Urteil ohne mündliche Verhandlung

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Gelöschter Nutzer

Urteil ohne mündliche Verhandlung

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Habe folgendes Problem:

Ich muss eine Relation für meinen Richter schreiben und bin jetzt zu dem Ergebnis gekommen, dass die Klage schon unschlüssig ist (weil keine Anspruchsgrunsgrundlagen greifen)!

Nun ist die Sache ja eigentlich entscheidungsreif und ich müsste an meine Relation noch ein Urteil dranhängen.
Problem ist aber, dass noch gar keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat.

Darf man in so einem Fall überhaupt ein Urteil schreiben (und dann an der relevanten Stelle das Datum der mündlichen Verhandlung weglassen: also "In dem Rechtsstreit hat das AG durch die mündliche VErhandlung vom ... für Recht erkannt")
oder hänge ich in diesem Fall meiner Relation kein Urteil an, da das Gericht doch eigentlich die Pflicht hat den STreit mit den Parteien zu erörtern und die Parteien die Möglichkeit bekommen soll ihre Auffassungen mündlich vorzutragen!

Ich weiß, eine sehr spezielle Frage, aber vielleicht kann mir ja jmd. helfen!
Okudera
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Beitrag von Okudera »

nein, kein urteil

in so einem fall muss zwingend hinweisbeschluss ergehen, sonst liegt schon ein rechtsfehler vor (überraschungsentscheidung, 139 ZPO), so dass die sache nicht berufungsfest wäre
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

hinweisbeschluss
Wahrscheinlich absolute blöde Frage eines Anfängers: Hinweis worauf?
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schlafkatze
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Beitrag von schlafkatze »

weshalb die klage unschlüssig ist.
Der öffentliche Dienst braucht gar nicht für sich zu werben. Das ist wie Freibier auf der Wiesn, da braucht es auch keine konzertierten Marketinganstrengungen.
j 20.07.07
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Ja, ich habe gerade im Anders/Gehle nachgeschlagen - dort heißt es, dass solche Hinweisbeschlüsse keine Begründung enthalten! Also nehme ich mal an, dass ich nicht wie in den Entscheidungsgründen begründe, warum die Klage unschlüssig ist (also nicht auf die einzelnen Anspruchsgrundlagen etc. eingehe), aber wie dann?

Im ANders/Gehle ist leider nur ein Muster enthalten, was aber nicht auf die Konstellation ausgerichtet ist, dass die Klage unschlüssig ist!
Gibt es irgendeine Seite im Netz oder ein Buch, wo ein solches Muster enthalten ist? Oder hat jmd. von euch einen Tipp, wie man das Ganze zu formulieren hat?

Jedenfalls "Danke" euch für euren Hinweis! Hat mir wirklich weiter geholfen!

Gruß,
Bluebird
PS: Ist eine Sache also NIE entscheidungsreif, bevor die mündliche Verhandlung stattgefunden hat?
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schlafkatze
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Beitrag von schlafkatze »

formulier einfach irgendwie a la " es ergeht folgender hinweis: die klage ist nach auffassung der kammer (wer auch immer) unschlüssig. der kläger versäumt insbesondere darzulegen ....
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j 20.07.07
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

@schlafkatze:
Erstmal "Danke für den Tipp"!
der kläger versäumt insbesondere darzulegen
Problem ist: Der Kläger hat alles dargelegt, nur keiner der Ansprüche geht aus materieller Sicht durch (also nicht etwa, weil der Kläger seiner Darlegungslast bzw. Beweislast nicht nachgekommen ist, sondern weil z.B. 1. keine Frist gesetzt wurde, 2. Rücktritt ausgeschlossen ist etc.)
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schlafkatze
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Beitrag von schlafkatze »

ok. in diesem fall würd ich, da ich auch kein großer freund von allzu detaillierten hinweisen bin (haben wir nicht schließlich alle jura studiert) ein urteil schreiben. da musst du aber aufpassen, daß du für dich alle nur ansatzweise in betracht kommenden anspruchsgrundlagen durchgehst (iura novit curia!) und nicht nur diejenigen, die der kläger angerissen hat
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j 20.07.07
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

mmmhh, aber würde das nicht gegen § 139 bzw. 278 IVZPO verstoßen (wie Okudera schon schrieb: Überraschungsentscheidung!) ... zumindest habe ich es so verstanden, als ich im Putzo die KOmmentierung zu 278 IV jetzt nachgelesen habe - dort heißt es: Es kommt nicht darauf an, ob die Partei diesen GEsichtspunkt und seine Erheblichkeit hätte erkennen müssen. Muss sich also das Gericht im Urteil mit einem rechtlichen Gesichtspunkt auseinandersetzen, auf den keine Partei eingegangen ist, so ist i.d.R. davon auszugehen, dass er übersehen ist.

