigma] hat geschrieben:Ja, im OLG Bezirk Karlsruhe. Selbst im Bezirk Stuttgart habe ich schon andere Muster für die Anklageschrift gesehen, das scheint also nicht mal im ganzen Land einheitlich gehandhabt zu werden. Bei uns kommt der konkrete Anklagesatz auch vor dem abstrakten ;) Ist wohl die "bayerische Form"?.
web.sta ist eine (federführend) bayrische Entwicklung und daher in den Texten bayrisch, ja. ("e"s bitte nach Bedarf einsetzen.)

Wo Anklagen noch oder auch außerhalb des Systems verfasst werden (das kann durchaus je nach Abteilung, je nach Dezernat oder auch innerhalb desselben Dezernats je nach Fall variieren), wird i.d.R. weiterhin die Form "NN wird angeschuldigt, er habe [Abstraktum] ...". Früher kam dann ganz klassisch der berühmte "indem"-Satz: "... indem er [Konkretum]"; heute ist eine Überschrift der Art "Die Staatsanwaltschaft legt dem Angeschuldigten folgenden Sachverhalt zur Last: [Konkretum]" üblicher, was den Vorteil hat, dass man es verstehen kann. Am Ende folgt in beiden Fällen "strafbar als [Tatbestände und angewendete Vorschriften]" bzw. "Diese Taten sind strafbar als ..."
[enigma] hat geschrieben:Ich habe das nun so gelöst, dass ich die Taten 1 und 2 als einheitliche Tathandlung zu einer gefährlichen KV zusammengefasst habe. Materiellrechtlich fand ich das zwar nicht optimal (es kam halt darauf an, ob man zwischen den Tathandlungen eine Zäsur annimmt oder nicht, die Aktenlage war da nicht eindeutig) aber immerhin gut vertretbar. Am Ende war es laut Ausbilderin dann auch richtig so.
Bei mehreren ähnlichen, aber nicht ganz gleichen Taten kann man m.E. ruhig versuchen, sie sinnvoll zusammenzufassen, muss sich aber nicht verkünsteln; wichtiger ist m.E. die Verständlichkeit. Wenn man die Nummerierung chronologisch gliedert und eine "Punktesache" anzuklagen hat, fasst man sicherlich besser bspw. die 5 Diebstähle und 3 Körperverletzungen zusammen, statt das Abstraktum jeweils immer zu wiederholen; wenn aber auch mal eine gefährliche Körperverletzung dabei ist, kann es besser verständlich sein, diese gesondert aufzuführen, als Monstren zu produzieren wie:

"1.-2., 7., 9. und 12. - in fünf rechtlich selbständigen Handlungen - eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt, wobei die Körperverletzung in einem Fall (Ziff. 7) mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs und in zwei Fällen (Ziff. 7 und 9) mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wurde und er in einem weiteren Fall (Ziff. 12) in rechtlich derselben Handlung einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens bedroht hat"
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von [enigma] »

thh hat geschrieben:
"1.-2., 7., 9. und 12. - in fünf rechtlich selbständigen Handlungen - eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt, wobei die Körperverletzung in einem Fall (Ziff. 7) mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs und in zwei Fällen (Ziff. 7 und 9) mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wurde und er in einem weiteren Fall (Ziff. 12) in rechtlich derselben Handlung einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens bedroht hat"
=D> Ja, das finde ich bei den praktischen Entwürfen derzeit noch recht schwer. In den Klausuren waren die Konstellationen immer einfacher oder zumindest klarer.
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von cad »

thh hat geschrieben:
cad hat geschrieben:Wo machst du das Ref? Die Einleitung "wird daher beschuldigt" habe ich noch nicht gesehen.
Mutmaßlich in einem der Länder des web.sta-Verbundes; das ist jedenfalls die in den web.sta-Formularen verwendete Formulierung.
Achso, danke. Das erklärt die Unterschiede und Gemeinsamkeiten verschiedener Länder. Scheint mir das Pendant zu Mesta+Acusta zu sein.
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von OJ1988 »

