Ist bei 10 Punkten Schluss?

Alle Themen rund um das Referendariat (Organisation, Ablauf, Wahlstation im Ausland etc.)

Moderator: Verwaltung

Gelöschter Nutzer

Ist bei 10 Punkten Schluss?

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Habe mir gerade eine Assessorklausur in einer renommierten Ausbildungszeitschrift angeschaut. Es ging um eine Klage einer Studentin gegen das Ergebnis des Ersten Staatsexamens, die der Einzelrichter am VG ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid als unzulässig abgewiesen hat. Die Rechtsprobleme sind dabei einigermaßen diffus und schwierig zu beurteilen. Das anwaltliche Vorgehen soll empfohlen und entsprechende Schriftsätze sollen entworfen werden. Der Fall stammt aus Sachsen-Anhalt, ebenso der Verfasser, der am Ende schreibt:
Zur Bewertung: Wer den Antrag auf mündliche Verhandlung und die Empfehlung des richtigen Weges einigermaßen hinbekommt, bei dem Antrag auf Zulassung der Berufung aber nur prüfungsrechtliche Antworten bringt, erhält ein „ausreichend“. Wer aber zusätzlich einen der beiden Problembereiche der Klausur, die Überraschungsentscheidung oder die fehlenden Gründe, befriedigend löst, kann 10 Punkte erhalten.
Das heißt also, dass man nicht über 10 Punkte hinauskommen kann. Und tatsächlich hatten in Sachsen-Anhalt letztes Jahr ganze 7 Leute ein vb im 2., eine höhere Notenstufe niemand.

Kann man dagegen nicht vorgehen, wenn schon ein Prüfer im 2. Examen in einer Fachzeitschrift offiziell verlautbart, dass bei 10 Punkten faktisch Schluss ist?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Da steht: Wer die Probleme befriedigend löst, bekommt 10 P.
Ergo: Wer sie exzellent löst, bekommt 18 P.

Was meinst du mit "vorgehen"? Wogegen genau? Klage gegen die JuS, oder was!? ;-)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Manolaw hat geschrieben:Da steht: Wer die Probleme befriedigend löst, bekommt 10 P.
Ergo: Wer sie exzellent löst, bekommt 18 P.
Das ist doch Haarspalterei. Fakt ist, dass bestimmte Noten so gut wie nie vergeben werden- und das ist pervers, weil bei 15.000 Absolventen jedes Jahr eigentlich die Gauß'sche Normalverteilungskurve gegeben sein müsste. Deren Glocke ist aber bei uns extrem nach rechts verschoben.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Das weiß aber doch letztendlich jeder, sonst würde man ja nicht mit 9 von möglichen 18 Punkten ein Prädikat haben... Ich gebe Dir recht, dass das System ein wenig pervers ist, ich denke nur an die lustigen Diskussionen im Verwandtenkreis: "Ach, Du hast 8 Punkte in einer Klausur und freust Dich? Wieviele Punkte gibt es denn? Was, 18???" Das dauert ein paar Semester, bis man allen erklärt hat, dass es theoretisch 18 Punkte gibt, man sich aber praktisch schon über 9 Punkte im Examen oder einer Klausur freut wie ein Schnitzel. :)
Benutzeravatar
schlafkatze
Super Mega Power User
Super Mega Power User
Beiträge: 5532
Registriert: Samstag 3. April 2004, 14:04
Ausbildungslevel: Ass. iur.

Beitrag von schlafkatze »

es gibt genug leute mit 10 und mehr punkten im examen, womit schon das gegenteil bewiesen wäre.
Der öffentliche Dienst braucht gar nicht für sich zu werben. Das ist wie Freibier auf der Wiesn, da braucht es auch keine konzertierten Marketinganstrengungen.
j 20.07.07
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Abgesehen nützt inflationäre Notenvergabe wirklich niemandem. Wenn alle gut oder sehr gut abschließen (wie in manchen Studiengängen), kann sich der/die wirklich überdurchschnittliche KandidatIn nicht mehr abheben.
Benutzeravatar
Kiesela
Urgestein
Urgestein
Beiträge: 7462
Registriert: Mittwoch 12. Januar 2005, 14:55

Beitrag von Kiesela »

Stimme Dir voll und ganz zu - sinnlos ist es aber auch, eine Notenskala zu haben, deren oberer Bereich so gut wie ungenutzt bleibt. Man könnte die übliche Notenvergabe doch auch um sagen wir mal zwei Pünktchen nach oben verschieben, dann gäbe es zumindest auch ab und an mal Leute mit 15 oder 16 Punkten im Examen.
Flanke
Power User
Power User
Beiträge: 625
Registriert: Freitag 26. November 2004, 14:11
Ausbildungslevel: Interessierter Laie

Beitrag von Flanke »

Ich bin weniger fürs Verschieben als fürs Differenzieren: Zur Zeit ist der Unterschied zwischen 4 und 7 Punkten in einer Klausur viel, viel größer als der zwischen 13 und 16. Ich versuche als Korrektor vor allem immer, die Gleichmacherei in der Mitte zu beenden. Andererseits bedeutet das, dass es für eine wirklich miese Leistung 0 oder 1 Punkte gibt und "2 Punkte gibt es immer" eben nicht gilt.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Manolaw hat geschrieben:Abgesehen nützt inflationäre Notenvergabe wirklich niemandem. Wenn alle gut oder sehr gut abschließen (wie in manchen Studiengängen), kann sich der/die wirklich überdurchschnittliche KandidatIn nicht mehr abheben.