In diesem Zusammenhang nochmal die Frage: Ist eine Sache also NIE entscheidungsreif, bevor die mündliche Verhandlung stattgefunden hat?
Denn wenn es so wäre, dürfte ja auf keinen Fall ein Urteil erlassen werden!
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Also im Anders/Gehle steht, dass Hinweisbeschlüssen keine Begründung enthalten!

Jetzt bin ich ganz verwirrt: Schreibt man also nur "Das Gericht weist darauf hin, dass es die Klage für unschlüssig hält"?
Wäre ja etw. wenig, aber vielleicht weiß noch jmd. was dazu!
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Beitrag von schlafkatze »

bei meinen urteilen, die ich grundsätzlich alle vor der mdl verhandlung anhand der schriftsätze geschrieben habe, war die sache schon vor der mdl verhandlung entscheidungsreif, weil die parteien im prozeß auch nichts neues mehr vorgebracht haben und keine zeugen oä gehört werden mussten... der richter wusste es auch sehr zu schätzen, daß ich einfach ein urteil geschrieben habe und nicht lang rumgetan. das lag halt dann in der akte vorne auif der richerbank während der verhandlung. insofern kann ich mich deiner aussage, daß eine sache nie entscheidungsreif sein kann vor einer mdl verhandlung, nicht anschließen.

wenn nun die konstellation so ist, daß der kläger eine rechtlichen gesichtspunkt übersehen hat und daher nichts dazu vorgetragen hat, dann musst du hinweisen (s.o.).
aber es gibt auch fälle, in denen hat der kläger einfach keinen anspruch (obwohl er es meint -- hatte ich diverse, va prospekthaftungsfälle, in denen der kläger meinte, der beklagte wäre in den "verpflichtetenkreis" miteinbezogen, was er rein tatsächlich nicht war): was willst du da groß hinweisen???
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j 20.07.07
Culpa
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Beitrag von Culpa »

Ich würde ein Urteil schreiben.

Aber mal eine Frage zur Relation: Wenn du dazu kommst, das die Klage nicht schlüssig ist, musst du doch gleich nach dem Klägervortrag die Relation beenden. Es ist ja dann die Prüfung ob der Beklagtenvortrag erheblich ist, ziemlich sinnlos. Wäre dann ja eine sehr kurze Relation.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

was willst du da groß hinweisen???
Tja, das frage ich mich auch, aber im Anders/Gehle steht ganz klar: ein Urteil erfordert zwingend eine mündliche Verhandlung. davor dürfen nur Beschlüsse ergehen!


@Culpa:
Es ist so: Wenn ich in meiner Relation dem BGH folge, komme ich dazu, dass der Kläger keine Ansprüche hat - wenn ich der Literatur folge, komme ich dazu, dass der Kläger Ansprüche hat - es ist ein großer Meinungsstreit, zum dem der BGH eine Grundsatzentscheidung getroffen hat. Daher habe ich mich jetzt dem BGH angeschlossen und den Streit ziemlich ausführlich dargestellt, so dass ich (trotz nur Abhandlung der Klägerstation) auf 10-11 Seiten (mit Sachbericht) komme.
Weiß jetzt allerdings nicht, ob das viel oder wenig ist, da es ja meine 1. Arbeit beim Richter ist!
Hab aber auch lange überlegt, ob ich nicht geschickterweise der Lit. folgen soll, damit ich noch zur Beklagtenstation komme, aber hielt es in der PRaxis eher für unangebracht!
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schlafkatze
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Beitrag von schlafkatze »

es findet dann halt eine mündliche verhandlung statt (urteil in der akte deines dir dann sehr dankbaren richters), die dauert 10 minuten, dann ergeht urteilmit dem inhalt "die klage wird abgewiesen - grund: unschlüssig". dieses urteil hast du schon vorbereitet. fertig.
mach dir mal nicht so den kopf!
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j 20.07.07
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

mach dir mal nicht so den kopf!
Wahrscheinlich hast Du recht und ich mache mir einfach zu viele Gedanken, da es meine 1. Arbeit beim Richter ist und da will man sich ja nicht gleich blamieren!

Wie würdest Du denn das Urteil verfassen? Also einfach an der relevanten Stelle das Datum der mündlichen Verhandlung weglassen: also "In dem Rechtsstreit hat das AG durch die mündliche VErhandlung vom ... für Recht erkannt"?
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