[enigma] hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
"1.-2., 7., 9. und 12. - in fünf rechtlich selbständigen Handlungen - eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt, wobei die Körperverletzung in einem Fall (Ziff. 7) mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs und in zwei Fällen (Ziff. 7 und 9) mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wurde und er in einem weiteren Fall (Ziff. 12) in rechtlich derselben Handlung einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens bedroht hat"
=D> Ja, das finde ich bei den praktischen Entwürfen derzeit noch recht schwer. In den Klausuren waren die Konstellationen immer einfacher oder zumindest klarer.
Und der konkrete Gegenvorschlag zu diesen "Monstren" (die ich gar nicht soooo schlimm finde) wäre dann?
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von [enigma] »

Es kommt halt auf den Fall an. In OK- oder Wirtschaftsstrafsachen lässt sich sowas wohl kaum vermeiden. Wenn es geht und übersichtlicher ist, macht man ne Nummernsache draus. In meinem Fall wäre nach der ursprünglichen Lösung die Zusammenfassung aber viel unschöner gewesen. Ist ja auch Geschmackssache.

Meine Ausbilderin legt leider viel Wert darauf, dass ich jeden einzelnen Satz genau so formuliere, wie sie es "am schönsten" findet und hält alles andere für falsch. Also bemühe ich mich durchaus, ihren Stil so gut wie möglich zu treffen.
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Re: Konkurrenzen gefährliche KV

Beitrag von thh »

OJ1988 hat geschrieben:
[enigma] hat geschrieben:
thh hat geschrieben:
"1.-2., 7., 9. und 12. - in fünf rechtlich selbständigen Handlungen - eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt, wobei die Körperverletzung in einem Fall (Ziff. 7) mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs und in zwei Fällen (Ziff. 7 und 9) mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wurde und er in einem weiteren Fall (Ziff. 12) in rechtlich derselben Handlung einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens bedroht hat"
=D> Ja, das finde ich bei den praktischen Entwürfen derzeit noch recht schwer. In den Klausuren waren die Konstellationen immer einfacher oder zumindest klarer.
Und der konkrete Gegenvorschlag zu diesen "Monstren" (die ich gar nicht soooo schlimm finde) wäre dann?
Naja, es ist mit 1., 2., 7., 9. und 12. ja nicht getan, da gibt es dann noch einige Taten mehr ...

Man könnte beispielsweise formulieren:

"1.-2. - in zwei rechtlich selbständigen Handlungen - eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt
[folgt Ziff. 3.-6.]
7. eine andere Person mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs und mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt
[folgt Ziff. 8.]
9. eine andere Person mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt
[folgt Ziff. 10.-11.]
12. eine andere Person körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt und in rechtlich derselben Handlung einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn gerichteten Verbrechens bedroht
[folgt Ziff. 13. ff]"

Ob man (wie im ersten Beispiel) zusammenfasst oder lieber (wie im zweiten Beispiel) mehrfach ähnliche Tatbestände wiederholt, würde ich davon abhängig machen, ob bei einer Zusammenfassung die Verständlichkeit noch hinreichend gewahrt ist. Im Zweifel lieber Wiederholungen als Chaos.

(Es kommt nicht völlig selten vor, dass ausweislich von Revisionsentscheidungen des BGH auch Große Strafkammern den Überblick verloren haben und entweder Taten nicht oder gar doppelt aburteilen. Das kann man mit einer sauberen, durchlaufenden Nummerierung in Abstraktum, Konkretum und Auflistung der Vorschriften und eine möglichst wenig verwirrende Fassung auch des abstrakten Anklagesatzes zu vermeiden helfen. Dazu gehört nicht ganz zuletzt auch eine saubere drucktechnische Gestaltung.)
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