Niemand hat was von inflationärer Notenvergabe gesagt geschweige denn eine solche gefordert.

Nach der mathematischen Normalverteilung (und die sollte bei vielen tausend "Versuchspersonen" eigentlich ziemlich exakt, da repräsentativ zutreffen) ist es aber so, dass es viele in der Mitte gibt und wenig Gute/Schlechte.

Also müsste es genauso viele Leute von 0-3 geben wie von 15-18. Rein mathematisch, wie gesagt. Dass das nicht so ist, zeigt, dass die Notenskala nicht proportional gehandhabt wird, was sie aber suggeriert.

In der Sache gebe ich Dir durchaus recht, sehe aber z.B. nicht ein, warum es bei uns nötig war, noch diese "vb"-Stufe zusätzlich einzubauen.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Es kommt doch allein auf die Relativität der Noten an. Ob jemand als herausragend gilt, der nominell 18 Punkte oder "nur" 13 hat, ist dafür letztlich egal. Ist eben Tradition, dass man schon ab der Mitte der Notenskala als guter Kandidat gilt.
Da das auch jeder weiß, spielt die Zahl an sich keine Rolle.

Egal, wir können eh nix dran ändern.

Über´s Verschieben könnte man aber mal nachdenken: Zwar erscheint das erstmal als Ungerechtigkeit gegenüber früheren Generationen, andererseits glaube ich, dass das Studium immer schwerer wird. Die Stoffmenge schwillt dermaßen an, dass es früher wirklich leichter war, ein gutes Examen zu machen.
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Eine Verschiebung um 2-3 Punkte wäre denke ich schon angebracht.

Vor allem- wie schon gesagt wurde- aufgrund der Stoffmenge.
Benutzeravatar
nemesis
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 826
Registriert: Donnerstag 16. Dezember 2004, 18:37

Beitrag von nemesis »

Manolaw hat geschrieben: Über´s Verschieben könnte man aber mal nachdenken: Zwar erscheint das erstmal als Ungerechtigkeit gegenüber früheren Generationen, andererseits glaube ich, dass das Studium immer schwerer wird. Die Stoffmenge schwillt dermaßen an, dass es früher wirklich leichter war, ein gutes Examen zu machen.
Wann ist früher? Wenn dem so wäre, müßte das ja auch statistisch zu belegen sein. Die Examensergebnisse 2004 waren aber doch ganz ordentlich. Wieso sollte man das System ändern, wenn es sich bewährt hat und dadurch Ungerechtigkeiten gegenüber früheren Generationen schaffen?
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Naja, "ganz ordentlich" heißt ja wahrscheinlich Schnitt von 6-7 Punkten. Das Wissen eines heutigen Kandidaten wird aber vermutlich deutlich größer sein als das eines Kandidaten von vor 10, 15 oder 20 Jahren. Dass beide aber nominell die gleiche Note haben, erscheint dann nicht ganz fair.
Abgesehen davon sind frühere Generationen längst im Beruf etabliert und daher nicht "schutzwürdig".
Benutzeravatar
nemesis
Super Power User
Super Power User
Beiträge: 826
Registriert: Donnerstag 16. Dezember 2004, 18:37

Beitrag von nemesis »

Manolaw hat geschrieben:Naja, "ganz ordentlich" heißt ja wahrscheinlich Schnitt von 6-7 Punkten. Das Wissen eines heutigen Kandidaten wird aber vermutlich deutlich größer sein als das eines Kandidaten von vor 10, 15 oder 20 Jahren. Dass beide aber nominell die gleiche Note haben, erscheint dann nicht ganz fair.
Es wäre hier interessant, die jeweiligen Prüfungsordnungen zu vergleichen. Ich bezweifle, daß sich das Wissen eines Kandidaten von vor 10 Jahren quantitativ deutlich von dem Wissen eines heutigen Kandidaten unterscheidet. Einerseits ist jetzt zwar das Europarecht Pflichtstoff, dafür muß man aber auch kein Scheck- und Wechselrecht mehr können.

Ok, kurz nach dem Krieg dürfte das anders gewesen sein.
Abgesehen davon sind frühere Generationen längst im Beruf etabliert und daher nicht "schutzwürdig".
Was ist mit Konkurrenten, die ihr Examen z.B. vor fünf Jahren gemacht haben und noch nicht im Beruf etabliert sind? (wegen Doktorarbeit z.B.)
Gelöschter Nutzer

Beitrag von Gelöschter Nutzer »

Jemand mit Dr.-Titel hat wahrscheinlich die wenigsten Probleme.

Lies mal das Vorwort zum aktuellen Tröndle/Fischer: Früher stand da, dass die Strafrechtsliteratur kaum überschaubar ist, jetzt: nicht mehr überschaubar!
Wenn schon die Kommentatoren den Kampf mit der Papierflut aufgeben, tun mir künftige Studentengenerationen echt leid! Solche Probleme gab es früher nicht. Da reichte es, die wichtigsten Bücher gelesen zu haben. Heute kann niemand mehr sagen, welche Bücher wichtig sind. Allein die Rep.-Skripten sind auf zigtausende Seiten angeschwollen.

Das gebe ich mal zu bedenken.
Antworten