Unterschied Skript und Lehrbuch

Allgemeine Fragen zum Jurastudium (Anforderungen, Ablauf etc.)

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Jura_Freiburg
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Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Jura_Freiburg »

Hallo zusammen,
ich komme jetzt dann demnächst in das zweite Semester =D> . Im ersten habe ich mit Rengier, Degenhart und Köhler gearbeitet und bin damit - abgesehen vom Degenhart - sehr gut klargekommen. Obwohl das von der Stoffmenge schon sehr viel war. Im nächsten Semester habe ich aber wesentlich mehr Fächer (Europarecht, Strafrecht BT I und II, Schuldrecht AT, Verbraucherrecht, Delikts- und Schadensrecht, Grundrechte usw.) und frage mich daher, ob es da auch noch möglich ist, jeweils ein Lehrbuch durchzuarbeiten.
Meine Frage bezieht sich jetzt auf die Skripte von AS oder Hemmer. Von den Profs kommt ja immer das Selbe - nur Lehrbücher. Aber was ich jetzt nicht verstehe ist folgendes: Skripte haben ja den Ruf, im Umfang etwas geringer zu sein. Aber wenn das Wissen für das Examen reicht, muss es doch auch für die kleinen und großen Scheine reichen oder nicht? Über eine Erklärung oder ein Ratschlag wäre ich sehr dankbar :) Als Student im zweiten Semester hat man noch nicht so den Durchblick und ist daher auf Erfahrungen/Tipps angewiesen und natürlich auch sehr dankbar.
Liebe Grüße
UltimaSpes
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von UltimaSpes »

Ich habe kein einziges Lehrbuch in meinem Studium von vorne bis hinten durchgearbeitet - und ich denke, dass es mir auch nicht geschadet hat. Es gibt wenige gute Lehrbücher, die ich zu einem größeren Teil gelesen habe, aber meistens habe ich sie nur genutzt, um mich mal mit einem bestimmten Thema vertieft auseinanderzusetzen. Oder ich habe darin ein bestimmtes Problem nachgeschlagen.
Ansonsten würde ich eher zu Skripten raten. Meiner Definition nach sind das einfach kurze Lehrbücher, die am besten fallorientiert sind. Da wird man nicht mit Details überfrachtet und kann deutlich leichter den Überblick über den Stoff gewinnen, der meiner Meinung nach sehr wichtig ist.
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Tibor
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Tibor »

Mein Votum pro Lehrbuch: Was du jetzt mit einem guten Lehrbuch lernst, brauchst du im Rep nicht mehr lernen. Jetzt ist mehr Zeit, bestimmte Hintergründe etc. zu Rechtsgebieten zu lernen, als im 7./8. Semester. Das Skript ist immer nur Hilfskrücke, um parallel zu einer Vorlesung/AG was nachzuarbeiten bzw. schon Erlerntes zu wiederholen.
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Jura_Freiburg
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Jura_Freiburg »

Aber ist das zeitlich überhaupt machbar? Alleine StrafR BT I und II sind beim Rengier z. B. knapp 1100 Seiten.
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Tibor
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Tibor »

1.100 hört sich viel an; 182 Tage aber auch.

Im Ernst; das Semester besteht ja nicht nur aus den 2 Wochen vor den Klausuren. Selbst wenn man Hausarbeitenwochen und paar Feiertage abzieht, hast du im SoSe21 ca 20 Tage im April und den ganzen Mai und Juni und dann stehen die Klausuren ins Haus. Zieht man paar jurafreie Wochenendtage ab, gehen wir von effektiven 60-70 Lerntagen aus. An vielen Tagen werden VL/AG auch nur 2-3 Blöcke verbrauchen; also reden wir über ggf 3-4h tägliche Lernzeit bzw 200-250 Stunden in toto. Da schafft man schon einige Lehrbuchseiten.
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Theopa
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Theopa »

Ich bin ebenfalls pro Lehrbuch, man kann die Sache aber auch differenzierter bzw. durch Misch-Lösungen angehen:

Was im Skript steht sollte man wissen, was im Lehrbuch steht sollte man "nur" gelesen und verstanden haben. Natürlich musst du die 1.100 Seiten nicht wiedergeben können, das wäre selbst für die 16 Punkte+ Lösung ein Overkill. Dennoch ist es sehr hilfreich, sich das Wissen einmal sinnvoll und nach wissenschaftlichen Maßstäben zu erarbeiten, wofür sich die vorlesungsbegleitende Lektüre empfiehlt.

Eine Alternative wäre es, anhand von Übersichts-Materialien (Skripten, Karteikarten, etc.) zu lernen, Problemstellen dann aber jeweils in einem Lehrbuch nachzulesen. Damit hat man auch eine bessere zeitliche Kontrolle und verhindert das häufige Problem "Ich kann ca. die ersten zwei Drittel des Buchs perfekt, vom Rest habe ich mal gehört".
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Jura_Freiburg »

Dann denke ich, ich bleibe bei meinen Lehrbüchern :)
Wenn wir aber grad eh schon bei der Tiefe des Stoffes sind... Wie ist das denn in den Klausuren? In meiner AG und auch in der Vorlesung wird gefühlt nur 1/10 von dem angesprochen, was z. B. in Strafrecht AT im Rengier vorkommt. Bedeutet das, dass der übrige Stoff mehr für die Hausarbeit gedacht ist und in der Klausur größtenteils die "großen Hauptprobleme" abgefragt werden?
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Hubertus »

Jura_Freiburg hat geschrieben: Sonntag 31. Januar 2021, 12:56 Dann denke ich, ich bleibe bei meinen Lehrbüchern :)
Wenn wir aber grad eh schon bei der Tiefe des Stoffes sind... Wie ist das denn in den Klausuren? In meiner AG und auch in der Vorlesung wird gefühlt nur 1/10 von dem angesprochen, was z. B. in Strafrecht AT im Rengier vorkommt. Bedeutet das, dass der übrige Stoff mehr für die Hausarbeit gedacht ist und in der Klausur größtenteils die "großen Hauptprobleme" abgefragt werden?
Nein, das heißt, dass man dir nicht den ganzen Stoff innerhalb von 14 Doppelstunden vermitteln kann und du im Optimalfall das ganze Lehrbuch drauf hast und drauf haben solltest.
Auch eine Anfängerklausur kann äußerst anspruchsvoll sein.

Man muss im zweiten Semester zwar nicht unbedingt das ganze Lehrbuch können um die kleinen Übungen zu bestehen, aber kurz vorm Examen solltest du quasi das ganze Lehrbuch aufgesogen haben.

Und es spricht nichts dagegen, das schon im zweiten Semester jedenfalls ansatzweise so gut draufzuhaben. ;)

Arbeite das einfach jetzt schon gründlich und gewissenhaft durch (und am besten ein BT-Lehrbuch auch) und du musst vor der Übung dann wirklich gar keine Angst haben.
Zuletzt geändert von Hubertus am Sonntag 31. Januar 2021, 19:26, insgesamt 1-mal geändert.
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Tibor
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Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Tibor »

Folgendes bietet sich an: Grundstock lernen mit Lehrbuch und Vorlesung. Das Ziel ist es nicht, dass du das Buch adhoc rezitieren kannst, entscheidend ist, dass du am Ende komplexe Fälle lösen kannst. Also muss neben der Theorie immer die Falllösung stehen, sei es durch AG oder durch Fallbücher. In der 2. Runde (Hauptstudium) und in der 3. Runde (Examensvorbereitung) muss man dann hauptsächlich mit komplizierteren Fällen nacharbeiten und mit Skripten den Stoff wiederholen, wenn man denn schon im Grundstudium sinnvoll mit Büchern gelernt hat. Hat man aber im Grundstudium schon nur auf Sparflamme gelernt, fehlt einem ein Grundstock an Wissen und man muss dann umso mehr nacharbeiten oder man schreibt halt einfach ein nicht so tolles Examen.

Jura ist eben auch (!) ein Fleißstudium.
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Jura_Freiburg
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Jura_Freiburg »

Super das hat mir jetzt für das Verständnis schon sehr geholfen und mich definitiv bestärkt, weiter mit Lehrbüchern zu arbeiten. Dann kann ich nur hoffen, dass sich die Mühe lohnt😄 Und natürlich, dass ich nicht nochmal so ein zähes Lehrbuch wie den Degenhart bekomme😂
Hubertus
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Hubertus »

Jura_Freiburg hat geschrieben: Sonntag 31. Januar 2021, 21:40 Super das hat mir jetzt für das Verständnis schon sehr geholfen und mich definitiv bestärkt, weiter mit Lehrbüchern zu arbeiten. Dann kann ich nur hoffen, dass sich die Mühe lohnt😄 Und natürlich, dass ich nicht nochmal so ein zähes Lehrbuch wie den Degenhart bekomme😂
Wenn das Lehrbuch zu zäh ist, gerne auch mal wechseln.

Kann aber auch am Staatsorganisationsrecht liegen, da hat man am Anfang des Studiums jedenfalls nach meiner Erfahrung weniger Zugriff drauf, als auf Strafrecht AT und BGB AT.
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Kokolores »

Ich habe im Grundstudium nach einer "Degenhart-Erfahrung" (Brox/Walker bei mir) angefangen mich in die Buchhandlung meines Vertrauens zu begeben und dort einen Blick ins Buch zu werfen. Ich habe da dann einfach zufällig die Bücher aufgeschlagen und 1-2 Seiten gelesen um einen Eindruck vom Stil zu bekommen. Ist jetzt natürlich aktuell eher schwierig aber bei vielen Verlagen gibt es ja Online-Leseproben.
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Seeker »

Bin auch kein Freund davon, in den Anfangssemestern "einfach so" ewige Lehrbücher durchzulesen. Es besteht die große Gefahr, dass man

- sich kaum etwas davon merken kann,
- keinen Fallbezug hat,
- am Ende den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht und ganz viel totes Wissen hat.

Am wichtigsten finde ich in den Anfangssemestern, die Falllösungstechnik, den Gutachtenstil und die juristische Denkweise zu verstehen. Ein bisschen Grundlagenwissen kann auch nicht schaden. Dabei können Lehrbücher helfen, man sollte aber m.E. nicht einfach sagen, "heute lese ich mal 100 Seiten Loschelders". Dabei bleibt oft wenig hängen.

Sinnvoller ist es m.E., gleich zusammen mit einem Fallskript zu lernen (z.B. die "hemmer, XX Fälle im Y-Recht"). Etwa nach folgendem Muster:

Fallskript aufschlagen, Sachverhalt lesen, darüber nachdenken. Normen lesen, versuchen, sich irgendetwas herzuleiten. Dann die Lösung lesen, die grundsätzliche Struktur und Herangehensweise. Dabei dann das dazugehörige Lehrbuchkapitel (etwa im Rengier oder so) aufschlagen und nun auf dieser Grundlage sich den Stoff gründlicher erarbeiten. Dann weiß man schon ungefähr, wie er im Fall zu verorten ist. Danach nochmal kurz den Fall selbstständig lösen usw.
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Tibor
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Tibor »

Hier Woraus ein Vertrag besteht sieht man ja schön, was passiert, wenn Studies nur mit Skripten und Fällen lernen wollen, aber offenkundig die Lektüre eines Lehrbuchs BGB AT scheuen.
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Hubertus
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Re: Unterschied Skript und Lehrbuch

Beitrag von Hubertus »

Tibor hat geschrieben: Montag 1. Februar 2021, 14:53 Hier Woraus ein Vertrag besteht sieht man ja schön, was passiert, wenn Studies nur mit Skripten und Fällen lernen wollen, aber offenkundig die Lektüre eines Lehrbuchs BGB AT scheuen.
Autsch.

Mit dem Verweis ist auch schon alles gesagt.
Gerade am Anfang des Studiums braucht man die Zusammenhänge, die einem ein Lehrbuch vermitteln kann.
Dazu noch ein paar Klausuren um das alles auch etwas praktischer zu begreifen.
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